Haftung für Flugverspätung
LG Berlin: Haftung für Flugverspätung
Die Kläger buchten bei der Beklagten einen Flug. Dieser verspätete sich wetterbedingt um drei Stunden, sodass die Kläger nicht wie geplant ihre Reise antreten konnten. Sie verlangen nun Schadensersatz für die Flugverspätung sowie für die getätigten Aufwendungen und Mehraufwendungen aus Anlass der Verspätung.
Das Landgericht Berlin weist die Klage ab.
Gericht | 52 S 504/01 (Aktenzeichen) |
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LG Berlin: | LG Berlin, Urt. vom 07.10.2002 |
Rechtsweg: | LG Berlin, Urt. v. 07.10.2002, Az: 52 S 504/01 |
AG Berlin, Urt. v. 18.10.2001 | |
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Leitsätze:
2. Wetterbedingte Flugverspätung führt nicht zu einer Ersatzpflicht für den Luftfrachtführer.
Zusammenfassung:
3. Die Kläger buchten Flüge bei der Beklagten. Der Abflug verspätete sich wetterbedingt um drei Stunden, sodass die Kläger ihren Anschlussflug nicht mehr erreichen konnten. Den von der Beklagten angeboteten Ersatzflug zu einem anderen Zeitpunkt an, welchen die Reisenden allerdings nicht annahmen. Vielmehr verlangen sie Schadensersatz für die Flugverspätung und für die getätigten Aufwendungen und Mehraufwendunge durch diese.
Das Gericht entschied, dass den Klägern kein Schadensersatzanspruch aus dem Flugbeförderungsvertrag zusteht. Die Beklagte war an die Anweisungen der Deutschen Flugversicherung DSF gebunden, welche bestimmte, dass aufgrund der Wetterbedingungen bestimmte Landezeiten nicht eingehalten werden können. Diesen Umstand hat die Beklagte nicht zu vertreten. Es handelt sich vielmehr um luftverkehrstypische Umtände, die nicht zu vermeiden waren. Dies konnte die Beklagte mithin beweisen und ist somit entlastet.
Folglich hat das Landgericht Berlin die Klage abgewiesen und das vorhergegangene Urteil abgeändert.
Tenor:
4. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 18. Oktober 2001 verkündete Urteil des AGs Charlottenburg abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision zum BGH wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
5. Die Kläger nehmen die Beklagte aus einem Flugbeförderungsvertrag in Anspruch.
6. Am 6. Dezember 1999 buchten die Kläger über die Vermittlung eines Reisebüros einen Flug von B über F nach Punta Cana in der Dominikanischen Republik für den 29. Januar 2000, ebenso den Rückflug für den 6. Februar 2000. Der Flug von Berlin-Tegel war für den 29. Januar 2000 um 9.10 Uhr, Ankunft 10.20 Uhr in Frankfurt a.M. gebucht und sollte durch die Beklagte durchgeführt werden. Nach Punta Cana sollte dann um 11.20 Uhr ab Frankfurt a.M. der Weiterflug starten, durchzuführen durch die Streithelferin. Für ihren Aufenthalt in der Dominikanischen Republik hatten die Kläger bei der T GmbH das Hotel R gebucht und am 8. Januar 2000 den Mietpreis in Höhe von 4.406,00 DM bezahlt. Für 150,– DM hatten die Kläger am 14. Dezember 1999 eine Reiserücktrittskostenversicherung gebucht und bezahlt, ferner bezahlten sie Flugtransferkosten in Höhe von 240,00 DM sowie für eine Malariaprophylaxe 24,06 DM.
7. Am 29. Januar 2000 startete die L-Maschine für den Flug der Kläger drei Stunden später als vorgesehen von Berlin-Tegel. Der Anschlussflug in die Dominikanische Republik war bei Ankunft der Kläger in F bereits gestartet. Die Beklagte bot den Klägern einen neuen Flug nach Punta Cana für den 31. Januar 2000 an. Dieses Angebot nahmen die Kläger nicht an, sondern kehrten nach Berlin zurück und fuhren von dort aus in den Urlaub.
8. Die Zeit vom 1. Februar bis zum 3. Februar 2000 verbrachten die Kläger im Hotel E in M und die Zeit vom 3. bis 4. Februar 2000 im Seehotel in F. Für ihre Hotelübernachtungen bezahlten die Kläger 350,– DM und 265,00 DM.
9. Die Kläger haben vorgebracht, die Beklagte habe ihnen den Schaden zu ersetzen, der durch die Verspätung der Luftbeförderung von B nach F entstanden sei. Es handele sich hier um eine ersatzpflichtige Verspätung, da die Maschine der Beklagten, die sie nach F hätte befördern sollen, nicht rechtzeitig dort eingetroffen sei. Die Beklagte sei schadenersatzpflichtig sowohl für die bereits getätigten klägerischen Aufwendungen, die angesichts der Verspätung vergeblich geworden seien, als auch für sonstige Mehraufwendungen der Kläger aus Anlass der Verspätung.
