Verursachung des Unfalltods eines Kindes durch Verletzung der Verkehrssicherungspflichten

OLG Köln: Verursachung des Unfalltods eines Kindes durch Verletzung der Verkehrssicherungspflichten

Die Klägerfamilie hatte bei der Beklagten eine Reise gebucht, in deren Verlauf eines der Kinder der Familie verstarb. Hierfür verlangen sie Schadensersatz für materielle Schäden und Schmerzensgeld.

Das Landgericht hatte der Klage weitestgehend stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht nun abgewiesen und das Urteil des Landgerichts bestätigt. Die Beklagte sei ihrer Verkehrssicherungspflicht nicht nachgekommen, da das Schwimmbecken des Hotels nicht ausreichend gesichert war. Daher sei die Beklagte ersatzpflichtig.

OLG Köln 16 U 25/05 (Aktenzeichen)
OLG Köln: OLG Köln, Urt. vom 12.09.2005
Rechtsweg: OLG Köln, Urt. v. 12.09.2005, Az: 16 U 25/05
LG Köln, Urt. v. 17.03.2005, Az: 8 O 264/04
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Oberlandesgericht Köln

1. Urteil vom 12. September 2005

Aktenzeichen 16 U 25/05

Leitsätze:

2. Der Reiseveranstalter hat auch für die Leistungen seiner Leistungsträger eine Kontroll- und Verkehrssicherungspflicht.

Zum Ausgleich des seelischen Leids, das Eltern und Geschwister eines tödlich verunfallten Kindes erlitten haben, ist ein Schmerzensgeld in Höhe von 20.000 € pro Person gerechtfertigt.

Zusammenfassung:

3. Die Klägerfamilie hatte bei der Beklagten eine Reise mit Hotelaufenthalt in Griechenland gebucht, in deren Verlauf eines der Kinder der Familie verstarb. Dies geschah, indem es in einem auf der Hotelanlage befindlichen Schwimmbecken von der Wasseransauganlage erfasst wurde und ertrank. Hierfür verlangen die Kläger Schadensersatz für materielle Schäden und Schmerzensgeld.

Das Landgericht hatte der Klage weitestgehend stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht nun abgewiesen und das Urteil des Landgerichts bestätigt. Die Beklagte sei ihrer Verkehrssicherungspflicht nicht nachgekommen, da das Schwimmbecken des Hotels nicht ausreichend gesichert war. Die Verkehrssicherungspflicht des Reiseveranstalters erstrecke sich auch auf die von ihm genutzten Leistungsträger, soweit ein Durchschnittsreisender davon ausgehen könne, dass der Reiseveranstalter für die Sicherheit der Leistungen garantiere. Dies sei auch bei der hier zahlungspflichtigen Wasserrutsche noch der Fall, da diese in die Hotelanlage integriert gewesen sei. Daher sei die Beklagte ersatzpflichtig.

Tenor

4. Die Berufung der Beklagten gegen das am 17.03.2005 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 8 O 264/04 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor des angefochtenen Urteils wie folgt neu gefasst wird:

Die Beklagte wird verurteilt,

an die Klägerin 33.864,50 EUR,

an den Kläger zu 2. einen Betrag von 18.466,12 EUR,

an den Kläger zu 3. ebenfalls einen Betrag von 18.466,12 EUR jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 16.09.2004 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 3.054,84 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 16.09.2004 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche weiteren materiellen Schäden zu ersetzen, die dieser aus dem Unfallereignis vom 01.08.2001 zukünftig entstehen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

5. Die Klägerin hatte für sich und ihre Familie bei der Beklagten eine im I.-Flugreisen Katalog Sommer 2001 angebotene Pauschalreise in eine Hotelanlage in Griechenland für die Zeit vom 26.07. bis 09.08.2001 gebucht. Auf dem Hotelgelände befindet sich seit Beginn der Saison 2001 eine mittels eines Geländers eingezäunte Anlage mit einer Wasserrutsche, für deren Benutzung ein gesondertes Entgelt zu entrichten war und die auch Personen zur Verfügung stand, die nicht Hotelgäste waren. Am 01.08.2001 benutzten die drei Söhne der Klägerin die Wasserrutsche. Dabei ertrank ihr seinerzeit 11-jähriger Sohn Philipp, und zwar war er mit dem rechten Arm in ein nicht mit einem Abdeckgitter geschütztes Ansaugrohr geraten, dort bis zur Schulter angesaugt und festgehalten worden.

6. Mit ihrer Klage hat die Klägerin in erster Instanz von der Beklagten für sich, aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes und „als gesetzliche Vertreterin“ ihrer Söhne T. und E. die Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes in der Größenordnung von 20.000,00 EUR, die Erstattung materiellen Schadens von 3.054,84 EUR und die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für künftige materielle Schäden begehrt.

