Umbuchung durch Reiseveranstalter

AG Rüsselsheim: Umbuchung durch Reiseveranstalter

Ein Reiseveranstalter buchte den Heimflug eines Reisenden kurzfristig um, sodass dieser 4 Stunden früher am Flughafen eintreffen musste und statt in Düsseldorf, in Frankfurt landete. Der Fluggast fordert vom Beklagten nun eine Ausgleichszahlung nach der Verordnung (EG) Nr. 261/2004.

Das Amtsgericht Rüsselsheim hat der Klage stattgegeben. In der von der Beklagten ausgegebenen Reisebestätigung sei eine verbindliche Vereinbarung zu sehen, deren Nichterfüllung einen Ausgleichsanspruch begründe.

AG Rüsselsheim 3 C 988/06 (32) (Aktenzeichen)
AG Rüsselsheim: AG Rüsselsheim, Urt. vom 07.11.2006
Rechtsweg: AG Rüsselsheim, Urt. v. 07.11.2006, Az: 3 C 988/06 (32)
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Hessen-Gerichtsurteile

Amtsgericht Rüsselsheim

1. Urteil vom 07. November 2006

Aktenzeichen: 3 C 988/06 (32)

Leitsatz:

2. Die Flugzeit in der Reisebestätigung ist für den Veranstalter verbindlich.

Zusammenfassung:

3. Ein Reisender buchte bei einem Reiseanbieter einen Pauschalurlaub. In der Reisebestätigung gab der Veranstalter dabei eine genaue Abflugzeit und Flugnummer an. Die Abflugzeit änderte sich, als der Veranstalter eine Umbuchung vornahm. Der Kläger musste seinen Urlaubsort in der Folge 4 Stunden früher verlassen und landete in Frankfurt, statt wie geplant in Düsseldorf.
Er verlangt aus diesem Grund eine Ausgleichszahlung im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 261/2004. Die Beklagte behauptet hingegen, es stehe ihr frei einen geeigneten Rückflug auszuwählen.

Das Amtsgericht Rüsselsheim hat der Klage stattgegeben. Der Veranstalter habe die Pflicht den reisevertraglich vereinbarten Leistungen nachzukommen. Durch den Versand der Reisebestätigung seien Flugzeit und der konkret angegebene Flug unmittelbarer Bestandteil des Reisevertrags geworden.

Durch die einseitige Umbuchung habe die Beklagte die Reiseleistung nicht wie vereinbart erbracht.
In einer um 4 Stunden verfrühten Abreise und einem Wechsel des Zielflughafens sei eine erhebliche Abweichung von der reisevertraglichen Absprache zu sehen.
Eine solche begründe zu Gunsten des Klägers einen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung im Sinne von Artikel 4 Abs. 3, Artikel 7 Abs. 1 b) VO (EG) Nr. 261/2004.

Tenor:

4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger zu 1) und 2) jeweils 400,– Euro nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 06.08.2005, sowie 83,25 Euro vorgerichtliche Kosten zu zahlen.

5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

6. Die Kosten des Rechtsstreites hat die Beklagte zu tragen.

7. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

8. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung der Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der zu vollstreckenden Summe abzuwenden, wenn nicht zuvor die Kläger Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand:

9. Die Kläger begehren Ausgleichszahlung aufgrund der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 in Höhe von jeweils 400,– Euro sowie anteilige nicht anrechenbare vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 87,29 Euro.

10. Die Kläger haben über die Firma TC T GmbH eine Pauschalreise vom 24.03. bis 31.03.2005 auf der Insel Madeira in Funchal gebucht. Die Kläger erhielten vor Antritt der Reise eine Reisebestätigung (Blatt 9 d. A.) in der als Flugstrecke Funchal/Düsseldorf am 31.03.2005 unter der Flugnummer DE 4513 mit Abflug um 14:35 Uhr angegeben worden war.

