Flugverspätung von über 3 Stunden

AG Köln: Flugverspätung von über 3 Stunden

Vorliegend buchte der Kläger für sich und seine Ehefrau einen Flug von Mallorca nach Köln/Bonn. Dieser verspätete sich um drei Stunden. Er macht nun gegen das ausführende Luftfahrtunternehmen Ausgleichsansprüche nach der Fluggastverordnung geltend.

Das Amtsgericht Köln sprach ihm einen solchen Anspruch auf Ausgleichszahlung zu, da hier eine große Flugverspätung vorliegt, welche der Flugannullierung gleichzustellen ist.

AG Köln 114 C 308/10 (Aktenzeichen)
AG Köln: AG Köln, Urt. vom 08.12.2010
Rechtsweg: AG Köln, Urt. v. 08.12.2010, Az: 114 C 308/10
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Nordrhein-Westfalen-Gerichtsurteile

Amtsgericht Köln

1. Urteil vom 08. Dezember 2010

Aktenzeichen 114 C 308/10

Leitsatz:

2. Verspätet sich ein Flug um mehr als drei Stunden, so ist eine Flugverspätung einer Flugannullierung nach der Fluggastverordnung gleichzustellen.

Zusammenfassung:

3. Vorliegend buchte der Kläger für sich und seine Ehefrau einen Flug von Mallorca nach Köln/Bonn. Dieser Flug verspätete sich um mehr als 3 Stunden. Er verlangt nun von der Beklagten eine Ausgleichzahlung nach der Fluggastverordnung. Seine Ehefrau hat alle möglichen Ansprüche gegen die Beklagte an den Kläger abgetreten.

Das AG Köln entschied, dass dem Kläger ein solcher Anspruch zusteht. Nach der Rechtsprechung des BGH ist eine Flugverspätung der Flugannullierung gleichzustellen, wenn eine Flugverspätung mehr als drei Stunden beträgt. Dies war hier unumstitten der Fall.

Auch hat die Beklagte dem Kläger keinen Alternativflug angeboten, sodass alle Voraussetzungen für einen Ausgleichsanspruch nach der Fluggastverordnung gegeben sind. Die Klage war mithin begründet.

Tenor:

4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 500,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.12.2009 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben zu 15 % der Kläger, zu 85 % die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

5. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

6. Die Klage ist bis auf einen Teil der Nebenforderungen begründet.

7. Der Kläger kann von der Beklagten gem. Artt. 5 Abs. 1 c, 7 Abs. 1 a EuFlugVO (= Verordnung EG Nr. 261/2004), § 398 BGB den ausgeurteilten Betrag fordern.

8. Unstreitig hatte der von der Beklagten am 05.07.2009 auszuführende und ausgeführte D.-Flug Flugnummer EF …, planmäßige Abflugzeit 9.25 Uhr von Palma de Mallorca nach Köln/Bonn, dortige planmäßige Ankunftszeit 11.40 Uhr, eine Ankunftsverspätung von über 3 Stunden, wobei der Kläger von einer solchen von 3 Stunden und 51 Minuten, die Beklagte von 3 Stunden und 39 Minuten ausgeht (= Seite 3 der Klageschrift = Bl. 36 d. A.). Für den Flug gebucht waren der Kläger und seine Ehefrau, die ihm mit Abtretungserklärung vom 04.12.2009 mögliche Ansprüche aufgrund des Fluges vom 05.07.2009 gegen die Beklagte abgetreten hat. Die Abtretung ist vom Kläger angenommen worden (Bl. 5 d. A.).

9. Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten nach Art. 5 Abs. 1 c, 7, Abs. 1 a EuFlugVO aufgrund der Ankunftsverspätung des von ihm und seiner Ehefrau oben näher bezeichneten Fluges aus eigenem Recht sowie aus abgetretenem Recht eine Ausgleichszahlung in Höhe von je 250,00 €, also insgesamt 500,00 € zu.

10. Das Gericht folgt der Rechtsprechung des BGH (= BGH, Urteil vom 18.02.2010, X a ZR 95/06 = MDR 2010, 684), wonach bei einer großen Verspätung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 EuFlugVO der Fluggast wie bei einer Annullierung des Fluges einen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung nach Art. 7 hat, sofern er sein Endziel nicht früher als 3 Stunden nach der geplanten Ankunftszeit erreicht und die große Verspätung nicht auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn von dem Luftfahrtunternehmen alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären (im Anschluss an EuGH, 19. November 2009, C-402/07, RRa 2009, 282 = NJW 2010, 43-Sturgeon/Condor).