7. Das Landgericht hat mit Urteil vom 17.03.2005 (veröffentlicht in RRa 2005, 124), auf das auch wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes verwiesen wird, die Beklagte zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von jeweils 20.000,00 EUR für alle vier Personen abzüglich hierauf von der Haftpflichtversicherung der Beklagten vorprozessual geleisteter jeweils 6.000,00 DM für die Klägerin und ihren Ehemann sowie jeweils 3.000,00 DM für ihre beiden Söhne verurteilt und der Klage auch im Übrigen stattgegeben.

8. Gegen das am 21.03.2005 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am 12.04.2005 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach entsprechender Fristverlängerung mit einem am 23.06.2005 eingereichten weiteren Schriftsatz begründet. Der Klägerin sind im Verlaufe des Berufungsverfahrens ihre beiden Söhne, die Kläger zu 2. und 3., beigetreten. Diese verfolgen nunmehr ihre in erster Instanz von der Klägerin geltend gemachten Schmerzensgeldansprüche selbst weiter.

9. Die Beklagte widerspricht der Parteierweiterung und erhebt gegenüber den Ansprüchen der Kläger zu 2. und 3. die Einrede der Verjährung. Ferner macht sie geltend, dass die Klägerin wegen eines im Reisevertrag enthaltenen Abtretungsverbotes nicht Inhaberin der Ansprüche ihres Ehemannes und zudem nicht befugt sei, Ansprüche ihrer Kinder geltend zu machen.

10. In der Sache tritt die Beklagte dem Landgericht zum Haftungsgrund mit rechtlichen Erwägungen entgegen; insbesondere meint sie, das Landgericht habe den ihr als Reiseveranstalter obliegenden Pflichtenkreis zu weit gezogen. Ferner beruft sie sich nunmehr darauf, dass selbst bei einer – unterstellt – bestehenden Verkehrssicherungspflicht ein pflichtgemäßes Handeln den Unfall nicht hätte verhindern können, weil die beiden Löcher für ihre vor Ort tätige Reiseleiterin nicht erkennbar gewesen seien und weil auch bei einem vorhandenen Abdeckgitter das Kind so stark angesaugt worden wäre, dass es hätte ertrinken können. Sie behauptet weiter, der Unfall habe sich ereignet, weil das Kind bewusst seinen Arm in das Absaugrohr gesteckt habe, und meint, der Klägerin und ihrem Ehemann sei ein Mitverschulden anzulasten, weil sie ihre Kinder nicht in die Anlage mit der Wasserrutsche begleitet hätten.

11. Zur Höhe der Schmerzensgeldansprüche macht die Beklagte geltend, dass diese individuell nach den unterschiedlichen Folgen des Unfalles für die einzelnen Familienangehörigen zu bemessen sei. Ferner hält sie Ansprüche in der vom Landgericht zuerkannten Größenordnung für überhöht.

12. Die Beklagte beantragt,

13. unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage der Klägerin abzuweisen,

14. hilfsweise für den Fall der Zulassung,

15. auch die Klage der Kläger zu 2. und 3. abzuweisen.

16. Die Klägerin beantragt,

17. die Berufung zurückzuweisen.

18. Die Kläger zu 2. und 3. beantragen,

19. die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Beklagte verpflichtet wird, an jeden von ihnen 18.466,12 EUR zu zahlen,

20. hilfsweise

21. die Berufung zurückzuweisen.

22. Die Kläger treten der Berufung mit tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen entgegen.

23. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird Bezug genommen auf die eingereichten Schriftsätze nebst den diesen beigefügten Urkunden bzw. Fotos und zeichnerischen Darstellungen. Ferner wird verwiesen auf die beigezogenen Akten 540 UJs 7352/01 StA Meiningen und 41 Js 392/02 StA Köln.

II.

24. Die in formeller Hinsicht unbedenkliche Berufung führt nur zu einer Anpassung des Tenors an den im Berufungsverfahren infolge der Parteierweiterung gestellten neuen Hauptantrag. Im Übrigen hat sie keinen Erfolg.

1.

25. Die Parteierweiterung auf der Klägerseite ist trotz des Widerspruchs der Beklagten entsprechend §§ 263, 533 ZPO zuzulassen.

26. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der der Senat folgt, ist eine nachträgliche Parteiänderung durch Parteierweiterung nach den für eine Klageänderung geltenden Voraussetzungen noch im Berufungsverfahren möglich, und zwar auf der Klägerseite auch ohne Zustimmung des Beklagten (vgl. BGH NJW 1976, 239; NJW 1988, 2298; NJW 1989, 3225; NJW 1994, 3358).

