Wohnmobilmiete kein Reisevertrag

AG München: Wohnmobilmiete kein Reisevertrag

Ein Urlauber fordert von der Vermieterin, des von ihm gebuchten Wohnmobils, Schadensersatz wegen vertaner Urlaubsfreude sowie Mängeln an der Mietsache.

Das Amtsgericht München hat dem Kläger nur teilweise Recht gegeben. Er könne nur die Mängel geltend machen, die sich auf die Mietsache beziehen, einen reisevertraglichen Anspruch habe er hingegen nicht.

AG München 121 C 23213/93 (Aktenzeichen)
AG München: AG München, Urt. vom 29.04.1994
Rechtsweg: AG München, Urt. v. 29.04.1994, Az: 121 C 23213/93
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Amtsgericht München

1. Urteil vom 29. April 1994

Aktenzeichen: 121 C 23213/93

Leitsatz:

2. Ein Vertrag über die Miete eines Wohnmobils (für den Urlaubszweck) stellt keinen Reisevertrag dar.

Zusammenfassung:

3. Der Kläger mietete bei der Beklagten ein Wohnmobil, um damit in den Urlaub zu fahren. Unterwegs musste er feststellen, dass viele Teile des Fahrzeugs beschädigt oder nicht funktionsfähig waren. In der Folge stellte er einen reisevertraglichen Antrag auf eine Preisminderung um 50 Prozent.
Die Beklagte weigerte sich die geforderte Minderung anzuerkennen. Das Wohnmobil sei intakt gewesen und der Kläger im Vorfeld auf die vorliegenden Mängel hingewiesen worden.

Das Amtsgericht München hat dem Kläger nur teilweise Recht zugesprochen. Entscheidend sei, welche Vertragsart bei der Miete eines Wohnmobils zugrunde liege. Hier sei ein handelsüblicher Mitevertrag nach §535 I BGB einschlägig. Grund dafür sei, dass die Vertragsart sich nach dem Zweck richte, welchen dieser erfüllen solle, und nicht danach was mit dem Mietobjekt geschehen soll.

Vorliegend galt der Vertrag dem Fahrzeug als Wohnobjekt. Ein Reisevertrag bedürfe einer Leistung der Vermieterin hinsichtlich des Fahrtziels, der Verpflegung und aller übrigen Reiserahmenbedingungen.
Die geltend gemachten Ansprüche des Klägers seien folglich zu verneinen. Wegen der Mängel und der eingeschränkten Funktionsfähigkeit der Wohnmobilausstattung stünde ihm allerdings eine Minderung in Höhe von 10 Prozent zu.

Tenor:

4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 1.834,60 nebst 4 % Zinsen seit 25.09.1993 zu bezahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 1/3, die Beklagte 2/3.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von DM 3.185, — vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

5. Der Kläger fordert mit der Klage DM 6.356,– Schadensersatz wegen vertanen Urlaubs, Mietminderung und Rückzahlung der geleisteten Kaution. Der Mietvertrag vom 30.3.1993 für ein Wohnmobil Coachmen Royal, Typ RF lautet auf den Namen des Klägers, unterschrieben wurde er von der Ehefrau des Klägers. Dem Mietvertrag war ein Vorvertrag vom Februar 1993 vorausgegangen, den der Kläger geschlossen hatte. Die persönlichen Angaben über den Mieter in diesem Mietvertrag vom 30.3.1993 sind die des Klägers. Die Mietzeit war vom 13.8. bis 6.9.1993 24 Tage. Die Länge des Fahrzeuges betrug 8,5 m. Mit vermietet wurden ein Motorradständer für DM 168,– für den Motorroller des Sohns des Klägers ein Generator für DM 240,– und eine Gasfüllung für DM 100,–. Der Kläger leistete weiter eine Übergabepauschale von DM 100,– und einen Betrag für die Vollkaskoversicherung mit einer Selbstbeteiligung von DM 1.000,–. Er zahlte ferner eine Kaution über DM 1.000,– per Scheck.

6. Der Mietzins betrug pro Tag DM 363,– abzüglich 10 %; für 24 Tage DM 7.840,80. Der Abschlag von 10 % wurde für die frühzeitige Anmietung des Fahrzeuges gewährt.

7. Ein Übergabeprotokoll, das von beiden Parteien unterschrieben worden ist, wurde nicht gefertigt, ebensowenig ein Rückgabeprotokoll. Der Kläger brachte das Fahrzeug pünktlich wieder zurück. Die Beklagte behielt die Sicherheit in Höhe von DM 1.000,– ein. Der Kläger forderte die Beklagte zweimal mit Schreiben vom 10.9.1993 und 16.9.1993 zur Rückgabe der Kaution auf. Die Beklagte weigerte sich, die Kaution zurückzugeben.

