Allgemeine Geschäftsbedingungen eines Vermittlers von Ferienobjekten

OLG Düsseldorf: Allgemeine Geschäftsbedingungen eines Vermittlers von Ferienobjekten

Der Kläger, eine Gründung der Verbraucherzentrale der Länder, wendet sich im vorliegenden Fall gegen eine Klausel der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Beklagten, einer GmbH, die gewerbsmäßig Ferienhäuser und -wohnungen in Südeuropa vermittelt. Die betreffende Klausel findet sich in einem jährlich erscheinenden Prospekt der Beklagten und fordert bei Rücktritt vom Vermittlungsvertrag Stornierungsgebühren, die der Kläger für unangemessen und unvereinbar mit § 13 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 AGB-Gesetz.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hält die Klage des Verbraucherschutzvereins für begründet. Die Beklagte wird verurteilt die streitgegenständliche Stornierungsklausel zukünftig nicht mehr zu verwenden. Obwohl die Beklagte in ihren AGB ausdrücklich erklärt, dass sie lediglich als „Vermittler“ tätig werde, entspricht ihr Auftreten im Reiseprospekt doch dem üblichen Erscheinungsbild eines Reiseveranstalters. Deshalb muss sie entsprechend als Reiseveranstalterin beurteilt werden.

OLG Düsseldorf 6 U 4/91 (Aktenzeichen)
OLG Düsseldorf: OLG Düsseldorf, Urt. vom 05.12.1991
Rechtsweg: OLG Düsseldorf, Urt. v. 05.12.1991, Az: 6 U 4/91
LG Frankfurt, Az: 2/6 O 338/90
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Oberlandesgericht Düsseldorf

1. Urteil vom 05. Dezember 1991

Aktenzeichen 6 U 4/91

Leitsatz:

2. Eine „Vermittler-Klausel“ eines Unternehmens, das gewerbsmäßig Ferienhäuser und Ferienwohnungen vermittelt, kann nichtig sein, wenn sein Auftreten dem üblichen Erscheinungsbild eines Reiseveranstalters entspricht.

Zusammenfassung:

3. Eine Gründung der Verbraucherzentrale der Länder klagt gegen eine Klausel der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) einer GmbH, die gewerbsmäßig Ferienhäuser und -wohnungen in Südeuropa vermittelt. Die betreffende Klausel findet sich in einem jährlich erscheinenden Prospekt der Beklagten. Sie fordert bei Rücktritt vom Vermittlungsvertrag Stornierungsgebühren von 50% innerhalb und 35% außerhalb von 40 Tagen vor Reiseantritt. Der Kläger hält diese für unangemessen hoch und unvereinbar mit § 13 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 AGB-Gesetz. Die Beklagte erklärt, sie unterliege als ledigliche Vermittlerin von Reiseleistungen nicht § 651 Abs. 2 BGB und bittet die Klage abzuweisen.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hält die Klage des Verbraucherschutzvereins für begründet. Die Beklagte wird verurteilt die streitgegenständliche Stornierungsklausel zukünftig nicht mehr zu verwenden. Obwohl die Beklagte in ihren AGB ausdrücklich erklärt, dass sie lediglich als „Vermittler“ tätig werde, entspricht ihr Auftreten im Reiseprospekt doch dem üblichen Erscheinungsbild eines Reiseveranstalters. Deshalb muss sie entsprechend als Reiseveranstalterin im Sinne des § 651 Abs. 2 BGB beurteilt werden.

Tenor:

4. Die Berufung der Beklagten gegen das am 14. November 1990 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 7.000 DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheit kann auch durch die selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland
ansässigen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse erbracht werden. Die Revision wird zugelassen. Der Wert der Beschwerde beträgt für die Beklagte 5.000 DM.

Tatbestand:

5. Der Kläger ist eine Gründung der Verbraucherzentrale der Länder und der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände. Zu seinen satzungsgemäßen Aufgaben gehört es, die Interessen der Verbraucher durch Aufklärung und Beratung wahrzunehmen. Die beklagte GmbH mit Sitz in D befaßt sich gewerbsmäßig mit der Vermittlung von Ferienhäusern und Ferienwohnungen in Frankreich, Korsika, Spanien und Italien. Im Zusammenhang hiermit gibt sie jährlich einen neuen Prospekt heraus.

