Kontrollierter Abwärtssteilflug
AG Frankfurt: Kontrollierter Abwärtssteilflug
Die Klägerin hatte bei der Beklagten einen Flug gebucht. Während des Fluges reduzierte der Pilot innerhalb kurzer Zeit die Flughöhe drastisch. Anschließend kam es zu einer ungeplanten Zwischenlandung. Die Klägerin buchte unmittelbar einen Rückflug, da sie in das nun weiterfliegende Flugzeug nicht mehr einsteigen wollte. Von der Beklagten verlangte sie Erstattung des Ticketpreises für den Rückflug und Schadensersatz für einen erlittenen Schock.
Das Gericht wies die Klage vollumfänglich ab. Der Senkflug und die Zwischenlandung stellten keinen Mangel dar, sondern seien Realisierung eines verkehrsmitteltypischen Risikos. Diesem hätte sich die Klägerin freiwillig ausgesetzt, sodass sie keine Mängelansprüche geltend machen könne.
AG Frankfurt | 29 C 210/01 (Aktenzeichen) |
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AG Frankfurt: | AG Frankfurt, Urt. vom 05.07.2001 |
Rechtsweg: | AG Frankfurt, Urt. v. 05.07.2001, Az: 29 C 210/01 |
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Leitsatz:
2. Die Zwischenlandung zur Reparatur eines technischen Defekts ist im Rahmen des üblichen und hinzunehmenden Gefährdungsrisikos und daher nicht als Mangel zu bewerten.
Zusammenfassung:
3. Die Klägerin hatte bei der Beklagten für sich und ihren Sohn einen Flug von Deutschland nach Hurghada, Ägypten gebucht. Während des Fluges reduzierte der Pilot innerhalb kurzer Zeit die Flughöhe drastisch. Anschließend kam es zu einer ungeplanten Zwischenlandung in Kairo. Die Klägerin verlor daher das Vertrauen in das eingesetzte Flugzeug und buchte, obwohl dieses repariert wurde, einen anderweitigen Rückflug noch von Kairo. Von der Beklagten verlangte sie Erstattung des Ticketpreises für den Rückflug und Schadensersatz für einen erlittenen Schock.
Das Gericht wies die Klage vollumfänglich ab. Es liege kein Mangel vor. Es sei im Rahmen des üblichen und hinzunehmenden Gefährdungsrisikos, dass ein Flugzeug zur Reparatur eines technischen Defekts eine Zwischenlandung vornehmen müsse. Die Klägerin hatte gerügt, dass der Pilot die Passagiere während des Abwärtssteilfluges unzureichend informiert hatte. Dies wertete das Gericht als technisch zwingend, da eine zügige Reduzierung der Flughöhe bei gleichzeitiger dauernder Kommunikation mit der Flugüberwachung erfolgen musste. Der Flug war daher nicht mangelhaft, sodass der Klägerin kein teilweises Kündigungsrecht zustand, in dessen Folge sie den Rückflug hätte erstattet verlangen können.
Tenor:
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird gestattet, die Vollstreckung der Beklagten durch Hinterlegung einer Sicherheitsleistung in Höhe von DM 700,- abzuwenden, es sei denn, dass die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
5. Die Klägerin buchte bei der Beklagten für sich und ihren Sohn eine Urlaubsreise nach Hurghada in Ägypten. Als Reisepreis waren pro Person 679,- DM vereinbart. Im Preis war die Flugreise vom Flughafen M./O. nach Hurghada sowie Hotelkosten mit Halbpension enthalten. Die Hinreise erfolgte am 25.8.2000, die Rückreise am 1.9.2000. Auf dem Rückflug kam es ca. 30 Minuten nach dem Start des Flugzeuges von Hurghada zu einem unplanmäßigen Flugverlauf. Das Flugzeug verringerte plötzlich innerhalb kurzer Zeit die Flughöhe von 10.000 m auf 4.000 m. Wenig später landete das Flugzeug zu einem unplanmäßigen Zwischenstopp in Kairo. Die Maschine musste mehrere Stunden auf dem Rollfeld warten, ehe die Passagiere das Flugzeug verlassen und in das Flughafengebäude verbracht werden konnten. Dort wurde ein Sicherheitscheck an der Maschine durchgeführt. Die Klägerin weigerte sich, mit ihrem Sohn die Weiterreise in derselben Maschine anzutreten und buchte für sich und ihren Sohn einen Rückflug bei der …
6. Die Klägerin trägt vor, es habe sich bei dem Zwischenfall um einen Sturzflug gehandelt. Die Besatzung habe die Passagiere nicht über diesen Vorgang informiert und habe es nicht verstanden, mit der Situation adäquat umzugehen. Das Bordpersonal sei nicht in der Lage gewesen, erste Hilfe zu leisten. Der Pilot habe zunächst eine Notlandung angekündigt, diese sogleich wieder revidiert und sei dann aber doch aus Gründen der Sicherheit in Kairo gelandet. Angesichts widersprüchlicher Erklärungen des Personals habe sich die Klägerin geweigert, den Rückflug in derselben Maschine anzutreten. Sie behauptet, dies sei ihr zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht zumutbar gewesen. Sie leide an multipler Sklerose. Durch den Vorfall habe sie einen Schock erlitten, der ohnehin zu einer dauerhaften Verschlechterung ihres bereits gefährdeten Gesundheitszustandes geführt habe.
