Gefährdung beim Schwimmen im Meer

AG München: Gefährdung beim Schwimmen im Meer

Der Kläger hatte bei der Beklagten eine Reise gebucht. Vor Ort hatte er dauerhaft ein Armband tragen müssen. Außerdem war er an einigen Tagen morgens durch Baulärm gestört worden und hatte die beworbenen Strandsportanlagen wegen Verunreinigungen nicht nutzen können. Hierfür fordert er Reisepreisminderung.

Dem gab das Gericht insofern statt. Die Belästigung durch Baulärm insbesondere in den Morgenstunden und die nicht korrekt zur Verfügung gestellten beworbenen Anlagen seien Reisemängel. Andere vom Kläger gerügte Mängel seien entweder nicht rechtzeitig angezeigt worden oder schon keine Mängel. Insgesamt wurde eine Minderung von 15 Prozent des Reisepreises angesetzt.

AG München 212 C 39735/98 (Aktenzeichen)
AG München: AG München, Urt. vom 17.02.1999
Rechtsweg: AG München, Urt. v. 17.02.1999, Az: 212 C 39735/98
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Amtsgericht München

1. Urteil vom 17. Februar 1999

Aktenzeichen 212 C 39735/98

Leitsätze:

2. Morgendlicher Baulärm in einer Hotelanlage ist ein Reisemangel.

Ist eine beworbene Beachvolleyballanlage wegen Nägeln im Sand nicht nutzbar, ist dies ein Reisemangel.

Ein Reiseveranstalter schuldet nicht grundsätzlich, so viele Sonnenliegen wie Betten bereitzustellen.

Ein Reiseveranstalter schuldet nicht die Sicherheit des Meeres zum Baden.

Zusammenfassung:

3. Der Kläger hatte bei der Beklagten für sich und seine Familie eine Reise mit Hotelaufenthalt auf Kreta für insgesamt 5.678,00 DM gebucht. Vor Ort hatten sie dauerhaft Plastikarmbänder tragen müssen, um sich als All-inclusive-Gäste auszuweisen. Diese durften sie auch außerhalb der Anlage nicht abnehmen. Außerdem wurde der Kläger an einigen Tagen morgens durch Baulärm gestört. Die beworbenen Volleyballanlagen hatte er wegen rostigen Nägeln im Sand nicht nutzen können. Es gab etwa halb so viele Sonnenliegen wie Betten in der Hotelanlage. Der Kläger behauptet, keine Möglichkeit des ungefährdeten Badens im Meer gehabt zu haben. Auch sei das Essen mangelhaft gewesen. Hierfür fordert er Reisepreisminderung.

Dem gab das Gericht teilweise statt. Durch die Verpflichtung, dauerhaft Armbänder tragen zu müssen, ergebe sich ein erheblicher Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Gäste. Der Hotelbetreiber könne hier weniger invasive Möglichkeiten der Identifizierung finden. Auch die Belästigung durch Baulärm insbesondere in den Morgenstunden und die Unnutzbarkeit der Volleyballanlagen seien Reisemängel. Bezüglich der Sonnenliegen und der Meeresgefahr lägen keine Mängel vor.

Ein Reiseveranstalter müsse nicht grundsätzlich für jeden Gast eine Sonnenliege bereithalten. Auch schulde der Reiseveranstalter nicht die Sicherheit des Meeres. Das Risiko des Schwimmens im Meer auf sich zu nehmen sei immer eine Abwägungsentscheidung des Reisenden. Die Mängel des Essens seien nicht rechtzeitig gerügt worden. Für die Armbänder ergebe sich eine Minderung um 10 % des Reisepreises, für Lärm und Volleyballanlage eine Minderung um 5 %.

Tenor

4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 651, 70 DM zzgl. 4 % Zinsen seit 10.11.1998 zu bezahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 2/3, die Beklagte 1/3.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

5. Von der Abfassung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

6. Der Kläger kann gegenüber der Beklagten einen Minderungsbetrag aus der Pauschalreise nach Kreta in der Zeit vom 30.05. bis 13.06.1998 in Höhe von noch 651,70 DM gemäß § 651 d Abs. 1 BGB verlangen. Ein darüber hinausgehender Anspruch steht ihm nicht zu.

7. Die Zinsforderung beruht auf § 284, 288 BGB, da die Beklagte trotz Fristsetzung zum 09.11.1998 gemäß Zahlungsaufforderung vom 21.10.1998 vorgerichtlich lediglich 200,00 DM gezahlt hat. Dieser Betrag war auf die dem Kläger zustehende Minderung anzurechnen.