27. Die Zulassung der Parteierweiterung ist sachdienlich i. S. d. § 533 Ziff. 1. ZPO. Dadurch, dass die Kläger zu 2. und 3. nunmehr selbst ihre Schmerzensgeldansprüche geltend machen, wird kein neuer Streitstoff in den Prozess eingeführt. Die Klägerin hatte dadurch, dass sie „als gesetzliche Vertreterin“ ihrer Söhne die Ansprüche geltend machte, klar zum Ausdruck gebracht, dass sie sich – anders als bei dem an sie abgetretenen Anspruch ihres Ehemannes – nicht als Anspruchsinhaberin ansah, sie also als (vermeintliche) Prozessstandschafterin handelte. Wenn nunmehr die tatsächlichen Rechtsinhaber diese Ansprüche weiterverfolgen, hat sich hierdurch der Streitgegenstand nicht verändert und es liegt ein Fall einer sachdienlichen Parteiänderung vor (vgl. BGH NJW 2003, 2172 ebenfalls für den Fall einer in erster Instanz allseits übersehenen unzulässigen Prozessstandschaft). Dadurch, dass die Kläger in der mündlichen Verhandlung die noch in dem klageerweiternden Schriftsatz als Hilfsanträge bezeichneten Anträge der Kläger zu 2. und 3. auf Zahlung des von dem Landgericht wegen ihrer Unfallfolgen ausgeurteilten Schmerzensgeldes in erster Linie gestellt haben, haben sie zugleich deutlich gemacht, dass die Klägerin die Ansprüche ihrer Kinder für den Fall der Zulassung der Parteierweiterung nicht mehr weiterverfolgt. Ihr Antrag ist daher auszulegen, dass sie nur noch ihren eigenen Schmerzensgeldanspruch und aus abgetretenem Recht den ihres Ehemannes geltend macht. Ob wegen der nunmehr zu treffenden Tatsachenfeststellungen § 533 Nr. 2 ZPO einer Parteierweiterung entgegenstehen kann, kann offen bleiben; denn die Beklagte zweifelt – ihre Haftung dem Grunde nach unterstellt – nicht an, dass die Kläger zu 2. und 3. Inhaber der Schmerzensgeldansprüche sind. Ihre Aktivlegitimation kann also der Senat seiner Entscheidung zugrunde legen.

2.

28. Die Beklagte ist verpflichtet, den Klägern ein Schmerzensgeld mindestens in dem von dem Landgericht zuerkannten Umfang zu zahlen.

29. Die Haftung der Beklagten folgt allerdings entgegen der Meinung der Kläger dem Grunde nach nicht aus einem (deklaratorischen) Schuldanerkenntnis zum Haftungsgrund. Ihre Haftpflichtversicherung, deren Handlungen und Erklärungen ihr gem. § 5 Nr. 7 AHB zuzurechnen sind, hat die erste Teilzahlung von 2.500,00 DM entsprechend ihrem Schreiben vom 06.12.2001 ausdrücklich ohne Anerkennung einer Rechtspflicht geleistet. Die weiteren Zahlungen sind nach dem eigenen Sachvortrag der Kläger nicht mit Haftungserklärungen verbunden gewesen und erlauben gerade vor dem Hintergrund, dass bei tragischen Unglücksfällen wie dem vorliegenden Leistungen aus Kulanz nicht ungewöhnlich sind, für einen unbefangenen Zahlungsempfänger nicht den Schluss, dass damit für den Fall eines Streits über die Berechtigung von Ansprüchen auf Einwendungen zum Haftungsgrund verzichtet werden sollte. Umgekehrt lassen sich allerdings anhand des Vortrags der Beklagten, nach eigenen Angaben der Klägerin sei gegenüber einer Staatsanwältin ein Vergleich geschlossen worden, die Voraussetzungen des § 779 BGB nicht feststellen. Die Beklagte legt – worauf im Verhandlungstermin hingewiesen wurde – nicht dar, welchen Inhalt eine etwaige Einigung hat. Schon nach ihrem eigenen Vortrag hat ihre Haftpflichtversicherung noch geraume Zeit nach dem Vermerk der Staatsanwältin K. vom 04.07.2002, nämlich aufgrund eines Anspruchsschreibens vom 31.11.2002 weitere 6.961,42 DM auf den materiellen Schaden der Klägerin überwiesen.

30. Die Haftung der Beklagten folgt indes aus Art. 40 Abs. 2 EGBGB, §§ 823 Abs. 1, 847 a. F. BGB.

a)

31. Die Beklagte hat schuldhaft, nämlich fahrlässig ihr als Reiseveranstalterin obliegende Verkehrssicherungspflichten verletzt.

32. Die Beklagte war verpflichtet, die Wasserrutschenanlage des Hotels nach Inbetriebnahme auf etwaige Sicherheitsmängel zu überprüfen.

