Ersatzfähiger Schaden und Reisepreisminderung

AG Rostock: Ersatzfähiger Schaden und Reisepreisminderung

Ein Reisender buchte über einen Reisevermittler bei einem Reiseveranstalter eine Kreuzfahrt mit Start Las Palmas. Der Reisevermittler nahm für den Reisenden Kontakt zu dem Reiseveranstalter, der Beklagten auf, um die Einzelheiten abzusprechen. Auch eine E-Mail sandte der Vermittler an die Beklagte mit der Frage wann genau die Maschine vom Frankfurt Hahn starten würde. Die Beklagte ließ den Vermittler im Irrglauben.

Der Kläger traf pünktlich am Flughafen Frankfurt Hahn ein, wo er alsbald feststellen musste, dass von dort seine Maschine nicht starten würde, sondern der Flughafen Frankfurt Main gemeint sei. Der Kläger reiste daraufhin zudem Flughafen Main, buchte vor Ort einen Flug bei einer anderen Fluggesellschaft um sein Schiff in Las Palmas zu erreichen.

Das Gericht entschied das die Beklagte eine Entschädigung zahlen muss, da sie nicht explizit den Flughafen ausgewiesen hat und den Irrtum des Reisevermittlers nicht aufklärte. Lediglich die materiellen Kosten der Kläger braucht die Beklagte nicht zu ersetzen.

AG Rostock 43 C 212/09 (Aktenzeichen)
AG Rostock: AG Rostock, Urt. vom 23.04.2010
Rechtsweg: AG Rostock, Urt. v. 23.04.2010, Az: 43 C 212/09
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Mecklenburg-Vorpommern-Gerichtsurteile

Amtsgericht Rostock

1. Urteil vom 23.04.2010

Aktenzeichen: 43 C 212/09

Leitsatz:

2. Der Reiseveranstalter muss in seiner Buchungsbestätigung explizit den Namen, am besten sogar den Dreiletter-Code verwenden um Verwechslungen auszuschließen.

Zusammenfassung:

3. Im vorliegenden Fall buchte der Kläger eine Kreuzfahrt von Las Palmas bei einem Reisevermittler. Der Reisevermittler nahm wiederum Kontakt zu der Beklagten dem Reiseveranstalter auf und sprach mit ihm die Einzelheiten der Anreise telefonisch durch. Nachdem die Einzelheiten geklärt waren, nahm er noch einmal Rücksprache mit den Klägern und holte sich deren Einverständnis zur endgültigen Buchung.  Er teilte ihnen auch mit das der Abflughafen Frankfurt Hahn sei.

Auch in der Buchungsbestätigung der Beklagten an den Reisevermittler wird nur der Flughafen Frankfurt und die Uhrzeit genannt. Da die Maschine sehr früh starten sollte, nahm der Reisevermittler noch einmal Kontakt zu der Beklagten per Mail auf und erfragte ob es auch einen späteren Flug geben würde. In dieser E-Mail schrieb er 6-mal den Namen des Abflughafen Frankfurt Hahn hinein und sendete die Mail an die Beklagte. Von der Beklagten kam lediglich eine negative Antwort zurück und auch hier wurde der Dreiletter-Code nicht genannt.  Am Abflugtag fand sich der Kläger am Frankfurt Hahn ein, im Glaube dass dort die Maschine nach Las Palmas starten würde.

Der Kläger stellte dann aber fest,  dass dies nicht der Fall war. Den eigentlichen Flug von Frankfurt Main war zu diesem Zeitpunkt auch nicht mehr pünktlich zu erreichen. Notgedrungen kauften sie am Flughafen Frankfurt Main dann erneut Flugtickets bei einer anderen Fluggesellschaft um ihr Schiff in Las Palmas noch rechtzeitig zu erreichen.  Der Kläger begehrt daher von der Beklagten Schadensersatz für die Aufwendungen um sein Schiff rechtzeitig zu erreichen.

Das Gericht entschied das die Klage größtenteils begründet ist. Die Beklagte hat in ihrer Buchungsbestätigung nicht explizit auf den Flughafen Frankfurt Main hingewiesen und auch den Reisevermittler in seiner Annahme durch den Schriftverkehr nicht berichtigt. Die Beklagte muss für den entstanden Schaden aufkommen. Für den materiellen Schaden, wie Parkgebühren, Spritkosten allerdings nicht.

