Haftung des Reiseveranstalters für den Zustand des öffentlichen Strandes

LG Frankfurt: Haftung des Reiseveranstalters für den Zustand des öffentlichen Strandes

Ein Urlauber verklagt seinen Reiseveranstalter auf Minderung des Reisepreises, weil sowohl der von ihm in einem Reiseprospekt erwähnte Strand, als auch teile des Hotelinventars stark verschmutzt gewesen sind.

Das Landgericht Frankfurt hat dem Klägerbegehren nur teilweise entsprochen. Während die Verunreinigung von Teilen des Hotels zu einem Minderungsanspruch führe, habe der Hotelbetreiber nicht für den Zustands eines hotelnahen öffentlichen Strandes einzustehen.

LG Frankfurt 2-24 S 258/07 (Aktenzeichen)
LG Frankfurt: LG Frankfurt, Urt. vom 20.05.2008
Rechtsweg: LG Frankfurt, Urt. v. 20.05.2008, Az: 2-24 S 258/07
AG Frankfurt, Urt. v. 09.11.2007, Az: 32 C 598/06-72
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Landgericht Frankfurt

1. Urteil vom 20. Mai 2008

Aktenzeichen 2-24 S 258/07

Leitsätze:

2. Ein öffentlicher Strand, der nicht explizit werbend hervorgehoben wird, gehört nicht zum geschuldeten Umfeld des Reiseveranstalters.

Die bloße Nennung der Entfernung des Strandes vom Hotel ist keine werbende Hervorhebung.

Das Fehlen von deutschsprachiger Betreuung in einer internationalen Hotelatmosphäre stellt keinen Reisemangel dar.

Schmutziges Geschirr, auch wenn es auf Nachfrage gereinigt wird, stellt einen Reisemangel dar, der eine Reisepreisminderung um 5% rechtfertigt.

Zusammenfassung:

3. Reisende verklagten den Veranstalter einer Pauschalreise auf Schadenseratz wegen Reisemängeln, die sie in schmutzigem Geschirr und schmutzigen Liegen im Außenbereich, dem Fehlen deutschsprachiger Betreuung im Miniclub und dem verunreinigten öffentlichen Strand sahen. Das Amtgericht Frankfurt gestand ihnen für diese Mängel Reisepreisminderung zu.

Der Beklagte ging vor dem Landgericht Frankfurt in Berufung. Dieses hob hinsichtlich des öffentlichen Strandes und der Kinderbetreuung die Ansprüche auf Schadensersatz der Klägerseite auf. Indem der Veranstalter in seinen Prospekten die Entfernung des Hotels zum Strand erwähnt, hebt er diesen noch nicht werbend hervor und trägt somit keine Verantwortung für seinen Zustand. Ferner ist die Erwähnung von Kinderbetreuung in Form eines „Miniclubs“ nicht gleichzeitig als Zusage zu verstehen, dass dort deutsch gesprochen wird, wenn sich das Hotel im Ausland befindet.

Im Übrigen war die Berufung erfolglos, da die Hygienemängel nicht widerlegt wurden und tatsächlich Reisemängel darstellen, für die der Reisende zu entschädigen ist.

Tenor:

4. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 09.11.2007 verkündete Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main, Az.: 32 C 598/06-​72, wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 366,07 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2005 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits 1. Instanz haben zu tragen der Kläger 79 % und

die Beklagte 21 %.

Von den Kosten des Rechtsstreits 2. Instanz haben zu tragen der Kläger 77 % und

die Beklagte 23 %.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

5. Von der Darstellung des Sachverhaltes wird gemäß den §§ 313 a, 540 Abs. 2 ZPO abgesehen.

6. Die Berufung der Beklagten, die sich darauf beschränkt, die Verurteilung durch das Amtsgericht in Höhe von 633,92 Euro anzugreifen, ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden.

7. Sie hat auch in der Sache in der aus dem Tenor ersichtlichen Höhe Erfolg.

8. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Minderungsanspruch nur in Höhe von 366,07 Euro zu, §§ 651 d Abs. 1, c Abs. 1 BGB.