33. Ein Reiseveranstalter schuldet nicht nur die sorgfältige Auswahl und Kontrolle des eigenen Personals und der eigenen Transportmittel, sondern auch die sorgfältige Kontrolle der Leistungsträger (BGHZ 103, 298). Bei einem Hotelaufenthalt hat er alle sicherheitsrelevanten Teile der Anlage vor Vertragsschluss und in regelmäßigen Abständen während der Vertragsdauer durch einen sachkundigen und pflichtbewussten Beauftragten überprüfen zu lassen, und zwar für solche Risiken, die sich bei genauem Hinsehen jedermann offenbaren. Bei baulichen bzw. technischen Anlagen braucht er deswegen zwar nicht eigene Ermittlungen auf etwaige verborgene Mängel vorzunehmen, hat aber zu prüfen, ob die jeweiligen örtlichen Sicherheitsbestimmungen eingehalten sind oder eine Abnahme erfolgt ist. All dies hat er organisationsmäßig sicherzustellen (BGH a. a. O.; vgl. weiter Staudinger/Eckert, BGB [2003] § 651 Rdn. 76 u. MünchKomm/Tonner, BGB 4. Auflage, § 651f. Rdn. 18 ff. jeweils mit weiteren Nachweisen).

34. Diese Grundsätze haben auch dann zu gelten, wenn es um Einrichtungen des Leistungsträgers geht, die zwar nur gegen gesonderte Vergütung zu benutzen, aber für die jeweilige Urlaubsart durchaus typisch und so in den Betrieb des Leistungsträgers integriert sind, dass sie sich bei natürlicher Betrachtungsweise aus der Sicht eines durchschnittlichen Reisenden als Teil seines Leistungsangebotes darstellen. Dass sich die Überwachungspflicht auch auf die Sicherheit der Einrichtungen des Leistungsträgers erstreckt, die vor Ort bei ihm gebucht werden, hat der Bundesgerichtshof für den Fall entschieden, dass der Veranstalter durch die Gestaltung seines Prospekts bei den Reisekunden den Eindruck erweckt, dass er für die Qualität auch dieser Einrichtungen sorgen werde (BGH NJW 2000, 1188). Mit dem Landgericht ist der Senat der Meinung, dass für den vorliegenden Fall einer Freizeiteinrichtung, die integraler und wesentlicher Bestandteil des Hotelkomplexes ist, auch dann nichts anders gelten kann, wenn sie im Katalog nicht gesondert erwähnt wird. Das tatsächliche Angebot des Hotels Aristoteles für Freizeitaktivitäten im Freien bestand aus einer Gartenanlage mit einem gebührenfrei zu benutzenden Meerwasser-Swimmingpool und Kinderbecken, einem Spielplatz, einem tagsüber gebührenfrei und abends gegen Gebühr zu benutzenden Tennisplatz mit Flutlicht und der nur gegen Gebühr zu benutzende Wasserrutsche. Dabei ist die Wasserrutsche nach den zutreffenden Feststellungen des Landgerichts so in die Anlage eingegliedert, dass sie sich für einen Reisenden, der dort seinen Urlaub verbringen will, als Teil des Sport- und Freizeitangebotes des Hotelbetreibers darstellt, und zwar auch dann, wenn sie bei einem Begrüßungsgespräch nicht besonders erwähnt wird. Sie befindet sich vor einem der Wohngebäude bzw. in unmittelbarer Nähe des Wohngebäudes, in dem die Familie der Kläger untergebracht war und in der Nähe der Rezeption. Ebenso wie die anderen Freizeiteinrichtungen liegt sie in den Innengelände zwischen den beiden Reihen der Gebäude, die der Unterbringung der Gäste dienen. Dies folgt aus der von der Klägerin in erster Instanz eingereichten Skizze (GA 81), deren inhaltliche Richtigkeit die Beklagte nicht in Abrede gestellt hat, den Lichtbildern, die sich in den Ermittlungsakten der StA Meiningen befinden, und vor allem auch aus den von der örtlichen Reiseleiterin der Beklagten gefertigten und mit der Berufungsbegründung vorgelegten Fotos (prägnant insbesondere die Übersichtsaufnahme von der Hauptausfahrt aus in der Anlage BB2, GA 164). Der Umstand schließlich, dass die Rutsche – sei es zur Kontrolle gegen unbefugte Benutzer, sei es aus Sicherheitsgründen – eingezäunt ist, besagt letztlich nichts; denn dies ist auch bei dem zum Leistungsangebot laut Katalog gehörenden Tennisplatz der Fall. Eine weitergehende Sachaufklärung zu den örtlichen Verhältnissen, etwa durch Abspielen des von der Klägerin zu den Akten gereichten Videobandes oder der von Zeugen der Staatsanwaltschaft zur Verfügung gestellten Bänder erübrigte sich daher.