Tenor:

4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 2.608,74 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins der EZB seit 25.10.2008 zu zahlen.

5. Die Beklagte wird weiter verurteilt, den Kläger von vorgerichtlichen Anwaltsgebühren in Höhe von 316,18 Euro freizustellen.

6. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

7. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die klagende Partei 12%, die beklagte Partei 88%.

8. Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar, im Übrigen vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht vor der Vollstreckung die beklagte Partei Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand:

9. Der Kläger buchte für sich und seine Ehefrau, die Zeugin B., die die ihr zustehenden Ansprüche an den dies annehmenden Kläger abgetreten hat, über den Reisevermittler D. aus G. bei der Beklagten eine Kreuzfahrtreise in der Zeit vom 27.09 bis 04.10.2008 auf der Aidabella zu einem Gesamtpreis von 3.746,00 Euro inklusive An- und Abreisepaket.

10. Vor der Buchung recherchierte der Reisevermittler am 01.04.2008 telefonisch bei der Beklagten u.a. hinsichtlich der Unterkunftmöglichkeiten und Flugmöglichkeiten. Letztbezüglich ist der konkrete Gesprächsinhalt streitig.

11. In einem nachfolgendem Telefonat am selben Tag informierte der recherchierende Zeuge O. die Zedentin darüber, dass ihm der Reiseveranstalter am Telefon mitgeteilt habe, dass der Flug ab Frankfurt-Hahn abgehe und bat um das – alsdann gegebene – Einverständnis. Hierauf buchte der Zeuge O. eine Balkonkabine und einen Flug fest.

12. Die Beklagte übersandte per 02.04.2008 die Buchungsbestätigung, in der es u.a. heißt: „27.09.2008 Flug: X3 2524 Frankfurt/Gran Canaria; Economy Claas.“ Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage K 2 (Bl. 12 d. A.) verwiesen.

13. Am 13.09.2008 erhielt der Reisevermittler die endgültigen Reiseunterlagen für die gebuchte Kreuzfahrt. Auf dem Coupon „Flugbuchung“ stand u.a.: „27.09.08 Frankfurt Las Palmas X3 2524 Y Claas Abflug 03:45 h“. Wegen der Einzelheiten wird auf Anlage 3a (Bl. 13 d. A.) Bezug genommen.

14. Weder in der Buchungsbestätigung noch in den endgültigen Reiseunterlagen wurde der Dreiletter-Code zur Bezeichnung des Flughafens verwendet.

15. Wegen der frühen Abflugzeit wandte sich der Zeuge O. per Mail am 15.09.2008 an die Beklagte und bat um eine kundenfreundliche Lösung. In dieser Mail, die die Beklagte mit Schreiben vom 19.09.2008 negativ beantwortete, nannte der Zeuge O. insgesamt 6 Mal Hahn als Abflugort, u.a. in der Betreffzeile. Wegen der Einzelheiten wird auf Anlage K 4 (Bl. 15 d. A.) Bezug genommen. Das Antwortschreiben der Beklagten, wegen dessen Einzelheiten auf Anlage K 5 (Bl. 16 d. A.) Bezug genommen wird, verhielt sich zu keinem konkreten Abflugort, sondern verwies auf die lediglich bedingte Einflussmöglichkeit auf Flugzeiten und Flugpläne der einzelnen Fluggesellschaften.

16. Tatsächlich war Startflughafen nicht Frankfurt-Hahn, sondern Frankfurt Rhein-Main.

17. Die Reisenden fuhren in der Nacht vom 26. zum 27.09.2008 zum 120 km von ihrem Wohnort entfernten Flughafen Frankfurt-Hahn, um dort gegen ca. 2.00 Uhr festzustellen, dass kein X3-Flug nach Las Palmas ab Flughafen Frankfurt-Hahn fliegt, wohl aber einer ab Abflughafen Frankfurt Rhein-Main. Sie kamen jedoch zu spät zum Flughafen Frankfurt Rhein-Main, um ihren gebuchten und bezahlten Flug nach Las Palmas noch zu erreichen.

18. Der Kläger und die Zedentin kauften daher für 1.317,43 Euro pro Person Flugscheine für die Strecke Frankfurt Rhein-Main Las Palmas bei der Deutschen Lufthansa AG mit Zwischenstopp in Madrid, um das Kreuzfahrtschiff im Abgangshafen noch erreichen zu können. Sie flogen Business Claas. Der Preis für ein Flugticket in der Economy Class betrug 136,30 Euro pro Person weniger.