10. In ihrer erstinstanzlichen Klage haben die Kläger beantragt,
11. die Beklagte zur Zahlung von 8.249,06 DM nebst Zinsen aus 7.634,06 DM seit dem 20. Mai 2000 und 4 % Zinsen aus 615,00 DM seit Klagezustellung zu verurteilen.
12. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus den Kostenpositionen von Flug- und Aufenthaltskosten in der Dominikanischen Republik sowie den Hotelkosten für die Zeit vom 1. bis 4. Februar 2000.
13. Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
15. Die Beklagte hat erwidert, sie habe alles ihr Mögliche unternommen, um rechtzeitig abzufliegen. Die Deutsche Flugsicherung in F habe jedoch wegen des dort auf dem Flughafen herrschenden starken Gegenwindes die Zahl der Landungen drastisch herabgesetzt, so dass die Maschine von B aus erst dann habe starten dürfen, als mit einer möglichst unmittelbaren Landung in Frankfurt a.M. zu rechnen war. Im Übrigen hätten die Kläger zu verantworten, dass der Schaden in der behaupteten Höhe ausgefallen sei; bei Annahme des Angebots eines Fluges am 31. Januar 2000 durch die Kläger wäre ihr Schaden deutlich vermindert worden.
16. Im erstinstanzlichen Urteil des AGs Charlottenburg ist die Beklagte verurteilt worden, an die Kläger einen Betrag in Höhe von 7.634,06 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 20. Mai 2000 zu zahlen; die weitergehende Klage ist abgewiesen worden.
17. In ihrer Berufung beantragt die Beklagte,
das Urteil des AGs abzuändern und die Klage abzuweisen.
18. Sie trägt unter Beweisangebot u.a. eines Mitarbeiters der Deutschen Flugsicherung als Zeugen vor, ihr verspäteter Abflug von B sei aufgrund wetterbedingter Anweisung der DSF geschehen und von ihr, der Beklagten, weder zu beeinflussen noch zu vertreten gewesen. Denn bekanntermaßen erteile die DSF die Start- bzw. Landeerlaubnisse an die Maschinen für die jeweiligen, an dem Tage vorgesehenen Flüge, nach denen sich die Fluggesellschaften zwingend zu richten hätten.
19. Die Kläger erwidern mit dem Antrag,
die Berufung zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
20. Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Im Unterschied zur Auffassung der Vorinstanz ist in diesem Rechtsstreit das „Abkommen zur Vereinheitlichung von Regeln über die Beförderung im internationalen Luftverkehr“ vom 12. Oktober 1929, das Warschauer Abkommen (WA), gem. Artikel 1 dieses Abkommens anzuwenden, denn es handelte sich hier um eine entgeltliche internationale Beförderung von Personen durch ein Luftfahrzeug, womit der Anwendungsbereich des Warschauer Abkommens eröffnet ist. Bei dem geltend gemachten Anspruch der Kläger handelt es sich um einen Anspruch auf Schadenersatz aufgrund eines Schadens, der aus einer Verspätung bei der Beförderung der Kläger mit dem Flugzeug durch die Beklagte resultiert. Gem. Artikel 24 WA sind damit nicht nationale Normen, hier die Normen des BGB, sondern ist hier die Bestimmung des Artikel 19 WA anzuwenden.
21. Der von der Beklagten beigebrachte und hier zur Grundlage herangezogene Bericht der Verkehrsbetriebszentrale der Beklagten ergibt im Sinne eines Anscheinsbeweises, dass die Verspätung der von der Beklagten eingesetzten Maschine, die die Kläger von B zum Anschlussflug ab F zu ihrem Urlaubsziel Punta Cana/Dominikanische Republik befördert hat, durch von der Beklagten nicht zu beeinflussende, wetterbedingte Umstände und deren Folgen, nämlich entsprechende Anweisungen zur Verschiebung von Landezeiten am F Flughafen durch die Deutsche Flugsicherung DSF, verursacht worden ist. Derartige Anweisungen der DSF sind für alle Luftfrachtführer bindende Anordnungen.
22. Es ist allgemein bekannt, dass die DSF derartige Anordnungen wie in diesem Falle im Interesse der Flugsicherheit trifft. Es handelt sich damit zwar um luftverkehrstypische Umstände, die einen Verspätungsschaden nach Artikel 19 WA begründen. Aber gem. Artikel 20 WA ist die Beklagte für diesen Schaden nicht haftbar zu machen.
23. Die Beklagte konnte keine schadensverhütenden Maßnahmen treffen, sie durfte sich über die Anordnungen der DSF nicht hinwegsetzen. Etwaige andere Ursachen für die Verspätung aus dem Verantwortungskreis der Beklagten, die den Anscheinsbeweis erschüttern könnten, sind nicht dargetan. Aufgrund ihres Entlastungsbeweises ist die Beklagte nicht gem. Artikel 19 WA für den Verspätungsschaden der Kläger haftbar zu machen.
24. Damit war das erstinstanzliche Urteil, welches den Klägern zum überwiegenden Teil Schadensersatz zugesprochen hat, abzuändern und die Klage in vollem Umfange abzuweisen.
25. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
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