35. Eine derart in das übrige – teilweise ebenfalls nur gegen Gebühr zu nutzende – Sport- und Freizeitangebot integrierte Anlage stellt sich für einen durchschnittlichen Reisenden unabhängig davon, was Gegenstand der Leistungsbeschreibung im Katalog war, die er möglicherweise ohnehin nicht präsent hat, als typisches Angebot des „Hotels“ dar, also des Leistungsträgers, den der Reiseveranstalter kontrollieren und von dem er in der Regel auch in zumutbarer Weise Auskunft über sicherheitsrelevante Risiken erhalten kann. Wenn und solange eine Feststellung von Risiken noch nicht möglich war – etwa im Fall einer unmittelbar vor der Reise neu errichteten Anlage – oder er eine Haftung für die Freizeiteinrichtung nicht übernehmen will, ist es einem Reiseveranstalter unbenommen, durch geeignete und unmissverständliche Information seiner Kunden, sei es bereits im Katalog, sei es bei neuen Einrichtungen auf sonstige Weise, etwa durch eine entsprechende Information bei der Ankunft klarzustellen, dass die Einrichtung trotz des gegenteiligen Eindrucks nicht Teil seines Leistungsangebotes ist. Bei einer anderen Betrachtungsweise hätte es ein Reiseveranstalter in der Hand, sich nach Abwägung des Werbeeffekts einerseits und etwaiger Haftungsrisiken andererseits seiner Überprüfungspflicht für möglicherweise riskante Einrichtungen des Leistungsträgers durch ein bloßes Nichterwähnen im Katalog zu entziehen. Auch dies hat bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt.

b)

36. Die Pflichtverletzung war für den Unfalltod des Kindes P. kausal. Es ist deswegen ums Leben gekommen, weil er wegen der fehlenden Abdeckung mit einem Arm in das Absaugrohr geraten und sich weder aus eigener Kraft noch später mit Hilfe seiner Geschwister befreien konnte. Dass ein derartiger evidenter Sicherheitsmangel nicht hinnehmbar ist, liegt auf der Hand. Den Mangel hätte zudem jedenfalls ein geschulter Mitarbeiter, auf dessen Wissensstand es ankommt, feststellen können; denn im sicherheitsrelevanten Bereich kann er sich nicht alleine auf eine bloße Sichtkontrolle verlassen, sondern hat dem nachzugehen, was sich Jedermann bei einem genauen Hinsehen offenbart und er hat sich – wie ausgeführt – jedenfalls über die Einhaltung der örtlichen Sicherheitsvorschriften und eine etwaige behördliche Abnahme zu unterrichten. Um einen derart sicherheitsrelevanten Bereich handelt es sich bei Wasserrutschen, die unfallträchtig sein können (vgl. im Zusammenhang mit der „normalen Verkehrssicherungspflicht eines Anlagenbetreibers BGH VersR 2005, 279 u. VersR 2004, 657) und es muss sich selbst für einen technischen Laien geradezu aufdrängen, dass das Wasser, das über die – hier drei – Rutschen einem Becken zugeführt wird, im Wege eines Kreislaufsystems über Pumpen auch wieder abgesaugt und wieder hochgepumpt wird, da ansonsten eine immense und unwirtschaftliche Wasserverschwendung vorliegen würde. Dass es deswegen Absaugstellen geben werde und deren Überprüfung angezeigt sein könnte, wäre jedenfalls für einen fachkundigen Prüfer eine weitere naheliegende Überlegung gewesen. Bei der sodann vorzunehmenden „genauen“ Überprüfung hätte er, selbst wenn die Löcher im Beckenrand bei einer bloßen Sichtkontrolle von außen nicht zu sehen gewesen sein sollten, das Fehlen der Gitter feststellen und die Risiken erkennen können, die auch dadurch deutlich werden, dass der Kläger zu 3. bei dem Rettungsversuch auch von einem der Absaugrohre angezogen wurde und sich einen Bluterguss am linken Oberschenkel zugezogen hat. Seitens der Beklagten hätten daher nach dem Bekanntwerden erkennbarer Risiken weitergehende Überprüfungen sowie Abhilfeverlangen einschließlich der Herstellung eines genehmigungsfähigen und für Benutzer der Anlage risikofreien Zustandes veranlasst werden können und müssen. Notfalls hätten Kunden der Beklagten über den Zustand der Anlage aufgeklärt werden müssen, wobei eine Vermutung dafür spricht, dass sich das Kind bzw. seine Eltern aufklärungsgemäß verhalten, also von einer Benutzung der Anlage abgesehen hätten.

