Haftung des Anbieters als Reiseveranstalter
OLG Düsseldorf: Haftung des Anbieters als Reiseveranstalter
Der Kläger hatte bei der Beklagten ein Ferienhaus in Frankreich gemietet. Nach der Ankunft stellte sich heraus, dass das Mietobjekt erhebliche Mängel aufwies und nicht der Beschreibung entsprach, die im Reiseprospekt der Beklagten zu finden war. Der Kläger kündigte daraufhin das Mietverhältnis und forderte die Rückzahlung der Reisekosten und eine Entschädigung für nutzlos aufgewandten Urlaub. Die Beklagte bittet, die Klage abzuweisen, weil sie nicht deutschem Recht unterliege, weil sich das betreffende Ferienhaus in Frankreich befunden habe.
Das Oberlandesgericht stellt zunächst klar, dass es im vorliegenden Fall nach Art. 2 Nr. 1 EuGVÜ zuständig sei, weil die Beklagte ihren Sitz in Deutschland habe. Die Klage hält das OLG für begründet. Die Beklagte sei in ihrem Reiseprospekt deutlich als Reiseveranstalterin aufgetreten, nicht nur als bloße Vermittlerin von Ferienhäusern. Folglich habe sie auch entsprechend für etwaige Mängel an den Mietobjekten zu haften.
OLG Düsseldorf | 18 U 22/91 (Aktenzeichen) |
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OLG Düsseldorf: | OLG Düsseldorf, Urt. vom 04.07.1991 |
Rechtsweg: | OLG Düsseldorf, Urt. v. 04.07.1991, Az: 18 U 22/91 |
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Oberlandesgericht Düsseldorf
Aktenzeichen 18 U 22/91
Leitsatz:
2. Ein Anbieter von Ferienwohnungen haftet bei Mängeln an den Mietobjekten, wenn er deutlich als eigener Veranstalter, wie ein Reiseveranstlter auftritt.
Ein erheblicher Mangel im Sinne von BGB § 651e Abs 1 liegt dann vor, wenn ein Ferienhaus über keine Heizung verfügt und feucht ist.
Zusammenfassung:
3. Der Kläger hatte mit seiner Familie bei der Beklagten ein Ferienhaus in Frankreich gebucht. Nach der Ankunft musste er jedoch feststellen, dass das Mietobjekt erhebliche Mängel aufwies und nicht der Beschreibung entsprach, die im Reiseprospekt der Beklagten zu finden war. Der Kläger meldete der Beklagten daraufhin die Mängel und kündigte das Mietverhältnis. Er fordert die Rückzahlung der Reisekosten und eine Entschädigung für nutzlos aufgewandten Urlaub für sich und seine Familie. Die Beklagte fordert, die Klage abzuweisen. Sie unterliege nicht deutschem Recht, weil sich das betreffende Ferienhaus in Frankreich befunden habe.
Nach Art. 2 Nr. 1 EuGVÜ ist das Oberlandesgericht im vorliegenden Fall zuständig, weil die Beklagte ihren Sitz in Deutschland hat. Das OLG hält die Klage für begründet, weil die Beklagte in ihrem Reiseprospekt deutlich als Reiseveranstalterin, nicht nur als bloße Vermittlerin von Ferienhäusern aufgetreten sei. Folglich habe sie auch entsprechend für etwaige Mängel an den Mietobjekten zu haften.
Tatbestand:
4. (Übernommen aus OLGR Düsseldorf)
5. Die Bekl. gab für 1987 einen Prospekt „Ferienhaus Frankreich“ heraus, in dem sie unter C 0156021 ein „gemütl., ruhig gelegenes Landhaus, … Küche (Gasherd/Kühlschr.), 2 SR (1 D/1 B), Heizung, sep. WC“ zum Preis von wöchentlich 700 DM anbot. Der Prospekt weist auf der Titelseite neben dem Namen der Bekl. die Worte „Ausgesuchte Ferienhäuser und -wohnungen an Frankreichs Küsten“ auf. Die Bekl. bezeichnet sich am oberen Rand der Katalogseiten als „Partner, der sich in Frankreich bestens auskennt“. Unter „Wichtige Informationen“ heißt es:
6. „… 19) Ungeziefer. Durch witterungsbedingte Einflüsse kann es besonders in Ferienhäusern in ländlichen Gegenden vorkommen, daß gelegentlich Ungeziefer auftritt. Am besten versorgen Sie sich mit Sprays oder informieren unverzüglich den Vermieter …“.
