Ausführendes Luftfahrtunternehmen passivlegitimiert
LG Köln: Ausführendes Luftfahrtunternehmen passivlegitimiert
Ein Fluggast nimmt eine Luftfahrtgesellschaft auf Ausgleichzahlung in Anspuch aufgrund von Kosten die durch eine Flugverspätung und mehreren Flugannulierungen entstanden waren.
Das Gericht entschied, dass der Klage nicht stattgegeben wird und der Fluggast keinen Anspruch auf Ausgleichszahlung hat.
LG Köln | 11 S 506/07 (Aktenzeichen) |
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LG Köln: | LG Köln, Urt. vom 04.11.2008 |
Rechtsweg: | LG Köln, Urt. v. 04.11.2008, Az: 11 S 506/07 |
AG Köln, Urt. v. 12.11.2007, Az: 119 C 310/07 | |
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Leitsatz:
2. Bei Code-Sharing ist gemäß Art. 3 Abs. 5 dieser Verordnung jeweils das ausführende Flugunternehmen zuständig.
Zusammenfassung:
3. Im vorliegenden Fall buchte die Klägerin bei der Beklagten einen Hin- und Rückflug von Münster über München und São Paulo nach Florianopolis. Der Flug von São Paulo nach München wurde jedoch annuliert. Es wurde daraufhin ein Ersatzflug nach Frankfurt zur Verfügung gestellt. Aufgrund technischer Probleme verzögerte sich der Abflug von São Paulo weiterhin um 4 Stunden und 30 Minuten. Der darauffolgende Anschlussflug ab Frankfurt konnte infolgedessen von der Klägerin nicht mehr erreicht werden. Der nächste planmäßige Anschlussflug von Frankfurt nach Münster wurde wegen technischer Probleme gestrichen. Die Klägerin buchte dann auf einen Flug nach Köln um der dann planmäßig stattfand.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten eine Ausgleichszahlung. Das Gericht entschied, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Ausgleichzahlung hat, weil die Beklagte nicht passivlegitimiert ist. Es ist nicht das Flugunternehmen zuständig mit dem der Reisevertrag geschlossen wurde, sondern das durchführende Unternehmen für den jeweiligen Flug.
Gemäß Art. 3 Abs. 5 dieser Verordnung ist das ausführende Unternehmen und nicht der Vertragspartner in Fällen von Code-Sharing zuständig. Das Kürzel in der Flugnummer deutet auf das ausführende Flugunternehmen hin, das für den Flugabschnitt zuständig ist. Auch ein zusammengebuchter Hin- und Rückflug ändern aufrgund des Code-Sharing nichts.
Tenor:
4. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des AGs Köln vom 12.11.2007 – 119 C 310/07 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits – beider Instanzen – trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
5. Die Klägerin verlangt von der Beklagten eine Ausgleichszahlung gemäß Art. 7 Abs. 1 lfd. Nr. c) in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 lfd. Nr. c) der Verordnung (EG) Nr. 261/04 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.02.2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen in Höhe von 600,00 EUR.“
6. Die Klägerin buchte über die O Touristik Service GmbH & Co. KG in F bei der Beklagten einen Hin- und Rückflug von Münster über München und São Paulo nach Florianopolis.
7. Der geplante Rückflug sollte am 09.03.2006 erfolgen. Der Flug von São Paulo nach München mit dem Code RG8772/LH9705, welcher im Rahmen eines Code-Sharing von dem Luftfahrtunternehmen Varig durchgeführt werden sollte, wurde annulliert.
8. Die Fluggesellschaft Varig ist zwischenzeitlich insolvent.
9. Der Klägerin wurde als Ersatzbeförderung ein Flug von São Paulo nach Frankfurt am 10.03.2006 um 15:05 Uhr (LH 503) und ein Anschlussflug Frankfurt-Münster am 11.03.2006, 9:00 Uhr – 9.50 Uhr zur Verfügung gestellt. Aufgrund technischer Probleme verzögerte sich der Abflug von São Paulo weiterhin um 4 Stunden und 30 Minuten. Der darauffolgende Anschlussflug ab Frankfurt konnte infolgedessen von der Klägerin nicht mehr erreicht werden. Der nächste planmäßige Anschlussflug von Frankfurt nach Münster um 12:00 Uhr mit dem Code LH1142 wurde wegen technischer Probleme gestrichen.
10. Die Klägerin buchte daraufhin ihren Flug um nach Köln. Dieser Flug fand auch planmäßig statt, so dass die Klägerin um 14:45 Uhr Köln erreichte.
