Insolvenz des Luftfahrtunternehmens
LG Ellwangen: Insolvenz des Luftfahrtunternehmens
Der Kläger hatte bei der Beklagten eine Reise gebucht. Der Hinflug wurde wegen Insolvenz des Flugunternehmens nicht durchgeführt, weshalb er Schadensersatz verlangt.
Das Gericht wies die Klage ab. Die Beklagte sei als bloße Reisevermittlerin aufgetreten und habe keine Sorgfalts- oder Informationspflichten verletzt.
LG Ellwangen | 4 O 192/04 (Aktenzeichen) |
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LG Ellwangen: | LG Ellwangen, Urt. vom 17.11.2005 |
Rechtsweg: | LG Ellwangen, Urt. v. 17.11.2005, Az: 4 O 192/04 |
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Leitsatz:
2. Ein als bloße Reisevermittlerin auftretendes Reisebüro muss nicht dauerhaft die Solvenz von genutzten Fluggesellschaften überprüfen.
Zusammenfassung:
3. Der Kläger hatte bei der Beklagten, einem Reisebüro, eine Reise nach Schottland für sich und seine Familie gebucht. Der Hinflug wurde wegen Insolvenz des Flugunternehmens nicht durchgeführt, weshalb er Schadensersatz und Ersatz nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit verlangt.
Das Gericht wies die Klage ab. Die Beklagte sei als bloße Reisevermittlerin aufgetreten und habe keine Sorgfalts- oder Informationspflichten verletzt. Ihr sei insbesondere nicht zuzumuten, dauerhaft die genutzten Flugunternehmen auf Solvenz und Startfähigkeit zu überprüfen.
Tenor
4. Die Klage gegen die Beklagte Ziffer 1 wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% abwenden, wenn nicht die Beklagte Ziffer 1 vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Streitwert: 6.729,00 €.
Tatbestand
5. Der Kläger macht gegen die Beklagten als Gesamtschuldner die Rückerstattung von Reisekosten sowie Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit in Höhe von 6.729,00 € geltend.
6. Am 16.06.2005 wurde die Klage gegen die Beklagte Ziffer 2 durch Teilurteil abgewiesen (Bl. 121 ff.)
7. Die Beklagte Ziffer 1 ist das Reisebüro, bei dem der Kläger für sich, seine Ehefrau und seine Kinder für die Zeit vom 19.05.2004 bis zum 24.05.2004 für einen Schottlandurlaub einen Flug bei … München nach Edinburgh einschließlich des Parkplatzes am Flughafen München buchte (vgl. Buchung vom 29.03.2004 Anl. K1 d. A.). Die Buchung wurde über das Computer-Reservierungssystem … an das die Beklagte Ziffer 1 angeschlossen ist, vorgenommen. Die Beklagte Ziffer 1 hat eine WiLizenz. d. h. die Berechtigung, Flugscheine von Fluggesellschaften, die am MB Ablehnungsverfahren angeschlossen sind – wie … – als Vermittler zu verkaufen.
8. Gleichzeitig vermittelte die Beklagte Ziffer 1 über die Beklagte Ziffer 2 als Reiseveranstalterin den Hotelaufenthalt für die Familie im Hotel – … – in der Nähe von Edinburgh (vgl. Buchung vom 25.03.2004 Anl. K 2).
9. Die Fluggesellschaft … stellte bereits am 01.05.2005 den Flugbetrieb aufgrund Insolvenz ein und der Flug fand am 19.05.2004 nicht statt. Der Kläger trat die beabsichtigte Reise nicht an, da ihm dies erst unmittelbar vor Beginn der Reise am Flughafen München mitgeteilt wurde (vgl. Schreiben Anl. K 4) und Ersatzflüge nicht zu bekommen waren. Der Aufenthalt im Hotel in Edinburgh wurde noch am gleichen Tag storniert.
10. Der Kläger zahlte für den Flug am 15.04.2004 1.114, 20 € sowie für den Hotelaufenthalt der gesamten Familie 2.320,- €. Das Hotel erstattete von diesem Betrag 464 € zurück, und die Beklagte Ziffer 2 ließ weitere 230,- € von den Stornokosten nach (Anl. K 9). Der Gesamtbetrag in Höhe von 694,- € wurde während des Prozesses von der Beklagten Ziffer 1 an den Kläger zurückgezahlt.