19. Der Kläger behauptet, der Zeuge O. sei in dem Telefonat mit der Mitarbeiterin der Beklagten am 01.04.2008 darüber informiert worden, dass Abflughafen Frankfurt-Hahn sei. Der Irrtum sei aufrechterhalten und vertieft worden, als nach Erhalt der endgültigen Reiseunterlagen auf die E-Mail des Zeugen O. vom 15.09.2008 keine aufklärende Antwort der Beklagten erfolgt sei. Die Beklagte sei deshalb schadenersatzpflichtig. Sie habe sich Fehlinformationen durch den Reisevermittler zuzuschreiben, denn er sei ihr Erfüllungshilfe im Sinne des § 278 BGB. Der Schaden betreffe die Erstattung der Ersatzflugscheine, den umsonst aufgewendeten Sprit in Höhe von 50,00 Euro für die vergebliche Fahrt zum Flughafen Hahn und zurück (250 km) sowie Parkhausgebühren am Flughafen Frankfurt Rhein-Main in Höhe von 140,00 Euro. Letztere Gebühren wären nicht angefallen, hätten die Reisenden vom Startflughafen Frankfurt Rhein-Main Kenntnis gehabt, denn dann wären sie mit dem Airporttaxi gefahren. Hierfür wären Kosten in Höhe von lediglich 70,00 Euro, höchstens aber 84,00 Euro angefallen. Daneben beansprucht der Kläger Reisepreisminderung wegen der doppelten Anreise zum Flughafen sowie der Ersatzbeförderung in Form einer unkomfortablen Umsteigeverbindung anstatt eines Nonstop-Fluges. Die Minderung betrage pro Person 30% des Tagessatzes von 468,25 Euro, also 81,50 Euro.

20. Der Schaden wäre auch entstanden, wenn die Reisenden die Notfallnummer der Beklagten, deren Erhalt im Übrigen bestritten wird, angerufen hätten. Die Beklagte hätte sie nicht auf einen weiteren Charterflug verweisen können.

21. Daneben wird Freistellung von vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltsgebühren begehrt.

22. Der Kläger beantragt:

23. Die Beklagte wird verurteilt, an ihn einen Betrag in Höhe von 2.973,86 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 24.10.2008 zu zahlen.

24. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von vorgerichtlichen Anwaltsgebühren in Höhe von 361,16 Euro freizustellen.

25. Die Beklagte beantragt

26.  Klageabweisung.

27. Sie bestreitet die Auskunftserteilung einer ihrer Mitarbeiterinnen zum Flughafen Frankfurt-Hahn. Die Buchungsbestätigung vom 02.04.2008 sei unmissverständlich. Darin werde als Abflughafen Frankfurt genannt. Der Zeuge hätte dies ohne weiteres erkennen müssen. Die Flugscheine seien allenfalls in Höhe der entsprechenden Economy Class erstattungsfähig. Eine Einstandspflicht zur Erstattung der Parkhausgebühren bestehe nicht, da die Reisenden ausreichend Zeit gehabt hätten, nach Hause und dann mit dem Airporttaxi zu fahren. Die diesbezüglichen Kosten würden mit 84,00 Euro veranschlagt. Ein Anspruch auf Reisepreisminderung bestehe ebensowenig.

28. Schließlich sei am 27.09.2008 um 14.15 Uhr ein Flug mit der NR. AB 4330 ohne Zwischenstopp nach Las Palmas geflogen, worüber sich die Reisenden bei Inanspruchnahme der Notrufnummern der Beklagten hätten informieren können.

29. Das Gericht hat u.a. zum Inhalt des Telefonates des Zeugen O. mit einer Mitarbeiterin der Beklagten am 01.04.2008 Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen O.. Hinsichtlich des Beweisergebnisses wird auf die Niederschrift über die öffentliche Sitzung vom 19.01.2010 (Bl. 71 ff d. A.) Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Niederschrift über die öffentliche Sitzung vom 19.01.2010 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