11. Mit der Klage begehrt die Klägerin eine Ausgleichszahlung von 600,00 EUR von der Beklagten.
12. Die Klägerin behauptet, dass es aufgrund der einzelnen Ausfälle zu einer Verzögerung der Rückreise um 23,5 Stunden gekommen sei. Eine ausreichende Verpflegung sei ihr bei den Wartezeiten auch nicht von dem Flugunternehmen erbracht worden.
13. Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 600,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.06.2006 sowie 10,00 EUR vorgerichtliche Kosten und 47,50 EUR vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
14. Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
15. Die Beklagte hat behauptet, dass der Flug LH9705 von der Fluggesellschaft Varig ausgeführt werden sollte. Dies ergäbe sich deutlich aus den Buchungs- und Vertragsunterlagen und es sei daher nicht ersichtlich, warum die Klägerin davon ausging, dass sämtliche Flüge ausschließlich mit der Beklagten durchgeführt werden sollten. Auskünfte zu der Flugstreichung und die darauf folgende Betreuung der Fluggäste am Flughafen São Paulo seien deshalb ausschließlich die Angelegenheit der Fluggesellschaft Varig gewesen. Etwaige Ausgleichsansprüche seien ebenfalls an das ausführende Luftfahrtunternehmen und nicht an sie als Vertragspartnerin zu richten. Hinsichtlich des weiteren Vorbringens in erster Instanz wird auf den Akteninhalt verwiesen.
16. Das AG hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 600,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.06.2006 zu zahlen sowie 47,50 EUR vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.02.2007 und hat im Übrigen die Klage abgewiesen.
17. Das AG hat dies damit begründet, dass der Flug aus Deutschland und damit aus einem Mitgliedsstaat im Sinne des Art. 7 der Verordnung (EG) 261/2004 angetreten worden sei. Hin- und Rückreise seien als Gesamtleistung vereinbart. Der Anspruch auf Ausgleichszahlung richte sich im Rahmen des Code-Sharing nicht gegen das ausführende Unternehmen, sondern auch gegen die Beklagte, die die Buchung und die Tickets ausgestellt habe als Vertragspartnerin.
18. Das AG hat die Berufung zugelassen.
19. Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die geltend macht, dass die Verordnung EU 261/2004 vorliegend nicht anwendbar sei, weil der Flug nicht aus dem Gebiet eines Mitgliedsstaates angetreten worden sei und das Flugunternehmen Varig als ausführendes Unternehmen kein Luftfahrtunternehmen der EU sei, sondern eine brasilianische Fluggesellschaft. Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beklagten wird auf ihre Berufungsbegründung Bezug genommen. Die Klägerin ist der Berufung entgegengetreten und hat ihren erstinstanzlichen Vortrag im Wesentlichen wiederholt. Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf den Akteninhalt sowie auf die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
20. Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist in der Sache begründet.
21. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Ausgleichszahlung in Höhe von 600,00 EUR gegen die Beklagte aus Art. 5 Abs. 1 c), Art. 7 Abs. 1 c) der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.02.2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen (im Folgenden: VO (EG) Nr. 261/2004 genannt) zu.
22. Die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen derartigen Ausgleichsanspruch, weil die Beklagte für diesen Anspruch nicht passivlegitimiert ist.
23. Anspruchverpflichtet und daher passivlegitimiert ist für die in Art. 7 VO (EG) Nr. 261/2004 geregelte Ausgleichszahlung allein das „ausführende Luftfahrtunternehmen“. Im Fall der Ausgleichsleistung wegen Annulierung, wie sie hier grundsätzlich in Betracht kommt, ergibt sich dies aus Art. 5 Abs. 1 c) der VO (EG) Nr. 261/2004. Unter „ausführendem Luftfahrtunternehmen“ ist gemäß der Begriffbestimmung in Art. 2 lfd. Nr. b) der VO (EG) Nr. 261/2004 ein Luftfahrtunternehmen zu verstehen, „das im Rahmen eines Vertrags mit einem Fluggast oder im Namen einer anderen – juristischen oder natürlichen – Person, die mit dem betreffenden Fluggast in einer Vertragsbeziehung steht, einen Flug durchführt oder durchzuführen beabsichtigt“.
24. Entscheidend ist nach der Verordnung somit nicht, mit welchem Flugunternehmen der Fluggast einen Beförderungsvertrag geschlossen hat, sondern welches Flugunternehmen den Flug durchführt.