8. Die Klageforderung setzt sich wie folgt zusammen:

9. Der Kläger fordert Minderung in Höhe von DM 4.356,–, d.h. 50 % des Mietpreises. Er fordert DM 1.000,– wegen vertanen Urlaubs und die Rückzahlung der Kaution von DM 1.000,–.

10. Die Mietminderung begründet der Kläger mit Mängeln des Fahrzeuges. Eine Rüge der Mängel ist erst am Ende der Mietzeit durch den Kläger erfolgt.

11. Der Kläger macht folgende Mängel geltend:

12. Der Motorradhalter sei nicht geeignet gewesen und nicht ordnungsgemäß angebracht worden, so daß er nach 500 Kilometern abgerissen sei.

13. Durch die Halterung des Motorrads sei das Nummernschild verdeckt gewesen und es sei nicht genügend Bodenfreiheit beim Fahrzeug vorhanden gewesen.

14. Nach 5 Tagen sei die Wasserpumpe ausgefallen und die Außendusche sei defekt gewesen.

15. Ein Sitz im Fahrzeug sei locker gewesen und mußte neu angebracht werden.

16. Die Fliegengitter seien ausgefranst gewesen und undicht.

17. Der Brausekopf am Waschbecken sei defekt gewesen.

18. Die Kontrolleuchte am Wassertank habe nicht funktioniert.

19. Die Heizung habe auch nicht funktioniert.

20. Der Kläger ist der Auffassung, daß die Mieter eines Wohnmobils gleich zu behandeln seien wie ein abgeschlossener Reisevertrag, daß ihm auch das Recht auf Schadensersatz wegen vertanen Urlaubs zustehe, falls das gemietete Wohnmobil schwerwiegende Mängel aufweise.

21. Der Kläger behauptet weiter, daß die Mängel des Fahrzeuges zu einer Mietminderung in Höhe von 50 % berechtigten. Der Kläger behauptet weiter, daß er das Fahrzeug in dem gleichen Zustand wie bei Übergabe zurückgegeben habe, daß er weder die Dachhaut beschädigt noch das Fahrzeug hinten links ramponiert habe. Er weist weiter darauf hin, daß er vollkaskoversichert gewesen sei während der Mietzeit und nur bis zu einem Betrag von DM 1.000,– hafte.

22. Der Kläger beantragt,

23. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger DM 6.956,– plus 4 % Zinsen seit 25.9.1993 zu bezahlen.

24. Die Beklagte beantragt,

25. die Klage abzuweisen.

26. Die Beklagte behauptet, daß das Fahrzeug bei Übergabe mängelfrei gewesen sei, daß der Kläger darauf hingewiesen worden sei, daß die Außendusche in diesem Modell nicht angeschlossen sei. Sie behauptet, daß Wasserpumpe und Heizung funktioniert hätten. Sie behauptet ferner, daß sie die Kautionsrechte einbehalten, habe da der Kläger die Dachhaut und das Heck hinten links beschädigt habe. Sie ist der Auffassung, daß auf den Mietvertrag für ein Wohnmobil die Gesetzgebung über den Reisevertrag nicht anzuwenden sei und sie ist weiter der Auffassung, daß der Kläger überhaupt nicht aktivlegitimiert sei, da Mieterin seine Frau geworden sei.

27. Die Beklagte hatte Widerklage erhoben über DM 1.110,85 zuzüglich 17,5 % Verzugszinsen seit Rechtshängigkeit, d.h. seit 31.1.1994. Sie hat die Widerklage und Zustimmung des Klägers zurückgenommen.

28. Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluß vom 19.1.1994 (Blatt 88 – 91 d.A.). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 15.4.1994 (Blatt 92 – 98 d.A.) Bezug genommen. Im übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die vorgelegten Urkunden Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

29. Die Klage ist nur zum Teil begründet.

30. Der Kläger kann von der Beklagten die Zahlung von 1.834,60 fordern.

31. Der Kläger ist aktivlegitimiert. Er ist Mieter des Wohnmobils geworden. In dem Mietvertrag ist er als Mieter angegeben, es sind darin seine persönlichen Angaben enthalten. Es wird weiter darauf hingewiesen, daß er das Wohnmobil zusammen mit seiner Ehefrau und seinen 5 Kindern mietet. Die Vertragsverhandlungen wurden zwischen dem Kläger und der Beklagten, er habe sie auch durch die Ehefrau geführt, wobei der Beklagten bekannt war, daß die Ehefrau im Namen des Klägers handelt, daß durch diese die Zahlung erfolgen wird.