7. In den auf der letzten Seite abgedruckten Bedingungen heißt es u.a.:
8. „Vertragsbedingungen … 1. Wir sind weder Reiseveranstalter noch Vermieter, sondern lediglich Vermittler von Ferienhäusern und -wohnungen. 2. Wir haften daher nicht für die Erfüllung der Verpflichtungen der Eigentümer. … 4. Im übrigen ist die Haftung auf den gezahlten Mietpreis begrenzt. … V. Mängel: Sollten Sie bei der Schlüsselübergabe Mängel an Ihrem Ferienobjekt feststellen, so ist innerhalb 48 Stunden der Eigentümer zu benachrichtigen, um Abhilfe zu schaffen. Sollte keine Abhilfe möglich sein, kontaktieren Sie uns unverzüglich, damit wir Ihnen ein Alternativobjekt anbieten können. Mängelanzeigen, die nach dieser Frist angezeigt werden, können nicht mehr berücksichtigt werden. Ihre etwaigen Mängelansprüche müssen Sie innerhalb eines Monats nach vertraglich vorgesehenem Ende der Reise geltend machen. Dies sollte schriftlich geschehen.“
9. Unter dem 23.3.1987 unterzeichnete der Kl. als Mieter und die Bekl. „für den Eigentümer“ eine Mietvertragsurkunde, in der zusätzlich zu den zitierten Bedingungen u.a. folgendes vorgesehen war:
10. „… Der Eigentümer verpflichtet sich, der von ihm zur Abgabe dieses Vertragsangebots
bevollmächtigten GmbH Ferienhausvermittlung von jeder Änderung … des Hauses …, die den Wert der Vermietung herabsetzt, zu unterrichten. … In diesem Fall räumt der Eigentümer der GmbH das Recht ein, dem Kunden ein anderes Ferienhaus zu vermitteln.“ Unter demselben Datum bestätigte die Bekl. dem Kl. die Buchung „Haus 21 vom 18.7. bis 1.8.1987 1.400 DM, Eigentümer J.T., 2 Erwachsene + 1 kl. Hund.“
11. Unter dem 24.7.1987 schrieb Kl. an Bekl. u.a.:
12. „Hiermit bestätige ich Ihnen noch einmal die telefonische Kündigung vom 20.7.1987 aus Paris schriftlich, sowie die mündlich ausgesprochene Kündigung vom 19.7.1987 gegenüber Ihrer Repräsentantin Frau H. Ich habe folgende Mängel festgestellt. … Das Objekt ist kein gemütliches, sondern ein einfaches Haus. Die Fenster schließen nicht, es regnet und zieht herein. Die Türen sind undicht, Regenwasser läuft in Flur und Küche. Das ganze Haus ist kalt, feucht und dunkel und riecht muffig. Auch am Tage müssen Lampen brennen. Das Objekt liegt an der Verbindungsstraße -in der Ortsmitte … 25 m von der Straße entfernt – es ist sehr laut und jedes Auto hupt (Tag und Nacht), um die enge kurvenreiche Straße zu durchfahren. … Es ist keine Heizung vorhanden. In den Räumen haben sich die Tapeten gelöst und schimmeln in Bodenhöhe (50 cm) … Das Geschirr ist teilweise rostig und wird auf dem Küchenfußboden gelagert. Die Waschmöglichkeit besteht aus einem kleinsten Handwaschbecken und einer Dusche, an der ringsherum die Tapete schimmelt. Das Warmwasser in der Dusche und im Waschbecken fließt nur in einem Rinnsal und kann nicht gemischt (mit Kaltwasser) werden. In der Toilette ist die gesamte Tapete lose, schimmelt und ist voller Ungeziefer. Das untere Zimmer beinhaltet ein Bett 190 x 130 mit einer Matratze von 180 x 120 mit Ungeziefer (Wanzen) versehen. … Im oberen Zimmer … ist die Matratze voller Ungeziefer