37. Das Argument der Beklagten, der Unfall hätte sich auch dann ereignet, wenn das Ansaugrohr mit einem Gitter versehen gewesen wäre, weil das Kind auch dann so stark hätte angesaugt werden können, dass es hätte ertrinken können, greift nicht. Zum einen legt sie die tatsächlichen Grundlagen für diese Schlussfolgerung, also die entsprechenden Druckverhältnisse nicht dar, wozu sie schon deshalb gehalten gewesen wäre, weil die Anlage inzwischen nach Anbringung von Gittern genehmigt und in Betrieb ist und sich auch schon seinerzeit der Kläger zu 3., der mit einem Körperteil, der größer war als der Durchmesser der Rohre, an die Öffnung gelangt war, losreißen konnte. Zudem wäre die Beklagte mit ihrem Vortrag, sofern er beachtlich sein sollte, nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO ausgeschlossen. Triftige Gründe, die sie daran gehindert hätten, sich auf diesen Gesichtspunkt bereits in erster Instanz zu berufen, legt die Beklagte nicht dar. Insbesondere versucht sie vergebens, sich auf eine Verletzung richterlicher Hinweispflichten zu berufen. Die Frage einer etwaigen Haftung wegen Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht war nicht erst im Rechtsstreit, sondern bereits vorprozessual der Kernpunkt des Streits der Parteien und ersichtlich kein erkennbar übersehener Gesichtspunkt i. S. d. § 139 ZPO.

38. Im Übrigen und unabhängig hiervon, erlaubt auch dieser Vortrag nicht die Feststellung, dass sich der Unfall auch bei Überprüfung der Anlage ereignet hätte; denn eine Anlage, bei der Kinder von einer Wasserrutsche nicht nur ins Becken gelangen, sondern auch von Absaugrohren angesaugt werden können und von dort nicht mehr aus eigener Kraft wegkommen, stellt eine letztlich noch größere Gefahrenquelle dar als eine solche, bei der – siehe die Unterschiede bei P. und dem Kläger zu 3. – nur das Ansaugen von Körperteilen, die kleiner sind als der Durchmesser der Öffnungen ein Befreien aus eigener Kraft unmöglich macht. Auch dies hätte durch ein „genaues Hinsehen“ eines Fachkundigen ohne weiteres festgestellt werden können und Anlass für Abhilfemaßnahmen geben müssen

c)

39. Die für den Tod des Kindes P. ursächliche Verletzung der Verkehrssicherungspflicht erfolgte auch schuldhaft. Obwohl die Inbetriebnahme der Rutsche mit Beginn der Saison 2001 der Beklagten bzw. ihrer örtlichen Reiseleiterin nicht verborgen bleiben konnte, erfolgten keine Überprüfungsmaßnahmen. Auch ist dem Vorbringen der Beklagten zu entnehmen, dass sie für derartige Fälle ihren Mitarbeitern vor Ort keine Handlungsanweisungen erteilt hatte, die eine Überprüfung gewährleistet hätten. Ein etwaiger Rechtsirrtum entlastet sie nicht, da ein solcher angesichts der Einbindung der Wasserrutsche in die Hotelanlage nicht unverschuldet gewesen wäre.

d)

40. Dem Kind P. ist ein Mitverschulden nicht anzulasten. Der Umstand, dass es sich überhaupt unterhalb der Rutschen aufgehalten hat, gibt hierfür nichts her. Das gesamte Becken stand den Nutzern zur Verfügung. Wenn das Kind im Becken auf seine beiden Geschwister warten wollte, bot sich zudem ein Aufenthalt dort geradezu an; denn dort bestand nicht die Gefahr einer Kollision mit einem der aus einer der drei Röhren kommenden Geschwister oder einem anderen Nutzer der Anlage.

41. Der erstmals in der Berufungsbegründung aufgestellte Vortrag der Beklagten, der Unfall habe sich ereignet, weil P. bewusst seinen Arm in das Absaugrohr gesteckt habe, ist ebenfalls nicht geeignet, ein Mitverschulden zu begründen. Nach der für den Senat grundsätzlich bindenden Tatsachenfeststellung des Landgerichts wurde P. durch das Ansaugrohr erfasst und mit dem rechten Arm bis zur Schulter angesaugt und festgehalten. Das Erfassen wiederum impliziert einen nicht vom eigenen Willen gesteuerten Vorgang. In ihrer Berufungsbegründung zeigt die Beklagte keine Gesichtspunkte auf, wieso diese Feststellung unzutreffend sein könnte. Dass es theoretisch möglich sein könnte, dass ein Kind in einem Becken einen Arm bewusst in ein Rohr steckt, um zu schauen, was sich da abspielt, weckt keinerlei Zweifel an der Tatsachenfeststellung des Landgerichts. Beweis für ihren den Mitverschuldenseinwand begründenden Vortrag hatte die Beklagte zudem nicht angetreten.