12. Der Vermittlungsvertrag zwischen ihm und der Beklagten Ziffer 1 beinhalte Informationspflichten, die die Beklagte Ziffer 1 verletzt habe. Entweder wusste die Beklagte Ziffer 1 rechtzeitig vor dem Abflugtermin am 19.05.2004 davon, dass die Fluglinie … als europäisches Flugunternehmen ihren Flugbetrieb eingestellt hatte, und sie hätte ihn – den Kläger – rechtzeitig informieren können, damit er einen Ersatzflug hätte buchen können oder die Beklagte Ziffer 1 hätte dies aufgrund der ihr vorliegenden Informationen wissen müssen und hat durch Nichtnutzen der Erkenntnisquellen ihre Pflichten grob fahrlässig verletzt. Sämtlichen Reisebüros sei bereits am 03.05.2005 von der … mitgeteilt worden, dass die Fluglinie – … den Flugbetrieb eingestellt habe (vgl. Mitteilung der Hl vom 03.05.2003 K 11 Bl. 118). Eine entsprechende Warnung sei an alle … über das Computerreservierungssystem per E-Mail gegangen. Die Warnung sei ebenfalls am 03.05.2004 in das BSP-Abrechnungssystem eingegeben worden. In dieses System müssten die Reisebüros … Agenturen jeden Tag Einblick halten. Ebenso sei bereits in der Maiausgabe 2004 in der Fachpresse – Zeitschrift Fremdenverkehrswirtschaft vom 07.05.2004 -, die die Beklagte Ziffer 1 unstreitig beziehe, veröffentlicht worden, dass die Fluglinie … den Flugbetrieb eingestellt habe (Zeuge … Anl. Bl. 90).
13. Er – der Kläger – habe seine Unterlagen am 05.05.2004 bei der Beklagten Ziffer 1 abgeholt. Hätte er zu diesem Zeitpunkt von der Insolvenz der Fluglinie gewusst, hätte er einen Ersatzflug gebucht, da es zahlreiche Verbindungen zwischen Deutschland und Schottland gebe. Eine solche Buchung wäre damit ohne weiteres möglich gewesen. Ebenso hätte er weitere Aufwendungen für eine andere Anreisemöglichkeit in Kauf genommen. Diese Aufwendungen wären als freiwillige Vermögensopfer anzusehen, die den einmal eingetretenen Schaden nicht nachträglich kompensieren könnten.
14. Als Schadensersatz verlange er zum einen 3.150,- € für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit; das Scheitern der Reise sei eine erhebliche Beeinträchtigung der Lebensfreude für die ganze Familie gewesen. Die anderen Familienmitglieder hätten ihre Ansprüche diesbezüglich an ihn abgetreten (vgl. Anl. K 5, K 6 und K 8). Zum anderen mache er 3.434,- € für vergeblich aufgewendete Reisekosten, 36,- € für den nutzlos angemieteten Parkplatz und 108,- € an sinnlosen Fahrtkosten geltend.
16. die Beklagte Ziffer 1 zu verurteilen, an den Kläger 6.729,00 € nebst 5% Zinsen hieraus über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2004 abzüglich gezahlter 694,- € zu zahlen.
17. Die Beklagte Ziffer 1 beantragt
19. Die Beklagte Ziffer 1 trägt vor:
20. Eine Haftung gegenüber dem Kläger sei abzulehnen. Sie – die Beklagte Ziffer 1 – sei ausschließlich Reisevermittlerin und nicht Reiseveranstalterin gewesen und habe keine Gesamtheit von Reiseleistungen angeboten. Ein Anspruch wegen nutzlos vertaner Urlaubszeit bestehe damit nicht, die Vorschrift des § 651F Absatz 2 BGB sei eng auszulegen und auf den Reisevermittler nicht anwendbar. Außerdem könne der Anspruch als höchstpersönlicher Anspruch nur vom Reiseteilnehmer selbst geltend gemacht werden und sei nicht abtretbar.
21. Auch im Übrigen bestehe kein Schadensersatzanspruch. Als Reisevermittlerin habe sie keine Pflichtverletzung begangen. Erst durch die telefonische Kontaktaufnahme des Klägers mit ihr am 19.05.2004 habe sie positive Kenntnis von der Insolvenz der Fluglinie A B erlangt. Sie – die Beklagte Ziffer 1 – sei nicht verpflichtet gewesen, sich zuvor aus den zur Verfügung stehenden Informationsquellen die Kenntnis über die Insolvenz zu verschaffen. Verdachtsmomente, die auf eine Insolvenz hingedeutet hätten, hätten nicht vorgelegen. Es werde bestritten, dass die MB bereits am 03.05.2004 Kenntnis von der Insolvenz der Fluglinie … erhalten habe und diese Kenntnis an die MB-Agenturen weitergegeben habe. Eben sowenig sei diese Information in das Computer-Reservierungssystem eingespeist worden. Selbst wenn dies der Fall wäre, habe sie – die Beklagte Ziffer 1 – als Reisebüro weder eine allgemeine Überprüfungspflicht, ob sich eine entsprechende Information dort befinde, noch eine konkrete im Hinblick auf die einzelne Buchung.