(Wanzen) … Im ganzen Haus wimmelt es von Spinnenweben … Wir versuchten noch am Abend, die von Ihnen angegebene Repräsentantin, Frau H. zu erreichen, aber es meldete sich keiner. Auch waren Sie in Düsseldorf nicht zu erreichen. … Den ganzen Sonntag regnete es, … und das Wasser lief in das Haus. Gegen 17.45 Uhr kam Frau H. zurück und erklärte uns, daß sie kein Haus gefunden hätte, wir könnten aber 2 Zimmer bei einem Bekannten im Landesinneren (bei Baud, 80 km entfernt, in der Nähe einer autobahnähnlichen Straße) für eine Woche beziehen. Es wäre aber keine Kochmöglichkeit vorhanden. Für die letzte Woche könnten wir dann das Objekt C in P beziehen (auch im Landesinneren) … dieses Haus kenne sie nicht. … Die Besitzerin wollte darauf von uns Geld (laut Vertrag zwischen der Besitzerin und … pro Woche 400 DM). Wir selbst haben aber pro Woche 700 DM bezahlt .. Neben der Kündigung fordern wir:
13. a) Rückzahlung des Mietpreises von 1.400 DM …
14. b) Hotelkosten Hinfahrt 179,20 DM …
15. c) Hotelkosten Rückfahrt 110,00 DM …
16. d) Telefonkosten 14,50 DM …
17. e) Autoreisekosten von 0,42 DM pro Kilometer, je Strecke 1.699 km = 3.398 km x 0,42 DM = 1.427,16 DM
18. f) wegen nutzlos vertaner Urlaubszeit 100 % des täglichen Nettolohns meiner Frau von 112,15 DM x 17 Tage = 1906,55 DM, meiner Person von 121,05 DM x 17 Tage = 2.057,85 DM, meiner Tochter von tägl. 20 DM als Pauschalersatz x 17 Tage = 340 DM
19. g) pauschale Schreib-, Porto- und Telefonkosten von bisher 10 DM
21. Die Ehefrau des Kl. trat dem Kl. ihre Entschädigungsansprüche ab. In erster Instanz war unstreitig, daß auch die Tochter des Kl. diesem ihre Entschädigungsansprüche abgetreten hat. Kl. hat Bekl. auf Zahlung von 7.898,46 DM + 4 % Zinsen ab 16.8.1987 verklagt. Bekl. hat um Abweisung gebeten. Sie hat geltend gemacht: Es sei französisches Recht anzuwenden. Der Vertrag der Parteien sei kein Reisevertrag. Sie hat die Mängel und deren Anzeige an Frau H. bestritten.
22. Das LG hat nach BA der Klage entsprochen. Es hat den Vertrag der Parteien als Reisevertrag angesehen.
23. Berufung Bekl. Diese macht erstmals fehlende internationale Zuständigkeit des LG Düsseldorf geltend und regt die Aussetzung des Rechtsstreits bis zu einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über einen Vorlagebeschluß des LG Köln an. Bestreitet erstmals die Abtretung der Ansprüche der Tochter an den Kl.
Entscheidungsgründe:
24. Die Berufung der Beklagten ist nur teilweise begründet.
25. I. Die Klage ist zulässig.
26. Die Gerichte der Bundesrepublik Deutschland sind in Hinblick auf die in Frankreich belegenen Ferienhäuser nach Art. 2 Nr. 1 EuGVÜ international zuständig, denn die Bekl. hat ihren Sitz in Deutschland.
27. Eine ausschließliche internationale Zuständigkeit der französischen Gerichtsbarkeit nach Art. 16 I EuGVÜ ist nicht gegeben. Die Klage betrifft keine Ansprüche aus einem Miet- oder Pachtvertrag, für die die genannte Vorschrift die ausschließliche Zuständigkeit des Belegenheitsstaates anordnet. Die im Rechtsstreit geltend gemachten Ansprüche sind vielmehr allein nach reisevertraglichen Grundsätzen zu beurteilen.