42. Soweit die Beklagte in ihrer ca. 1 Woche vor dem Verhandlungstermin eingegangenen Replik erstmals geltend macht, das Kind P. habe nur dadurch in das Saugrohr geraten können, weil er seine Hand in das Rohr gesteckt habe und diesen Vortrag unter Beweis stellt, kann sie mit diesem Vortrag, der ihr ohne Weiteres schon in erster Instanz möglich gewesen wäre und dessen Verspätung sie nicht entschuldigt, unabhängig davon, dass im Übrigen auch die Voraussetzungen der Zurückweisung gem. den §§ 296 Abs. 1, 520, 530 ZPO vorliegen, schon wegen § 531 Abs. 2 Nr. 3 nicht gehört werden.

43. Im Übrigen würde die Beklagte selbst dann haften, wenn ihr Vortrag prozessual beachtlich wäre. Eine Anlage mit einer Wasserrutsche ist primär für Kinder gedacht und muss deshalb in jeder Hinsicht kindlichem Spiel- und Entdeckungstrieb gerecht werden. Eine etwaige Mitverursachung aufgrund des natürlichen kindlichen Entdeckungstriebes würde daher hinter dem Verschulden der zuständigen Mitarbeiter der Beklagten zurücktreten, die keinen Anlass für eine Überprüfung sicherheitsrelevanter Teile der Anlage gesehen hatten.

44. Ein Mitverschulden der Klägerin und ihres Ehemannes gem. den §§ 254 Abs. 2, 278 BGB i. V. m. der aus dem Reisevertrag herrührenden Sonderverbindung scheidet ersichtlich aus. Kinder im Alter von 11 und 12 Jahre Jahren sind typische Nutzer von Wasserrutschen. Ihre Eltern durften sie ohne Begleitung auf eine derartige Anlage lassen und darauf vertrauen, dass diese für ihre Kinder keine „Fallen“ bietet, die außerhalb des allgemein bekannten Risikos von Wasserrutschen (Zusammenstöße mit anderen Nutzern) liegen. Tatsachen, die Anlass für eine abweichende Beurteilung geben, etwa ein vorheriges unvernünftiges Verhalten der Kinder, zeigt die Beklagte nicht auf.

e)

45. Die Klägerin ist aufgrund der erfolgten Abtretung Inhaberin der Schmerzensgeldansprüche, auch soweit sie ursprünglich in der Person ihres Ehemannes entstanden waren. Das Abtretungsverbot in Ziff. 13.3, wonach die Abtretung von Ansprüchen eines Reisenden an „Dritte, auch Ehegatten und Verwandte“ ausgeschlossen ist, ist nicht einschlägig. Bei Abtretungsverboten in Reiseverträgen ist zu unterscheiden zwischen solchen, die eine Abtretung an ein anderes Gruppenmitglied bzw. den Anmeldenden ausschließen und einem Verbot an Dritte (vgl. Tonner a. a. O. § 651g Rdn. 36). Nur letzteres ist nach der eng und nicht über ihren Wortlaut hinaus auszulegenden Klausel verboten. Die Klägerin war aber Mitreisende und damit keine „Dritte“. Nur bei Dritten greift im Übrigen der Sinn und Zweck eines solchen Verbotes, dass der Verwender sich bei vertraglichen Ansprüchen nicht mit einer ihm im Voraus nicht übersehbarer Vielzahl von Gläubigern konfrontiert sieht (BGHZ 108, 52).

46. Darauf, ob der Anmeldende bei einer Familienreise, bei der in der Regel nur er als Vertragspartner angesehen wird, durch ein formularmäßiges Abtretungsverbot an der Geltendmachung höchstpersönlicher Ansprüche seiner Angehörigen gehindert werden kann (vgl. hierzu LG Hannover RRA 2003, 117; Tonner a. a. O. Rdn. 36), kommt es deswegen nicht an.

f)

47. Gegenüber den Ansprüchen der Kläger zu 2. und 3. greift die von der Beklagten erhobene Verjährungseinrede nicht durch.

48. Zwar hat die ursprünglich von der Klägerin als Prozessstandschafterin erhobene Klage nicht zu einer Hemmung der sowohl nach altem wie auch neuem Recht dreijährigen Verjährungsfrist gem. Art. 204 Abs. 1 Nr. 1 n. F. BGB i. V. m. Art. 229 § 6 EGBGB geführt, da nur die Klage eines Berechtigten eine derartige Wirkung entfalten kann. Dies setzt im Falle einer Prozessstandschaft eine materiellrechtlich wirksame Befugnis zur Geltendmachung des fremden Rechts im eigenen Namen voraus (BGHZ 78, 1). Die Klägerin war aber weder nach dem Gesetz, das nur ausnahmsweise in dem nicht einschlägigen Fall des § 1629 BGB ein Elternteil zur Geltendmachung von Ansprüchen minderjähriger Kinder ermächtigt, „Berechtigte“ noch hatte sie die materiellrechtlichen Voraussetzungen einer ihr erteilten Einziehungsermächtigung dargetan.