9. Die Berufung rügt zu Recht, dass das Amtsgericht eine Minderung des Reisepreises wegen des schlechten Strandzustandes zuerkannt hat.

10. Für das nicht geschuldete Umfeld wie den öffentlichen Strand besteht keine Einstandspflicht des Reiseveranstalters, es sei denn, es liegen Zusagen vor bei einem reinen Badeurlaub oder der Strand wird im Prospekt besonders hervorgehoben (Führich, Reiserecht, 5. Aufl., Rn. 537).

11. In der Prospektbeschreibung wird jedoch lediglich die Entfernung zum Strand erwähnt, eine werbende Hervorhebung des Strandes etwa in Form der Formulierung „herrlicher Sandstrand“ fehlt gänzlich.

12. Soweit das Amtsgericht ausführt, durch den Hinweis auf die Entfernung des Strandes vom Hotel habe die Beklagte deutlich gemacht, dass dieser Strand dem Hotel zugerechnet werden solle, da sie auch nicht darauf hingewiesen habe, dass es sich um einen öffentlichen Strand handele, der mit ihrer Anlage nichts zu tun habe, vermag dies nicht zu überzeugen:

13. Die Erwähnung der Entfernung zum Strand gehört zur Lagebeschreibung des Hotels. Auch aus der maßgeblichen Sicht eines verständigen durchschnittlichen Reisenden bestehen für die berechtigte Erwartung, die Beklagte wolle allein mit dieser Angabe eine Verantwortung für den Zustand des Strandes übernehmen, keinerlei Anhaltspunkte. Dies wird insbesondere daraus deutlich, dass sich in der zugrundeliegenden Prospektbeschreibung nicht nur eine Angabe zu der Entfernung zum Strand, sondern auch zu den Entfernungen zum Flughafen und zum Ortskern Kerner findet. Dass die Beklagte mit letzteren Entfernungsangaben keinerlei Verantwortung für den Zustand des Flughafens bzw. des Ortskerns Kerner übernimmt, dürfte offenkundig sein. Aus welchem Grund aber eine andere Beurteilung bezüglich der Entfernungsangabe zum Strand gerechtfertigt sein sollte, wenn sonstige werbende Zusätze bezüglich des Strandes fehlen, ist nicht ersichtlich.

14. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts bedurfte es auch keines Hinweises in der Prospektbeschreibung dahingehend, dass es sich bei dem Strand um einen öffentlichen und nicht um einen Privatstrand handelt, da eine solche Erwartung auf Seiten des Reisenden allein durch die Angabe der Entfernung zum Strand aus den o. g. Gründen ohnehin nicht gerechtfertigt ist.

15. Die Berufung rügt ferner zu Recht, dass das Amtsgericht eine Minderung für den Umstand zuerkannt hat, dass in dem im Prospekt erwähnten „Miniclub für Kinder von 4-​12 Jahren“ lediglich russisch gesprochen worden ist.

16. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts beinhaltet die Zusage des Vorhandenseins eines „Miniclubs“ ohne weitere Angaben jedenfalls dann nicht gleichzeitig die Zusage, dass in diesem „Miniclub“ auch deutsch gesprochen wird, wenn es sich um ein Hotel in einem Land außerhalb des deutschsprachigen Raumes handelt.

17. Ein verständiger durchschnittlicher Reisender, auf dessen Sicht abzustellen ist, kann nicht erwarten, dass in einem Hotel in der Türkei ausschließlich deutsche Familien ihren Urlaub verbringen. Er muss vielmehr damit rechnen, dass sich in dem gebuchten Hotel neben Deutschen auch andere Nationalitäten wie z. B. Türken, Engländer, Spanier, Portugiesen, Italiener, Holländer und Russen befinden werden. Angesichts dessen fehlt aber einer berechtigten Erwartung, dass in dem „Miniclub“ gerade deutsch gesprochen wird, die Grundlage. Ohne eine entsprechende Angabe kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich dort gerade deutsche Urlauber in der Mehrzahl befinden und aus diesem Grund die „Clubsprache“ wohl deutsch sein wird, bzw. dass die „Betreuer“ sämtliche denkbaren Sprachen beherrschen.