28. II. Auf das Vertragsverhältnis der Parteien finden die Vorschriften des Reisevertragsrechts entsprechende Anwendung.
29. Grundsätzlich kann ein Anbieter von Ferienhäusern in verschiedener Weise tätig werden. So kann es sich bei der Verschaffung eines solchen Feriendomizils lediglich um die Vermittlung eines Mietvertrages zwischen dem Eigentümer und dem Reisenden handeln, der „Vermittelnde“ kann sich aber auch wie ein Reiseveranstalter selbst verpflichten, dafür zu sorgen, daß der Reisende den Urlaub in der gebuchten Unterkunft verbringen kann (BGHZ 61, 275 ff).
30. Auch wenn nicht eine Gesamtheit von Reiseleistungen, sondern lediglich eine Leistung zu erbringen ist, haftet der Anbieter dann, wenn er als eigener Veranstalter von Ferienhausaufenthalten auftritt, wie ein Reiseveranstalter. Die Zweckbestimmung eines solchen Vertrages, mit dem sich der Anbieter zu einer für die Urlaubsgestaltung wesentlichen Leistung verpflichtet, ist dieselbe wie bei einem „eigentlichen“ Reisevertrag i.S.d. § 651 a BGB (BGH NJW 1985, 906 [907]).
31. Für die Beurteilung, ob die Bekl. als bloßer Vermittler oder als Reiseveranstalter aufgetreten ist, ist der von ihr herausgegebene Prospekt zugrunde zu legen. Denn hieran knüpft der Reisende vor allem seine Vorstellung dazu, mit wem er Vertragsbeziehungen begründet und wer ihm gegenüber zur Erbringung der Leistung verpflichtet ist.
32. Der maßgebliche Prospekt „Ferienhaus … Frankreich ’87“ trägt auf der Titelseite die Aufschrift „ausgesuchte Ferienhäuser und -wohnungen an Frankreichs Küsten“, daneben befindet sich der Name der Bekl. in großen Lettern. Im Innern des Katalogs ist der Name der Bekl. in Verbindung mit dem Ferienhausangebot auf jeder Seite deutlich herausgestellt. Während die Eigentümer der einzelnen Häuser im Prospekt nicht genannt werden, bezeichnet die Bekl. sich jeweils am oberen rechten Rand der Katalogseiten als „Partner, der sich in Frankreich bestens auskennt“.
33. Mit einem derart unterbreiteten Angebot verbindet der unbefangene Reisende schon aufgrund der Aufmachung die Vorstellung, daß es sich bei dem Anbieter um einen Reiseveranstalter handelt, der selbst die Reiseleistung erbringt. Dem Herausgeber des Prospektes, der ihm darin allein namentlich entgegentritt, vertraut er seine Reisewünsche an, und an ihn als „Partner“ knüpft er auch seine Erwartung hinsichtlich der Durchführung. Die Bekl. nimmt dieses in sie gesetzte Vertrauen auch entgegen, denn sie wirbt ausdrücklich mit ihrer Erfahrung und „ausgesuchten“ Ferienhäusern.
34. Hinzu kommt, daß der vom Reisenden zu zahlende Preis nicht etwa nach Miete und einer Vermittlungsprovision aufgeschlüsselt ist, sondern von der Bekl. für den Aufenthalt im Ferienhaus ein Pauschalpreis pro Woche verlangt wird, der insgesamt vier Wochen vor Reiseantritt an sie zu zahlen ist. Diese Art der Preisgestaltung entspricht derjenigen, wie sie in der Regel auch bei Pauschalreisen mit Hotelaufenthalten üblich ist, und vermittelt dem Kunden den Eindruck, daß der Anbieter sich eine eigene Leistung bezahlen läßt. Von wesentlicher Bedeutung ist schließlich auch, daß die Bekl. für den Fall, daß bei Mängeln des Ferienhauses nicht „vor Ort“ vom Eigentümer Abhilfe geschaffen werden kann, eine unverzügliche Anzeige an sich verlangt, um von sich aus ein Alternativobjekt anzubieten. Außerdem wird für die Geltendmachung von Mängelansprüchen eine Monatsfrist festgelegt. Diese Klauseln lassen sich aus der Sicht eines unbefangenen Lesers nur so verstehen, daß die Bekl. ihrerseits auch für den ordnungsgemäßen Zustand des Ferienhauses einstehen wollte. Eine solche Verpflichtung wird aber typischerweise nur von einem Reiseveranstalter übernommen.