49. Indes ist die Verjährungsfrist am 12.02.2002 durch die Zahlung der Beklagten von jeweils 3.000,00 DM auf die Schmerzensgeldansprüche der Kläger zu 2. und 3. gem. § 212 Abs. 1 Nr. 1 n. F. BGB neu in Gang gesetzt worden und war sodann in der Folgezeit durch Verhandlungen über vorbehaltene weitere Ansprüche bis zu der Erklärung der Haftpflichtversicherung der Beklagten vom 09.02.2004 (GA 33), dass sie keine Zahlung mehr leisten wolle, gem. § 203 n. F. BGB gehemmt mit der Folge, dass die Frist bei Zustellung des parteierweiternden Schriftsatzes am 19.08.2005 noch nicht abgelaufen war. Diese Wirkungen waren nicht nur wegen der Klägerin sondern wegen aller Familienangehörigen eingetreten. In dem der Zahlung vorausgegangenen Anwaltsschreiben vom 18.12.2001 (GA 88) wurde differenziert zwischen den verschiedenen Ansprüchen, nämlich denjenigen beider Eltern, beider Kinder und des auf die Eltern kraft Erbfolge übergegangenen Anspruchs des Kindes P.. Ferner ist in dem weiteren Anwaltsschreiben vom 15.03.2002 (GA 90), mit dem die Zahlung bestätigt und die Geltendmachung weiterer Ansprüche vom Gesundheitszustand „unserer Mandantschaft“ abhängig gemacht wird, im Betreff die „Mandantschaft“ als „Familie W.“ bezeichnet. Damit bezogen sich auch die Verhandlungen auf alle Personen, auch wenn in späteren Anwaltsschreiben nur noch die Klägerin als Mandantin angegeben war. Einer Einziehungsermächtigung hat die Klägerin sich erst in der Klageschrift berühmt.

g)

50. Auch zur Höhe des Schmerzensgeldes ist die Entscheidung des Landgerichts nicht zu ändern. Zutreffend ist zwar der Ansatz der Berufung, dass die Ansprüche individuell zu bemessen sind. Dies hat indes das Landgericht in seinen eingehenden Ausführungen zur Bemessung der Ansprüche, die auch von der Berufung nicht in Frage gestellt werden und auf die der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt, letztlich getan, auch wenn es im Ergebnis gleiche Beträge ausgeurteilt hat. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass nach den glaubhaften Angaben der Klägerin im Rahmen ihrer Anhörung im Termin die vom Landgericht beschriebenen Unfallfolgen mit Krankheitswert immer noch andauern, ist jedenfalls bei den Klägern zu 2. und 3. sowie bei dem Ehemann der Klägerin jeweils ein Schmerzensgeld von mindestens 20.000,00 EUR gerechtfertigt. Bei der Klägerin selbst, bei der die Unfallfolgen am deutlichsten ausgeprägt sind, ist der ausgeurteilte Betrag ohnehin eher zu niedrig bemessen.

51. Der Senat verkennt nicht, dass zu ähnlich gelagerten Konstellationen in der Vergangenheit von Gerichten teilweise deutlich niedrigere Beträge zugesprochen worden sind (etwa LG Freiburg NJW-RR 1996, 476), aber auch deutlich höhere (z. B. OLG Düsseldorf MDR 1998, 31). Im Hinblick darauf, dass seelisches Leid über Jahre hinweg einen Menschen in einem hohen Maße belastet, erfordert indes die Ausgleichsfunktion einen fühlbaren Betrag, jedenfalls die zuerkannten 20.000,00 EUR, abzüglich der geleisteten Zahlungen.

52. Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 288, 291 BGB.

3.

53. Aus dem Vorstehenden folgt weiter, dass die Beklagte sowohl aus dem Reisevertrag (§ 651f Abs. 1 BGB) wie auch aus unerlaubter Handlung (§ 823 Abs. 1 BGB) verpflichtet ist, der Klägerin den der Höhe nach unstreitigen materiellen Schaden von 3.054,84 EUR nebst Zinsen ab Rechtshängigkeit sowie einen etwaigen zukünftigen materiellen Schaden zu ersetzen. Wegen der fortdauernden Unfallfolgen bei der Klägerin besteht die Möglichkeit des Entstehens weiterer Schäden, was auch von der Beklagten, die sich gegen die entsprechende Feststellung des Landgerichts nicht wendet, nicht in Frage gestellt wird.

54. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

55. Die Revision war zuzulassen, weil die angesprochenen Fragen zum Umfang der Verkehrssicherungspflicht eines Reiseveranstalters über den Einzelfall hinausgehende und damit grundsätzliche Bedeutung haben.

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