11. Der streitgegenständliche Flug der Beklagten, auf den der Kläger und seine Ehefrau am 05.07.2009 von Palma de Mallorca nach Köln/Bonn gebucht waren, hatte unstreitig eine Ankunftsverspätung von mindestens 3 Stunden 39 Minuten.

12. Die Beklagte hat sich nicht gem. Artt. 5 Abs. 3 EuFlugVO entlastet.

13. Die Berufung der Beklagten auf die Kürzungsregelung in Artt. 7 Abs. 2 a EuFlugVO, wonach das ausführende Luftfahrtunternehmen die Ausgleichszahlung nach Abs. 1 Artt. 7 EuFlugVO um 50 % kürzen kann, wenn Fluggästen gem. Artt. 8 EuFlugVO eine anderweitige Beförderung zu ihrem Endziel mit einem Alternativflug angeboten wurde, dessen Ankunftszeit bei allen Flügen über eine Entfernung von 1500 km oder weniger nicht später als zwei Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit des ursprünglich gebuchten Fluges liegt, greift vorliegend nicht durch und führt nicht zu einer Kürzung des Ausgleichsanspruchs des Klägers und seiner Ehefrau.

14. Nach dem Wortlaut des Artt. 7 Abs. 2 a EuFlugVO kommt eine analoge Anwendung auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt nicht in Betracht. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen schon aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten nicht vor. Die Beklagte hat dem Kläger und seiner Ehefrau nicht gem. Artt. 8 eine anderweitige Beförderung zu deren Endziel mit einem Alternativflug angeboten.

15. Nach der Rechtsprechung des BGH (a. a. O.) ist die große Verspätung im Sinne Artt. 6 Abs. 1 EuFlugVO der Annullierung nach Artt. 5 der EuFlugVO gleichgestellt. Es würde diese Gleichstellung aushebeln, wenn bei großer Verspätung, die nach dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung rechtlich wie eine Annullierung zu behandeln ist, das ausführende Luftfahrtunternehmen hinsichtlich des dem Fluggast nach Artt. 7 Abs. 1 EuFlugVO zustehenden Ausgleichsanspruch die Kürzungsmöglichkeit nach Artt. 7 Abs. 2 EuFlugVO hätte, ohne einen Alternativflug gem. Artt. 8 EuFlugVO anzubieten, der dann die Voraussetzungen der in Artt. 7 Abs. 2 EuFlugVO aufgeführten Alternativen erfüllt.

16. Die Zinsforderung ist gem. der §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 2 Ziff. 3, 288 Abs. 1 BGB begründet. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 01.09.2009 die vom Kläger und seiner Ehefrau begehrte Ausgleichszahlung abgelehnt.

17. Einen Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gem. §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 2 Ziff. 3 BGB hat der Kläger schon nicht hinreichend schlüssig dargelegt. Insoweit wird auf die vom Gericht mit Verfügung vom 23.05.2010 erteilten Hinweise Bezug genommen, deren Gründe durch den Sachvortrag des Klägers nicht ausreichend ausgeräumt worden sind. Bei der gegebenen Sachlage wäre es dem Kläger zuzumuten gewesen, schadensmindernd den Anwalt mit der Kostenfolge des § 19 Abs. 1 Nr. 1 RVG mit einem unbedingten Klageauftrag zu versehen. Die vorgerichtlichen Anwaltskosten wären dann nicht angefallen. Sie waren bei der gegebenen Sachlage nicht erforderlich.

18. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen den §§ 92 Abs. 1, 708 Ziff. 11, 711 ZPO.

19. Im Hinblick auf die Teilabweisung wegen der vorgerichtlichen Anwaltskosten, die ausgehend von dem fiktiven Streitwert gebildet aus Hauptforderung und Nebenforderungen eine Quote von mehr als 10 % ausmacht, waren die Kosten des Rechtsstreits gerechnet nach diesem fiktiven Streitwert – so wie erkannt – zu quoteln (Zöller/Herget, ZPO, 28. Auflage 2010, § 92 Rn. 11).

20. Streitwert: 500,00 €

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