Reisepreisminderung bei europäischer Ferienhausvermittlung

LG Ellwangen: Reisepreisminderung bei europäischer Ferienhausvermittlung

Ein Sardinienurlauber forderte eine Reisepreisminderung aufgrund von Mängeln an der Ferienwohnung. Das Amtsgericht Aalen war örtlich zuständig, da die beklagte Ferienhausvermittlung in dessen Bezirk ansässig war.

LG Ellwangen 1 S 4/12 (Aktenzeichen)
LG Ellwangen: LG Ellwangen, Urt. vom 11.06.2012
Rechtsweg: LG Ellwangen, Urt. v. 11.06.2012, Az: 1 S 4/12
AG Aalen, Urt. v. 16.12.2011, Az: 8 C 613/11
Fragen & Antworten zum Thema
Verwandte Urteile
Weiterführende Hinweise und Links
Hilfe und Beratung bei Fragen

Landgericht Ellwangen

1. Urteil vom 11. Juni 2012

Aktenzeichen 1 S 4/12

Leitsatz:

2. Artikel 22 Nr. 1 EuGVVO bzw. Artikel 16 Nr. 1 EuGVÜ sind unanwendbar, wenn der gewerbliche Reiseveranstalter mit Sitz in einem Vertragsstaat sich gegenüber einem Kunden, der in demselben Staat wohnt, vertraglich verpflichtet, dem Kunden für einige Wochen die in einem anderen Vertragsstaat gelegene Ferienwohnung zu überlassen.

Zusammenfassung:

3. Der in Deutschland lebende Kläger hatte bei der ebenfalls dort ansässigen Beklagten für den Zeitraum vom 10. bis 24. Juli 2010 eine Ferienwohnung auf Sardinien gebucht. Diese war nicht das Eigentum der beklagten Vermittlerin. Vor Ort stellte der Kläger verschiedene Mängel an der Unterkunft fest, für welche er eine anteilige Reisepreisminderung forderte. Nachdem die Beklagte das abgelehnt hatte, zog er vor das Amtsgericht Aalen.

Die Beklagte bestritt die internationale Zuständigkeit des Gerichtes, da die streitgegenständliche Ferienwohnung nicht in dessen Bezirk lag. Das Gericht ging jedoch nicht von einem Miet-, sondern Reisevertrag aus, sodass sich seine Zuständigkeit aus dem Sitz der Beklagten ergab. Es verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 693,- € an den Kläger. Hiergegen wandte sie sich mit der Berufung vor dem Landgericht Ellwangen und griff insbesondere erneut die Zuständigkeit des Amtsgerichtes an.

Das Landgericht bestätigte die Zuständigkeit des Amtsgerichtes, da der ausschließliche Gerichtsstand nach Artikel 16 Nr. 1 EuGVÜ keine Anwendung findet, wenn im gleichen Mitgliedstaat ansässige Reiseveranstalter und Reisender einen wenige Wochen währenden Überlassungvertrag über eine Ferienwohnung in einem anderen Mitgliedsstaat schließen. Diese Auslegung ließ sich auf die Nachfolgervorschrift Artikel 22 Nr. 1 EuGVVO ebenfalls anwenden. Daher wurde die Berufung zurückgewiesen.

Tenor:

4. Die Berufung der Beklagten gegen das Zwischenurteil des Amtsgerichts Aalen vom 16. Dezember 2011 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen. Streitwert zweiter Instanz: 693,00 Euro

Gründe:

I.

5. Der Kläger und Berufungsbeklagte (im Folgenden immer: Kläger) begehrt in der Sache von der Beklagten und Berufungsklägerin (im Folgenden immer: Beklagte) die Rückzahlung eines Betrages von 693,00 Euro als Minderung eines von ihm gezahlten Reisepreises sowie Zinsen hieraus. Im Berufungsverfahren geht es allein um die Frage, ob das vom Kläger angerufene Amtsgerichts Aalen international zuständig ist.