18. In einer internationalen Hotelatmosphäre kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass die Betreuung der Kinder auf Deutsch erfolgt (Führich a.a.O., Rn. 340).

19. Da der „Miniclub“ in erster Linie die Betreuung und Unterhaltung von Kindern bezweckt und nicht eine irgendwie geartete „Unterrichtung“ dieser, ist zur Erreichung dieses Zweckes auch nicht erforderlich, dass die „Betreuer“ bzw. „Unterhalter“ mit den Kindern in der Muttersprache kommunizieren können.

20. Soweit sich die Berufung gegen die Würdigung der durchgeführten Beweisaufnahme durch das Amtsgericht wendet, nach der das Geschirr an der Pool-​Bar verschmutzt war, hat sie keinen Erfolg.

21. Dass das Geschirr teilweise verschmutzt war, haben die Zeugen … und … bekundet.

22. Soweit die Berufung darauf abstellt, dass sich insbesondere der Aussage der Zeugin … entnehmen lasse, dass die Gläser nur vereinzelt unsauber gewesen und im Falle einer Beanstandung ausgetauscht worden seien, vermag dies an dem Vorhandensein eines Mangels nichts zu ändern.

23. Allein der Umstand, dass das Geschirr vor Benutzung „überprüft“ werden musste und auf Grund der teilweisen Verschmutzungen zumindest auch bezüglich des sauberen Geschirrs der „Verdacht des unhygienischen Spülens“ gerechtfertigt war, rechtfertigt hier die vom Amtsgericht zuerkannte Minderung des Reisepreises um 5 %.

24. Entgegen den Ausführungen der Berufung haben die Zeugen im Übrigen nicht nur subjektive Empfindungen geschildert, sondern zum Teil (Zeugin …, Zeuge …) auch konkrete Angaben hinsichtlich der Verschmutzungen (Lippenstiftreste, fettige Flecken) gemacht.

25. Die Berufung der Beklagten ist auch insoweit ohne Erfolg, als sie die Beweiswürdigung des Amtsgerichts hinsichtlich der Verschmutzung der Liegen am Pool angreift.

26. Auch wenn die Zeugin … im Unterschied zu der Zeugin … nicht die Auflagen der Liegen, sondern die Liegen selbst als dreckig beschrieben hat, hat sie doch auch ausgesagt, dass die Auflagen teilweise kaputt gewesen seien und Löcher aufgewiesen hätten.

27. Soweit die Berufung einwendet, verschmutzte Liegen stellten dann keinen Mangel dar, wenn Auflagen zur Verfügung stünden, so verkennt sie, dass hier ja gerade auch die Auflagen nach dem Ergebnis der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme verschmutzt bzw. beschädigt gewesen sind, so dass insoweit ein Mangel vorliegt.

28. Die Berufung hat die Zuerkennung einer Minderung in Höhe von insgesamt 12,5 % durch das Amtsgericht für Mängel des Zimmers sowie den teilweisen Ausfall der Klimaanlage nicht angegriffen.

29. Soweit das Amtsgericht eine Minderung wegen des verschmutzten Geschirrs (5 %) und der verschmutzten Liegen (3 %) zuerkannt hat, bleibt der Berufung der Erfolg versagt, so dass von einer Minderung des Reisepreise um 20,5 % auszugehen ist.

30. Nach den von der Klägerseite nicht angegriffenen Ausführungen des Amtsgerichts ist eine Minderung erst ab dem 28.07.2005 zuzuerkennen, so dass die Minderung nur aus dem auf 10 Tage entfallenden anteiligen Reisepreis zu berechnen ist.

31. Bei einer Reisedauer von 14 Tagen und einem Reisepreis in Höhe von 2.500,– Euro errechnet sich ein Tagesreisepreis i. H. von 178,57 Euro, so dass bei 10 Reisetagen ein anteiliger Reisepreis von 1.785,70 Euro zugrunde zu legen ist.

32. Eine Minderung dieses anteiligen Reisepreises um 20,5 % ergibt einen Betrag i. H. v. 366,07 Euro.

33. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

34. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Abs. 2 ZPO.

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