Schadensersatz bei erheblicher Flugverspätung
AG Düsseldorf: Schadensersatz bei erheblicher Flugverspätung
Eine Reiseveranstalterin wurde auf Schadensersatz verklagt, weil der Abflug des Flugzeuges mit einer Verspätung von mehr als drei Stunden stattgefunden hat.
Das AG Düsseldorf sprach dem Kläger eine Schadensersatzforderung zu und entschied, dass das Urteil vorläufig vollstreckbar ist.
AG Düsseldorf | 23 C 15835/10 (Aktenzeichen) |
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AG Düsseldorf: | AG Düsseldorf, Urt. vom 11.03.2011 |
Rechtsweg: | AG Düsseldorf, Urt. v. 11.03.2011, Az: 23 C 15835/10 |
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Leitsätze:
2. Verspätet sich der Abflug, so kommt das Luftfahrtunternehmen als Schuldner der Leistung in Verzug.
Entstehen dem Fluggast Mehrkosten aufgrund der Abflugverspätung, so ist das Luftfahrtunternehmen dem Fluggast zum Ersatz dieser verpflichtet.
Zusmmenfassung:
3. Im vorliegenden Urteil buchte die Klägerin bei dem beklagten Luftfahrtunternehmen einen Flug. Aufgrund der Schließung des Flughafens, der zwingenden Ruhezeiten der Besatzung und der schlechten Wetterbedingungen konnte der Flug nicht früher stattfinden. Somit verspätete sich der Flug.
Der Kläger begehrt von dem beklagten Luftfahrtunternehmen einen Schadensersatz wegen der Verspätung von mehr als drei Stunden. Als Rechtsgrundlage werden die Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts aus dem Bürgerliche Gesetzbuch genommen.
Das Amtsgericht in Düsseldorf hat dem Kläger den Mehrkostenersatz zugesprochen. Bei einem Flug handelt es sich um ein Fixgeschäft. Der Flug muss dann erfolgen, wie zuvor bei der Buchung vereinbart wurde. Verspätet sich der Abflug, so kommt das Luftfahrtunternehmen in Verzug und macht sich dem Fluggast gegenüber schadensersatzpflichtig.
Tenor:
4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 400,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.11.2010 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
5. Von der Abfassung eines Tatbestandes wurde gemäß § 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe:
6. Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet. Die internationale und örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ergibt sich aus Art. 5 Nr. 1 lit. b, 2. Spiegelstrich der EG-Verordnung 44/2001/EG.
I. 1. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Leistung einer Ausgleichszahlung in Höhe von 400,00 EUR nach Art. 7 Abs. 1 b) in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 c) der EG-Verordnung Nr. 261/2004 vom 11.02.2004 in Höhe von 400,00 EUR.
7. Zwar besteht der Anspruch nach dem Wortlaut der Verordnung nur bei Annulierung eines Fluges. Nach der Entscheidung des EuGH vom 19.11.2009 (C-402/07 „Sturgeon“) kann der Anspruch aus Art. 7 der Verordnung aber auch bei einer Verspätung von mehr als drei Stunden geltend gemacht werden. Im vorliegenden Fall betrug die Verspätungszeit unstreitig mehr als drei Stunden, und zwar sowohl hinsichtlich des betroffenen Teilfluges als auch bzgl. der Gesamtflugdauer bis zum Reiseziel.
8. Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Ausgleichszahlung nach Art. 5 Abs. 3 der EG-Verordnung entfällt. Denn die Vorschrift setzt voraus, dass die außergewöhnliche Verspätung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären. Demnach setzt eine Exkulpation der Beklagten voraus, dass die Verspätung auf Vorkommnisse zurückgeht, die aufgrund ihrer Natur oder Ursache nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betroffenen Luftfahrtunternehmens sind und von ihm tatsächlich nicht zu beherrschen sind.
9. Dies hat die Beklagte nicht substantiiert dargelegt. Zwar stellen Wetterbedingungen, die einen pünktlichen Start nicht zulassen, grds. einen Exkulpationsgrund dar. Unstreitig war aber der Flughafen Düsseldorf am 24.12.2010 nicht geschlossen, und die Abflüge scheiterten nicht an den am diesen Tag widrigen Wetterbedingungen.
10. Soweit die Beklagte vorträgt, der Flugplan sei aufgrund der Schließung der Flughäfen Düsseldorf und Madrid am 20.12.2010 bzw. 21.12.2010 so stark durcheinander geraten, dass ein früherer Start nicht möglich gewesen sei, ist der Vortrag zu pauschal und in dieser Form nicht einlassungfähig. Gleiches gilt für den Vortrag, die Besatzung sei wegen zwingender Ruhezeiten erst verspätet einsatzbereit gewesen. Bei einem Vortrag in derart pauschaler Form kann das Gericht nämlich nicht feststellen, ob das Problem der Flugpläne und Ruhezeiten tatsächlich infolge der Wetterbedingungen an den Vortagen zwingend zu der Verspätung führen musste oder ob die Verspätung zumindest auch auf einer Fehlorganisation der Beklagten beruhte. In letzterem Fall wäre die Verspätung vermeidbar gewesen, so dass Art. 5 Abs. 3 der EG-Verordnung nicht einschlägig wäre.
2. Der Zinsanspruch beruht auf §§ 288, 291 ZPO.
3. Ein Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gemäß §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB in Höhe von 83,45 EUR nebst Zinsen besteht nicht. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass die Kosten einen Schaden darstellen, für den der Zahlungsverzug der Beklagten ursächlich war. Dies setzt voraus, dass Verzug bereits vor Einschaltung des Rechtsanwaltes eingetreten war, was nicht dargelegt wurde.
II. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
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