Rechtzeitigkeit eines Telefaxes

AG Hamburg: Rechtzeitigkeit eines Telefaxes

Die Klägerin macht gemäß §§ 651d, 651c Absatz 1, 638 Absatz 3+4 BGB gegen die beklagte Reiseveranstalterin Minderungsansprüche wegen Reisemängeln geltend. Das Amtsgericht Hamburg entschied, dass ihr ein solcher Anspruch nicht zustehe.

Die Anspruchsmeldung sei hier nicht rechtzeitig, innerhalb eines Monats, bei der Beklagten eingegangen. Die Klägerin sendete am letzten Tag des Fristablaufs zwar eine Telefax, jedoch habe sie nicht hinreichen dargelegt, welche konkreten Reisemängel vorgelegen haben.

AG Hamburg 23a C 353/05 (Aktenzeichen)
AG Hamburg: AG Hamburg, Urt. vom 29.11.2015
Rechtsweg: AG Hamburg, Urt. v. 29.11.2015, Az: 23a C 353/05
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Amtsgericht Hamburg

1.Urteil vom 29. November 2005

Aktenzeichen 23a C 353/05

 Leitsatz:

2. In einer Anspruchsanmeldung gemäß § 651g BGB,  müssen die konkreten Mängel bezeichnet werden, auf die ein Zahlungsverlangen gestützt wird, damit dem Reiseveranstalter ermöglicht wird, die Berechtigung der behaupteten Reisemängel zu überprüfen.

Zusammenfassung:

3. Die Klägerin macht gegen die beklagte Reiseveranstalterin Minderungsansprüche gemäß §§ 651d, 651c Absatz 1, 638 Absatz 3+4 BGB geltend. Das Amtsgericht Hamburg lehnte die Klage ab und spricht der Klägerin den geltend gemachten Anspruch nicht zu.

Dazu führt es aus, dass die Klägerin den Anspruch nicht in der erforderlichen Frist und zwar innerhalb eines Monats, nach der vertraglich vorgesehenen Beendigung der Reise, geltend gemacht habe.

Unerheblich sei, dass die Anspruchsanmeldung der Klägerin bereits verspätet war, weil sie nicht zur üblichen Geschäftszeit am Tage des Fristablaufes bei der Beklagten einging, da die Geltendmachung der Ansprüche nach dem Reisevertragsrecht keine Willenserklärungen im Sinne des BGB darstellen und auch nicht als geschäftsähnliche Handlung anzusehen seien. Allerdings habe die Klägerin in ihrer Anspruchsmeldung nicht hinreichend dargetan, welche konkreten Mängel vorgelegen habe.

Tenor

4. Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

5. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313a ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

6. Die zulässige Klage ist unbegründet.

7. Der Klägerin stehen gegen die Beklagten Minderungsansprüche gemäß §§ 651d, 651c Absatz 1, 638 Absatz 3+4 BGB nicht zu.

8. Dabei ist bereits zweifelhaft, ob solche Ansprüche überhaupt und in der von der Klägerin geltend gemachten Höhe entstanden sind. Dabei beruhen diese Zweifel insbesondere darauf, dass etliche der behaupteten Mängel nicht ausreichend substantiiert dargetan wurden und dass nicht konkret vorgetragen wurde, wann welche einzelnen Mängel dem Reiseleiter (welchem?) gegenüber gerügt wurden und Abhilfe verlangt wurde (§§ 651c, 651d Absatz 2 BGB). Ein schriftliches Beanstandungsprotokoll ist jedenfalls nicht erstellt worden.

9. Letztendlich kann jedoch dahingestellt bleiben, ob aufgrund von Mängeln der Reise Minderungsansprüche entstanden sind; denn jedenfalls ist die Klägerin mit solchen Ansprüchen gemäß § 651g Absatz 1 Satz 3 BGB ausgeschlossen.