8. Insgesamt hält das Gericht aufgrund der vom Kläger behaupteten und von ihm gerügten Mängel einen Betrag von 15 % des Reisepreises von 5.678,00 DM für gerechtfertigt. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus einem 10 %igen Minderungsbetrag für das Tragen von Plastikarmbändern durch den Kläger und seine Ehefrau und Tochter während der gesamten Reisezeit und des dadurch beeinträchtigten Persönlichkeitsrechts. Die restlichen 5 % Minderung wurden zugesprochen, weil der Kläger und seine Familie 4 Tage lang zumindest in der Früh Beeinträchtigung durch Baulärm hatten und den Sport, den sie ausüben wollten, nämlich Beachvolleyball auf dem im Gelände der Anlage befindlichen Beachvolleyplatz nicht ausüben konnten, weil der mit Sand aufgeschüttete Platz mit einer nicht unerheblichen Zahl von verrosteten Nägeln versehen war, die trotz Rüge nicht beseitigt wurden.

9. Unstreitig mußten der Kläger seine Ehefrau und Tochter während der gesamten Reise ein Plastikarmband tragen, daß sie auch beim Verlassen der Anlage nicht abnehmen konnten. Unstreitig habe der Kläger und seine Familie dies bei der Reiseleitung am 31.05.1998 also am Tag nach der Ankunft gerügt. Insoweit liegt ein Mängelschreiben des Klägers vom gleichen Tage vor (Anlage K4).

10. Soweit die Beklagte einwendet, es läge insoweit kein Mangel vor, schließt sich das Gericht den Ausführungen des Landgerichts Frankfurts am Main in dessen Urteil vom 07.11.1996 — AZ: 2/24 S 5/96 — an. Auch das Amtsgericht bewertet die Interessen der Reisenden insoweit höher als das Interesse der Beklagten, dem Hotelier einen unkomplizierten Ablauf der Verköstigung seiner Gäste zu ermöglichen. Insbesondere ist auch das Amtsgericht der Auffassung, daß es eine erhebliche Beeinträchtigung darstellt, diese Armbänder während des gesamten Aufenthalts zu tragen und weder zum Schlafen noch zum Waschen noch zum Sonnenbaden abgenommen werden können. Es gibt andere Möglichkeiten, die Gäste, die ein All-inclusive-Angebot angenommen haben auszuweisen. Hierzu geben einige große Hotels Karten aus, die jeweils bei der Essens- oder Getränkeausgabe vorzulegen sind und aus denen sich die Aufenthaltsdauer und der Name ergeben.

11. Andererseits gibt es andere Einrichtungen oder Clubs, die seit Jahren erfolgreich mit Perlenketten arbeiten, die abnehmbar sind und nur bei bestimmten Gelegenheiten vorgezeigt werden müssen. Das Festkleben der Armbänder ist nicht erforderlich, um die Gäste als All-inclusive-Gäste zu kennzeichnen. Dies um so weniger, wenn die gesamte Anlage nur von All-inclusive-Gäste besucht wird.

12. Insoweit war ein Betrag von 567,80 DM in Ansatz zu bringen.

13. Soweit der Kläger Lärm rügt, ist unstreitig, daß in dem Hotelgelände an den ersten vier Tagen die Pflasterung eines Weges vorgenommen wurde. Die Beklagte hat den Einsatz von Preßlufthämmern bestritten. Der Kläger wurde in der mündlichen Verhandlung dazu selbst angehört, § 141 ZPO. Er bekundete glaubhaft, daß er an den ersten vier Tagen jeden Morgen ab 07.00 Uhr durch Bohrer geweckt worden sei. Er habe den Lärm jedenfalls bis 08.00 Uhr wahrgenommen wenn er zum Frühstück und anschließend zum Strand gegangen sei. Es ist davon auszugehen, daß jedenfalls in dieser Zeit eine Beeinträchtigung im Sinne eines Mangels vorlag, da Urlaubsgäste gerade in der Früh ausschlafen und nicht durch Bohrgeräusche geweckt werden wollen. Der Vortrag des Klägers hierzu war glaubhaft, so daß eine weitere Beweisaufnahme nicht erforderlich war. Eine weitere Beeinträchtigung sieht das Gericht in der nicht vorhandenen Gelegenheit Beachvolleyball innerhalb des Geländes zu spielen, obwohl der Katalog dies ausweist. Es bestand tatsächlich die Gelegenheit auf dem Beachvolleyplatz innerhalb der Anlage zu spielen. Dies barg jedoch eine nicht unerhebliche Gefahr für den Kläger und seine Familie dadurch, daß eine beträchtliche Anzahl an verrosteten Nägeln dort lagen. Auch hierzu wurde der Kläger in der mündlichen Verhandlung befragt, § 141 ZPO. Seine Angaben hierzu waren glaubhaft, so daß insoweit eine weitere Beweisaufnahme unterbleiben konnte. Darüber hinaus hat die Beklagte hierzu keine Gegenzeugen angeboten. Die beiden zuletzt genannten Mängel bewertet das Gericht insgesamt mit 5 % des Reisepreises. Insgesamt war daher ein Minderungsbetrag von 851,70 DM gerechtfertigt, auf den die bereits vorgerichtlich von der Beklagten gezahlten 200,00 DM angerechnet werden mußten. Ein weiterer Minderungsbetrag ist nicht gerechtfertigt.