6. Die Beklagte, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die ihren Sitz im Bezirk des Amtsgerichts Aalen hat, vermittelt Ferienhäuser, die sie auch auf ihrer Internetseite anbietet. Der Kläger buchte bei der Beklagten über das Internet für den Zeitraum vom 10. bis 24. Juli 2010 das nicht im Eigentum der Beklagten stehende Appartement für einen Erwachsenen und ein Kind in dem Ort auf Sardinien zum Gesamtpreis von 1.386,00 Euro. Die Beklagte bestätigte diese Buchung mit Schreiben vom 6. Mai 2010 (Anlage K 1 in Bl. 8 d. A.) und stellte gleichzeitig den vereinbarten Gesamtpreis in Rechnung. Diesen Betrag bezahlte der Kläger vollständig an die Beklagte. Er nutzte während des vereinbarten Zeitraums auch das genannte Appartement. Vorprozessual wies die Beklagte vom Kläger geltend gemachte Minderungsansprüche zurück.

7. Der Kläger trägt vor, das angemietete Objekt sei schon zu Beginn des Anmietzeitraums nicht in dem von der Beklagten in der Beschreibung (Anlage K 2 in Bl. 8 d. A.) zugesagten Zustand gewesen. Während des Aufenthalt des Klägers dort seien weitere erhebliche Mängel, insbesondere Lärmbelästigungen aufgetreten. Das Amtsgericht Aalen sei für die streitgegenständlichen Ansprüche zuständig, da die Beklagte ihren Sitz im Bezirk des angerufenen Amtsgerichts Aalen habe. Artikel 22 Nr. 1 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 22. Dezember 2000 (sogenannte Brüssel-I-Verordnung, im Folgenden immer kurz: EuGVVO), aus dem sich ergeben könnte, dass das Amtsgericht Aalen international nicht zuständig ist, sei weder direkt noch analog anwendbar. Die Beklagte sei nicht Vermieterin, die Parteien hätten einen Ferienhausveranstaltungsvertrag geschlossen. Artikel 22 Nr. 1 EuGVVO greife nicht im hier vorliegenden Fall eines in einem EG-Mitgliedsstaat geschlossenen Vertrags zwischen einem gewerblichen Reiseveranstalter aus diesem Staat und einem Kunden mit Wohnsitz im gleichen Staat über die Gebrauchsüberlassung für einige Wochen. Diese Bestimmung betreffe im Übrigen nur eine dauerhafte Vermietung einer unbeweglichen Sache.

8. Der Kläger kündigte den Antrag an (Bl. 2 d. A.),

die Beklagte zu verurteilten, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 693,00 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17. August 2010 zu zahlen.

9. Die Beklagte kündigte den Antrag an (Bl. 11 d. A.), die Klage abzuweisen.

10. Zur Begründung erhob sie zunächst die Rüge der fehlenden internationalen Zuständigkeit des angerufenen Amtsgerichts Aalen. Gemäß Artikel 22 Nr. 1 EuGVVO sei hier ausschließlich das Gericht zuständig, in dessen Bezirk das streitgegenständliche Ferienobjekt liege. Die Beklagte firmiere zwar als Ferienhausvermittlung, trete am Markt tatsächlich aber als Ferienhausagentur auf, die als Reiseveranstalter gemäß den §§ 651 a bis 651 m BGB tätig werde. Nach den sogenannten Ferienhausentscheidungen des Bundesgerichtshofes seien diese Vorschriften analog auf Verträge anzuwenden, die als alleinige Leistung des Veranstalters die Bereitstellung einer Ferienwohnung zu Urlaubszwecken enthalte. Demgemäß seien die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten ausgestaltet und die Ansprüche des Klägers auch auf die §§ 651 c ff. BGB gestützt. Der Vertrag zwischen den Parteien sei als Mietvertrag im Sinne von Artikel 22 Nr. 1 Satz 1 EuGVVO zu qualifizieren. Weil die Beklagte nicht Eigentümerin des Objekts ist, liege auch kein Fall des Artikel 22 Nr. 1 Satz 2 EuGVVO vor. Deshalb sei das Amtsgericht Aalen international unzuständig. Die Bestimmung des Artikels 22 Nr. 1 Satz 1 sei zwingend und stehe nicht zur Disposition der Parteien.

