Entschädigungsanspruch wegen vertaner Urlaubszeit bei ständigem Baulärm am Urlaubsort
LG Köln: Entschädigungsanspruch wegen vertaner Urlaubszeit bei ständigem Baulärm am Urlaubsort
Reisende erhielten eine Reisepreisminderung und Schadensersatz für entgangene Urlaubsfreude, da sie bei ihrem Hotelaufenthalt in Dubai ständigen Baulärm hinnehmen mussten und kein gleichwertiges Abhilfeangebot erhielten.
LG Köln | 3 O 27/96 (Aktenzeichen) |
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LG Köln: | LG Köln, Urt. vom 25.06.1996 |
Rechtsweg: | LG Köln, Urt. v. 25.06.1996, Az: 3 O 27/96 |
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Leitsatz:
2. Dauerhafter Lärm einer Großbaustelle begründet einen Reisemangel.
Zusammenfassung:
3. Die Klägerin hatte für sich und ihre Familie eine Reise in ein 4-Sterne-Hotel in Dubai vom 11. Juni bis 2. Juli 1995 gebucht. Vor Ort stellten die Reisenden fest, dass es mehrere Großbaustellen in der Umgebung der Hotelanlage gab, von denen beständiger Lärm ausging. Sie rügten dies bei der örtlichen Reiseleitung, die zur Abhilfe jedoch nur eine Ersatzunterkunft der geringeren 3-Sterne-Kategorie und eine in einem anderen Emirat als Dubai anbot. Die Reisenden lehnte diese Angebote ab und die Klägerin forderte in aller Namen dann eine 60%-ige Reisepreisminderung und Schadensersatz für entgangene Urlaubsfreude in Höhe von 60 DM pro Tag und Reisendem.
Das Landgericht Köln gab dem Begehren der Klägerin statt. Als Begründung führte es aus, dass eine Großbaustelle mit dauerhaftem Lärm einen Reisemangel darstellt, weil der Erholungswert der Reise dadurch erheblich vermindert war. Die Abhilfeangebote der Reiseleitung hatten die Reisenden nicht annehmen müssen, da sie nicht gleichwertig mit der gebuchten Unterkunft waren.
Tenor:
4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 11.755,-- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 06.09.1995 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 13 % und die Beklagte zu 87 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 14.000,-- DM.
Die Klägerin darf die gegen sie gerichtete Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 300,-- DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Beiden Parteien wird nachgelassen, die Sicherheit auch in Form einer Bürgschaft eines als Zoll- und Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts zu erbringen.
Tatbestand:
5. Die Klägerin klagt aus eigenem und aus abgetretenem Recht. Sie buchte bei der Beklagten für sich, ihre Tochter, ihren Schwiegersohn, die beiden minderjährigen Kinder ihrer Tochter und ihres Schwiegersohnes und für ihre Schwiegermutter eine Urlaubsreise nach Dubai, vom 11.06.1995 — 02.07.1995. Die gebuchte Reise umfaßte den Flug von Frankfurt/Main nach Dubai und zurück sowie den Aufenthalt im Hotel Chicago Beach in Dubai. Der Gesamtreisepreis betrug 11.625,-- DM. Bei Ankunft in Dubai stellten die Klägerin und ihre Mitreisenden fest, dass das gebuchte Hotel Chicago Beach von Baustellen umgeben war. Unmittelbar am Strand vor dem Hotel wurde ein neues Hotel gebaut, welches halb im Wasser versenkt ist und unterirdische Räume haben wird. Täglich fuhren dort schwere Baumaschinen und Trecker am Hotelstrand auf und ab. Rechts neben dem Hotel Chicago Beach wurde ein neues Hotel errichtet, welches der Hotelanlage Chicago Beach angehören soll. Auf der anderen Seite des Hotels wurde eine Straße zum Wasser hin gebaut, die direkt am Hotel vorbeiführt. Die Baustellen wurden während der gesamten Urlaubszeit der Klägerin und ihrer Mitreisenden „rund um die Uhr“ in Betrieb gehalten. Wegen der weiteren Einzelheiten zur Lage und zum Umfang der Baustellen wird insbesondere auf die Schriftsätze der Klägerin vom 18.01.1996 und vom 20.05.1996 sowie die überreichten Lichtbilder Bezug genommen.
