Schadensersatz wegen Rauchbelästigung im Flugzeug

LG Darmstadt: Schadensersatz wegen Rauchbelästigung im Flugzeug

Die Kläger flogen mit der beklagten Fluggesellschaft am 29.11.2000 nach Mauritius, um dort ihren Urlaub zu verbringen. Beim Check-In-Schalter forderten die kläger vor dem Abflug zwei Sitzplätze im Nichtraucherbereich des Flugzeugs. Sie beschwerten sich, dass obwohl ihnen Boardkarten für Plätze im Nichtraucherbereich gegeben wurden, sie letztendlich im Raucherbereich saßen. Sie forderten von der Airline Schadensersatz i.H.v. 7.135,00 DM und Schmerzensgeld i.H.v. mindestens 2.000,00 DM.

Das LG Darmstadt wies die Klage als unbegründet zurück.

LG Darmstadt 13 O 267/01 (Aktenzeichen)
LG Darmstadt: LG Darmstadt, Urt. vom 24.10.2002
Rechtsweg: LG Darmstadt, Urt. v. 24.10.2002, Az: 13 O 267/01
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Landgericht Darmstadt

1. Urteil vom 24. Oktober 2002

Aktenzeichen 13 O 267/01

Leitsatz:

2. Eine Airline verstößt nicht gegen eine ihr obliegende Schutzpflicht, wenn sie aufgrund der Ausbuchung des Fluges, trotz Nachfrage, keine Sitzplätze im Nichtraucherbereich des Flugzeugs zuweisen kann.

Zusammenfassung:

3. Die Kläger flogen mit der beklagten Fluggesellschaft am 29.11.2000 nach Mauritius, um dort ihren Urlaub bis zum 14.12.2000 zu verbringen . Beim Check-In-Schalter forderten die Kläger vor dem Abflug zwei Sitzplätze im Nichtraucherbereich des Flugzeugs. Dort wurden ihnen Bordkarten für Sitzplätze im Nichtraucherbereich gegeben. Sie beschwerten sich, dass sie letztendlich trotzdem im Raucherbereich sitzen mussten und infolgedessen den Flug über, wegen des Qualms, leiden mussten und auch in Mauritius angekommen auf medizinische Behandlung angewiesen waren.

Sie forderten von der Airline Schadensersatz i.H.v. 7.135,00 DM und Schmerzensgeld i.H.v. mindestens 2.000,00 DM.

Das LG Darmstadt wies die Klage als unbegründet zurück. Sie sah keine Schutzpflicht der Beklagten verletzt.

Tenor:

4. Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Tatbestand:

5. Die Kläger nehmen die Beklagte auf Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen Rauchbelästigung während eines Fluges in Anspruch.

6. Die Kläger reisten am 29.11.2000 nach Mauritius, um dort ihren Urlaub bis zum 14.12.2000 zu verbringen. Sie wurden auf dem Hinweg mit einem Flug der Beklagten befördert. Beim Check-In-Schalter in München teilten die Kläger dem Bodenpersonal mit, dass sie nicht im Raucherbereich sitzen möchten, da sie sehr allergisch auf Zigarettenrauch reagieren würden. Den Klägern wurden dennoch zunächst Plätze im Raucherbereich zugewiesen. Nachdem sie sich beschwerten und die Bordkarten zurückgaben, gab man ihnen Bordkarten mit Sitzplätzen im Nichtraucherbereich.

7. Die Kläger behaupten, dass ihre Sitzplätze im Flugzeug sich inmitten eines Raucherbereichs befunden hätten. Ihrer Bitte, in einen Nichtraucherbereich wechseln zu können, wurde seitens der Stewardess nicht entsprochen, weil das Flugzeug vollbesetzt gewesen sei. Nach 10 Stunden Flug seien sie völlig erschöpft von der qualmenden Atmosphäre mit laufenden Nasen, Kopfschmerzen und Husten in Mauritius eingetroffen. Ihr Gesundheitszustand habe sich am nächsten Tag noch verschlimmert, weshalb sie einen Arzt aufgesucht hätten. Dieser hätte ihnen entsprechende Medikamente und einige Tage Bettruhe verschrieben. Aufgrund der Erkrankung sei ihnen der Urlaub gründlich verdorben worden.

8. Die Kläger sind der Ansicht, die Beklagte schulde ihnen Ersatz der Kosten für die Unterkunft in Höhe von 2.240,00 DM, Ersatz der Flugkosten in Höhe von 4.854,00 DM und Ersatz der Arztkosten in Höhe von 41,00 DM. Sie sind weiter der Auffassung, ihnen stünde ein Anspruch auf Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 2.000,00 DM pro Kopf zu.