35. Trat aber die Bekl. gegenüber dem Kl. als Reiseveranstalter auf, muß sie sich an diesem Verhalten festhalten lassen. Sie kann sich nicht auf die Vermittlerklausel im Prospekt und in dem der Buchungsbestätigung beigefügten Mietvertrag berufen, denn diese Klausel steht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) in unvereinbarem Widerspruch zum tatsächlichen Auftreten der Bekl., an das sich ihre Kunden halten durften (BGHZ 61, 275 [281]).
36. Da die Bekl. die Bereitstellung des Ferienhauses als eigene Leistung zu erbringen hatte, war es unerheblich, daß sie dem Kl. einen Formularmietvertrag, den sie in Vertretung des Eigentümers unterzeichnet hatte, zuleitete. Mit dem Abschluß eines Mietvertrages konnten für den Kl. zwar zusätzliche Rechtsbeziehungen zum Eigentümer des Ferienhauses begründet werden, unabhängig davon blieb aber die eigene Verpflichtung der Bekl., dem Kl. die gebuchte Unterkunft in dem vereinbarten Zeitraum zu verschaffen, bestehen.
37. III. Der Kl. kann von der Bekl. Rückzahlung des Reisepreises, Ersatz der Fahrt- und
Hotelkosten, Nebenkosten sowie Schadensersatz wegen vertaner Urlaubszeit verlangen.
38. 1. Der Kl. hat den mit der Bekl. geschlossenen Vertrag unter Berufung auf Mängel des
Ferienhauses gekündigt. Ein daraus sich ergebender Anspruch auf Rückzahlung des Reisepreises folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 651 e III BGB, der das bisherige Vertragsverhältnis in ein gesetzliches Rückabwicklungsverhältnis umgestaltet (BGHZ 85, 50).
39. Der Kl. war zur Kündigung berechtigt.
40. Nach dem Ergebnis der in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme steht fest, daß das Ferienhaus zahlreiche Mängel aufwies. Die Zeuginnen S und W haben bekundet, daß das Haus feucht, kalt und nicht beheizbar gewesen sei und Regenwasser eingelassen habe. Die Tapeten hätten sich teilweise gelöst, an den Wänden sei Schimmelbildung vorhanden gewesen. Die Warmwasserversorgung habe nur in Form eines Rinnsals, das kein Duschen erlaubt habe, existiert. Die mangelnde Beheizungsmöglichkeit ist auch von der Zeugin T bestätigt worden, sie hat die Heizkörper selbst entfernt.
41. Soweit die Aussagen der Zeugen hinsichtlich des Vorhandenseins von Mängeln voneinander abweichen, gibt der Senat der Schilderung der Zeuginnen S und W den Vorzug. Bezüglich der Zeugin T darf nicht unberücksichtigt bleiben, daß sie die damalige Eigentümerin war und als solche ein Interesse besaß, Mängel „herunterzuspielen“, wie dies in ihrer Aussage, das Haus sei nicht „besonders“ feucht, deutlich wird. Andererseits weist sie in ihrer Aussage darauf hin, daß es vor der Ankunft des Kl. acht Tage ohne Unterlaß geregnet habe, und räumt ein, daß er und seine Familie es deshalb „als kalt“ empfunden haben mögen. Vor diesem Hintergrund erscheint es durchaus glaubhaft, wenn die Zeuginnen S und W von einem kalten, feuchten und muffigen Haus gesprochen
haben.
42. Der Senat verkennt nicht, daß die Ehefrau und Tochter des Kl. ebenfalls keine unbeteiligten Zeugen sind. Gleichwohl hält der Senat ihre Darstellung der Mängel für zutreffend. Bei der Würdigung ihrer Aussagen fällt entscheidend ins Gewicht, daß die Lebenserfahrung dafür spricht, daß eine Familie, die ihren Urlaub über 1.600 Kilometer vom Heimatort entfernt verbringt, diesen in aller Regel nicht lediglich wegen „irgendwelcher Kleinigkeiten“ abbricht. Dagegen spricht schon das Interesse, den Urlaub der Planung gemäß möglichst am gewählten Urlaubsort zu verbringen.