6. In der Prospektausschreibung der Beklagten zum Hotel Chicago Beach heißt es bezüglich von Baustellentätigkeiten lediglich: „Unbemerkt von den Gästen soll das Haus partiell abgetragen und erweitert werden.“ In dem für die selbe Reisezeit geltenden Prospekt des Reiseveranstalters Jahn heißt es: „Neben dem Chicago Beach Hotel entsteht ein zur Anlage gehörender Neubau, weiterhin wird im Meer vor der Küste eine kleine, künstliche Insel, ebenfalls für einen Hotelneubau, errichtet. Es muß mit Lärmbeeinträchtigungen gerechnet werden.“ In dem für die selbe Reisezeit geltenden Prospekt der Firma … heißt es betreffend das Hotel Chicago Beach: „In etwa 100 m Entfernung vom Haupthaus entsteht ein neues Hotelgebäude, ein weiteres im Meer vor dem Strand.“
7. Die Klägerin und ihre Mitreisenden fühlten sich durch den von den Baustellen ausgehenden Lärm stark beeinträchtigt und rügten dies unverzüglich gegenüber der Beklagten. Die Beklagte bot daraufhin zwei Ersatzquartiere an. Bei dem einen Ersatzquartier handelte es sich um das Hotel Lou L. Beach Ressort. Die Klägerin lehnte dieses Hotel ab, mit der Begründung, dass es sich nicht im Emirat Dubai, sondern im Nachbaremirat S., das etwa 25 km entfernt liegt, befinde. Die Klägerin wollte mit ihrer Familie in Dubai verbleiben. Bei dem Lou L. Beach Ressort handelt es sich um ein 3-Sterne-Hotel, während es sich bei dem gebuchten Hotel Chicago Beach um ein 4-Sterne-Hotel handelt.
8. Bei dem anderen Ersatzquartier handelt es sich um das M. Beach Hotel. Dieses liegt 25 km von Dubai – Zentrum entfernt, während das gebuchte Chicago Beach Hotel lediglich 12 km vom Zentrum entfernt ist. Zwischen dem Hotel M. und dem Hotel M. in Dubai, welches am Stadtrand liegt, gibt es eine hoteleigene Busverbindung. Bis zum Zentrum sind es weitere 8 km. Vom Hotel Chicago Beach gibt es mehrfach täglich eine kostenlose Busverbindung direkt ins Stadtzentrum von Dubai.
9. Mit der Klage verfolgt die Klägerin eine 60prozentige Minderung des Reisepreises und einen Schadensersatzanspruch für die 4 erwachsenen Teilnehmer der Reise in Höhe von je 60,-- DM je Urlaubstag. Wegen der Berechnung im einzelnen wird auf die Klageschrift Bezug genommen. Den ursprünglich auch für die Kinder geltend gemachten Schadensersatzanspruch in Höhe von insgesamt 1.320,-- DM hat die Klägerin zurückgenommen. Die Beklagte zahlte unter dem 29.11.1995 einen Betrag von 500,-- DM.
11. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 12.255,-- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 06.09.1995 zu zahlen.
14. Die Beklagte trägt vor, dass es Lärmbelästigungen durch die Bauarbeiten in der Hotelanlage Chicago Beach nicht gegeben habe. Sie meint, dass die Klägerin verpflichtet gewesen wäre, die angebotenen Ersatzquartiere als Abhilfeleistung anzunehmen. Die Beklagte verweist insbesondere darauf, dass das Hotel M. Beach höherwertig und teurer ist als das von der Klägerin gebuchte Hotel Chicago Beach.
15. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
16. Die Klage ist ganz überwiegend begründet.
17. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Minderung des Reisepreises aus § 651 d BGB zu. Denn die Reise war ihrem Wert durch die rund um das gebuchte Hotel vorhandenen, Tag und Nacht betriebenen Großbaustellen, welche die Klägerin eingehend durch Fotos dokumentiert hat und die auch in den Prospekten anderer Reiseveranstalter Erwähnung gefunden haben, stark beeinträchtigt.
18. Es liegt auf der Hand, dass allein der von diesen Baustellen ausgehende, gut vorstellbare Lärm eine ganz erhebliche Minderung des Erholungswertes und des Urlaubserlebnisses mit sich gebracht hat und einen Aufenthalt in dem gebuchten Hotel und der Strandumgebung nahezu unzumutbar machte. Soweit die Beklagte vorträgt, dass es trotz der dokumentierten Großbaustellen in unmittelbarer Hotelnähe und den Prospekthinweisen etwa des Reiseveranstalters Jahn, dass mit Lärmbeeinträchtigungen gerechnet werden müsse, es in der Hotelanlage Chicago Beach nicht zu Lärmbelästigungen gekommen sei, so hätte sie dies näher zu erläutern gehabt, damit dieser Sachvortrag hätte nachvollzogen werden können.
19. Die Kammer hält die beanspruchte Minderung von 60 % des Reisepreises (= 6.975,-- DM) für jedenfalls gerechtfertigt. Ebenso erscheint der Kammer für die 4 erwachsenen Reiseteilnehmer ein Schadensersatzanspruch wegen verdorbenen Urlaubs gemäß § 651 f BGB in Höhe von 60,-- DM/Tag begründet (insgesamt: 5.280,-- DM). Abzusetzen von der begründeten Forderung der Klägerin in Höhe von 12.255,-- DM ist der unter dem 29.11.1995 durch die Beklagte bereits gezahlte Betrag von 500,-- DM. Weitere Abzüge sind nicht zu machen. Die Klägerin war insbesondere nicht darauf verwiesen, die nach ihrer unverzüglich erfolgten Mängelanzeige durch die Beklagte angebotenen Ersatzquartiere zu akzeptieren. Es kommt insoweit nicht allein darauf an, dass die Ersatzquartiere objektiv gleichwertig waren, sondern insbesondere auch darauf, ob der Umzug den Reisenden subjektiv auch zumutbar war. Dies war bei dem Hotel Lou L. Beach Ressort bereits deswegen nicht der Fall, weil dieses Hotel nicht im Emirat Dubai liegt, sondern im 25 km entfernten Nachbaremirat S. und die Kläger ihren Urlaub — wie vertraglich vereinbart — im Emirat Dubai verbringen wollten. Das M. Beach Hotel war gleichfalls aufgrund der Entfernung von 25 km nach Dubai für die Klägerin nicht zumutbar. Vom gebuchten Hotel aus war das Erreichen des Zentrums für die Klägerin näher und auch unkomplizierter. Die Klägerin durfte auch darauf bestehen, in Entfernung von den Baustellen, aber noch in vergleichbarer Lage ein Ersatzquartier angeboten zu bekommen. Es entsprach auch nicht einer Verpflichtung nach Treu und Glauben unter dem Gesichtspunkt einer Schadensminderungspflicht etwa das Hotel M. Beach Hotel zu akzeptieren um einen etwaigen Schadensersatzanspruch auf anfallende Taxikosten zum Stadtzentrum zu reduzieren. Denn der Reisende hat grundsätzlich ungeachtet seiner Motivation einen vertraglichen Anspruch auf Unterbringung am vereinbarten Ort. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass gerade die Treuepflichtverletzung auf Seiten der Beklagten liegt. Sie hat in offensichtlicher Kenntnis der Großbaustellen einen diesbezüglichen Hinweis in ihrem Prospekt unterlassen, der anderen Reiseveranstaltern möglich war. Bei dieser Sachlage erscheint es der Kammer kaum gerechtfertigt, der Klägerin weitergehende Treuepflichten aufzuerlegen.
20. Der zugesprochene Zinsanspruch folgt aus den §§ 286, 288 BGB.
21. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92, 108, 269 Abs. 3, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
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