11. Zwei Tage vor dem geplanten Rückflug erhielten die Kläger die Mitteilung über eine Änderung des Rückfluges. Dieser fand nunmehr anstatt um 14:35 Uhr um 10:30 Uhr statt und ging auch nicht wie ursprünglich geplant bis Düsseldorf, sondern lediglich bis Frankfurt mit anschließendem Bustransfer nach Düsseldorf.

12. Die Beklagte hat zum ursprünglichen Abflugtermin einen kleineren Flugzeugtyp gewählt und deshalb dann einen Teil der ursprünglich gebuchten Passagiere auf einen Ersatzflug nach Frankfurt gebucht.

13. Mit Schreiben vom 19.07.2005 (Blatt 17 d. A.) hat der Klägervertreter die Beklagte unter anderem für die Kläger je 400,– Euro pauschale Entschädigung unter Fristsetzung bis zum 05.08.2005 begehrt.

14. Die Kläger beantragen die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger zu 1) und 2) jeweils 400,– Euro nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.08.2005 sowie 87,29 Euro vorgerichtliche Kosten zu zahlen.

15. Die Beklagte beantragt die Klage abzuweisen.

16. Sie ist der Ansicht, dass die alleinige Nennung der Flugnummer noch keine Zusicherung hinsichtlich der Fluggesellschaft darstelle und das den Klägern im Verhältnis zu der Beklagten kein vertraglicher Beförderungsanspruch zustehe.

17. Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe:

18. Die Klage ist hinsichtlich der Hauptforderung begründet. Den Klägern steht jeweils gemäß Artikel 4 Abs. 3, Artikel 7 Abs. 1 b) VO (EG) Nr. 261/2004 ein Anspruch in Höhe von jeweils 400,– Euro gegen die Beklagte zu.

19. Zwar ist die Beklagte nicht vertraglicher Luftfrachtführer, da die Pauschalreise mit der TC-T GmbH abgeschlossen worden ist. Jedoch haftet die Beklagte als ausführender Luftfrachtführer wegen einer Nichtbeförderung der Kläger.

20. Mit der Reisebestätigung vom 10.03.2005 (Blatt 9 d. A.) ist die Flugreise unter Angabe der Flugnummer DE 4513, was den eindeutigen Bezug zur Beklagten als Luftfrachtführer herstellt, konkretisiert worden. Damit ist im Rahmen der Pauschalreise eine Luftbeförderung zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen worden und stellt ein relatives Fixgeschäft dar. Dieses ist von der Beklagten nicht ordnungsgemäß erfüllt worden, da sie wegen Überbuchung, die wohl durch Verkleinerung des Flugzeugtyps, entstanden ist, die Kläger auf einen anderen Flug umbuchte, der im Übrigen nicht mal den gleichen Zielort (Düsseldorf) hatte, sondern abweichend davon nur bis Frankfurt ging.

21. Es kann hierbei dahingestellt bleiben, ob es die Beklagte oder die TC-Touristik GmbH war, die diese Umbuchung vornahm, da die Beklagte sich dieses Verhalten des Reiseveranstalters zurechnen lassen muss.

22. Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren sind nur in Höhe von 83,52 Euro begründet.

23. Die Verfahrensgebühr beträgt unter Berücksichtigung einer Erhöhung von 0,3 wegen zweier Anspruchsteller auf 1,6, unter Bezugnahme auf einen Gegenstandswert von 800,– Euro, eine Gebühr von 104,– Euro. Diese ist als nicht anrechenbare Gebühr zu halbieren, so dass 52,– Euro zuzüglich 20,– Euro Post- und Telekommunikationsgebühren und 16 % Umsatzsteuer einen Betrag von insgesamt 83,52 Euro ergibt.

24. Im Übrigen ist die Klage abzuweisen.

25. Der Zinsanspruch ist gemäß den §§ 286, 288 Abs. 1 BGB begründet.

26. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die geringfügige Teilabweisung hinsichtlich der Nebenforderung ist hierbei unbeachtlich.

27. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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