14. Soweit unstreitig ist, daß Sonnenliegen nicht in der selben Anzahl vorhanden waren wie Gäste, handelt es sich nicht um einen Mangel. Aus der Tatsache, daß der Kläger dankenswerterweise die Sonnenliegen gezählt hat, ergibt sich daß zumindest 642 Sonnenliegen zur Verfügung standen. Legt man weiter die von der Klagepartei behauptete Bettenzahl von 1080 zu Grunde, ergibt sich eine ganz beträchtliche Zahl von vorhandenen Sonnenliegen. Eine Sonnenliege pro Kopf war vom Reiseveranstalter nicht geschuldet, da insoweit eine entsprechende Ausschreibung im Reiseprospekt nicht vorhanden ist. Bei den Sonnenliegen ist es wie mit übrigen Einrichtungen wie z. B. Tennisplätzen oder anderen Sportplätzen, man kann sie nur benutzen, wenn sie frei sind. Es besteht keine Veranlassung, den Reiseveranstalter zu verpflichten dafür zu sorgen, daß die Hotels für jeden der vorhandenen Gäste eine Sonnenliege zur Verfügung stellen, da in aller Regel davon auszugehen ist, daß nicht alle Gäste gleichzeitig eine Sonnenliege benutzen wollen, da es innerhalb eines Urlaubs auch noch andere Aktivitäten gibt als auf einer Sonnenliege zu liegen. In der Regel geht ein Teil der Gäste anderen Aktivitäten nach, so daß das hier vorhandene Kontingent als ausreichend erachtet werden muß.

15. Soweit die Klagepartei weiterhin die Verpflegung rügt, hat sie nicht vorgetragen wann sie gegenüber wem, insbesondere wann sie gegenüber der Reiseleitung insoweit eine Rüge vorgetragen hat. Dies aber ist erforderlich, da die schlechte Verpflegung bzw. die schlechte Wartung durchaus Mängel sind, bzgl. derer Abhilfe geschaffen werden kann. Insoweit wird auf § 651 d Abs.2 BGB verwiesen.

16. Hinsichtlich des Radioweckers liegt kein Mangel vor, da einerseits der Kläger selbst Abhilfe schaffen konnte und dies nach 3 Tagen auch getan hat. Im übrigen hätte er auch insoweit die Hotelleitung oder die Reiseleitung benachrichtigen können, damit diese Abhilfe schafft. Insoweit liegt kein Sachvortrag vor.

17. Hinsichtlich der Behauptung, es habe keine Möglichkeit bestanden ungefährdet im Meer schwimmen zu gehen, steht gegenüber dem Reiseveranstalter kein Anspruch hierauf. Insbesondere besteht auch kein Anspruch für Kinder allein oder ungefährdet baden zu können. An vielen Küsten vieler Länder ist das Baden auch dann wenn keine künstlichen Hindernisse vorhanden sind ausgesprochen gefährlich, so daß der Reisende selbst beurteilen muß, ob er an dem von ihm gewählten Strand baden will, bzw. ob er das Risiko des Schwimmen im Meer eingehen will. Auch kann der Reiseveranstalter keinen Einfluß darauf nehmen, daß andere Urlauber, die Wassersport betreiben jeweils die ihnen zugewiesenen Areale benutzen bzw. die Schwimmer nicht gefährden. Insoweit kann kein Reisemangel zuerkannt werden.

18. Die Kostenfolge beruht auf § 92 Abs.1 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr.11, 711 und 713 ZPO.

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