30. Die Klage ist zum überwiegenden Teil begründet.

31. Der Kläger hat gegen die Beklagte Anspruch auf Schadenersatz gemäß §§ 651 f I, 398 BGB in Höhe von 2.468,26 Euro. Die Reise ist im Sinne des § 651 c I BGB mangelhaft. Die Ist-Beschaffenheit weicht von der Soll-Beschaffenheit mit Auswirkungen auf den Nutzen der Reise ab. Denn die Beklagte hat entgegen ihrer sich u.a. aus § 651 a III BGB i.V.m. § 8 BGB-InfoVO ergebenden Verpflichtung, den Abflugort des gebuchten Anreisepaketes konkret zu nennen, in vermuteter vorwerfbarer Weise verletzt. Sie hat einerseits mit der Übersendung der Buchungsbestätigung am 02.04.2008 einen zweideutigen Abflughafen bezeichnet und nach Erhalt der E-Mail des Zeugen am 15.09.2008 den bei dem Zeugen und Reisenden hervorgerufenen Irrtum, den sie hätte erkennen müssen, nicht aufgeklärt.

32. Dabei ist rechtlich unerheblich, ob der Zeuge Empfangsbote für die Kläger oder Erfüllungshilfe der Beklagten war. Letzterenfalls müsste sich die Beklagte die hinsichtlich des Abflughafens falschen Erklärungen des Zeugen gegenüber den Reisenden ohne weiteres zurechnen lassen; aber auch ersterenfalls wäre durch ein Verhalten bzw. Unterlassen der Beklagten bei dem insoweit maßgeblichen Zeugen ein Irrtum hervorgerufen worden, der nicht beseitigt wurde.

33. Die Beklagte hat in ihrer Buchungsbestätigung vom 02.04.2008 nicht unmissverständlich den Abflughafen bezeichnet. Sie hat dort lediglich mit X3 die Kennzeichnung des Flugunternehmens vorgenommen, die Flugnummer und Frankfurt als Startflughafen genannt. Sie hat den sogenannten Dreiletter-Code, der eine eindeutige Bezeichnung dargestellt hätte, nicht aufgeführt. Das passierte auch später im Rahmen der Übersendung der Buchungsunterlagen nicht.

34. Frankfurt a.M. verfügt allerdings unstreitig über zwei Flughäfen. Der Zeuge als Empfangsbote musste auch unter Zugrundelegung seiner individuellen Kenntnisse diese Zweideutigkeit der Buchungsbestätigung nicht hinterfragen. Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass in dem zwischen ihm und einer Mitarbeiterin der Beklagten geführten Telefonat am 01.04.2008 Frankfurt-Hahn als Startflughafen genannt wurde. Das hat der Zeuge in seiner Vernehmung in der öffentlichen Sitzung vom 19.01.2010 eindeutig so bekundet. Seine gesamte Darstellung ist glaubhaft, denn sie ist in sich schlüssig, plastisch und nachvollziehbar. Das Gericht hat keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen. Zwar mag er ein eigenes Interesse daran haben im Sinne des klägerischen Vortrages zu bekunden, um eventuellen Schadenersatzforderungen vorzubeugen. Andererseits bestand für den Zeugen zum Zeitpunkt des 01.04.2008 keinerlei Motivation, in dem am selben Tag nachfolgenden mit der Zeugin unstreitig geführten Telefonat mit dem unstreitigen Inhalt, das Einverständnis zum Abflughafen Frankfurt-Hahn einzuholen, etwas unrichtiges mitzuteilen. Immerhin bedeutet Abflughafen Hahn anstelle des Abflughafens Frankfurt Rhein-Main für die Kläger allein schon wegen der weiteren Anreise eine Unannehmlichkeit. Warum hätte der Zeuge dies ohne Not tun sollen? Die Beklagte hat diesen bestehenden Irrtum, obwohl sie ihn leicht hätte erkennen können, nicht aufgeklärt. In der E-Mail des Zeugen am 15.090.2008 wird mehrfach darauf hingewiesen, dass der Abflughafen Hahn zu einer Zeit um 03.45 Uhr extrem ungünstig sei. Bei gewissenhaftem Studium dieses Schreibens hätte die Beklagte, die im Übrigen darstellt, noch niemals Flugreisen von Frankfurt-Hahn in Anspruch genommen zu haben, mittels Abgleiches der Reisedaten ohne weiteres die Fehlvorstellung ihres Vertragspartners erkennen müssen und dann auch entsprechend aufklären müssen, mit der weiteren Folge aufklärungsrichtigen Verhaltens der Reisenden. Das hat sie mit dem Antwortschreiben vom 19.09.2008 nicht getan.

