Fehlen von im Werbeprospekt besonders beworbenen Einrichtungen einer Hotelanlage

LG Frankfurt: Fehlen von im Werbeprospekt besonders beworbenen Einrichtungen einer Hotelanlage

Die Klägerin hatte bei der Beklagten eine Reise mit Hotelaufenthalt gebucht. Da dieses Hotel noch nicht fertig gestellt war, fehlte eine Vielzahl der im Reiseprospekt beworbenen Attraktionen. Daher verlangt sie Minderung des Reisepreises und Entschädigung wegen entgangener Urlaubsfreude. Das Amtsgericht gab dem teilweise statt.

Auf die Berufung der Klägerin wurde das Urteil des Amtsgerichts dahingehend abgeändert, dass ihrem Antrag weitestgehend stattgegeben wurde. Die fehlenden Attraktionen seien allesamt als schwerwiegende Mängel zu werten. Hinzu kämen weitere Mängel, wie die defekte Klimaanlage im Zimmer.

LG Frankfurt 2-24 S 183/09 (Aktenzeichen)
LG Frankfurt: LG Frankfurt, Urt. vom 28.06.2010
Rechtsweg: LG Frankfurt, Urt. v. 28.06.2010, Az: 2-24 S 183/09
AG Bad Homburg, Urt. v. 12.08.2009, Az: 2 C 2065/08 (17)
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Landgericht Frankfurt

1. Urteil vom 28. Juni 2010

Aktenzeichen 2-24 S 183/09

Leitsatz:

2. Wirbt ein Reiseveranstalter mit einem fertiggestellten Hotel mit bestimmten Attraktionen, stellt es einen Reisemangel dar, wenn das Hotel nicht fertiggestellt ist und die Attraktionen daher nicht zur Verfügung stehen.

Zusammenfassung:

3. Die Klägerin hatte bei der Beklagten eine Reise mit Hotelaufenthalt in Ägypten gebucht. Da dieses Hotel noch nicht fertig gestellt war, fehlte eine Vielzahl der im Reiseprospekt beworbenen Attraktionen. So war etwa die Leinwand für Filmvorführungen am Strand nicht fertiggestellt. Andere Angebote, wie etwa ein Kochkurs, konnten wegen unzureichenden Materialien nicht ordentlich durchgeführt werden. Daher verlangt sie Minderung des Reisepreises und Entschädigung wegen entgangener Urlaubsfreude. Das Amtsgericht gab dem nur teilweise statt.

Auf die Berufung der Klägerin wurde das Urteil des Amtsgerichts dahingehend abgeändert, dass ihrem Antrag weitestgehend stattgegeben wurde. Die fehlenden Attraktionen seien allesamt als schwerwiegende Mängel zu werten, insbesondere vor dem Hintergrund dass sie im Reiseprospekt explizit herausgehoben werden und zudem eine erfolgte Fertigstellung der Hotelanlage behauptet wird. Hinzu kämen weitere Mängel, wie die defekte Klimaanlage im Zimmer und braunes Leitungswasser. Dies sei auch in Ägypten nicht hinzunehmen. Da ein Minderungsbetrag von 50 % erreicht werde, bestehe auch Anspruch auf Entschädigung wegen entgangener Urlaubsfreude.

Tenor

4. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 12.08.2009 verkündete Urteil des Amtsgerichts Bad Homburg v. d. H., Az.: 2 C 2065/08 (17), teilweise wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an die Klägerin 1.978,– Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.07.2008 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

5. Von einer Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 540 II, 313 a I S. 1 ZPO abgesehen.

II.

6. Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat in der Sache ganz überwiegend Erfolg.

1.

7. Die Klägerin hat einen Anspruch auf teilweise Rückzahlung des Reisepreises aufgrund einer eingetretenen Reisepreisminderung wegen Reisemängeln gemäß §§ 651 c I, 651 d I, 638 III und IV BGB in Höhe von insgesamt 1.478,– Euro.

