Verkürzung der Verjährung von Ansprüchen wegen Reisemängeln durch die ARB

LG Duisburg: Verkürzung der Verjährung von Ansprüchen wegen Reisemängeln durch die ARB

Ein Reisender verklagt vor dem Landgericht (kurz: LG) Duisburg einen Reiseveranstalter. In den allgemeinen Reisebedingungen des Reiseveranstalters befindet sich eine Klausel die die Verjährungsfrist seiner Ansicht nach auf unter 1 Jahr verkürzt, da sie die Verjährungsfrist mit dem Tag der Abreise beginnen lässt und genau 1 Jahr später enden lässt.

Laut dem Reisenden handelt es sich hierbei um eine rechtswidrige Klausel und er verlangt das Urteil des Amtsgericht (kurz: AG) Duisburg, welches seine Ansprüche für verjährt erklärt hatte, aufzuheben Er fordert auch, die Erfüllung seiner vor dem Amtsgericht vorgebrachten Ansprüche wegen Mängeln der erbrachten Reiseleistung.

Das LG Duisburg hat das Urteil des AG Duisburg bestätigt und die Klage abgewiesen.

LG Duisburg 12 S 41/06 (Aktenzeichen)
LG Duisburg: LG Duisburg, Urt. vom 16.11.2006
Rechtsweg: LG Duisburg, Urt. v. 16.11.2006, Az: 12 S 41/06
AG Duisburg, Urt. v. 08.03.2006, Az: 53 C 4469/05
Fragen & Antworten zum Thema
Verwandte Urteile
Weiterführende Hinweise und Links
Hilfe und Beratung bei Fragen

Landgericht Duisburg

1. Urteil vom 16. November 2006

Aktenzeichen 12 S 41/06

Leitsätze:

2. Eine Klausel in den Allgemeinen Reisebedingungen, die die Verjährungsfrist für das Anzeigen von Ansprüchen wegen Reisemängeln auf weniger als 1 Jahr verkürzt, ist nicht zulässig.

Eine Klausel, die die Verjährungsfrist jedoch mit dem Tag der Abreise beginnen und genau 1 Jahr später enden lässt, ist zulässig.

Zusammenfassung:

3. Der Kläger verklagt die Beklagte wegen angezeigter Reisemängel, die Forderungen auf Reisepreisminderungen sind jedoch nach den allgemeinen Reisebedingungen (kurz ARB) der Beklagten bereits verjährt. Dies bestätigte bereits das Amtsgericht Duisburg. Der Kläger legte vor dem LG Duisburg Berufung ein, da die Klausel der Beklagten die Verjährungsfrist auf unter 1 Jahr reduziert. Die Klausel setzt den Beginn der Verjährungsfrist auf Tag der Abreise und lässt die Frist genau 1 Jahr später auslaufen.

Laut dem Kläger handelt es sich hierbei um eine unzulässige Klausel, da die Verjährungsfrist, laut § 187 Abs. 1 BGB, den Tag der Abreise nicht mitzählt und somit erst am Tag nach der Abreise beginnt. Die Verjährungsfrist die der Reiseveranstalter somit gesetzt hat beträgt genau 364 Tage und verstößt somit gegen § 651 m S. 2 BGB.

Aus diesem Grund verlangt der Kläger weiterhin die Durchsetzung seiner Ansprüche wegen Reisemängeln.

Die Beklagte verlangt lediglich die Berufung abzuweisen.

Das LG Duisburg hat entschieden, dass die Klausel in den ARB der Beklagten gültig ist und nicht gegen § 651 m S. 2 BGB verstößt. Da der § 187 Abs. 1 BGB in diesem Fall nicht greift, weil der Beginn der Verjährung laut § 651 g Abs. 2 S. 2 BGB auf den Tag des Endes der Reise ist. Die Klausel in den ARB greift somit lediglich den Wortlaut des § 651 g Abs. 2 S. 2 BGB auf und bedarf somit keiner Auslegung die eine Anwendung des § 187 BGB rechtfertigt.

Das LG Duisburg weist die Berufung ab und bestätigt somit das Urteil des AG Duisburg,

 

Tenor

4. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Duisburg vom 08.03.2006 (53 C 4469/05) wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Kläger zur Last. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

5. Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil des Amtsgerichts Duisburg Bezug genommen (§ 540 ZPO).

6. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, weil etwaige Ansprüche des Klägers auf Minderung des Reisepreises verjährt seien.

7. Die Beklagte habe die Verjährung durch wirksam in den Vertrag einbezogene allgemeine Geschäftsbedingungen, dort Ziffer 14, auf ein Jahr verkürzt. Diese Vertragsklausel sei nicht überraschend.

8. Sie halte auch einer Inhaltskontrolle stand. Sie entspreche der durch § 651 m S. 2 BGB eröffneten Möglichkeit, die Verjährungsfrist auf genau ein Jahr zu verkürzen.

9. Die Klausel verkürze die Verjährungsfrist auch nicht auf unter ein Jahr. Sowohl § 651 g Abs. 2 S. 2 BGB als auch Ziffer 14 der Reisebedingungen der Beklagten bestimmten, dass die Verjährung mit dem Tag beginne, an dem die Reise dem Vertrag nach enden sollte. Nach § 186 BGB sei die Auslegungsvorschrift des § 187 BGB sowohl für die gesetzliche Frist als auch für die durch die Geschäftsbedingungen verkürzte Frist heranzuziehen. Bei der Auslegung der Verjährungsbestimmungen ergebe sich, dass gemäß § 187 Abs. 1 BGB der Tag der Rückreise nicht mitzähle, so dass die Verjährung ab dem folgenden Tag beginne. Da die von der Beklagten verwendete Klausel den Gesetzeswortlaut aufgreife, sei diese Klausel genauso auszulegen. Daraus ergebe sich, dass die Ansprüche des Klägers mit Ablauf des 02.10.2004 unter Berücksichtigung einer Hemmung der Verjährung wegen Verhandlungen von 52 Tagen verjährt seien.

10. Mit der Berufung rügt der Kläger, dass das Amtsgericht rechtsirrig die Verjährung seiner Ansprüche angenommen habe.

11. Ziffer 14 der AGB der Beklagten würde die Verjährung auf einen Zeitraum von unter einem Jahr verkürzen, das verstoße gegen § 651 m S. 2 BGB und führe zur Unwirksamkeit der Klausel mit der Folge, dass die gesetzliche Verjährungsregelung greife, nach der die klägerischen Ansprüche nicht verjährt seien.

12. Der Kläger begründet dies damit, dass im Geltungsbereich der gesetzlichen Regelung § 187 BGB greife, wonach die Verjährung einen Tag nach dem vertraglich vorgesehenen Ende der Reise beginne. Nach der von der Beklagten verwendeten Klausel beginne die Verjährung dagegen einen Tag früher, nämlich mit dem Tag der Rückreise. Für eine Auslegung und damit eine Anwendung des § 187 BGB auf die Klausel der Beklagten sei kein Raum, der Reisevertrag regele diese Frage hinreichend konkret. Damit ende die Verjährung ein Jahr und einen Tag vor der gesetzlichen Regelung, was die Verjährung insgesamt unzulässig auf einen Zeitraum von unter einem Jahr verkürze.

13. Im Übrigen wiederholt der Kläger sein erstinstanzliches Vorbringen zu den behaupteten Mängeln der von der Beklagten erbrachten Reiseleistung.

14. Er beantragt,

15. unter Abänderung des am 8.3.2006 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Duisburg, Az.: 53 C 4469/05, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 976,20 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 8.1.2005 zu zahlen,

16. hilfsweise,

17. das Urteil des Amtsgerichts Duisburg vom 8.3.2006, Az.: 53 C 4496/05 aufzuheben und die Sache an das Amtsgericht Duisburg zurückzuverweisen.

18. Die Beklagte beantragt,

19. die Berufung zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

20. Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

21. Zu Recht hat das Amtsgericht die Verjährung der klägerischen Ansprüche auf Minderung des Reisepreises angenommen.

22. Auf dessen Ausführungen, insbesondere zur Berechnung der Verjährung, wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

23. Zu ergänzen ist Folgendes:

24. Eine Verkürzung der Verjährungsfrist auf unter ein Jahr findet durch die von der Beklagten verwendete Klausel in Ziffer 14 ihrer allgemeinen Geschäftsbedingungen auf keinen Fall statt.