32. Nach Ansicht des Gerichtes handelt es sich bei der Miete eines Wohnmobils nicht um den Abschluß eines Reisevertrages. Der Kläger mietete für sich und seine Familie ein Fahrzeug. Er wandte sich an die Beklagte als Vermieterin von Wohnmobilen nicht als ein Reiseveranstalter, …, der für die Beförderung des Reisenden sorgt, für seine Unterbringung und seine Verköstigung. Er bietet bestimmte Reiseziele an und dazu die Möglichkeit, hinzugelangen, dort unterzukommen und verköstigt zu werden. Hier werden nur Wohnmobile angeboten, der Mieter bestimmt selbst seine Reiseroute, die Art der Reise und alle anderen Faktoren der Urlaubsgestaltung, so daß die Bestimmungen des Reiserechtes nicht auf diesen Vertragstyp passen. Es handelt sich um einen Mietvertrag wie bei der Miete eines Personenwagens. Der Mietpreis kann unter bestimmten Bedingungen gemindert werden. Eine Meldepflicht der Mängel während der Dauer der Fahrt kann dem Reisenden nicht zugemutet werden. Er hat die Möglichkeit, die Fahrzeugmängel reparieren zu lassen oder eine Mietminderung für die Mängel zu fordern.

33. Nach Ansicht des Gerichtes stehen dem Kläger für die nachgewiesenen Mängel eine Mietminderung in Höhe von 10 % zu.

34. Für den Motorradständer und seine Anbringung kann der Kläger keine Mietminderung fordern. Der Motorradständer wurde von der Beklagten angebracht. Die Anbringung wurde vom Kläger und seinem ältesten Sohn überwacht. Er hatte dann als zukünftiger Fahrer dafür zu sorgen, daß die Anbringung so erfolgte, daß das Nummernschild nicht verdeckt war.

35. Die Beweisaufnahme hat auch ergeben, daß das Fahrzeug, d.h. der Motorroller von J H nicht von der Beklagten sondern vom Kläger selbst befestigt wurde, so daß nicht die Beklagte die Haftung dafür trifft, daß sich das Motorrad nach einer gewissen Fahrtstrecke teilweise gelöst hatte und drohte, herabzufallen. Im übrigen ist bei diesem Vorfall kein Schaden am Motorroller entstanden, es ist nur ein kleines Häkchen abgebrochen, das wieder angebracht werden konnte.

36. Wegen der angeblichen Funktionstüchtigkeit der Heizung kann der Kläger keine Minderung beanspruchen. Es fehlt dazu ein substantiierter Vortrag, welche Mängel wann vorgelegen haben und … der Kläger die Heizung benutzen wollte. Die Zeugin wußte nicht zu sagen, was an der Heizung defekt war und an wievielen Tagen der Kläger die Heizung anstellten wollte.

37. Nach Angaben des Zeugen M funktionierte die Heizung bei Rückgabe des Fahrzeuges. Es war aber kein Gas mehr vorhanden.

38. 10 % des Mietpreises betragen DM 834,60.

39. Der Kläger kann auch die Kaution zurückverlangen. Die Beklagte hat nicht nachgewiesen, daß das Fahrzeug bei Rückgabe einen Schaden hatte.

40. Der Zeuge M konnte auch nichts dazu sagen, ob das Fahrzeug bei Übergabe Schäden hatte, er war da nicht dabeigewesen, ein Übergabeprotokoll wurde nicht gefertigt. Der Zeuge behauptet zwar, ein Übergabeprotokoll gemacht zu haben. Dieses wurde nach Angaben des Zeugen aber nicht unterschrieben und im Verfahren nicht vorgelegt. Es konnte sich aber nicht erinnern, welche Schäden vorgelegen haben. Er erinnerte sich an einen Schaden hinten links und am Motorradträger. Was das für ein Schaden gewesen sein soll, wußte er nicht zu sagen.

41. Er verwies darauf, daß er sehr viele Fahrzeuge besichtige und sich um einzelne nicht mehr erinnern könne.

42. Die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen hat die Beklagte nachzuweisen, daß der Kläger den Schaden zumindest fahrlässig verursacht hat und dieser hat den Umfang des Schadens nachzuweisen und die Reparaturkosten, die zur Behebung des Schadens erforderlich sind.

43. Der Kläger und seine Familie haben bestritten, einen Unfall mit dem Fahrzeug erlitten zu haben. Nach ihren Angaben ist das Fahrzeug im gleichen Zustand zurückgegeben worden, in dem es übergeben wurde. Nachdem die Beklagte kein Übergabeprotokoll hat fertigen lassen, ist davon auszugehen, daß die angeblich am Fahrzeug vorhandenen Schäden schon bei der Übergabe bestanden. Es hat sich ja deshalb zur Beweissicherung eingebürgert, daß jeweils bei Übergabe und bei Rückgabe ein Protokoll über den Zustand des Fahrzeuges gefertigt wird.

44. Ersatz eines Verzugsschadens kann der Kläger gemäß den §§ 284, 286, 288 BGB in Höhe der gesetzlichen Verzugszinsen fordern.

45. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO. Der Kläger hat die Kosten zu tragen, soweit er unter legen ist. Der Beklagte hat die Kosten seiner Widerklage, die er zurückgenommen hat, zu tragen.

46. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 709 ZPO.

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