Krankheitsbedingter Reiserücktritt

AG Dresden: Krankheitsbedingter Reiserücktritt

Eine Frau buchte eine Urlaubsreise unmittelbar nachdem sie sich einer Operation unterzogen hatte. Wegen einer postoperativen Entzündung konnte die diese jedoch nicht antreten. Sie fordert nun die Erstattung der Stornierungskosten von ihrer Reiserücktrittsversicherung.

Das Amtsgericht Dresden hat der Beklagten Recht zugesprochen. Eine Entzündung als Folge einer Operation sei kein Umstand, mit dem bei Buchung der Reise nicht zu rechnen gewesen wäre. Der Klägerin stehe deshalb keine Entschädigung durch die Versicherungsagentur zu.

AG Dresden 102 C 11054/01 (Aktenzeichen)
AG Dresden: AG Dresden, Urt. vom 23.05.2002
Rechtsweg: AG Dresden, Urt. v. 23.05.2002, Az: 102 C 11054/01
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Sachsen-Gerichtsurteile

Amtsgericht Dresden

1. Urteil vom 23. Mai 2002

Aktenzeichen: 102 C 11054/01

Leitsatz:

2. Keine Übernahme von Reiserücktrittskostenversicherung bei unerwarteter Verschlechterung einer bestehenden Krankheit.

Zusammenfassung:

3. Eine Frau ließ sich mittels eines operativen Eingriffs die Eierstöcke entfernen. Im Anschluss an die Operation buchte sie für sich und ihren Ehemann eine Urlaubsreise. Nach der Einschätzung ihres Arztes, sollte sie zum Reisezeitpunkt wieder voll belastbar sein. Eine unerwartete Verschlechterung ihres Gesundheitsszustandes sicherte die Klägerin dennoch über eine Reiserücktrittsversicherung ab.
Unmittelbar vor Reiseantritt entzündete sich die Wunde der Klägerin, weshalb sie nicht in der Lage war, die Reise wahrzunehmen. Sie verlangt nun von der beklagten Versicherung die Kosten erstattet.

Diese weigert sich mit der Begründung der Zahlung, dass es sich bei der Entzündung einer Operationswunde nicht um eine unerwartete Verschlechterung handele. Vielmehr hätte mit diesem Verlauf gerechnet werden müssenn.

Das Amtsgericht Dresden hat die Klage abgewiesen. Wie von Klägerin und Beklagter bestätigt, habe sich die Geschädigte für die Eventualität einer unerwarteten Verschlechterung ihres Zustandes abgesichert.

Im vorliegenden Fall greife diese Klausel des Versicherungsvertrags jedoch nicht. Selbst wenn die Heilung nach der operativen Entfernung der Eierstöcke bis zur Buchung der Reise komplikationslos verlaufen wäre, liege keine unerwartete Verschlechterung einer bestehender Krankheit i. S. d. § 2 Nr. 1 AVB-RR vor, wenn die Reise aufgrund einer postoperativen Entzündung storniert werde.

Die Wahrscheinlichkeit einer solchen Entzündig sei der Art naheliegend, dass sie nicht als unerwartet angesehen werden könne.

Tenor:

4. Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 400,00 EUR abwenden, soweit nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.

Tatbestand

5. Die Parteien streiten um Versicherungsleistung.

6. Die Kläger sind die Versicherungsnehmer. Die Beklagte ist der Versicherer. Am 28.1.2001 schlossen die Parteien einen Reiserücktrittskostenversicherungsvertrag für eine am selben Tag gebuchte Reise für drei Personen nach Mexiko ab. Geplanter Reisebeginn war der 7.2.2001.

7. Die Kläger haben den Reisevertrag storniert, nachdem am 31.1.2001 bei der Klägerin zu 2. eine postoperative Entzündung des Scheidenstumpfes sowie eine Beckenentzündung diagnostiziert wurden. Bei der Klägerin zu 2. wurden am 7.1.2001 die Eierstöcke operativ entfernt. Am 18.1.2001 wurde die Kläger aus stationärer Behandlung entlassen. Der Heilungsverlauf war bis dahin unproblematisch.

8. Die Kläger meinen, dass hier von einer unerwarteten Verschlechterung einer bestehenden Krankheit auszugehen und der Versicherungsfall eingetreten sei.

9. Die Kläger beantragen,

10. die Beklagte zur Zahlung von 2.784,29 EUR zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus ab 10.5.2001 zu verurteilen.

11. Die Beklagte beantragt,

12. die Klage abzuweisen.

13. Die Beklagte meinte, dass es sich bei der Krankheit der Klägerin zu 2. um nicht unerwartete Komplikationen und Verzögerung im Heilverlauf einer schweren Erkrankung handele, welche nicht versichert seien.

Entscheidungsgründe

14. Die zulässige Klage ist unbegründet.

15. Die Kläger können von der Beklagten keine Versicherungsleistung aus der Reiserücktrittskostenversicherung verlangen.

16. Mit dem Reiserücktrittskostenversicherungsvertrag wurde die unerwartete Verschlechterung einer bestehenden Krankheit abgesichert (siehe AVB RR 97). Vorliegend handelt es sich um keine unerwartete Verschlechterung einer bestehenden Krankheit. Die am 7.1.2001 stattgefundene Operation hatte die Entfernung eines Organs bei der Klägerin zu 2. zum Gegenstand. Bei einer solchen Operation handelt es sich regelmäßig um einen schwerwiegenden Eingriff. Mit Komplikationen in Form von Entzündungen der Wunden ist innerhalb eines Monats nach der Operation immer zu rechnen.

17. Daran vermag auch der „bilderbuchmäßige“ Heilungsverlauf bei der Klägerin zu 2. bis zum 31.1.2001 nichts zu ändern. Es kommt demzufolge auch nicht darauf an, ob im konkreten Falle der Eintritt von Komplikationen erwartet wurde. Vielmehr ist ein objektiver Maßstab anzusetzen. Danach war das Risiko des Eintritts von Komplikationen nach einer derartigen Operation bei einem geplanten Reisebeginn einen Monat nach der Operation nicht vom Versicherungsschutz mit umfasst.

18. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

19. Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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