Einbeziehung der AGB in einen Reisevertrag bei deren Abrufbarkeit im Internet

LG Dortmund: Einbeziehung der AGB in einen Reisevertrag bei deren Abrufbarkeit im Internet

Die Beklagte betreibt eine Reisbuchungsplattform im Internet. In ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), die für ihre Kunden nur online einsehbar sind, findet sich laut Ansicht der klagenden Verbraucherschutzorganisation eine Klausel, die einen Leistungsänderungsvorbehalt enthält. Dieser ermögliche es  der Beklagten, Reiserouten nach abgeschlossener Buchung nachträglich zu ändern, was die Klägerin für unzulässig hält. Sie stellt deshalb einen Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte.

Das Landgericht Dortmund hält die Klage für begründet und stellt fest, dass die beanstandete AGB-Klausel tatsächlich gegen § 308 Nr. 4 BGB verstoße, weil sie einen Leistungsänderungsvorbehalt für die Beklagte begründe. Die Klausel ist damit unwirksam. Außerdem verstoße die Beklagte gegen die reiserechtliche Informationspflicht aus § 6 Abs. 3 BGB Info-Verordnung, weil diese ihren Kunden vor Vertragsschluss ihre AGB nicht in vollständiger Form übermittele, sondern lediglich darauf verweise, dass der Reiseteilnehmer sie an anderer Stelle nachzulesen habe. Der Klägerin stehe deshalb ebenfalls ein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegen die Beklagte zu.

LG Dortmund 8 O 352/09 (Aktenzeichen)
LG Dortmund: LG Dortmund, Urt. vom 15.06.2010
Rechtsweg: LG Dortmund, Urt. v. 15.06.2010, Az: 8 O 352/09
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Landgericht Dortmund

1. Urteil vom 15. Juni 2010

Aktenzeichen: 8 O 352/09

Leitsatz:

2. Abstrakte AGB-Kontrollklage: Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in einen Reisevertrag bei deren Abrufbarkeit im Internet; Vereinbarung eines Leistungsänderungsvorbehalts

Zusammenfassung:

3. Die Beklagte betreibt eine Buchungsplattform im Internet. In ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nur online abrufbar sind, findet sich laut Ansicht der Klägerin, einer Verbraucherschutzorganisation, eine Klausel, die einen Leistungsänderungs-vorbehalt enthält. Dieser ermöglicht es  der Beklagten, Reiserouten nach abgeschlossener Buchung nachträglich zu ändern. Die Klägerin hält diese Klausel für unzulässig und stellt einen Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte.

Das Landgericht Dortmund hält die Klage für begründet. Die fragliche AGB-Klausel verstoße tatsächlich gegen § 308 Nr. 4 BGB, weil sie einen Leistungsänderungsvorbehalt für die Beklagte begründe, was unzulässig sei. Die Klausel ist damit unwirksam.

Außerdem stehe der Klägerin auch ein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu.  Diese würden dem Verbraucher vor Vertragsschluss nicht in vollständiger Form übermittelt, sondern lediglich darauf verwiesen, der Reiseteilnehmer habe sie an anderer Stelle nachzulesen. So verstoße die Beklagte gegen die reiserechtliche Informationspflicht aus § 6 Abs. 3 BGB Info-Verordnung, weil der Verweis, dass der Kunde die Reisebedingungen an anderer Stelle einsehen könne, nicht ausreichend sei.

Tenor:

4. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, als Allgemeine Geschäftsbedingung im Zusammenhang mit Pauschalreiseverträgen gegenüber Verbrauchern wörtlich oder inhaltsgleich nachstehende Klausel zu verwenden und/oder sich bei der Abwicklung bestehender Verträge auf diese Klausel zu berufen:

„Änderungen vorbehalten/Verfügbarkeiten vorausgesetzt.

Aufgrund der hohen Auslastung in Dubai von über 90 % können sich jederzeit Änderungen im Reiseablauf oder bei den Partnern ergeben. Wir sind selbstverständlich immer bemüht, eine adäquate Alternative zur Verfügung zu stellen.“

Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im Zusammenhang mit der Veranstaltung von Pauschalreisen Allgemeine Geschäftsbedingungen zu verwenden, ohne diese dem Verbraucher vor Vertragsschluss in vollständiger Form zu übermitteln.

