Änderung der Unterkunft und Urlaubsorts als Reisemängel

AG München: Änderung der Unterkunft und Urlaubsorts als Reisemängel

Der Kläger hatte bei der Beklagten eine Reise gebucht. Diese änderte später die Unterbringungen. Daraufhin kündigte der Kläger die Reise und verlangt Schadensersatz.

Das Gericht gab dem Kläger grundsätzlich Recht. Die Änderung der Urlaubsorts durch die Beklagte sei nicht zulässig gewesen. Daher stehe ihm ein Schadensersatzsanspruch wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit zu.

AG München 224 C 9151/12 (Aktenzeichen)
AG München: AG München, Urt. vom 18.12.2012
Rechtsweg: AG München, Urt. v. 18.12.2012, Az: 224 C 9151/12
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Amtsgericht München

1. Urteil vom 18. Dezember 2012

Aktenzeichen 224 C 9151/12

Leitsatz:

2. Auch wenn sich der Reiseveranstalter unerhebliche Änderungen der Reiseleistung vorbehält, kann er nicht den Unterbringungsort und die Unterbringungsart eigenständig ändern.

Zusammenfassung:

3. Der Kläger hatte bei der Beklagten eine Reise gebucht. Die Beklagte behielt sich hierbei unerhebliche Änderungen der Reiseleistung vor. Sie änderte später die Unterbringungen. Daraufhin kündigte der Kläger die Reise und verlangt Schadensersatz.

Das Gericht gab dem Kläger grundsätzlich Recht. Die Änderung der Urlaubsorts durch die Beklagte sei nicht zulässig gewesen. Es handele sich um eine Entscheidung, die dem Buchenden nicht abzunehmen sei. Daher stehe dem Kläger ein Schadensersatzsanspruch wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit zu, hier in Höhe von 43 % des Reisepreises.

Tenor

4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.600,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 24.02.2012 sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von EUR 402,82 zu bezahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 57 % und die Beklagte 43 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

5. Der Kläger buchte aufgrund einer Annonce in einer Zeitung telefonisch am 04.07.2011 eine Pauschalreise für sich sowie seine Ehefrau und die weiteren Reisenden … und bei … der Beklagten. Die Beklagte war Reiseveranstalterin. Die Beklagte übersandte dem Kläger am 05.07.2011 eine Auftragsbestätigung, der ihre AGBs beigefügt waren. Der Gesamtreisepreis betrug EUR 3.736,00. Am 19.07.2011 überwies der Kläger die Anzahlung in Höhe von EUR 747,20 an die Beklagte. Vertragsinhalt war u.a. der Aufenthalt in den Ferienunterkünften … 4,5 Sterne im Emirat … (5 … Nächte) und … an … in einer eigenen Villa mit Pool, 5,5 Sterne im Emirat … (2 … Nächte). Vertragsinhalt war weiter ein Shuttle-​Service nach Dubai und zurück (ca. 75 km) und ein Shuttle-​Service nach … und … zurück (ca. 25 km). Am 12.01.2012 erhielt der Kläger eine zweite Buchungsbestätigung, aus der die Unterbringung in anderen Ferienunterkünften hervorging, nämlich … 5 … Sterne Resort (5 Nächte) und … 5 Sterne (2 Nächte). Von diesen Unterkünften aus betrugen die Strecken nach Dubai und zurück (ca. 130 km) und nach … und zurück (ca. 90 km). Der Kläger widersprach wegen der von der ursprünglichen Vereinbarung abweichenden Unterkünfte. Am 17.01.2012 erhielt der Kläger ein weiteres Schreiben der Beklagten, aus der erneut die Änderung der Unterkünfte hervorging. Urlaubsantritt sollte am 25.02.2012 sein. Am 23.01.2012 kündigte der Kläger für sich und die oben genannten weiteren Reisenden den Reisevertrag.

6. Der Kläger trägt vor, die geänderten Unterkünfte wichen erheblich von den ursprünglich vereinbarten ab, insbesondere stünde im Resort … keine eigene Villa mit eigenem Pool zur Verfügung. Zudem liege das Hotel … im … statt … im … und das Resort … im Emirat Dubai statt im Emirat …. Bei dem Hotel … handle es sich weiter um ein Hotel im Zentrum eines Billigtourismusgebietes am äußersten Rand der Palmeninsel. Eine erhebliche Beeinträchtigung der Reiseleistung läge vor. Außerdem seien die AGB nicht wirksam in den Vertrag einbezogen worden.

7. Der Kläger beantragt

1.

8. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 3.736,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.02.2012 zu zahlen.

2.

9. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3.

10. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Kosten in Höhe von EUR 461,13 zu zahlen.

11. Die Beklagte beantragt

12. Die Klage wird abgewiesen.

13. Die Beklagte trägt vor, die geänderten Unterbringungen seien mit den ursprünglichen gleichwertig. Einziger Unterschied sei, dass im Resort … kein … eigener Pool zur Verfügung stünde, dies würde durch die hervorragende Lage auf der Palmeninsel ausgeglichen. Eine erhebliche Beeinträchtigung der Reiseleistung läge nicht vor. Die AGB seien wirksam in den Vertrag einbezogen worden.

