Umbuchungswunsch des Reisenden als neuer Reisevermittlungsauftrag

AG Montabaur: Umbuchungswunsch des Reisenden als neuer Reisevermittlungsauftrag

Eine Reisende buchte über ein Reisebüro eine Reise bei einem Reiseveranstalter. Aufgrund einer ärztlichen Behandlung am vorgesehenen Reisetermin musste die Klägerin die Reise umbuchen und fragte dahingehend beim Reiseveranstalter an.

Die Reise wurde umgebucht, allerdings entstanden der Reisenden dadurch Mehrkosten. Diese verlangt sie zurück, da ihr diese nie mitgeteilt wurden.

Die Reisende verklagte daher den Reiseveranstalter vor dem Amtsgericht (kurz: AG) Montabaur und bekam recht.

AG Montabaur 5 C 293/12 (Aktenzeichen)
AG Montabaur: AG Montabaur, Urt. vom 19.02.2013
Rechtsweg: AG Montabaur, Urt. v. 19.02.2013, Az: 5 C 293/12
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Amtsgericht Montabaur

1. Urteil vom 19. Februar 2013

Aktenzeichen 5 C 293/12

Leitsätze:

2. Ein Reiseveranstalter hat seine Kunden über die bei einer Umbuchung entstehenden Kosten zu informieren.

Informiert der Reiseveranstalter seine Kunden nicht, so haftet er für die entstehenden Kosten.

Zusammenfassung:

3. Die Klägerin buchte über ein Reisebüro eine Familienreise nach Ägypten. Die Reise sollte vom 27.09.2012 bis zum 11.10.2012 stattfinden. Die Klägerin hatte jedoch bereits im April 2012 den Wunsch einer Umbuchung an die Beklagte herangetragen, da sie sich zum ursprünglichen Reisezeitpunkt einer ärztlichen Behandlung unterziehen musste.

Die Beklagte nahm die Umbuchung vor, informierte die Klägerin jedoch nicht über die dadurch anfallenden Kosten und stellte sie ihr in Rechnung.

Die Klägerin verklagte daher die Beklagte auf Rückzahlung des abgebuchten Betrages vor dem AG Montabaur. Das AG Montabaur gab der Klägerin in Teilen recht. Die Beklagte hätte die Klägerin über die dadurch entstehenden Kosten informieren müssen oder der Klägerin mitteilen müssen, dass sie keine Umbuchung vornehmen möchte. Da dies nicht geschah, konnte die Klägerin davon ausgehen, dass die Beklagte alles erforderliche unternahm. Das Unterlassen der Anzeige bei der Klägerin w areine schuldhafte Pflichtverletzung der Beklagten nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB. Dadurch übernahm die Beklagte Haftung gegenüber der Klägerin und war somit für den entstandenen Schaden haftbar. Das AG Montabaur verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 563,44 € an die Klägerin.

Tenor:

4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 563,44 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 21.10.2012 zu zahlen sowie …

 

Tatbestand:

5. abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO.

Entscheidungsgründe

6. Die Klage hat jenseits des zurückgenommenen Teils nur bedingt Erfolg. Die Klägerin kann von der Beklagten gemäß §§ 280 Abs. 1, 249 ff. BGB die gezahlten Stornokosten für die vom 27.09.2012 bis 11.10.2012 gebuchte Familienreise nach Ägypten lediglich im tenorierten Umfang ersetzt verlangen.

1.

7. Unstreitig hat die Klägerin im April 2012 an die Beklagte den Wunsch nach einer Umbuchung der Reise herangetragen, weil die Klägerin sich zum ursprünglich vorgesehenen Reisetermin einer ärztlichen Behandlung unterziehen musste.

a)

8. Nach den Reisebedingungen des Veranstalters war eine solche Umbuchung auch bis 30 Tage vor Reiseantritt kostenpflichtig möglich (Bl. 28 d.A.).

b)

9. Sodann kann dahinstehen, welche Aktivitäten die Beklagte in Bezug auf die Umbuchung entfaltet hat und ob sie zur Entfaltung entsprechender Aktivitäten verpflichtet war. Denn jedenfalls hätte sie zumindest der Klägerin rechtzeitig vor der Entstehung weiterer Kosten anzeigen müssen, dass sie entweder die Umbuchung – ggfls. mangels Mitwirkung des Reiseveranstalters – nicht durchführen kann oder dass sie in Bezug auf den Umbuchungswunsch nicht tätig werden möchte. Dann hätte sich die Klägerin selbst direkt an ihren Reiseveranstalter wenden können. Ohne diese Mitteilung konnte die Klägerin jedoch zunächst grundsätzlich darauf vertrauen, dass die Beklagte alles Erforderliche erfolgreich veranlassen werde.

10. Bereits allein darin, dass die Beklagte eine solche Anzeige gegenüber der Klägerin unterlassen hat, liegt hier die nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB als schuldhaft vermutete Pflichtverletzung der Beklagten.

c)

11. Entgegen der Ansicht der Beklagten wird dadurch auch ihre unmittelbare Haftung der Klägerin gegenüber begründet.

12. Zwar weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass das Reisebüro nach getroffener Auswahlentscheidung des Reisekunden, also der Wahl einer bestimmten Reise(leistung), bei den Informationen über die Durchführung dieser ausgewählten Reise(leistung) nur noch als Erfüllungsgehilfe des Reiseveranstalters tätig wird (vgl. BGH NJW 2006, 2321 und AmtsG Frankfurt/M Urteil vom 14.09.2010 – 30 C 2636/09 – Juris).

13. Bei der hier gewünschten Umbuchung handelt es sich jedoch nicht um einen Aspekt, der die Durchführung der ausgewählten Reise(leistung) betrifft. Vielmehr geht es hier wieder um die Auswahlentscheidung des Reisekunden als solche, nämlich darum, wann eine Reise erfolgen und folglich auf welchen Zeitraum umgebucht werden soll. Damit ist die Beziehung zwischen Reisebüro und Kunden aber wieder auf den Zeitpunkt vor der Auswahlentscheidung zurückversetzt. Dieser Sachverhalt spielt sich deshalb erneut im Rahmen des nach herrschender Meinung direkt zwischen dem Reisebüro und seinen Kunden zumindest stillschweigend geschlossenen Reisevermittlungsvertrags (vgl. die in BGH NJW 2006, 2321 zitierte Rspr. und Lit.) ab, wobei vorliegend, nachdem die Beklagte den Umbuchungswunsch der Klägerin nicht zurückgewiesen hat, dahinstehen kann, ob durch den Auftrag zur Umbuchung und dessen Nichtzurückweisung stillschweigend ein neuer Reisevermittlungsvertrag zustande kommt oder ob das Reisebüro hierbei noch im Rahmen seiner vertraglichen bzw. nachvertraglichen Pflichten aus dem ursprünglich vor der ersten Buchung zustande gekommenen Reisevermittlungsvertrag tätig wird.

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