Informationspflicht Reiseveranstalter
LG Frankfurt: Informationspflicht Reiseveranstalter
Vorliegend macht der Kläger gegen den Reiseveranstalter Minderung des Reisepreises und Schadenersatz wegen Mängeln einer Mexiko-Rundreise geltend. Der Kläger führte unter anderem an, dass die Bettsituation teilweise mangelhaft war, da ein Bett für seinen Sohn im Zimmer fehlte. Mithin informierte die Beklagte die Reisenden nicht über die aufkommende Schweinegrippe.
Das Landgericht Frankfurt spricht dem Kläger einen Minderungsanspruch zu, jedoch nicht in der geforderten Höhe, da die restlichen Reiseleistungen nicht beanstandet wurden. Ferner stellt die Informationspflichtverletzung der Beklagten keinen Reisemangel dar.
LG Frankfurt | 2-24 S 176/10 (Aktenzeichen) |
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LG Frankfurt: | LG Frankfurt, Urt. vom 17.01.2011 |
Rechtsweg: | LG Frankfurt, Urt. v. 17.01.2011, Az: 2-24 S 176/10 |
AG Frankfurt, Urt. v. 26.08.2010, Az: 31 C 2974/09 – 10 | |
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Leitsatz:
2. Die Schweinegrippe stellt keinen Reisemangel dar, sondern ist als eine allgemein mögliche Krankheit die Verwirklichung eines allgemeinen Lebensrisikos.
Zusammenfassung:
3. Im vorliegenden Fall buchte der Kläger bei der Beklagten eine Mexiko-Rundreise. Der Kläger trägt vor, dass die Bettsituationen während der Rundreise teilweise mangelhaft gewesen seien und die Beklagte während der Reise die Reisenden nicht über die aufkommende Schweinegrippe informiert habe. Er verlangt folglich eine Reisepreisminderung von 100% des Tagesreisepreises.
Das Landgericht Frankfurt entschied, dass dem Kläger in dieser geforderten Höhe kein Minderungsanspruch zusteht, jedoch in der Höhe von 30% des Tagespreises.
Die geschilderte Bettsituation sei als Reisemangel anzusehen, welcher zu entschädigen sei. Allerdings seien die restlichen Reiseleistungen wie geschuldet erbracht worden. Mithin habe ein Reiseveranstalter zwar auch Fürsorgepflichten in Bezug auf das Gesundheitsrisiko, was eine Informationspflicht über Krankheiten beinhaltet, jedoch stelle diese Informationspflichtverletzung keinen wesentlichen Reisemangel dar. Die Schweinegrippe als allgemein mögliche Krankheit stelle außerdem bloß die Verwirklichung des allgemeinen Lebensrisikos dar.
Tenor:
wird der Kläger und Berufungskläger darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, die Berufung gem. § 522 II ZPO zurückzuweisen.
Der Kläger mag binnen 3 Wochen Stellung nehmen.
Gründe:
5. Die zulässige Berufung des Klägers bietet nach derzeitiger Aktenlage keine Aussicht auf Erfolg. Zudem weist die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung auf und die Fortbildung des Rechts- oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts aufgrund mündlicher Verhandlung nicht.
6. Das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 26.08.2010 (Az. 31 C 2974/09 – 10) ist nach derzeitiger Kammerauffassung nicht zu beanstanden.
7. Der Kläger begehrt Minderung des Reisepreises und Schadenersatz wegen Mängeln einer Mexiko-Rundreise in der Zeit vom 17.04. – 04.05.2009.
8. Im Wesentlichen macht der Kläger geltend, dass die Unterbringung der Reisenden (Kläger, Ehefrau des Klägers und deren volljährigen Sohn) in Bezug auf die Bettensituation während der Rundreise in den jeweils gebuchten Drei-Bett-Zimmern teilweise mangelhaft gewesen sei und die Beklagte während der Reise die Reisenden nicht über die aufkommende Schweinegrippe informiert habe.
9. Nach Auffassung des Klägers rechtfertigten diese Punkte eine nicht erhebliche Minderung.
10. Die Berufungsbegründung zeigt im Ergebnis keine durchgreifenden Rechtsfehler auf.
11. Die vom Amtsgericht zugesprochene Minderung für die teilweise mangelhafte Unterbringung in Form eines fehlenden dritten Betts begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
12. Soweit das Amtsgericht für die eine Übernachtung im Hotel … keine Minderung angesetzt hat, ist dies letztlich nicht zu beanstanden. Aus dem vorgelegten Lichtbild (Bl. 14 d.A.) ergibt sich aufgrund des dritten Bettes zwar eine gewisse Enge. Jedoch liegt eine Unbewohnbarkeit nicht vor. Bei einer Nacht kann nicht von einer Unzumutbarkeit ausgegangen werden. Nach Auffassung der Kammer ist die „Enge“ für eine Nacht hinnehmbar und stellt damit lediglich eine Unannehmlichkeit dar, die die Grenze zum Reisemangel noch nicht überschreitet.
13. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass das Amtsgericht den Vortrag, die Bäder in den beanstandeten Hotels seien nur für zwei Personen eingerichtet gewesen, für nicht ausreichend angesehen hat, um einen Reisemangel annehmen zu können. Insoweit ist das Amtsgericht lediglich von einer Unannehmlichkeit ausgegangen.
14. Mit der Berufung wird dieser Vortrag lediglich wiederholt. Dieser Vortrag ist jedoch zu pauschal, um eine konkrete objektive Beeinträchtigung, die die Grenze zum Reisemangel überschreitet, festzustellen. Insoweit teilt der Kläger gerade nicht mit, was dies konkret heißen soll. Insbesondere wird nicht dargelegt, wie sich die Beeinträchtigung konkret dargestellt hat.
15. Die vom Amtsgericht angesetzten Minderungsquoten sind ebenfalls nicht zu beanstanden.
16. Soweit der Kläger für seinen Sohn für jeden Tag der Beeinträchtigung durch ein fehlendes echtes Bett eine Minderung von 100% des Tagesreisepreises verlangt, ist dies überhöht. Insoweit wird nämlich nicht berücksichtigt, dass für diese Tage die übrigen Reiseleistungen (Rundreise und Verpflegung) nicht beanstandet werden. Die mangelhafte Bettsituation (kein drittes Bett, zu kleine Couch, Behelfsmatratze), wenn auch sicherlich nicht unerheblich, vermag dennoch nicht die übrigen ansonsten mangelfreien Leistungen vollständig zu entwerten. Insoweit ist die vom Amtsgericht angesetzte Minderungsquote von 30% angemessen und ausreichend. Soweit allein der Sohn von der mangelhaften Bettsituation betroffen war, vermag die Kammer eine ausreichende Rechtfertigung einer Minderung für den Kläger und seiner Ehefrau in Höhe von 25% des Tagesreisepreises nicht zu erkennen.
17. Soweit in zwei Hotels für insgesamt 3 Nächte nur zwei Betten vorhanden waren, ist die vom Amtsgericht angesetzte Minderungsquote von 25% für zwei Personen – nämlich für die beiden, die sich ein Bett teilen mussten – ebenfalls nicht zu beanstande
18. Es ist weiterhin nicht zu beanstanden, dass das Amtsgericht für eine mangelhafte Reiseleitung eine Minderung von 5% für ausreichend erachtet hat.
19. Bei der vorliegenden Reise handelte es sich um eine Studienreise mit einer Studienreiseleitung. Dass die Reiseleitung während der Ausflüge und Studien mangelhaft gewesen sei, wird nicht vorgetragen. Vielmehr beschränken sich die Beanstandungen auf zwei Punkte, nämlich dass sich die Reiseleitung nicht ausreichend um die Bettensituation gekümmert und nicht über die aufkommende Schweinegrippe informiert habe. Die unterlassene Information über die Schweinegrippe kann sich aber auch erst auf einen Zeitraum ab dem 27.04.2009 beziehen, da erst ab diesem Zeitpunkt eine konkrete Informationspflicht bestand.
20. Nach einer Gesamtwürdigung der Umstände ist die vom Amtsgericht vorgenommene Minderung im Ergebnis angemessen.
21. Soweit das Amtsgericht eine von Klägerseite begehrter Minderung für die Informationspflichtverletzung bzgl. der Schweinegrippe versagt hat, ist auch dies nicht zu beanstanden.
22. Zunächst hat das Amtsgericht zutreffend dargelegt, dass die Beklagte als Reiseveranstalter verpflichtet war, über die während der Reise auftretenden besonderen Gefahrenlagen vor Ort zu informieren, wozu auch aus damaliger ex-ante-Sicht die aufkommende Schweinegrippe gehört hat.
23. Nach den erfolgten Warnungen der WHO bestand eine konkrete Warnpflicht für die Beklagte, wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, aber erst ab dem 27.04.2009.
24. Insoweit hat das Amtsgericht sodann ausgeführt, dass es sich bei diesen Informationspflichten um vertragliche Nebenpflichten handele, deren Verletzung keine gewährleistungsrechtlichen Ansprüche auslöse, sondern allenfalls Schadenersatzansprüche nach § 280 I BGB.