25. Dies bedeutet jedoch, dass bei einem Code-Sharing-Flug die verschiedenen in der Verordnung statuierten Verpflichtungen – so auch die Verpflichtung zur Zahlung von Ausgleichsleistungen – nicht das beauftragende Flugunternehmen treffen und damit die Beklagte als Vertragspartei, sondern dasjenige Flugunternehmen, das tatsächlich die Durchführung des Fluges übernimmt (vgl. Schmidt, NJW 2007, 261, 267).
26. Die Möglichkeit, dass im Rahmen eines Code-Sharings ein anderes Luftfahrtunternehmen als der Vertragspartner des Fluggastes den Flug ausführt und deshalb „ausführendes Luftfahrtunternehmen“ im Sinne der Verordnung ist, war auch dem Verordnungsgeber offensichtlich auch bewusst, wie sich aus Art. 3 Abs. 5 dieser Verordnung ergibt:
27. „Erfüllt ein ausführendes Luftfahrtunternehmen, das in keiner Vertragsbeziehung mit dem Fluggast steht, Verpflichtungen im Rahmen dieser Verordnung, so wird davon ausgegangen, dass es im Namen der Person handelt, die in einer Vertragsbeziehung mit dem betreffenden Fluggast steht.“
28. Diese Differenzierung wäre sinnlos und überflüssig, wenn die Beklagte als Vertragspartner zu einer Ausgleichspflicht nach Art. 7 VO (EG) Nr. 261/2004 verpflichtet wäre. Aus Art. 3 Abs. 5 der Verordnung ergibt sich, dass eine Verdoppelung der Ansprüche vermieden werden soll.
29. Dem Fluggast stehen gegen seinen Vertragspartner, hier gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche zu und ihm wird die Leistung des ausführenden Unternehmens zugerechnet bei Annullierung und Nichtbeförderung. Diese Ansprüche sollen aus diesem Grunde von dem ausführenden Unternehmen erfüllt werden. Im Falle der von der Verordnung erfassten Fälle der Nichtbeförderung, Annullierung oder Verspätung wird das „ausführende Luftfahrtunternehmen“ abgesehen von Ausgleichsansprüchen nach Art. 7 VO (EG) Nr. 261/2004 auch zur Unterstützungsleistung nach Art. 8 und 9 der Verordnung 261/2004 verpflichtet. Diese Unterstützungsleistungen umfassen unter anderem einen Rückflug zum ersten Abflugort oder eine anderweitige Beförderung zum Endziel sowie Mahlzeiten und Erfrischungen und die Hotelunterbringung einschließlich Transport.
30. Für das Luftfahrtunternehmen, das für die Beförderung auf dem fraglichen Streckenabschnitt lediglich Vertragspartner ist, diese aber tatsächlich nicht erbringt, führt die Auslegung, die das AG vorgenommen hat, zur teilweisen Unmöglichkeit der Erfüllung dieser Ansprüche.
31. Für die Klägerin war aus den Buchungsunterlagen klar erkennbar, dass der Flugabschnitt, der annulliert wurde, nicht von der Beklagten selbst, sondern von einem dritten Luftfahrtunternehmen Varig erbracht wurde. Dies wurde in den Buchungs- und Vertragsunterlagen durch den Zusatz „durchgeführt von RG W“ kenntlich gemacht. Der Flug trug zwar auch die Flugnummer LH 9705 der Beklagten, jedoch zusätzlich den Hinweis auf die Durchführung unter der Flugnummer RG8772 (wobei RG das Kürzel für das Unternehmen Varig ist). Es oblag daher der Varig, die Beförderungsleistung für diesen Reiseabschnitt von São Paulo nach München ordnungsgemäß auszuführen. Es kam allein aus Gründen des Luftfahrtunternehmen Varig zur Annullierung des Teilfluges Nr. RG 8722 – LH 9705.
32. Insoweit hat die Klägerin nur eine Ausgleichszahlung gemäß Art. 5 Abs. 1 c) in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 VO (EG) Nr. 261/2004 gegen das ausführende Flugunternehmen Varig. Soweit das AG den Begriff des ausführenden Luftfahrtunternehmens aufgrund von Art. 3 Abs. 5 der Verordnung 261/2004 im Fall von Code-Sharing-Flügen erweiternd dahingehend ausgelegt hat, dass auch das Luftfahrtunternehmen als „ausführendes Luftfahrtunternehmen“ gelte, das den Flug nicht selbst durchführe, dessen Flugname Nummer der Flug jedoch trage und bei dem gebucht worden ist, kann die Kammer dem nicht folgen.