10. Gemäß § 651g Absatz 1 Satz 1 hätten diese Ansprüche innerhalb eines Monats nach der vertraglich vorgesehenen Beendigung der Reise gegenüber der Beklagten geltend gemacht werden müssen. Mit Fax vom 2.5.2005, abgesandt um 22.58 Uhr, haben die Klägerin und ihr Mitreisender … unter Bezug auf während des Urlaubs telefonisch mitgeteilte verschiedene Mängel eine Entschädigungsforderung angekündigt. Im Einzelnen wird auf das Schreiben Bezug genommen.

11. Entgegen der wohl herrschenden Meinung (LG Hamburg RRa 1999, 141; Palandt, BGB, Rdnr. 2 zu § 651g; Führich, Reiserecht, § 12 Rdnr. 363) ist das erkennende Gericht zwar nicht der Ansicht, dass die Anspruchsanmeldung der Klägerin bereits verspätet war, weil sie nicht zur üblichen Geschäftszeit am Tage des Fristablaufes bei der Beklagten einging. Denn ebenso wie das Landgericht Düsseldorf (Aktenzeichen 22 S 62/99, Urteil vom 30.12.1999, RRa 2000, 98) sieht das Gericht die Geltendmachung der Ansprüche gemäß § 651g BGB weder als Willenserklärung noch als geschäftsähnliche Handlung, auf die die Vorschrift des § 130 BGB anwendbar wäre. Aber das Schreiben der Klägerin vom 2.5.2005 entspricht nicht den Anforderungen, die an eine Anspruchsanmeldung gemäß § 651g BGB zu stellen sind. Zumindest müssen darin die konkreten Mängel bezeichnet werden, auf die ein Zahlungsverlangen gestützt wird, damit dem Reiseveranstalter ermöglicht wird, die Berechtigung der behaupteten Reisemängel zu überprüfen (vgl. Führich, Reiserecht, § 12, Rdnr. 369).

12. Zwar mag im Einzelfall ein Hinweis auf frühere Beanstandungen ausreichen, dann müssen diese aber bereits konkret und detailliert gegenüber dem Reiseveranstalter dargetan worden sein, so dass er bei Erhalt des Anspruchsschreibens weiß oder ohne weiteres erkennen kann, worauf der Reisende seine Ansprüche stützt (vgl. Führich, a.a.O., Rdnr. 369). Die schlichte Rüge einzelner Mängel gegenüber dem Reiseleiter, die hier jedenfalls nicht feststeht, reicht hierzu nicht.

13. Die Klägerin hat jedoch in keiner Weise ausreichend dargetan, welche konkreten Mängel sie wann welchem Mitarbeiter der Beklagten in der Weise mitgeteilt hat, dass wegen dieser Mängel Gewährleistungsansprüche geltend gemacht werden.

14. Soweit die Klägerin sich zudem darauf beruft, dass die Anspruchsanmeldung schon bereits während der Reise vorgenommen wurde und hätte vorgenommen werden können, vermag das Gericht ihrer Auffassung nicht zu folgen.

15. Zum einen fehlt es – wie bereits ausgeführt – an einem ausreichenden tatsächlichen Vortrag, dass die entsprechenden Anforderungen erfüllt sind. Zum anderen ist das Gericht der Rechtsmeinung, dass die Anspruchsanmeldung grundsätzlich nach Reiseende erfolgen muss. Dies ergibt sich aus dem klaren Wortlaut des Gesetzes und erscheint zum Zweck der Rechtssicherheit zwingend erforderlich (vgl. Führich, Reiserecht, § 12 Rdnr. 367 m.w.N.).

16. Schließlich ist die Klägerin auch in der gehörigen Form darauf hingewiesen worden, dass sie innerhalb der Frist eines Monats ihre Ansprüche gegenüber der Beklagten anmelden muss. Dieser Hinweis ist – unstreitig – im Katalog der Beklagten, in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen und in der übersandten Reisebestätigung enthalten. Dadurch ist die Beklagte ihrer Informationspflicht ausreichend nachgekommen (§ 6 Absatz 4 BGB – InfoV).

17. Nach allem ist die Klägerin deshalb mit etwaigen Ansprüchen jedenfalls gemäß § 651g Absatz 1 Satz 3 BGB ausgeschlossen.

18. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711, 71 ZPO.

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