9. Die Kläger beantragen daher:

1.

10. die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger 7.135,00 DM nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG seit dem 10.02.2001 zu zahlen.

2.

11. die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger pro Person ein angemessenes Schmerzensgeld, mindestens jedoch 2.000,00 DM, zu zahlen.

12. Die Beklagte beantragt,

13. die Klage abzuweisen.

14. Sie behauptet, den Kläger seinen Plätze im Nichtraucherbereich zugewiesen worden. Falls Qualm vom Raucherbereich rübergezogen sein sollte, habe dieser nicht den von den Klägern beschriebenen Umfang gehabt. Sie bestreitet, dass die von den Klägern beschriebenen Beschwerden ursächlich auf eine etwaige Rauchbelästigung im Flug zurückzuführen gewesen seien.

15. Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und die diesen beigefügten Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

16. Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

17. Den Klägern stehen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Schadensersatz- oder Schmerzensgeldansprüche gegen die Beklagte zu.

18. Ein vertraglicher Anspruch der Kläger auf Schadensersatz wegen der behaupteten Rauchbelästigung besteht nicht.

19. Selbst wenn die Beklagte den Klägern einen Platz im Raucherbereich zugewiesen hätte, läge eine Schlechterfüllung des Beförderungsvertrages seitens der Beklagten nicht vor, denn die Gewährung eines Nichtraucherplatzes war nicht Vertragsinhalt. Zwischen den Parteien wurde bei Buchung des Fluges nicht die Zuweisung eines Nichtraucherplatzes vereinbart, wie den Flugtickets zu entnehmen ist (Bl. 5 d.A.). Die Kläger reservierten sich bei der Buchung auch keinen Nichtraucherplatz. Daraus, dass die Beklagte beim Einchecken den Klägern Bordkarten mit Nichtraucherplätzen ausstellte, lässt sich eine vertragliche Verpflichtung der Beklagten nicht ableiten. Vielmehr ist das Verhalten der Beklagten unter Berücksichtigung der Verkehrssitte als Entgegenkommen im Rahmen der vorhandenen Kapazität zu werten, ein vertraglicher Anspruch der Kläger ergibt sich daraus nicht.

20. Eine Pflichtverletzung der Beklagten ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Verletzung einer Schutzpflicht (§ 242 BGB). Eine Fluggesellschaft hat sich bei der Beförderung ihres Fluggastes so zu verhalten, dass dessen Gesundheit und andere rechtlich geschützte Interessen voraussichtlich nicht verletzt werden. Aus dieser allgemeinen Schutzpflicht heraus kann die Fluggesellschaft verpflichtet sein, das Ihre zu tun, um einen besonders gefährdeten Fluggast in einer seinen speziellen Empfindlichkeiten möglichst Rechnung tragenden Weise unterzubringen (OLG Frankfurt a.M., NJW-​RR 1994, 633). Gegen diese Rücksichtnahmepflicht hat die Beklagte im konkreten Fall unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen jedoch nicht verstoßen, weil sie dass ihr Mögliche im Rahmen der vorhandenen Kapazität getan hat. Bereits nach dem klägerischen Vorbringen war das Flugzeug voll besetzt, freie Plätze im Nichtraucherbereich standen nicht zur Verfügung. Andererseits ist davon auszugehen, dass den Klägern ihr Leiden an Rauchallergie bekannt war und sie durch entsprechende Buchung und Reservierung hätten Vorsorge treffen können.

21. Darüber hinaus haben die Kläger nicht ordnungsgemäß unter Beweis gestellt, dass sie tatsächlich die behaupteten Beschwerden hatten und diese auf eine etwaige Rauchbelästigung zurückzuführen waren. Die vorgelegten Anlagen K 2 und K 3 (Bl. 6f. d.A.) belegen die Behauptungen der Kläger nicht, denn sie enthalten keine Diagnose eines Arztes und sagen auch über die Ursächlichkeit etwaiger Beschwerden nichts aus.

22. Ansprüche aus Art. 17 ff. des Warschauer Abkommens scheitern bereits daran, dass sich vorliegend nicht eine dem Flugverkehr eigentümliche Gefahr (Unfall) verwirklicht hat.

23. Auch deliktische Schadensersatz bzw. Schmerzensgeldansprüche sind nicht gegeben. Der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit der von den Klägern behaupten Verletzungshandlung liegt in dem Unterlassen der Zuweisung eines Sitzplatzes im Nichtraucherbereich. Die Beklagte traf aus den oben angeführten Gründen jedoch keine entsprechende Verpflichtung.

II.

24. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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