33. Entscheidend für Art. 7 Abs. 1 VO (EG) Nr. 261/2004 ist eine unmittelbare oder mittelbare Vertragsbeziehung zu dem Fluggast sowie die tatsächliche Durchführung des Fluges durch ein Luftfahrtunternehmen.
34. Passivlegitimiert ist nach der Verordnung lediglich das Luftfahrtunternehmen, das die Beförderung auf diesem Streckenabschnitt tatsächlich erbringen sollte. Aus den Buchungsunterlagen war auch für die Klägerin deutlich erkennbar, dass dies das Luftfahrtunternehmen W war. Dies ergibt sich – wie bereits oben dargelegt – auch aus Art. 3 Abs. 5 der Verordnung.
35. Diese Vorschrift beinhaltet eine Fiktion der Leistungserbringung für das vertraglich verpflichtete Luftfahrtunternehmen in den Fällen, in denen das ausführende Luftfahrtunternehmen in keiner Vertragsbeziehung mit dem Fluggast steht. Diese restriktive Auslegung der Verordnung ergibt sich auch aus dem Sinn und Zweck der Verordnung 261/2004. Den Fluggästen wird im Fall der Annullierung aus Gründen des Verbraucherschutzes ein pauschalierter Schadensersatzanspruch zuerkannt. Dieser kann gegenüber dem Luftfahrtunternehmen – aber auch nur gegen über diesem – geltend gemacht werden, das die tatsächliche Beförderungsleistung erbringt und die Annullierung zu verantworten hat.
36. Der pauschalierte Schadensersatz soll dazu dienen, das Verhalten des Luftfahrtunternehmens zu „lenken“. Die von der Kammer vorgenommene Auslegung des Begriffs „ausführendes Luftfahrtunternehmen“ wird auch bestätigt durch dieVerordnung (EG) Nr. 2111/2005 vom 14.12.2005 über die Erstellung einer gemeinschaftlichen Liste der Luftfahrtunternehmen, gegen die in der Gemeinschaft eine Betriebsuntersagung ergangen ist, sowie über die Unterrichtung von Fluggästen über die Identität des ausführenden Luftfahrtunternehmens und zur Aufhebung des Art. 9 der Richtlinie 2004/36 EG. In Art. 11 der Verordnung 2111/2005 wird nämlich der Vertragspartner zur Beförderung im Luftverkehr dazu verpflichtet, die Fluggäste bei der Buchung über die Identität des ausführenden Luftfahrtunternehmens zu unterrichten. Diese Bestimmung ist Grundlage für die Angabe des Luftfahrtunternehmens im Flugschein, das im Rahmen eines Code-Sharing tatsächlich die Beförderungsleistung erbringt.
37. „Vertragspartner für die Beförderung im Luftverkehr“ ist nach Art. 2 lfd. Nr. c) VO 2111/2005 das Luftfahrtunternehmen, das einen Beförderungsvertrag mit einem Fluggast schließt oder im Falle einer Pauschalreise der Reiseveranstalter. Im vorliegenden Fall ist es die Beklagte, bei der die Klägerin die Flugtickets gebucht hat. Ausführendes Luftfahrtunternehmen hingegen ist nach Art. 2 lfd. Nr. e) der Verordnung 2111/2005 ein Luftfahrtunternehmen, das im Rahmen eines Vertrages mit einem Fluggast oder im Namen einer juristischen oder natürlichen Person, die mit dem betreffenden Fluggast in einer Vertragsbeziehung einen Flug durchführt oder durchzuführen beabsichtigt. Diese Definition entspricht damit der vorliegenden Begriffsbestimmung in der Verordnung 261/2004.
38. Aus Art. 11 der Verordnung 2111/2005 in Verbindung mit den einschlägigen Begriffsbestimmungen ergibt sich daher, dass zwischen dem Luftfahrtunternehmen, das mit dem Fluggast einen Beförderungsvertrag schließt und dem Luftfahrtunternehmen, das die Beförderungsleistung tatsächlich erbringt, unterschieden wird. Im Fall des Code-Sharing gibt es daher immer ein Luftfahrtunternehmen, das „Vertragspartner für die Beförderung im Luftverkehr“ ist sowie ein „ausführendes Luftfahrtunternehmen“. Die Erwägungsgründe der Verordnung 2111/2005 Nr. 11, 13 und 14 enthalten Anhaltspunkte dafür, wie der Begriff des ausführenden Luftfahrtunternehmens auszulegen ist und zwar dahingehend, dass es sich dabei um das Luftfahrtunternehmen handelt, das den betreffenden Flug durchführt.