11. Hilfsweise für den Fall, dass die Beklagte nicht als Reiseveranstalter, sondern als Reisevermittler anzusehen sei, ist die Beklagte der Auffassung, die Klage sei unschlüssig. Der Kläger lege nämlich nicht dar, inwieweit die Beklagte Vermittlerpflichten verletzt habe. Weiter bestritt die Beklagte hilfsweise das Vorliegen der vom Kläger behaupteten Mängel, im Übrigen seien die vom Kläger behaupteten Sachverhalte nicht als Reisemängel anzusehen. Der Vortrag des Klägers zu angeblichen Belästigungen durch Handwerks- und Bauarbeiten sei nicht ausreichend substantiiert. Dies gelte auch für die behauptete Mängelrüge.

12. Beide Parteien beantragten im Termin zur mündlichen Verhandlung beim Amtsgericht Aalen am 23. November 2011 übereinstimmend, über die Zulässigkeit der Klage, insbesondere die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts durch Zwischenurteil zu entscheiden (Bl. 52 d. A.).

13. Daraufhin ordnete das Amtsgericht Aalen durch Beschluss vom 23. November 2011 (Bl. 53 d. A.) zunächst an, dass über die Zulässigkeit der Klage durch Zwischenurteil entschieden werde und erklärte dann durch das angefochtene Zwischenurteil vom 16. Dezember 2011 (Bl. 58 bis 61 d. A.), das der Beklagten am 4. Januar 2012 zugestellt wurde (vgl. Bl. 63 d. A.), das angerufene Amtsgericht Aalen für international zuständig. Zur Begründung führte es unter anderem aus, eine ausschließliche und vorrangige Zuständigkeit nach Artikel 22 EuGVVO sei im vorliegenden Fall nicht gegeben. Artikel 22 Nr. 1 EuGVVO sei dann unanwendbar, wenn sich ein gewerblicher Reiseveranstalter gegenüber einem Kunden – beide mit Geschäfts- und Wohnsitz in demselben Vertragsstaat – verpflichte, dem Kunden für einige Wochen den Gebrauch einer fremden Ferienwohnung in einem anderen Vertragsstaat zu verschaffen. Diese vom Gerichtshof der Europäischen Union im Beschluss vom 26. Februar 1992 (NJW 1992, 1029) zur Vorgängervorschrift des Artikel 22 Nr. 1 EuGVVO, nämlich zu Artikel 16 Nr. 1 des EU-Vollstreckungsübereinkommens (EuGVÜ), vertretene Rechtsauffassung greife auch für Artikel 22 Nr. 1 EuGVVO. Ziel dieser Vorschrift sei nämlich die Gewährung effektiven Rechtsschutzes für Verbraucher. Daher liege die Anwendung des Artikels 15 EuGVVO über die Zuständigkeit bei Verbrauchersachen näher. Zumindest aber sei Artikel 22 Nr. 1 Satz 2 EuGVVO jedenfalls hier verbraucherschützend dahin auszulegen, dass die internationale Zuständigkeit auch des Mitgliedsstaates gegeben sei, in dem beide Parteien ihren Sitz haben.

14. Die Beklagte legte mit dem beim Landgericht Ellwangen am 10. Januar 2012 eingegangenem Schriftsatz vom 9. Januar 2012 (Bl. 64 bis 65 d. A.) unter der Parteibezeichnung „Firma …“ Berufung gegen das Zwischenurteil ein und übersandte mit am 12. Januar 2012 eingegangenem weiteren Schriftsatz vom 11. Januar 2012 (Bl. 67 d. A.) eine Ausfertigung des angefochtenen Urteils des Amtsgerichts Aalen.

15. Zur Begründung wiederholt die Beklagte ihre Rechtsauffassung, wonach das Amtsgericht Aalen für die Entscheidung des Rechtsstreits unzuständig sei. Auf die vom Amtsgericht zitierte Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 26. Februar 1992 könne nicht mehr abgestellt werden, zumal diese bereits damals auf erhebliche Kritik gestoßen sei. Artikel 22 Nr. 1 Satz 1 EuGVVO sehe einen ausschließlichen Gerichtsstand vor. Die in Satz 2 dieser Vorschrift bestimmte Ausnahme greife nur dann, wenn es sich bei dem Vertragspartner des Mieters um den Eigentümer handle. Dies sei die Beklagte nicht. Der Vermittler sei dem Eigentümer nicht gleichzustellen. Das Berufungsgericht sei gehalten, den Rechtsstreit zur Klärung der Frage der internationalen Zuständigkeit dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen.

16. Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Amtsgerichts Aalen vom 16. Dezember 2011 abzuändern und festzustellen, dass das angerufene Amtsgericht Aalen international unzuständig ist,

hilfsweise den Rechtsstreit an das Amtsgericht Aalen zurückzuverweisen,

höchst hilfsweise die Klage als unzulässig abzuweisen (Bl. 76, 96 d. A.).

17. Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen (Bl. 72, 97 d. A.).

18. Zur Begründung verweist der Kläger auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils. Das Amtsgericht gehe zutreffend davon aus, dass Artikel 22 Nr. 1 Satz 1 EuGVVO hier nicht zur Anwendung komme und die Zuständigkeit des Amtsgerichts Aalen gegeben sei.

19. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die genannten und gewechselten Schriftsätze mit Anlagen, die protokollierten Erklärungen sowie die ergangenen Entscheidungen und den weiteren Akteninhalt verwiesen.

II.

20. Die zulässige, insbesondere rechtzeitig eingelegte und begründete Berufung der Beklagten bleibt in der Sache ohne Erfolg.

1.

21. Das Zwischenurteil des Amtsgerichts Aalen vom 16. Dezember 2011 ist ein Urteil über die Zulässigkeit der Klage gemäß § 280 Abs. 1 ZPO. In Betreff der Rechtsmittel ist es gemäß § 280 Abs. 2 Satz 1 ZPO als Endurteil anzusehen. Deshalb ist gemäß § 511 Abs. 1 ZPO die Berufung das hier statthafte Rechtsmittel.

22. Was den Umstand betrifft, dass durch den Schriftsatz vom 9. Januar 2012 (Bl. 64 d. A.) Berufung namens der Firma … eingelegt wurde und nicht namens der richtigen Beklagten, nämlich der Ferienhausvermittlung so macht diese unrichtige Parteibezeichnung die Berufung nicht unzulässig. Zum einen führt die Beklagte in diesem Schriftsatz aus, Berufung werde gegen das Zwischenurteil vom 16. Dezember 2011, Aktenzeichen 8 C 613/11, eingelegt, bei dem es sich um das gegen die Beklagte ergangene Zwischenurteil handelt. Zum anderen legte die Beklagte als Anlage zu dem am 12. Januar 2012 und damit noch innerhalb der Berufungseinlegungsfrist beim Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 11. Januar 2012 (Bl. 67) eine Ausfertigung des angefochtenen und die richtige Parteibezeichnungen enthaltenden Urteils des Amtsgerichts Aalen vor. Unter diesen Umständen bestand bereits bei Ablauf der Berufungseinlegungsfrist für das Berufungsgericht kein Zweifel daran, dass tatsächlich für die Beklagte Berufung eingelegt worden war.

23. Auch die weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen für die Berufung einschließlich der erforderlichen Berufungsbeschwer liegen vor.

24. In der Sache ist die Berufung unbegründet, weil das Amtsgericht Aalen für den Rechtsstreit zuständig ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf die zutreffenden und von der Kammer geteilten Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils verwiesen.

25. Wie sich aus dem in der mündlichen Verhandlung über die Berufung von den Parteien nochmals bestätigten beidseitigen Vortrag sowie der vorgelegten Buchungsbestätigung vom 6. Mai 2010 (Anlage K 1 in Bl. 8 d. A.) ergibt, war Inhalt des Reisevertrages zwischen den Parteien lediglich die Anmietung des Appartements in der Zeit zwischen dem 10. und dem 24. Juli 2010. Der Reisevertrag zwischen den Parteien ist seinem Wortlaut nach ein Vertrag über die Überlassung einer unbeweglichen Sache auf Zeit und müsste damit rechtlich als Mietvertrag im Sinne von Artikel 22 Nr. 1 Satz 1 EuGVVO qualifiziert werden. Die Klage hat die Miete aus diesem Vertrag zum Gegenstand.