43. Der Senat bewertet die Mängel in ihrer Gesamtheit als erheblich i.S.v. § 651 e I 1 BGB. Dabei fällt besonders die Feuchtigkeit des Hauses und die fehlende Heizung, deren Vorhandensein nicht ausgeschlossen, sondern im Prospekt ausdrücklich zugesichert worden ist, ins Gewicht. Der Reisende hat Anspruch auf ein trockenes Haus, ein feucht-kaltes Raumklima wirkt sich schon allgemein erheblich negativ auf das Wohlbefinden aus. Dies gilt um so mehr in einem Urlaubsgebiet, in dem – wie hier – auch in den Sommermonaten kühle Temperaturen herrschen können und Regen auftreten kann, der den Reisenden an das Haus fesselt. Er ist an einem solchen Ferienort in besonderem Maße darauf angewiesen, in dem von ihm gebuchten Haus „behagliche“ Temperaturen vorzufinden. Bietet sich ihm statt dessen eine Unterkunft dar, die feucht ist, teilweise Schimmelflecken an den Wänden aufweist, durch die Tür Regenwasser einläßt und in der er noch dazu mangels Vorhandensein der versprochenen Heizung frieren muß, stellt dies eine gravierende Beeinträchtigung der Reise, mit der der Urlauber Erholung und Entspannung sucht, dar. Der Kl. brauchte sich ein solches Quartier nicht zumuten zu lassen, sondern durfte den Vertrag kündigen.
44. Nachdem die Zeugin H dem Kl. mitgeteilt hatte, daß er lediglich für eine Woche zwei Zimmer in einem 80 km entfernt liegenden Ort beziehen könne, und ihm auch für die darauffolgende Woche kein ungefähr gleichwertiges Ersatzobjekt anbieten konnte – das vorgeschlagene Haus lag nicht an der Küste, sondern im Landesinneren -, brauchte der Kl. der Bekl. keine weitere Frist zur Abhilfe mehr einzuräumen.
45. 2. Der Anspruch des Kl. auf Ersatz der Fahrt-, Telefon- und Hotelkosten folgt aus § 651 f I BGB.
46. Die Bekl. hat dem Kl. in diesem Umfang Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu leisten, denn sie hat die Mängel zu vertreten. Sie hatte als Veranstalter für einen ordnungsgemäßen und dem Prospekt entsprechenden Zustand (Heizung) des Ferienhauses Sorge zu tragen. Um dies zu gewährleisten und Zustände, wie diejenigen im Ferienhaus des Kl. zu vermeiden, oblag ihr eine regelmäßige Kontrolle der jeweiligen Objekte, die zumindest einmal jährlich, und zwar vor der Urlaubssaison, hätte stattfinden müssen. Dieser Verpflichtung ist die Bekl. nicht nachgekommen, sie hat sich längere Zeit nicht um das in Rede stehende Ferienhaus gekümmert.
47. a) Die dem Kl. zu ersetzenden Fahrtkosten schätzt der Senat gemäß § 287 ZPO auf 1.427,16 DM (1.699 x 2 x 0,42). Die in Ansatz gebrachten 1.699 km für die einfache Fahrtstrecke sind nicht zu beanstanden. Der Senat hat diese Entfernung unter Zuhilfenahme von Straßenkarten nachvollzogen. Auch die Orientierung der Schadensbemessung an der steuerlichen Kilometerpauschale von 0,42 DM begegnet keinen Bedenken.
48. Dem Kl. sind auch die Hotelkosten zu erstatten. Es bedarf keiner näheren Darlegung, daß bei einer Fahrtstrecke von über 1.600 km sowohl auf dem Hin- wie auch auf dem Rückweg jeweils eine Übernachtung eingelegt werden muß.