39. Der Erwägungsgrund 13 weist darauf hin, dass bei der Konstellation des Code-Sharings, was sich dadurch auszeichnet, dass das Luftfahrtunternehmen, das den Flug unter seinem Namen verkauft hat, diesen tatsächlich nicht durchführt. Aus diesem Grund soll der Fluggast einen Anspruch darauf haben, über die Identität des Luftfahrtunternehmens, das ihn tatsächlich befördert, unterrichtet zu werden.
40. Dem EG-Verordnungsgeber der Verordnung 261/2004 war die Differenzierung zwischen ausführendem Luftfahrtunternehmen und vertraglichem Luftfahrtunternehmen bekannt. Diese Differenzierung zwischen dem Vertragspartner und dem ausführenden Luftfahrtunternehmen ist bereits aus dem Montrealer Übereinkommen (Übereinkommen vom 28.05.1999 zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr) bekannt, das in seinem Art. 39 den vertraglichen und den ausführenden Luftfrachtführer voneinander abgrenzt. Aus diesem Grunde ist davon auszugehen, dass der Verordnungsgesetzgeber auch in der vorliegenden Verordnung diese Differenzierung bewusst vorgenommen hat, so dass keine Regelungslücke besteht und damit auch kein Bedürfnis für eine analoge Anwendung. Bei dieser Auslegung muss im Übrigen berücksichtigt werden, dass der Klägerin keine Ansprüche gegenüber ihrem Vertragspartner, der Beklagten abgeschnitten werden.
41. Die in Art. 7 VO (EG) Nr. 261/2004 statuierte Ausgleichspflicht der Flugunternehmen ergänzt vielmehr lediglich die bereits nach bisheriger Rechtslage bestehenden vertraglichen Ansprüche, ohne diese auszuschließen. Dies geht klar aus Art. 12 der Verordnung hervor, wonach die Verordnung „unbeschadet eines weitergehenden Schadensersatzanspruchs des Fluggastes“ gilt und die Ausgleichsleistung lediglich auf einen solchen Schadensersatzanspruch angerechnet werden kann.
42. Es bleibt dem Fluggast daher auch im Fall des Code-Sharings unbenommen, auf vertraglicher Grundlage Minderungs- oder Schadensersatzansprüche gegen das vertragliche Luftfahrtunternehmen geltend zu machen, bleibt dem Fluggast daher auch im Falle des Code-Sharing unbenommen. Auf die Berechtigung solcher vertraglicher Ansprüche im vorliegenden Fall ist an dieser Stelle jedoch nicht einzugehen, da Streitgegenstand allein der von der Klägerin begehrte verschuldensunabhängige und auf die Verordnung (EG) Nr. 261/2004 gestützte Ausgleichsanspruch ist.
43. Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich der Anspruch auch nicht aus Art. 3 Abs. 1 lfd. Nr. a) für den vorliegenden Flug, weil diese Vorschrift nicht anwendbar ist. Der Europäische Gerichtshof hat am 10.07.2008 in der Rechtssache C-173/07 entschieden, Art. 3 Abs. 1 lfd. Nr. a) sei dahingehend auszulegen , dass er nicht auf den Fall einer Hin- und Rückreise anwendbar ist, wenn die Fluggäste, die ursprünglich auf einen Flughafen im Gebiet eines Mitgliedsstaates einen Flug angetreten haben, für diesen Flughafen mit einem Flug ab einem Flughafen aus einem Drittstaat zurückreisen.
44. Der Umstand, dass Hin- und Rückflug gemeinsam gebucht werden, wirkt sich auf die Auslegung dieser Bestimmung nicht aus. Vorliegend hat die Klägerin zwar ihren Flug in Frankfurt am Main angetreten, der Rückflug sollte jedoch von dem Flugunternehmen Varig, einer brasilianischen Fluggesellschaft, von São Paulo nach München durchgeführt werden, so dass nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs Art. 3 Abs. 1 lfd. Nr. a) vorliegend keine Anwendung findet.
45. Nach alldem war die angefochtene Entscheidung entsprechend abzuändern.
46. Die Kostenentscheidung beruht auf §91 ZPO.
47. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§708 Nr. 10, 711 ZPO.
48. Die Revision war gemäß §543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
49. Berufungsstreitwert: 600,00 EUR.
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