Darlegungslast des Luftfahrtunternehmens zur Vermeidbarkeit der Verspätung
LG Hannover: Darlegungslast des Luftfahrtunternehmens zur Vermeidbarkeit der Verspätung
Die Klägerin hatte bei der Beklagten einen Flug gebucht, der sich verspätete. Sie klagte auf Ausgleichszahlung.
Dem gab das Amtsgericht statt. Die Berufung der Beklagten wies das Landgericht nun ab. Die Beklagte habe nicht dargelegt, dass die Verspätung nicht vermeidbar gewesen sei.
LG Hannover | 1 S 33/15 (Aktenzeichen) |
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LG Hannover: | LG Hannover, Urt. vom 30.11.2015 |
Rechtsweg: | LG Hannover, Urt. v. 30.11.2015, Az: 1 S 33/15 |
AG Hannover, Urt. v. 26.05.2015, Az: 440 C 13668/14 | |
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Leitsatz:
2. Zur Exkulpation muss ein Flugunternehmen darlegen, dass es alle Maßnahmen versucht hat, um eine Verspätung zu vermeiden.
Zusammenfassung:
3. Die Klägerin hatte bei der Beklagten einen Flug gebucht, der sich verspätete. Sie klagte auf Ausgleichszahlung. Die Beklagte begründete die Verspätung mit einem Blitzeinschlag in das vorgesehene Flugzeug.
Das Amtsgericht gab der Klage statt. Da der Blitzeinschlag am Vortag geschehen war, sei nicht ersichtlich, dass die Beklagte alles in ihrer Macht stehende zur Vermeidung der Verspätung unternommen hätte. Die Berufung der Beklagten wies das Landgericht nun ab. Die Beklagte habe nicht erfolgreich dargelegen können, dass die Verspätung nicht vermeidbar gewesen sei. Insofern schloss sich das Landgericht der Begründung des Amtsgerichts an.
Tenor
4. Die Berufung der Beklagten gegen das am 26.05.2015 verkündete Urteil des Amtsgerichts Hannover – Az: 440 C 13668/14 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
5. Auf die Bezugnahme der tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil im Sinn von § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wird gemäß § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO verzichtet, weil eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen dieses Urteil nach § 26 Nr. 8 EG ZPO ausgeschlossen ist.
II.
6. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Amtsgericht hat zu Recht der Klage aus Art. 5, 7 Abs. 1 b der Fluggastrechteverordnung stattgegeben. Die seitens der Beklagten erhobenen Einwendungen rechtfertigen keine andere Entscheidung.
7. Dabei konnte im Ergebnis offen bleiben, ob die streitgegenständliche Flugverspätung auf einem außergewöhnlichen Umstand beruhte, woran die Kammer angesichts des Zeitablaufs zwischen Eintritt des Blitzschlags an dem Flugzeug D – ATUM, das den gebuchten Flug hätte durchführen sollen, am frühen Morgen des 20.07.2014 (4.05 Uhr Ortszeit) und der geplanten Abflugzeit am Folgetag (Flugzeit 13.10 Uhr bis 17.25 Uhr) nicht unerhebliche Zweifel hat. Denn entscheidend ist nach Auffassung der Kammer – wie in der mündlichen Verhandlung eingehend erörtert –, dass die Beklagte nicht schlüssig dargelegt hat, dass sich die streitgegenständliche Verspätung nicht durch der Situation angepasste Maßnahmen hätte vermeiden lassen (Art. 5 Abs. 3 der maßgeblichen Fluggastrechteverordnung). Nach der Rechtsprechung des EuGH und des BGH muss im Rahmen der behaupteten Vermeidbarkeit dargelegt werden, dass sämtliche personellen, sachlichen und finanziellen Mittel eingesetzt wurden. Das setzt voraus, dass das Luftfahrtunternehmen hinsichtlich sämtlicher verfügbarer Maschinen darlegt, wo sich diese befunden haben (vgl. dazu Dr. Blankenburg, „10 Jahre Art. 5 Abs. 3 VO (EG) Nr. 261/2004 – bisherige und aktuelle Probleme im Rahmen der außergewöhnlichen Umstände“ in RRa 4/2015, S. 162 ff., konkret S. 175 unter Verweis auf die maßgebliche Rechtsprechung).
8. Die Beklagte hätte damit den Flugeinsatz dieser Flugzeuge konkret darlegen und sodann die konkret vorgenommenen Umplanungen aufgrund des streitgegenständlichen Blitzschlags unter Einsatz der gecharterten Ersatzmaschinen erläutern müssen. Diesen Anforderungen werden die Ausführungen der Beklagten nicht gerecht. Denn dieser Vortrag ist nicht geeignet, ansatzweise nachzuvollziehen, auf welcher Planungsgrundlage die Beklagte ihre Entscheidungen getroffen hat. Vorliegend die von der Beklagten benannte Zeugin Frau … zu vernehmen, wäre mangels substantiierten Vortrags der Beklagten auf eine – unzulässige – Ausforschung des Sachverhalts hinausgelaufen.
III.
9. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
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