22. Die Höhe des Schadens sei unschlüssig und völlig übersetzt. Die Flugtickets seien bereits am 27.03.2004 ausgestellt und unstreitig vor Mai 2004 gezahlt worden, womit diese Kosten auf alle Fälle „verloren“ seien. Es werde bestritten, dass der Kläger bei rechtzeitiger Information Anfang Mai noch einen Ersatzflug bekommen hätte. Den in ihren Händen befindlichen Betrag in Höhe von 694,- € habe sie dem Kläger außergerichtlich angeboten.
23. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
24. Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmungen der Zeugen …
25. Wegen deren Bekundungen wird voll inhaltlich auf die Sitzungsprotokolle vom 21.04.2004 (BI. 99) und vom 12.07.2005 (vgl. Bl. 139 ff.) verwiesen. Außerdem ist eine schriftliche Stellungnahme des Sachverständigen … Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Tourismus Wirtschaft e. V. und Präsident des Deutschen Reisebüro- und Reiseveranstalterverbandes, eingeholt worden (vgl. Bl. 164 ff. u. Bl. 177).
Entscheidungsgründe
26. Die Klage ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Der Kläger hat gegen die Beklagte Ziffer 1 keinen Schadensersatzanspruch aufgrund des Umstandes, dass der Kläger durch die Beklagte Ziffer 1 nicht vor dem 19.05.2004 über die Einstellung des Flugbetriebes bei – informiert wurde.
I.
27. Der Kläger hat gegen die Beklagte Ziffer 1 bereits keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit in Höhe von 3.150,- €, unabhängig davon, ob die Abtretungen der Familienmitglieder wirksam sind. Da die Beklagte Ziffer 1 durch die Buchungen kein Reiseveranstalter im Verhältnis zum Kläger ist, liegen die Voraussetzungen des § 651F Absatz 2 BGB, der einen solchen Schadensersatz als Spezialvorschrift gewährt, nicht vor. Ein Reisebüro tritt nur dann als Reiseveranstalter auf, wenn es eine aus Einzelleistungen gebündelte Pauschalreise zu einem vorher festgelegten und nicht differenzierten Gesamtpreis anbietet. Vermittelt es lediglich mehrere Einzelleistungen und rechnet diese auch getrennt ab, tritt es nicht als Reiseveranstalter auf (vgl. LG Frankfurt NJW-RR 1998, 1669). Da die Beklagte Ziffer 1 bei dem Verkauf der Flugtickets und der Hotelbuchung erkennbar die Leistung jeweils Dritter erbracht hat, war sie lediglich Vermittlerin von Reiseleistungen; sie erbrachte keine Gesamtheit von Leistungen, auch wenn noch die Anmietung eines Parkplatzes als weitere Leistung hinzukam. Eine entsprechende Anwendung der Vorschrift des § 651F Absatz 2 BGB auf die Person des Reisevermittlers kommt nicht in Betracht (vgl. Palandt, § 651 f BGB, Rdn. 1; AG Hamburg RRa 1994, Seite 80). Die Ersatzansprüche hinsichtlich immaterieller Schäden sind nur in Spezialvorschriften geregelt, die nicht ohne weiteres auf andere Sachverhalte übertragen werden können.
II.
28. Ein Anspruch aus §§ 280, 675 BGB im Hinblick auf die weiteren Schadenspositionen wegen Verletzung des Geschäftsbesorgungsvertrages – Reisevermittlung – steht dem Kläger gegenüber der Beklagten Ziffer 1 nicht zu. Die Beklagte Ziffer 1 hat schuldhaft keine Informationspflichten verletzt, die zu einem Schadensersatzanspruch führen.
a)
29. Ein vermittelndes Reisebüro haftet zunächst für die Richtigkeit der Angaben im Zeitpunkt der Vermittlungstätigkeit.
30. Die Beklagte Ziffer 1 traf zum Zeitpunkt der Buchung keine Erkundigungspflicht hinsichtlich der Fluglinie. Für einen Reisevermittler besteht nur bei einem sachlichen Anlass bzw. bei Anhaltspunkten, die auf eine Insolvenz der Fluglinie hindeuten, eine Erkundigungs- bzw. Nachforschungspflicht (vgl. LG Düsseldorf RRa 1995, Seite 173). Es wird auch seitens des Klägers nicht vorgetragen, dass zum Zeitpunkt der Buchung Anhaltspunkte vorlagen, die auf eine Insolvenz der Fluglinie … hingedeutet hätten.
b)
31. Nach einer Buchung haftet das vermittelnde Reisebüro dann, wenn es von den Flug verhindernden Umständen Kenntnis erlangt bzw. Kenntnis hätte erlangen können und sich dieser Kenntnis grob fahrlässig verschlossen hat (vgl. LG Frankfurt NJW-RR 1998, Seite 1669).