49. Der Rechnungsbetrag von 179,20 DM enthält – wenn auch nicht spezifiziert – auch Verzehrkosten. Die Position „Verzehr“ ist auf dem Rechnungsblatt ausdrücklich angekreuzt. Da davon auszugehen ist, daß der Kl. und seine Familie am Abend im Hotel eingetroffen sind, müssen sich die Verzehrkosten auf das Abendessen beziehen; das Frühstück ist in Deutschland in aller Regel im Übernachtungspreis inbegriffen. Der Senat schätzt die Verzehrkosten gemäß § 287 ZPO auf ca. 80 DM und billigt dem Kl. an Unkosten für die Übernachtung 100 DM zu. Für die Übernachtung in Frankreich sind entsprechend dem vom Kl. selbst vorgenommenen Abzug von 15 DM, 95 DM anzusetzen. Die Telefon-, Schreib- und Portokosten schätzt der Senat auf insgesamt 24,50 DM.
50. 3. Die Bekl. ist ferner gemäß § 651 f II BGB verpflichtet, an den Kl. und seine Ehefrau, die aus dem Gesichtspunkt des Vertrages zugunsten Dritter anspruchsberechtigt ist, eine angemessene Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit zu zahlen.
51. Die Reise ist durch die – oben dargelegte – gravierende Mangelhaftigkeit und den daraus folgenden Abbruch des Urlaubs i.S.v. § 651 f II BGB vereitelt worden.
52. Der Kl. und seine Familie haben mit Hin- und Rückfahrt von und nach Berlin und einem Aufenthalt im Objekt vom 18. bis zum 20.7.1987 insgesamt 5 Urlaubstage nutzlos aufgewendet. Die restliche Zeit bis zum 1.8.1987 verbrachte der Kl., der den Familienurlaub nicht verlegen konnte, sondern ihn in den Betriebsferien des Jugenddorfes Berlin nehmen mußte, mit seiner Frau und seiner Tochter zu Hause. Diese entgegen der ursprünglichen Planung im Heimatort verlebte Ferienzeit hält der Senat nicht für völlig vertan. Dem Kl. ist zuzugeben, daß der mit Ferien am Meer verbundene Erholungswert bei einem Verbleib „in den eigenen vier Wänden“ nicht erzielt werden kann. Zu berücksichtigen ist aber, daß Berlin – auch mit seinem damaligen Umland – über ein vielfältiges Freizeitangebot verfügt, das die Möglichkeit bietet, auch im Rahmen eines zu Hause verbrachten Urlaubs Abwechslung und Entspannung zu finden.
53. Bei der Bemessung der Entschädigung hat der Senat die Art und Weise des tatsächlich anstelle der geplanten Ferien durchgeführten Urlaubs, die Höhe des Reisepreises und die
Einkommensverhältnisse der Eheleute berücksichtigt. Er hält unter Würdigung aller Umstände für jeden der Eheleute für die fünf auf der Reise und in der Bretagne verbrachten Tage je 100 DM, für die weiteren Tage bis zum 1.8.1987 je 70 DM für angemessen.
54. Dabei hat der Senat bezüglich des monatlichen Einkommens des Kl. die Angaben für die Monate Juli und August 1987, die durch Verdienstbescheinigungen nachgewiesen sind, zugrunde gelegt.
55. Der Anspruch des Kl. errechnet sich danach auf insgesamt 5.626,66 DM. Es kann dahinstehen, ob der Ferienhausaufenthalt auch für die Tochter gebucht worden ist.
56. Ein Anspruch der Tochter nach § 651 f II BGB, der grundsätzlich auch einer Schülerin zustehen kann (BGHZ 85, 169), kommt hier jedenfalls deswegen nicht in Betracht, weil die Tochter keine Urlaubszeit nutzlos aufgewendet hat. Ein Aufenthalt in Frankreich bringt auch für ein Kind von 11-12 Jahren Abwechslung und vermittelt neue Eindrücke. Im Vordergrund des Feriengenusses steht aber für ein Kind dieses Alters weniger der Ortswechsel, als vielmehr die Möglichkeit, frei von schulischen Pflichten mit den Eltern gemeinsam etwas zu unternehmen oder sich mit Gleichaltrigen Spiel und Sport zu widmen. Diese Möglichkeit hatte die Tochter auch am Heimatort in Berlin.
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