8. die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.464,20,- DM nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 11.12.2000 zu zahlen.
11. Die Beklagte behauptet, es habe sich bei dem Zwischenfall um einen kontrollierten Abwärtssteilflug gehandelt, um die Maschine in ein gesundes Klimaniveau zu bringen, da auf dem Bordcomputer der Abfall des Kabinendrucks angezeigt worden sei. Der Pilot habe wegen der Kursänderung gar keine Zeit gehabt, die Passagiere ausführlich zu informieren. Die Sicherheit der Passagiere sei jedoch zu keiner Zeit gefährdet gewesen. Nachdem der Defekt an Bord geortet und der Schalter im Cockpit ausgewechselt worden war, sei die Maschine in vollem Umfang flugbereit gewesen. Die Beklagte ist der Rechtsansicht, dass der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung der Buchung ab Kairo nicht zustehe. Beeinträchtigungen des Flugverlaufs seien von der Rechtsprechung nur dann als Mangel anzusehen, wenn diese Störung über eine psychische Beeinträchtigung hinausgehe. Eine derartige Schädigung, die über eine psychische Beeinträchtigung hinausgeht, sei von der Klägerseite gar nicht vorgetragen worden.
12. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
13. Die Klage ist unbegründet.
14. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 651 f BGB.
15. Ein Mangel der Reise liegt nicht vor, da die Störung durch den unplanmäßigen Flugverlauf keinen Mangel darstellt, der zur Teilkündigung des zwischen den Parteien abgeschlossenen Reisevertrages gem. § 651 e BGB berechtigte und Schadensersatzansprüche auslöst (vgl. AG Düsseldorf, Az.: 32 C 12495/97, veröffentlicht: RRa 1998, RRA Jahr 1998 Seite 82-RRA Jahr 1998 83).
16. Nach dem inzwischen unstreitigen Vorbringen verringerte der Pilot die Flughöhe durch einen kontrollierten Abwärtssteilflug. Der Bordcomputer zeigte einen vermeintlichen Defekt an. Die Beklagte hat nachvollziehbar dargelegt, dass der Pilot aufgrund der Dringlichkeit der Umstände gar keine andere Möglichkeit hatte, als das Flugzeug so schnell wie möglich in ein gesundes Klimaniveau zu steuern, um die Sicherheit der Passagiere nicht zu gefährden. Dies musste innerhalb weniger Minuten geschehen, da für die Passagiere bei einem tatsächlichen Ausfall der Klimaanlage in einer Höhe von 10.000 m Lebensgefahr besteht. Dass der Pilot während dieser Flugphase die Passagiere nicht über die momentanen Vorgänge hatte informieren können, ist nicht vorwerfbar, da eine unplanmäßige Kursänderung regen Funkkontakt zur Bodenstation und Flugüberwachung erfordert. Dies ist erforderlich, um letztlich die Sicherheit der Passagiere zu gewährleisten.
17. Ein technischer Defekt an einem Flugzeug liegt im Rahmen des üblichen und hinnehmbaren Gefährdungsrisikos, dem sich die Klägerin mit der Wahl dieses Verkehrsmittels freiwillig ausgesetzt hat. Nach der Reparatur des Defekts bestand kein Grund, einen anderen Flug zu buchen. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, weshalb des Flugzeug nach der Sicherheitsüberprüfung in Kairo technisch gesehen nicht wieder vollkommen in Ordnung gewesen sein sollte. Entsprechendes behauptet die Klägerin auch nicht.
18. Das Misstrauen in die Flugtauglichkeit des unplanmäßig zwischengelandeten Flugzeuges begründet keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten für den Flug mittels einer anderen Fluggesellschaft (vgl. AG Charlottenburg Az.: 20 a C 496/98 veröffentlicht: RRa 1999, RRA Jahr 1999 Seite 139-RRA Jahr 1999 140). Im Übrigen fehlt es hinsichtlich der vorgetragenen Schädigung bereits am substantiierten Vortrag der Klägerin. Die von der Klägerin vorgetragenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen genügen nicht, um zu einer anderen Beurteilung zu kommen, da sie ausschließlich psychische Schäden davongetragen hat, und psychische Schäden nicht ausreichend sind, um den sie verursachenden Flugverlauf als Mangel im Sinne des Reiserechts zu qualifizieren (vgl. Führich, Reisevertragsrecht. Rn. 291).
19. Ein Anspruch auf Ersatz der für die bei der … erworbenen Rückflugtickets besteht demnach nicht.
20. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Absatz 1 ZPO.
21. Die Entscheidung über eine vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 709 S. 1 ZPO.
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