Beförderungsverweigerung wegen verspäteten Erscheinens des Fluggastes zum Check-In
AG Hannover: Beförderungsverweigerung wegen verspäteten Erscheinens des Fluggastes zum Check-In
Die Klägerin hatte bei der Beklagten einen Flug gebucht. Die Beförderung wurde ihr verweigert. Die Beklagte bringt vor, dass die Klägerin sich zu spät am Check-In eingefunden habe. Die Klägerin fordert Ausgleichszahlung.
Das Gericht hat der Klage stattgegeben. Der Klägerin sei nicht ordnungsgemäß mitgeteilt worden, dass sie sich früher einfinden sollte. Daher sei die Beförderungsverweigerung nicht gerechtfertigt gewesen.
AG Hannover | 541 C 4432/14 (Aktenzeichen) |
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AG Hannover: | AG Hannover, Urt. vom 07.11.2014 |
Rechtsweg: | AG Hannover, Urt. v. 07.11.2014, Az: 541 C 4432/14 |
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Leitsätze:
2. Besondere Anforderungen hinsichtlich des Erscheinens am Flughafen müssen dem Fluggast mitgeteilt werden; ein bloßer Hinweis auf der Website des Flugunternehmens reicht nicht aus.
Zusammenfassung:
3. Die Klägerin hatte bei der Beklagten einen Flug von Hannover nach Istanbul gebucht. Sie erschien mindestens 45 Minuten vor Abflug am Check-In. Die Beförderung wurde ihr verweigert. Die Beklagte bringt vor, dass die Klägerin sich zu spät am Check-In eingefunden habe. Die Klägerin fordert Ausgleichszahlung.
Das Gericht hat der Klage stattgegeben. Der Klägerin sei nicht ordnungsgemäß mitgeteilt worden, dass sie sich früher einfinden sollte. Die Beklagte behauptete zwar, dass auf ihrer Website auf einen Vorlauf von mindestens einer Stunde hingewiesen werde. Dies sei aber keine ordentliche Mitteilung an die Reisenden, da der Zugang nicht garantiert werden könne. Daher sei die Beförderungsverweigerung nicht gerechtfertigt gewesen.
Tenor
4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 400,- EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 27.05.2014 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe
I.
5. Die zulässige Klage ist in Höhe von 400,- EUR begründet. Der Klägerin steht gemäß Art. 7 Abs. 1 S. 1 Lit. b) der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 ein Anspruch auf Zahlung eines Ausgleichs in Höhe von 400,- EUR zu.
1.
6. Die Vorordnung ist vorliegend gemäß Art. 3 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 anwendbar. Die Klägerin verfügte über eine bestätigte Buchung für den Flug am 08.05.2013 von Hannover nach Istanbul.
7. Die Klägerin hat sich auch rechtzeitig zur Abfertigung eingefunden Unstreitig hat sich die Klägerin 52 Minuten vor dem Abflug zur Abfertigung eingefunden.
8. Gemäß Art. 3 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 hat sich der Fluggast entweder zur angegebenen Zeit oder spätestens 45 Minuten vor der veröffentlichten Abflugzeit zur Abfertigung einzufinden. Eine andere Vorgabe als die 45 Minuten muss dem Fluggast von dem Luftfahrtunternehmen, dem Reiseunternehmen oder einem zugelassenen Reisevermittler schriftlich mitgeteilt werden.
9. Vorliegend hat die Beklagte angegeben, dass auf ihrer Homepage veröffentlicht wurde, dass bei Auslandsflügen ein Einfinden 60 Minuten vor dem Abflug erforderlich sei. Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Information auf der Homepage tatsächlich veröffentlicht wurde, da dies jedenfalls nicht den Anforderungen des Art. 3 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 genügt.
10. Zwar kann danach auch eine Benachrichtigung im elektronischen Verkehr erfolgen. Dazu gehört jedoch nicht bereits die Homepage des Luftfahrtunternehmens. Durch das Erfordernis der Schriftlichkeit soll sichergestellt werden, dass der Fluggast tatsächlich die erforderlichen Informationen erhält. Dies ist nicht gewahrt, wenn die Information allein auf der Homepage zur Verfügung gestellt wird. Eine schriftliche Information bedeutet vielmehr, dass diese Information entweder schriftlich oder per E-Mail in den Herrschaftsbereich des Fluggastes eingehen muss. Es ist weder mit dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck der Vorschrift vereinbar, den Fluggast darauf zu verweisen, dass er aktiv selber die Informationen einholt.
11. Da keine andere Zeit vereinbart wurde, hatte sich die Klägerin 45 Minuten vor dem geplanten Abflug zur Abfertigung einzufinden. Da sich die Klägerin 52 Minuten vorher eingefunden hat, wurden diese Vorgaben gewahrt.
2.
12. Der Klägerin wurde gemäß Art. 4 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 die Beförderung verweigert. Aufgrund dessen steht hier gemäß Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 ein Ausgleichsanspruch zu.
3.
13. Der Ausgleichsanspruch beträgt vorliegend gemäß Art. 7 Abs. 1 S. 1 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 400,- EUR, da die Entfernung vorliegend 2.354,40 km betrug.
II.
14. Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 91 Abs. 1 S. 1, 708 Nr. 11, 713 ZPO.
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