Getriebeaustausch kein außergewöhnlicher Umstand

AG Simmern: Getriebeaustausch kein außergewöhnlicher Umstand

Ein Fluggast nimmt ein Luftfahrtunternehmen auf Ausgleichszahlung in Anspruch, aufgrund einer Flugverspätung und einer Annullierung eines Fluges.

Das Amtsgericht Simmern hat dem Fluggast die Ausgleichszahlung zugesprochen und entschied, dass es sich bei dem Getriebeaustausch und der Vereisung um keine außergewöhnlichen Umstände handelt.

AG Simmern 3 C 732/11 (Aktenzeichen)
AG Simmern: AG Simmern, Urt. vom 06.01.2012
Rechtsweg: AG Simmern, Urt. v. 06.01.2012, Az: 3 C 732/11
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Amtsgericht Simmern

1. Urteil vom 6.1.2012

Aktenzeichen: 3 C 732/11

Leitsatz:

2. Ein Getriebeaustausch ist kein außergewöhnlicher Umstand im Sinne des Art. 5 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004.

Zusammenfassung:

3. Im vorliegenden Fall buchte ein Fluggast einen Flug, der auf dem Hinflug aufgrund eine Getriebeaustauschs Verspätung hatte und auf dem Rückflug wegen Vereisung annulliert wurde.

Der Kläger begehrt vom Luftfahrtunternehmen eine Ausgleichszahlung, aufgrund der Flugverspätung und einer Annullierung eines Fluges.

Das Amstgericht Simmen hat dem Kläger die Ausgleichszahlung zugesprochen und entschied, dass bei einer witterungsbedingten Flugannullierung das Luftfahrtunternehmen sich nur auf einen außergewöhnlichen Umstand berufen kann wenn es nachweist, dass es alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um den vorgesehenen Flug entweder rechtzeitig oder zumindest in angemessener Zeit durchführen zu können.

Tenor:

4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 500,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.09.2011 sowie 83,54 € vorgerichtliche Anwaltskosten zu zahlen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

5. Mit der Klage begehrt die Klägerin im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen Ausgleichszahlungen für die Verspätung des Fluges von Frankfurt/Hahn nach Kattowitz am 27.08.2010 und für die Annullierung des Fluges von Frankfurt/Hahn nach Kattowitz am 11.02.2011, jeweils in Höhe von 250,00 €, sowie vorgerichtliche Anwaltskosten.

6. Hierzu trägt sie vor,

7. der Flug vom 27.08.2010 habe bei der Ankunft eine Verspätung von 6 Stunden gehabt. Die Verspätung sei auf einen Getriebeaustausch zurückzuführen, der keinen außergewöhnlichen Umstand darstelle. Die Annullierung des Fluges vom 11.02.2011 sei darauf zurückzuführen, dass die Maschine aus Kattowitz nicht rechtzeitig nach Frankfurt/Hahn wegen vereister Motoren gekommen sei. Für die außergerichtliche Geltendmachung seien Anwaltskosten in Höhe von 83,54 € entstanden.

8. Die Klägerin beantragt,

9. die Beklagte zu verurteilen, an sie 500,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.09.2011 sowie 83,54 € vorgerichtliche Kosten zu zahlen.

10. Die Beklagte hat sich auf die zugestellte Klageschrift nicht eingelassen.

Entscheidungsgründe:

11. Die zulässige Klage ist begründet.

12. Zu Recht begehrt die Klägerin von der Beklagten zwei Ausgleichszahlungen, einmal für die Verspätung eines Fluges am 27.08.2010 von Frankfurt/Hahn nach Kattowitz und einmal für die Annullierung des Fluges am 11.02.2011, ebenfalls von Frankfurt/Hahn nach Kattowitz, über je 250,00 €.

13. Der Anspruch stützt sich auf die EG-Verordnung Nr. 261/2004. Eine nicht unerhebliche Verspätung steht einer Annullierung gleich. Die Verspätung des Fluges vom 27.08.2010 ist auf einen Getriebeaustausch zurückzuführen. Dieser stellt keinen außergewöhnlichen Umstand im Sinne des Artikels 5 Abs. 3 der Verordnung dar. Technische Mangel gehen zu Lasten des Luftfahrtunternehmens. Aber auch der Grund für die Annullierung des Fluges am 11.02.2011 ist kein außergewöhnlicher Umstand im Sinne dieser Vorschrift. Zwar können witterungsbedingte Ursachen einen solchen Umstand darstellen. Dies ist jedoch nur dann der Fall, wenn das Luftfahrtunternehmen nachweisen kann, es habe alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen, um den vorgesehenen Flug entweder rechtzeitig oder zumindest in angemessener Zeit durchführen zu können, insofern hat die Beklagte nicht vorgetragen, Enteisungsmaschine oder Enteisungsflüssigkeit sei vorgehalten worden; das heißt, dass rechtzeitig Vorkehrungen getroffen worden wären, um die Annullierung zu verhindern.

14. Wegen der Entfernung von jeweils weniger als 1.500 km beträgt der Ausgleichsanspruch jeweils 250,00 € (Artikel 7 Abs. 1 a der Verordnung).

15. Begründet sind auch die geltend gemachten außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe einer 1,3-fachen Gebühr plus Auslagen und Mehrwertsteuer.

16. Zinsen sind aus dem Gesichtspunkt des Verzuges in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.09.2011 gerechtfertigt.

17. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Ziffer 11, 713 ZPO.

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