35. Rechtsfolge ist die Erstattung des infolge der Fehlvorstellung entstandenen Schadens (positives Interesse). Dies betrifft zunächst die Ticketkosten für den Ersatzflug, die sich für beide Reisenden auf unstreitige 2.362,26 Euro belaufen. Unstreitig sind auch die unnötig aufgewendeten Spritkosten für die Fahrt vom Heimatort nach Hahn und zurück in Höhe von 50,00 Euro. Hinzuzusetzen sind die Parkgebühren, jedoch abzüglich ersparter Aufwendungen. Anzusetzen sind insoweit 56,00 Euro. Die Parkgebühren beliefen sich auf 140,00 Euro; die unstreitigen Kosten für das Airporttaxi in Höhe von 84,00 Euro. Die pauschale Einwendung der Beklagten, man habe nach Hause fahren könne und dann das Airporttaxi benutzen sollen, verfängt nicht. Sie enthält keinen konkreten Sachvortrag, dass den Reisenden dies überhaupt möglich gewesen wäre. Primäres und auch aus Schadensminderungsgründen vorrangiges Ziel musste für die Reisenden sein, sofort zum Rhein-Main Flughafen zu fahren, dort eine Flugverbindung zu suchen, die es ihnen ermöglicht, an der Kreuzfahrt teilzunehmen. Die Beklagte trägt auch nicht konkret vor, dass ausreichend Zeit, den Umweg über Glashütten zu wählen und das Airporttaxi zu bestellen, zur Verfügung stand. Insoweit ist sie jedoch darlegungs- und beweisbelastet.

36. Neben dem Anspruch auf Schadenersatz ist der Reisepreis gemäß § 651d BGB zu mindern. Die Höhe der Minderung orientiert sich ausgehend von dem Gesamtreisepreis in Höhe von 3.746,00 Euro und einem sich daraus ergebenden Tagessatz von 468,25 Euro am Maß der Beeinträchtigung der Reise. Dazu ist die unnötige Anreise nach Frankfurt-Hahn sowie die unbequemere Umsteigeflugverbindung zu rechnen. Eine Minderung von 30% bezogen auf den Tagessatz ist angemessen und entspricht 140,48 Euro für beide Reisende.

37. Immaterieller Schadenersatz gemäß § 651 f II BGB kommt demgegenüber nicht in Betracht. Die Erheblichkeitsschwelle ist nicht überschritten. Der klägerische Antrag verhält sich auch nicht zu § 651 f II BGB, denn dieser bezieht sich ausschließlich auf materiellen Schadenersatz (Flugticket, Sprit, Parkgebühren) sowie auf Reisepreisminderung (§ 308 ZPO).

38. Der Anspruch ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Reisenden die Notfallnummer der Beklagten nicht gewählt haben. Ungeachtet des bestrittenen Vortrages, dass die Notfallnummer überhaupt mitgeteilt wurde, bleibt die Beklagte darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass den Reisenden überhaupt Alternativen hätten angeboten werden können. In dem Schriftsatz vom 22.12.2009 trägt die Beklagte lediglich vor, dass sich die Reisenden über einen Flug um 14.15 Uhr hätten informieren können, ohne konkret darzulegen, dass – was bestritten ist – die Notfallnummer mit einem Mitarbeiter der Beklagten besetzt gewesen wäre und dass sodann der Alternativflug tatsächlich angeboten worden wäre. Hieran bestehen indes durchgreifende Zweifel, denn dann hätte den Reisenden bereits auf die Mail des Zeugen O. vom 15.09.2008 derartiges unterbreitet werden können.

39. Zinsen können erst gemäß §§ 286 I, 288 I BGB ab 25.10.2008 wegen § 187 I BGB gefordert werden.

40. Der sich aus § 257 BGB ergebende Freistellungsanspruch hinsichtlich der vorgerichtlich entstandenen, an hiesiger Kostenentscheidung nicht teilhabenden Anwaltsgebühren beläuft sich unter Zugrundelegung eines Streitwertes bis 3.000,00 Euro auf 316,18 Euro ((189 Euro x 1,3 + 20 Euro + 19%).

41. Im nicht zugesprochenen weiteren Umfang war die Klage abzuweisen.

42. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 I ZPO, die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit für die klagende Partei aus § 709 ZPO, im Übrigen aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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