25. Dies entspricht in dieser Allgemeinheit zwar nicht der derzeitigen Rechtsprechung der Kammer.
26. Die Kammer hat nämlich in verschiedenen Entscheidungen die Gewährung einer selbstständigen Minderung für die Verletzung von Informationspflichten durch den Reiseveranstalter für möglich und gerechtfertigt gehalten (vgl. (vgl. Urteile der 24. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 21.06.2007, Az. 2-24 S 236/06 u. 2-24 S 36/06, vom 28.03.2008, Az. 2-24 S 139/07, NJW-RR 2008, 1638, 1639/1640 = RRa 2008, 121 und vom 25.10.2010, Az. 2-24 S 35/10).
27. Insoweit ist aber weiteren Missverständnissen vorzubeugen. Die Kammer ist nämlich keineswegs der Ansicht und hat dies auch so nicht entschieden, dass für jede Informationspflichtverletzung des Reiseveranstalters eine selbstständige Reisepreisminderung gerechtfertigt ist. Vielmehr bleibt dies immer einer Einzelfallprüfung vorbehalten und stellt die Gewährung einer selbstständigen Minderung regelmäßig den Ausnahmefall dar. Eine selbstständige Minderung kommt nämlich regelmäßig nur dann in Betracht, wenn sich die (vorsätzliche) Informationspflichtverletzung des Reiseveranstalters auf wesentliche negative Abweichungen der vom Reiseveranstalter geschuldeten Hauptleistungen bezieht, also z.B. wenn der Reiseveranstalter wesentliche Reisemängel, wie z.B. Hotelüberbuchung oder halbfertige Hotelanlage, verschweigt oder verharmlost. Von wesentlichen Reisemängeln ist in der Regel dann auszugehen, wenn diese im Ergebnis eine Kündigung des Reisevertrages gem. § 651e I BGB rechtfertigen würden. Insoweit muss sich die Informationspflichtverletzung in anschließenden wesentlichen Reisemängeln widerspiegeln.
28. Diese Voraussetzungen sind vorliegend, wie das Amtsgericht zutreffend hilfsweise ausgeführt hat, nicht gegeben.
29. Die Informationspflichtverletzung der Beklagten bzgl. der Schweinegrippe bezog sich nämlich gerade nicht auf eine Abweichung bzgl. einer von der Beklagten geschuldeten Hauptleistung, wie Unterkunft oder Verpflegung. Zwar hat der Reiseveranstalter auch eine gewisse Fürsorgepflicht für seine Reisenden bei Gesundheitsgefahren. Jedoch spiegelt sich vorliegend die Informationspflichtverletzung nicht in einem wesentlichen Reisemangel wieder. Die Schweinegrippe an sich ist nämlich nicht als Reisemangel zu werten, sondern stellt als eine allgemein mögliche Krankheit die Verwirklichung eines allgemeinen Lebensrisikos dar.
30. Die Ausführungen des Klägers zu einer hypothetischen Kündigung wegen höherer Gewalt gem. § 651j BGB bei ordnungsgemäßer Aufklärung greifen nicht durch. Der Kläger trägt selbst vor, dass er durch seine zu Hause gebliebene Tochter und die Botschaft über die Schweinegrippe informiert worden sei. Jedoch hat der Kläger trotz der Informationen über die Schweinegrippe den Reisevertrag nicht gem. § 651j BGB gekündigt.
31. Nach all dem kommt eine Minderung für die Informationspflichtverletzung vorliegend nicht in Betracht.
32. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass das Amtsgericht nur einen Teil der geltend gemachten Telefonkosten gem. § 651f I BGB zugesprochen hat.
33. Insoweit hat das Amtsgericht zu Recht ausgeführt, dass sich auf der Grundlage der Begründung des Klägers für die Telefonate eine Kausalität zwischen Informationspflichtverletzung der Beklagten und den vielfältigen Telefonaten mit der Tochter in Deutschland und der Botschaft nicht ausreichend sicher feststellen lässt. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts Bezug genommen.
34. Insbesondere vermag die Kammer nicht nachzuvollziehen, warum die Beklagte auch anteilig die Grundgebühren für das vom Kläger mitgeführte Mobiltelefon tragen soll. Wie das Amtsgericht völlig zu Recht ausgeführt hat, wäre die Grundgebühr auch ohne Pflichtverletzungen der Beklagten angefallen. Insoweit handelt es sich um Sowieso-Kosten.
35. Danach stellt sich das amtsgerichtliche Urteil derzeit als richtig dar.
36. Nach all dem hat die Berufung derzeit keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
37. Der Kläger mag zu den Hinweisen der Kammer und zur Möglichkeit einer Berufungsrücknahme binnen 3 Wochen Stellung nehmen.
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