8. Die Reise der Klägerin und ihrer Familie nach Ägypten vom 08.05.2008 bis 22.05.2008 war im Sinne von § 651 c I BGB mängelbehaftet.

9. Das Amtsgericht hat zutreffend als Reisemangel festgestellt, dass die gebuchte Hotelanlage noch nicht vollumfänglich fertig gestellt war. Weiterhin ist es daher zu Einschränkungen bei der geschuldeten Animation gekommen.

10. Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat das Amtsgericht insbesondere diesen Mangel in seinem Gewicht jedoch nicht ausreichend berücksichtigt.

11. Nach einer Gesamtwürdigung der Umstände stellen bereits diese Punkte einen massiven Reisemangel dar. Dies rechtfertigt sich vorliegend daraus, dass die Beklagte in ihrer Prospektbeschreibung gerade auch diese Einrichtungen herausgehoben hat, die noch gar nicht fertig gestellt waren. In ihrer Prospektbeschreibung hat die Beklagte im Zusammenhang mit dem gebuchten Hotel mit dem neuen Erlebnis eines „Xperience-Cluburlaubs“ geworben (Bl. 25/26 d. A.).

12. Explizit herausgehoben werden:

13. – Movie Night on the Beach

14. – Cooking

15. – Cocktail shaken

16. – Dare to Jump

17. – Beach Party

18. Weiterhin wurden exclusiv für „…-Gäste Xperience-Highlights“ zusätzlich tagsüber und abends Animationsprogramme beworben.

19. All diese Dinge konnten nicht bzw. nicht adäquat durchgeführt werden. Dies hat die Klägerin im Einzelnen substanziiert unter Vorlage von Lichtbildern dargelegt. Weiterhin hat sich dies auch durch die durchgeführte Beweisaufnahme bestätigt. Dagegen war der Beklagtenvortrag unsubstanziiert und damit unbeachtlich.

20. Die Leinwand für die „Movie Night“ am Strand war nicht fertig gestellt. Das „Cooking“ und „Cocktail shaken“ konnte mangels ausreichenden Personal bzw. Zutaten nicht adäquat durchgeführt werden. Die „Dare to Jump“-Anlage war ebenfalls nicht fertig gestellt. Die Beach Party entfiel mangels Teilnehmern. Zwar waren die Xperience-Aktivitäten teilnehmerabhängig. Jedoch hat die Klägerin substanziiert dargelegt, dass die überwiegende Anzahl der Urlauber im Hotel aufgrund der Hotelzustände umgebucht haben. Dem ist die Beklagte nicht in erheblicher Weise entgegengetreten. Damit fällt die geringe Teilnehmerzahl in den Risikobereich der Beklagten.

21. Danach sind allein 5 der 10 im Prospekt hervorgehobenen Xperience-Attraktionen äußerst mangelhaft bzw. erst gar nicht vorhanden gewesen. Das Animationsprogramm war nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ebenfalls ganz erheblich eingeschränkt.

22. Darüber hinaus waren, wie das Amtsgericht zutreffend festgestellt hat, auch die vertraglich geschuldete Beachbar und der vertraglich geschuldete Spielplatz nicht fertig gestellt. Weiterhin fehlte die Snackbar.

23. Angesichts dessen kann von von der Beklagten eingeräumten Restfertigstellungsarbeiten keine Rede sein. Das Hotel war schlicht und einfach noch nicht fertig gestellt. Wesentliche Einrichtungen fehlten. Dieser Punkt wiegt umso schwerer als in der Prospektbeschreibung ausdrücklich angeführt wird, dass das Hotel 2007 fertig gestellt worden sei.