32. Von einer Kenntnis der Einstellung des Flugbetriebes der Fluglinie … ist seitens der Beklagten Ziffer 1 zu einem Zeitpunkt, als der Kläger noch einen anderen Flug hätte buchen können bzw. auf andere Weise nach Schottland hätte gelangen können, nicht auszugehen. Insofern stützt sich das Gericht auf die Aussage der Zeugin 1-Kf die bekundete, dass sie erstmals Kenntnis von der Einstellung des Flugbetriebes hatte, als der Kläger mit ihr Kontakt aufgenommen hat. Auch die weiteren Mitarbeiter der Beklagten Ziffer 1 hätten keine Kenntnis von der Insolvenz der Fluglinie gehabt. Die Zeugin hat auch bekundet, dass sie eine im Computerreservierungssystem versendete E-Mail der … vom 03.05.2004 nicht gekannt hat. Dem Gericht ist zwar bewusst, dass die Zeugin, die bei der Beklagten Ziffer 1 angestellt ist und für die Buchung des Kläger zuständig war, ein gewisses Eigeninteresse am Ausgang des Verfahrens hat, die Zeugin hat auf das Gericht aber einen glaubwürdigen Eindruck gemacht. Ihre Aussage ist stimmig und nicht von Beeinflussung geprägt.
33. Letztlich hatte die Beklagte Ziffer 1 nach der Überzeugung des Gerichtes auch nicht vor dem Flugtermin nach dem 03.05.2004 wissen müssen, dass die Fluglinie … ihren Betrieb eingestellt hat. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme gab es zwar Informationsquellen, die eine Insolvenz, der Fluglinie … bereits vor dem 19.05.2004 aufzeigten bzw. darauf hindeuteten, jedoch bestand für die Beklagte Ziffer 1 bei einer Gesamtschau und Würdigung aller Umstände keine Verpflichtung gegenüber dem Kläger als Vertragspartner, sich nach der bereits vorgenommenen Buchung aus diesen Quellen Kenntnis zu verschaffen. Sofern eine solche Verpflichtung bestanden hätte, hätte sie diese Verpflichtung aber nicht grob fahrlässig missachtet.
34. Sollte die Zeitschrift Fremdenverkehrswirtschaft in ihrer Maiausgabe 2004 entsprechend dem von Klägerseite vorgelegten Internetauszug vom Mai 2004 eine Mitteilung über die Insolvenz der Fluglinie … enthalten haben, so hätte die Beklagte Ziffer 1, vertreten durch die Zeugin … oder einen anderen Mitarbeiter im Reisebüro frühestens bei Erhalt der Ausgabe am 08.05. bzw. 10.05.2004 Kenntnis erlangen können. Es besteht aber keine Verpflichtung von vermittelnden Reisebüros Fachzeitschriften – insofern ist die Fremdenverkehrswirtschaft nur eine unter mehreren – innerhalb einer bestimmten Zeitspanne zu lesen. Allenfalls kann eine Verpflichtung auf grobe Durchsicht bis zum Übersenden der nächsten Ausgabe gelten. Am 19.05.2004 war aber bei einem 14-tägigen Erscheinungsdatum der Zeitung noch nicht die nachfolgende Ausgabe der Zeitschrift bei der Beklagten Ziffer 1 angelangt.
35. Nach der Aussage des Zeugen WM. seit mehreren Jahren Regionalmanager bei der … ist eine Information über die „Suspendierung … bis spätestens 28.05.2004“ am 03.Mai über die Internetseite der … sowie über die … Informationsseite im Computerreservierungssystem Start Amadeus herausgegangen. Der Zeuge belegte dies glaubwürdig mit Dokumenten (vgl. Bl. 149ff.) Dem ist zu folgen. Dies bedeutet nach seiner Aussage, dass die Agenten, d. h. Reisebüros, keine Tickets mehr ausstellen konnten, d. h. der Ticketabverkauf für Tickets der Fluglinie … nicht mehr über das BSP System erfolgen konnte, gleichzeitig konnten Flugtickets zurückgegeben werden mit dem Antrag auf Gutschrift.