25. Die Kammer stimmt allerdings dem Kläger zu, dass nach dem Wortlaut der Klausel Ziffer 14 der allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten (S. 61 des Preisteils zum Reisekatalog, Sommer 2003, der Beklagten, welcher der Kammer vorliegt) die Verjährung ab dem Tag der Rückreise berechnet wird. Dieser Wortlaut ist klar und bedarf keiner weiteren Auslegung.

26. Dann gilt aber auch dasselbe für den Beginn der gesetzlichen Regelung der Verjährung in § 651 g Abs. 2 S. 2 BGB, der insofern wortgleich lautet: „Die Verjährung beginnt mit dem Tag, an dem die Reise dem Vertrag nach enden sollte“.

27. Auch hier ist kein Raum für eine Auslegung, so dass die Auslegungsvorschrift des § 187 nicht heranzuziehen ist. Denn auf eine Regelung, die nicht auszulegen ist, findet eine Auslegungsvorschrift keine Anwendung.

28. Entsprechendes ergibt sich übrigens auch aus § 187 BGB selbst, der auf den Verjährungsbeginn im Reisevertragsrecht nach Ansicht der Kammer nicht anwendbar ist. Denn diese Vorschrift stellt für den Anfang einer Frist auf ein Ereignis oder einen in den Lauf eines Tages fallenden Zeitpunkt ab. Weder § 651 g Abs. 2 S. 2 BGB noch Ziffer 14 der AGB der Beklagten beziehen sich aber maßgebend auf ein Ereignis oder auf einen in einen Tag fallenden Zeitpunkt, sondern vielmehr auf einen Tag selbst.

29. Sollte man dagegen – wie das Amtsgericht und die von ihm zitierte Rechtsprechung – § 187 BGB auf den Verjährungsbeginn in Reisevertragssachen für anwendbar halten und die fragliche Klausel damit auslegungsbedürftig sein, so wäre § 187 BGB auch auf die vertragliche Regelung in den AGB der Beklagten anwendbar. Denn nach § 186 BGB gelten die Auslegungsvorschriften der §§ 187 bis 193 BGB auch für die in Rechtsgeschäften und damit in Verträgen enthaltenen Frist- und Terminsbestimmungen. Dann wäre diese Auslegung des Verjährungsbeginns zwingend und damit zugleich sichergestellt, dass die Verjährung nach den allgemeinen Geschäftsbedingungen tatsächlich ein Jahr nach dem Tag endet, der auf den Tag des vertragsgemäßen Endes der Reise folgt.

30. Die Wirksamkeit dieser Klausel steht auch nicht vor dem Hintergrund der Zweifelsregelung in § 305 c Abs. 2 BGB infrage. Nach dieser Vorschrift gehen Zweifel bei der Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders. Aber bei objektiver Auslegung der Klausel, wenn man denn überhaupt zu einer Auslegung gelangen sollte, wäre § 187 BGB vorrangig zu beachten, so dass gerade kein Zweifelsfall im Sinne des § 305 c Abs. 2 BGB vorliegt.

31. Die Revision wird nicht zugelassen, weil es entscheidungserheblich auf die Frage, ob § 187 BGB auf den Verjährungsbeginn in Reisevertragssachen überhaupt anwendbar ist, nicht ankommt.

32. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10 ZPO.

33. Streitwert für das Berufungsverfahren: 976,20 €

Fragen zu diesem Urteil? Diskutiere in unserem Forum.

Fragen & Antworten zum Thema

Fragen & Antworten zum Thema: LG Duisburg: Verkürzung der Verjährung von Ansprüchen wegen Reisemängeln durch die ARB

Verwandte Entscheidungen

BGH, Urt. v. 03.06.2004, Az: X ZR 28/03
BGH, Urt. v. 11.01.2005, Az: X ZR 163/02

Berichte und Besprechungen

ntv: Verjährung nach einem Jahr – Frist für Reisemängel
Forum Fluggastrechte: Verkürzung der Verjährung der zum geltend machen von Ansprüchen wegen Reisemängeln
Passagierrechte.org: Verkürzung der Verjährung der zum geltend machen von Reisemängeln

Rechtsanwälte für Reiserecht

Hilfe bei rechtlichen Fragen: Rechtsanwälte für Reiserecht oder Rechtsanwälte für Fluggastrechte.