24. Nach Auffassung des Berufungsgerichts rechtfertigen allein diese Mängel eine Minderungsquote von 35%.

25. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts stellt die nicht funktionierende Klimaanlage ebenfalls einen Reisemangel dar. Insoweit hat die Klägerin nach dem Gesamtzusammenhang unmissverständlich vorgetragen, dass die Klimaanlage in den Zimmern während der gesamten Reisezeit defekt gewesen ist. Dies ist ausreichender substanziierter Sachvortrag. Ausweislich der Reisebestätigung war eine Klimaanlage in den Zimmern auch vertraglich geschuldet. Das diesbezügliche klägerische Vorbringen hat die Beklagte ihrerseits nicht substanziiert bestritten.

26. Die nicht funktionierende Klimaanlage rechtfertigt eine Minderungsquote von 10%.

27. Zutreffend hat das Amtsgericht als weitere Reisemängel den mangelhaften Zustand des Badestegs und gefährlichen Fliesen im Poolbereich festgestellt. Darüber hinaus hat das Amtsgericht im Ergebnis auch die eingeschränkte Kinderbetreuung als Reisemangel angesehen.

28. Darüber hinaus stellt das braune Leitungswasser in einer mit 4N kategorisierten Hotelanlage auch in Ägypten einen Reisemangel dar. Auch insoweit ist die Beklagte dem klägerischen Vortrag nicht in erheblicher Weise entgegengetreten.

29. Allein diese weiteren Mängel rechtfertigen eine Minderungsquote von insgesamt mindestens 5%.

30. Danach rechtfertigen die oben festgestellten Mängel bereits eine Minderungsquote von 50%.

31. Da die Klägerin mit ihrer Klage eine Minderung des Reisepreises um 50% verfolgt und diese bereits durch die oben festgestellten Mängel gerechtfertigt ist, kommt es auf die weiteren geltend gemachten Mängel nicht mehr an.

32. Alle diese Mängel wurde ausreichend gerügt im Sinne von § 651 d II BGB und angemeldet im Sinne von § 651 g I BGB.

33. Bei einem Gesamtreisepreis von 2.956,– Euro für vier Personen ergibt sich bei einer Minderungsquote von 50% ein Minderungsbetrag von 1.478,– Euro.

2.

34. Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung einer Entschädigung wegen entgangener Urlaubsfreude in Höhe von 500,– Euro gem. § 651 f II BGB.

35. Nach der weiterhin ständigen Rechtsprechung der Kammer (Urteil v. 31.08.2006, Az. 2-24 S 281/05, RRa 2007, 69 ff.; Urteil v. 07.12.2007, Az. 2-24 S 53/07, RRa 2008, 76 ff.; Urteil v. 17.12.2009, Az. 2-24 S 140/09; RRa 2010, 27, 29) liegt eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise im Sinne von § 651 f II BGB vor, wenn Reisemängel in dem Ausmaße vorliegen, dass eine Reisepreisminderung in Höhe von mindestens 50% gerechtfertigt ist.

36. Diese Voraussetzung liegt hier wie oben gezeigt vor.

37. Nach der nunmehrigen ständigen Rechtsprechung der Kammer ist als geeigneter Maßstab für die Bemessung der Entschädigung nach § 651 f II BGB auf den Reisepreis abzustellen, zu dem die Entschädigung in angemessenem Verhältnis zu stehen hat (vgl. z. B. RRa 2006, 264, 266; RRa 2008, 27, 28).

38. Die Kammer berücksichtigt bei der Bemessung der Entschädigung insoweit regelmäßig die festgestellte Minderungsquote, die hier bei 50% liegt.

39. Bei einem zu berücksichtigenden Reisepreis für die Klägerin von 1.024,– Euro ist daher ein Entschädigungsbetrag von 500,– Euro als angemessen und ausreichend anzusehen.

3.

40. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 I, 288 I, 247 BGB.

4.

41. Ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ist nicht gegeben.

42. Insoweit liegt kein konkreter Berufungsangriff vor. Die Berufungsbegründung setzt sich mit der entsprechenden Argumentation des Amtsgerichts nicht auseinander.

III.

43. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 II Nr. 1 ZPO.

44. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 II ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes als Revisionsgericht.

45. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

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