36. Zwar schließt sich das Gericht der Aussage des Zeugen … an, dass nach dem Lesen einer solchen Mitteilung bei einem vermittelnden Reisebüro die „Alarmglocken hätten läuten müssen“, auch wenn diese Mitteilung noch nicht notwendigerweise auf Insolvenz schließen lässt, jedoch bestand für die Mitarbeiter der Beklagten Ziffer 1 nach Überzeugung des Gerichtes keine Verpflichtung, sich innerhalb eines Zeitraumes vor dem 19.05.2004, innerhalb dessen der Kläger möglicherweise noch auf andere Weise – mittels eines anderen Fluges oder Verkehrsmittels – nach Schottland gelangt wäre, dieser Informationsquellen zu bedienen mindest haben die Mitarbeiter nicht grob fahrlässig gehandelt, indem sie sich dieser Informationsquelle nicht bedient haben.
37. Nach Aussage der Zeugin … war den Mitarbeitern der Beklagten Ziffer 1 bekannt, dass sie sich der Informationen auf der … Informationsseite über das Computerreservierungssystem bedienen können. Dies wird auch so bei der … nach der Aussage des Zeugen … geschult und ist so im Handbuch enthalten, jedoch folgt daraus noch nicht die entsprechende Verpflichtung gegenüber dem einzelnen Kunden, dort Einblick zu nehmen.
38. Nach der Überzeugung des Gerichtes bestehen erhöhte Pflichten an ein Reisebüro bei der Buchung eines Fluges. Ist der Flug aber gebucht und bezahlt, so muss das Reisebüro nicht alle Informationsquellen im Hinblick auf die Durchführung des Fluges nutzen. Diese sind so vielfältig, dass es die eigentlichen Arbeiten eines Reisebüros lahm legen würde. Maßgeblich muss in Fällen, in denen die Buchung bereits erfolgt ist, die Information durch die Fluglinie selber über das Computerreservierungssystem Start Amadeus sein. Nach der Aussage der Zeugin … sei hinsichtlich der Kunden täglich Einblick in das Programm Start Amadeus genommen worden, ob ein Flug sich verändert habe. Nach dem Telefonat mit dem Kläger sei der Flug am 19.05.2004 im Computerreservierungsprogramm Start Amadeus noch nicht gesperrt gewesen. Der Zeuge … hält dies für möglich, da die Streichung der Flüge im Computerreservierungssystem Sache der einzelnen Fluglinie sei. Dies wird in der Stellungnahme des Sachverständigen, Präsident des Deutschen Reisebüro und Reiseveranstalterverbandes … bestätigt. Die Datenpflege von Amadeus erfolge durch Amadeus selbst bzw. die einzelnen Fluggesellschaften. Ein bloßes Bestreiten des Klägers, dass dies nicht so gewesen sei, reicht angesichts dessen, dass der Kläger die Voraussetzungen der schuldhaften Pflichtverletzung darzulegen und zu beweisen hat (vgl. AG Bad Homburg RRa 1995, Seite 27 für den Reiseveranstalter), nicht aus, die Überzeugung des Gerichtes, dass der Flug am 19.05.2004 noch als existent aufgeführt gewesen sei, zu widerlegen.
39. Selbst wenn das Gericht auf der Grundlage der sachverständigen Äußerung des Präsidenten des deutschen Reisebüro und Reiseveranstalter Verbandes, … davon ausgeht, dass üblicherweise einmal wöchentlich ein Reisebüro mit touristischer Ausrichtung Einblick in die Informationsseite der-Bper Internet nimmt, kann angesichts des Vorhandenseins des Fluges im Computerreservierungssystem von einem grob fahrlässigen Verhalten der Mitarbeiter der Beklagten Ziffer 1 nicht ausgegangen werden.
40. Nach alldem war die Klage abzuweisen.
41. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Hinsichtlich des einseitig vom Kläger für erledigt erklärten Betrages in Höhe von 694 € war die Klage vor der Zahlung nicht zulässig und begründet, da nach der Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugin – und der Anhörung des Klägers davon auszugehen ist, dass die Beklagte Ziffer 1 den Betrag vorgerichtlich dem Kläger angeboten hat, und der Kläger ihn – wenn auch aus nachvollziehbaren, aber juristisch nicht erheblichen – Gründen abgelehnt Fiat. Die Beklagte Ziffer 1 hat zu diesem Beweispunkt die Zeugin … im Schriftsatz vom 08.02.2005 (Bl. 77) als Beweis angeboten.
42. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nummer 11, 711 ZPO.
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