26. Die Vorschriften des Artikel 22 EuGVVO sind freilich eng auszulegen (Münchner Kommentar, ZPO, 3. Aufl., Art. 22 EuGVVO, Rn. 17), jedenfalls nicht weiter, als es ihr Zweck erfordert (Münchner Kommentar a. a. O. Rn. 15). Denn Artikel 22 nimmt den Parteien in seinem Anwendungsbereich die Gerichtsstandswahl und kann sie dazu zwingen, an einem Ort zu prozessieren, der für keine von ihnen Wohn- oder Geschäftssitz ist. Auch der verbraucherschützende Charakter dieser Zuständigkeitsbestimmung ist zu beachten. Das Ziel des Artikel 22 Nr. 1 Satz 1 EuGVVO, die Entscheidung einem mit den örtlichen Verhältnissen vertrauten Gericht zu übertragen, erfordert in Fällen, wie dem hier zu entscheidenden, eine Anwendung der Bestimmung nicht. Für die in den hier maßgeblichen Punkten inhaltsgleiche Vorgängervorschrift des Artikel 16 Nr. 1 EuGVÜ hat dies der Europäische Gerichtshof mit Beschluss vom 26. Februar 1992 (NJW 1992, 1029) so entschieden. Artikel 16 Nr. 1 EuGVÜ mit dem ausschließlichen Gerichtsstand der belegenen Sache galt nach dieser Entscheidung auch dann nicht uneingeschränkt für die Überlassung von Ferienwohnungen, wenn sie nicht im Eigentum des gewerblichen Reiseveranstalters standen. Vielmehr war Artikel 16 Nr. 1 EuGVÜ unanwendbar, wenn der gewerbliche Reiseveranstalter mit Sitz in einem Vertragsstaat sich gegenüber einem Kunden, der in demselben Staat wohnt, vertraglich verpflichtet, dem Kunden für einige Wochen die in einem anderen Vertragsstaat gelegene Ferienwohnung zu überlassen. Die vom Europäischen Gerichtshof zur Begründung angeführten Gesichtspunkte gelten in gleicher Weise für die Regelung des Artikel 22 Nr. 1 EuGVVO (Münchner Kommentar a. a. O. Rn. 19 und Zöller, ZPO, 29. Aufl., Art. 22 EuGVVO Rn. 4; a. A. wohl Musielak, ZPO, 9. Aufl., Art. 22 EuGVVO Rn. 4). Für Streitigkeiten aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag begründet deshalb Artikel 22 Nr. 1 Satz 1 EuGVVO einen ausschließlichen Gerichtsstand nicht. Das Amtsgericht Aalen ist als allgemeiner Gerichtsstand der Beklagten zuständig.

3.

27. Da die Berufung deshalb erfolglos bleibt, folgt die Kostenentscheidung aus § 97 Abs. 1 ZPO (vgl. hierzu Zöller a. a. O. § 280 Rn. 8). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

4.

28. Die Revision wird zugelassen. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 2 ZPO sind erfüllt. Höchstrichterlich bislang nicht entschieden wurde die Rechtsfrage, ob gemäß Artikel 22 Nr. 1 EuGVVO die Gerichte des Mitgliedstaats, in dem die unbewegliche Sache belegen ist, ausschließlich zuständig sind für Klagen, welche die Miete für eine zum vorübergehenden privaten Gebrauch überlassene Ferienwohnung zum Gegenstand haben, die keiner der vertragschließenden Parteien gehört und in einem anderen Mitgliedstaat liegt als dem, in dem beide Parteien ihren Sitz haben. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert deshalb eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Fragen zu diesem Urteil? Diskutiere in unserem Forum.

Fragen & Antworten zum Thema

Fragen & Antworten zum Thema: Reisepreisminderung bei europäischer Ferienhausvermittlung

Verwandte Entscheidungen

BGH, Urt. v. 06.06.91, Az: I ZR 291/89
LG Dortmund, Urt. v. 30.04.15, Az: 13 O 1/15
AG Düsseldorf, Urt. v. 03.05.16, Az: 35 C 20/16

Berichte und Besprechungen

Forum Fluggastrechte: Gerichtsstand bei Ferienhaus im Ausland
Passagierrechte.org: Anwendung des Mietrechts bei Ferienwohnungen

Rechtsanwälte für Reiserecht

Hilfe bei rechtlichen Fragen: Rechtsanwälte für Reiserecht oder Rechtsanwälte für Fluggastrechte