Für jeden Fall zukünftiger schuldhafter Zuwiderhandlung gegen eines der Unterlassungsgebote wird der Beklagten ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten angedroht, wobei die Ordnungshaft am Vorstand der Beklagten zu vollziehen ist.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 208,65 Euro (in Worten: zweihundertacht 65/100 Euro) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.09.2009 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

5. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Unterlassung hinsichtlich bestimmter Klauseln in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Anspruch. Im Rahmen einer Reisefaxanmeldung verwendet die Beklagte folgende Klausel:

6. „Änderungen vorbehalten/Verfügbarkeit vorausgesetzt. Aufgrund der hohen Auslastung in Dubai von über 90 % können sich jederzeit Änderungen im Reiseablauf oder bei den Partnern ergeben. Wir sind selbstverständlich immer bemüht, eine adäquate Alternative zur Verfügung zu stellen.“

7. Darüber hinaus enthält die Reisefaxanmeldung ein Kästchen, in dem angekreuzt werden kann, dass der Teilnehmer die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten auf deren Homepage gelesen und akzeptiert hat. Mit Schreiben vom 18.06.2009 mahnte die Klägerin die Beklagte ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewährten Unterlassungsverpflichtungserklärung und der Erstattung der mit der Abmahnung entstandenen Kosten auf. Die Klägerin begehrt neben der Unterlassung der beanstandeten Klauseln den Ersatz des ihr durch die Abmahnung vom 18.06.2009 entstandenen Schadens. Diesen beziffert sie auf 208,65 Euro.

8. Die Klägerin beantragt,

9. 1. die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, als Allgemeine Geschäftsbedingung im Zusammenhang mit Pauschalreiseverträgen gegenüber Verbrauchern wörtlich oder Inhaltsgleich nachstehende Klausel zu verwenden und/oder sich bei Abwicklung bestehender Verträge auf diese Klausel zu berufen:

10. „Änderungen vorbehalten/Verfügbarkeiten vorausgesetzt. Aufgrund der hohen Auslastung in Dubai von über 90 % können sich jederzeit Änderungen im Reiseablauf oder bei den Partnern ergeben. Wir sind selbstverständlich immer bemüht, eine adäquate Alternative zur Verfügung zu stellen.“;

11. 2. die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, im Zusammenhang mit der Veranstaltung von Pauschalreisen Allgemeine Geschäftsbedingungen zu verwenden ohne diese dem Verbraucher vor Vertragsschluss in vollständiger Form zu übermitteln;

12. 3. für jeden Fall der zukünftiger schuldhafter Zuwiderhandlung gegen eines der Unterlassungsgebote Ziffer 1 oder Ziffer 2 der Beklagten ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 20.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten anzudrohen, wobei die Ordnungshaft am Vorstand der Beklagten zu vollziehen ist;

13. 4. die Beklagte weiter zu verurteilen, an die Klägerin 208,65 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

14. Die Beklagte beantragt,

15. die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

16. Die Klage ist begründet.

17. Die Klägerin ist gemäß §§ 3 Abs. 1 Ziffer 2 Unterlassungsklagengesetz, § 8 Abs. 3 Ziffer 2 UWG, § 13 Abs. 5 Satz 1 Ziffer 1 Unterlassungsklagegesetz aktivlegitimiert. Der Klägerin steht auch ein Anspruch auf Unterlassung der streitgegenständlichen AGB-Klauseln zu. Bei den streitgegenständlichen Klauseln handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Rahmen des Abschlusses eines Pauschalreisevertrages. Die Klausel unterliegt daher der Klauselkontrolle gemäß §§ 307 ff. BGB. Die fragliche AGB-Klausel verstößt gegen § 308 Nr. 4 BGB. Die Klausel stellt einen Leistungsänderungsvorbehalt dar und ist damit unwirksam.

18. Der Klägerin steht auch ein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu, ohne dass diese dem Verbraucher vor Vertragsschluss in vollständiger Form übermittelt werden. Die Beklagte beruft sich ausweislich ihrer Reisefaxanmeldung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen. Diese übermittelt sie jedoch nicht dem Reiseteilnehmer vor Vertragsabschluss. Vielmehr verweist sie darauf, der Reiseteilnehmer habe diese an einer anderen Stelle nachzulesen. Damit verstößt die Beklagte gegen die reiserechtliche Informationspflicht aus § 6 Abs. 3 BGB Info-Verordnung. Der Verweis darauf, dass der Kunde die Reisebedingungen an anderer Stelle einsehen könne, ist insofern nicht ausreichend.

19. Der seitens der Klägerin geltend gemachte Schadensersatzanspruch ergibt sich aus § 5 Unterlassungsklagengesetz in Verbindung mit § 12 Abs. 1 UWG. Auch der Höhe nach ist der geltend gemachte Anspruch dabei angemessen.

20. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 ZPO.

21. Streitwert: 6.000,00 Euro.

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