14. Bzgl. weiteren detaillierten Vortrags wird auf die Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

15. Die Klage ist zulässig.

16. Die Klage ist teilweise begründet.

17. Eine Schadensersatzanspruch besteht. Durch den Wechsel der Unterkünfte war die Reiseleistung mangelhaft im Sinne von § 651 f I BGB und eine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne von §§ 651 c, 651 f II BGB lag vor. Das Resort … 5 Sterne ist nicht gleichwertig mit dem gebuchten Resort … . Ursprünglich gebucht war die Unterkunft im Resort … in einer eigenen Villa mit Pool. Die Beklagte bot stattdessen eine Hotelunterkunft an. Das Fehlen eines eigenen Feriendomizils mit eigenem Pool im Vergleich zu einem üblichen Hotelzimmer stellt eine erhebliche Beeinträchtigung dar. Dies kann durch den reinen Standort des Hotels – auf der Palmeninsel – nicht aufgewogen werden, da es sich um zwei gänzlich unterschiedliche Merkmale handelt. Der Kläger hatte gerade kein besonderes Interesse an einem Aufenthalt auf der Palmeninsel sondern vielmehr an der eigenen Villa mit eigenem Pool. Eine weitere erhebliche Beeinträchtigung liegt im Standort der Ersatz-​Unterkünfte. Diese liegen in einem anderen Emirat. Unabhängig davon ob Flora und Fauna in den betroffenen Emiraten vergleichbar sind, besteht für den Reisenden ein unbedingtes Interesse daran, seinen Urlaubsort selbst zu wählen. Mangelbegründend ist zudem die erhebliche Verlängerung der Fahrstrecken nach Dubai und zurück (ca. 130 km) und nach Ras AI Khaimah-​Stadt und zurück (ca. 90 km). Diese Entfernung war von den ursprünglich gebuchten Unterkünften aus erheblich kürzer (ca. 90 km und ca. 25 km).

18. Zu der wie dargestellt beeinträchtigenden Änderung der Reise war die Beklagte nicht berechtigt. Zwar wurden die AGB der Beklagten wirksam in den Vertrag einbezogen, indem die Beklagte diese mit der Reisebestätigung vom 05.07.2011 übersandte und der Kläger daraufhin den Anzahlungsbetrag in Höhe von EUR 747,2 überwies. Hieraus erwuchs der Beklagten aber nur das Recht, unerhebliche Änderungen der Reise vorzunehmen, die den Gesamtzuschnitt der Reise nicht beeinträchtigen. Wie dargestellt, handelt es sich bei den Änderungen der Unterkünfte aber um erhebliche, die Reise für den Kläger beeinträchtigende Änderungen.

19. Das Vertretenmüssen des Reiseveranstalters wird vermutet, § 651 f I HS 2 BGB. Ein Entlastungsbeweis wurde nicht geführt.

20. Der Schadensersatzanspruch besteht. Eine angemessene Entschädigung für die nutzlos aufgewendete Urlaubszeit liegt gem. § 651 f II BGB bei EUR 1.600,00. Maßstab sind die Umstände des Einzelfalls. Hierzu gehört auch der Reisepreis. Der Reisepreis betrug EUR 3.736,00. In die Abwägung ist einzubeziehen, dass es sich bei beiden letztlich zur Verfügung gestellten Unterkünften dennoch um hochpreisige Hotels handelt, die einer ähnlichen Kategorie zuzuordnen zu sind wie die ursprünglich gebuchten. Bei Würdigung der Gesamtumstände ist eine Entschädigung in Höhe von 43 % des Reisepreises angemessen.

21. Die Kosten des Rechtsstreits tragen Kläger und Beklagte anteilig im Verhältnis ihres jeweiligen Obsiegens und Unterliegens.

22. Hinsichtlich der vorgerichtlichen Kosten waren dem Kläger statt der beantragten EUR 461,13 nur EUR 402,82 zuzusprechen. Die sog. Toleranzrechtsprechung greift entgegen des klägerischen Vortrags nicht. Die Frage, ob eine 1,3 oder eine 1,5 Gebühr anzusetzen ist, ist seitens des Gerichts voll überprüfbar. Hierzu wird auf BGH VIII ZR 323/11 verwiesen. Eine 1,5 Gebühr war vorliegend nicht anzusetzen, da es sich vorliegend nicht um eine besonders umfangreiche oder schwierige anwaltliche Tätigkeit handelte. Angemessen war die reguläre 1,3 Gebühr für Tätigkeiten durchschnittlichen Umfangs und durchschnittlicher Schwierigkeit.

23. Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt für den Kläger aus § 709 S. 2 ZPO und für die Beklagte aus § 708 Nr. 11 ZPO.

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