Gerichtsstand am Abflugsort

OLG Frankfurt: Gerichtsstand am Abflugsort

Ein Fluggast ein Luftfahrtunternehmen und einen Reiseveranstalter gemeinsam auf Schadensersatz in Anspruch aufgrund eines verspäteten Rückfluges.

Das Oberlandesgericht Frankfurt entschied, dass der Gerichtsstand sich am Abflugort befindet, wenn Luftfahrtunternehmen und Reiseveranstalter in Anspruch genommen werden.

OLG Frankfurt 11 AR 142/12 (Aktenzeichen)
OLG Frankfurt: OLG Frankfurt, Urt. vom 30.07.2012
Rechtsweg: OLG Frankfurt, Urt. v. 30.07.2012, Az: 11 AR 142/12
AG Bad Homburg, Az: 2 C 1278/12
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Oberlandesgericht Frankfurt

1. Urteil vom 30.07.2012

Aktenzeichen: 11 AR 142/12

Leitsatz:

2. Der Gerichtsstand ist am Abflugsort festgelegt, wenn das Luftfahrtunternehmen und der Reiseveranstalter gemeinsam in Anspruch genommen werden.

Zusammenfassung:

3. Im vorliegenden Fall nimmt ein Fluggast ein Luftfahrtunternehmen und einen Reiseveranstalter gemeinsam auf Schadensersatz in Anspruch aufgrund eines verspäteten Rückfluges. Jedoch liegen die Voraussetzungen für eine Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht vor. Es ist zu klären, wovon in diesem Fall der Gerichtsstand abhängt.

Das Oberlandesgericht Frankfurt entschied, dass der Gerichtsstand davon abhängt, ob nur ein Luftfahrtunternehmen oder Reiseveranstalter auf Schadensersatz oder sonstige Ansprüche in Anspruch genommen, werden oder beide gemeinsam. Wird nur einer in Anspruch genommen, so darf der Kläger den Gerichtsstand frei wählen zwischen dem jeweiligen Firmensitz der Beklagten oder seinem eigenen Wohnort. Werden jedoch sowohl der Reiseveranstalter, als auch das Luftfahrtunternehmen gemeinsam in Anspruch genommen so ist der Gerichtsstand am Abflugsort.

Tenor:

4. Der Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO wird zurückgewiesen.

Gründe:

5. Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Schadensersatz wegen Verspätung eines von der Beklagten zu 2) durchgeführten Rückfluges im Oktober 2011 von … nach Frankfurt am Main in Anspruch. Die Beklagte zu 1) ist das Reiseveranstaltungsunternehmen, über welches die Klägerin die Pauschalreise gebucht hatte.

6. Die Klägerin stützt ihre Ansprüche auf §§ 651 d, c BGB i.V.m. Art. 7 der Verordnung EG Nr. 261/2004. Sie beantragt die Bestimmung eines gemeinsam zuständigen Gerichts gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO.

7. Die Beklagten haben sich zu dem Antrag nicht geäußert.

8. Die Voraussetzungen für eine Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO liegen nicht vor.

9. Gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO erfolgt auf Antrag eine Gerichtsstandsbestimmung, wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben (§§ 12, 17 ZPO), als Streitgenossen verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist.

10. Für die Prüfung der Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ist vom Vortrag des Klägers auszugehen. Eine Prüfung der Zulässigkeit oder Schlüssigkeit der Klage findet im Verfahren der Zuständigkeitsbestimmung nicht statt (Zöller/Vollkommer, 29. Aufl., § 36 ZPO Rn. 18).

11. Vorliegend ist auf Basis des Vortrags der Klägerin vom Bestehen eines gemeinsamen besonderen Gerichtsstands auszugehen. Ist aber ein gemeinsamer Gerichtsstand zuverlässig feststellbar, kann eine Bestimmung des zuständigen Gerichts nicht erfolgen (vgl. Zöller/Vollkommer, 29. Aufl., § 36 Rd. 15).

12. Vorliegend besteht ein gemeinsamer besonderer Gerichtsstand i.S.d. § 29 ZPO im Bezirk des Amtsgerichts Frankfurt am Main. Mangels eigenständiger Gerichtsstandsregelung im Rahmen der Verordnung EG 2004/216 ist auf Basis der nationalen Bestimmungen der Erfüllungsort für die Erbringung von Beförderungsleistungen zu ermitteln. Demnach liegt der Erfüllungsort i.S.d.§ 269 Abs. 1 BGB für die von der Beklagten zu 2) geschuldete Hin- und Rückbeförderung des Klägers zwischen Frankfurt am Main und … jedenfalls auch am Abflugsort, d.h. dem Flughafen Frankfurt am Main (vgl. BGH NJW 2008, 2121, 2122; AG Lichtenberg NJOZ 2007, 3516, 3517). Dort war die Maschine nebst Personal rechtzeitig bereit zu stellen. Für die Beklagte zu 1) als Reiseveranstaltungsunternehmen lag der Erfüllungsort hinsichtlich der in den Pauschalreisevertrag integrierten Flugreise ebenfalls  jedenfalls auch – am Abflugsort, d. h. im Bezirk des Amtsgerichts Frankfurt am Main (vgl. Musielak/Heinrich, 9. Aufl., ZPO, § 29 Rd. 32 „Reiseverträge“; Zöller/Vollkommer, 29. Aufl., § 29 Rd. 25 „Reisevertrag“).

13. Der Erfüllungsort für die hier geltend gemachten Sekundäransprüche in Form der Reisepreisminderung bestimmt sich nach dem Erfüllungsort der behaupteten Primärleistungsverpflichtung. Damit ist ebenfalls das Amtsgericht Frankfurt am Main für die streitgegenständlichen Ansprüche zuständig.

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