6. In dem Prospekt für das Jahr 1990 heißt es auf der Rückseite unter Ziffer IV:

7. „Rücktritt vom Vermittlungsvertrag

8. Der Mieter kann jederzeit vor Reiseantritt zurücktreten. Entscheidend für die Höhe der Kosten ist der schriftliche Eingang bei der … (Beklagten).

9. Es gelten die folgenden Stornierungsbedingungen:

10.  a) Bei Rücktritt innerhalb von 40 Tagen vor Mietbeginn 50 % des Mietpreises.

11.  b) Bei Rücktritt außerhalb von 40 Tagen vor Mietbeginn 35 % des Mietpreises.“

12. Insoweit wird auf den als Anlage zur Berufungsbegründung überreichten Prospekt verwiesen.

13. Der Kläger hat von der Beklagten die Unterlassung der Verwendung der Stornoklausel verlangt. Zur Begründung hat er geltend gemacht:

14. Die Stornoklausel sei als unzulässige Schadenspauschalierung (§ 11 Nr. 5 a und b AGB-Gesetz) und unzulässige Vergütungs- und Aufwendungspauschalierung (§ 10 Nr. 7 a und b AGB-Gesetz) zu bewerten, weil die von der Beklagten geforderten Prozentsätze außer Verhältnis zu ihren durchschnittlichen Aufwendungen und Gewinnen stünden und dem Kunden zudem der Nachweis eines niedrigeren Schadens der Beklagten im Einzelfall abgeschnitten werde. Darüber hinaus verstoße die beanstandete Klausel gegen § 651 i BGB. Nach Abs. 2 S. 3 und Abs. 3 der Vorschrift könne ein Reiseveranstalter beim Rücktritt des Reisenden als pauschale Entschädigung nur einen solchen Prozentsatz des Reisepreises fordern, der den durch den Rücktritt gewöhnlich ersparten Aufwendungen und der Möglichkeit einer anderweitigen Verwendung der Reiseleistung Rechnung trage. Diese Regelung zur Begrenzung der Stornokosten sei auf die Vermittlungsverträge der Beklagten analog anzuwenden, da sie ausweislich des von ihr herausgegebenen Katalogs ihren Kunden gegenüber wie ein Reiseveranstalter auftrete.

15. Die Beklagte hat um Klageabweisung gebeten und geltend gemacht:

16. Die beanstandeten Klauseln seien zulässig. Den Interessen des Reisenden sei durch den ohne zusätzliche Berechnung erfolgten Abschluß der Reiserücktrittskostenversicherung Rechnung getragen. Die beanstandete Klausel greife demnach nur ein, wenn ein Mieter unveranlaßt und somit ohne Anspruch gegen seine Rücktrittsversicherung seine Reisepläne ändere. Ein solcher vertragsbrüchiger Partner sei indessen nicht schutzwürdig.

17. Durch das angefochtene Urteil, auf das verwiesen wird, hat das Landgericht der Klage antragsgemäß stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die fragliche Klausel verstoße gegen § 10 Nr. 7 des AGB-Gesetzes. Sie pauschaliere den Anspruch, der der Beklagten entsprechend der Regelung des § 651 i Abs. 2 BGB zustehe, wenn der Kunde vom Vertrag zurücktrete. Auch wenn die Beklagte lediglich als Vermittlerin von Mietverträgen tätig sei, müsse sie sich wie eine Reiseveranstalterin behandeln lassen, weil sie als solche gegenüber ihren Kunden auftrete. Die Pauschale, die sie von den Kunden verlange, sei aber im Hinblick auf § 651 Abs. 2 BGB unangemessen hoch. Wie die Beklagte selbst vortrage, gebe sie die Mietzahlung erst 48 Stunden nach Eintreffen des Kunden bei dem Vermieter an diesen weiter. Schon die Berücksichtigung dieses Umstandes in Verbindung mit der nicht nachvollziehbaren Differenzierung nach dem Zeitpunkt des Rücktritts (Rücktritt innerhalb und außerhalb von 40 Tagen vor Mietbeginn) lasse Zweifel an der Angemessenheit der Pauschalierung von 50 % bzw. 35 % entstehen. Anhaltspunkte, die die Angemessenheit ihrer Kalkulation erkennen ließen, habe die Beklagte auch nicht vorgetragen. Desweiteren sei die Klausel gemäß § 11 Nr. 5 AGB-Gesetz unwirksam, weil sie dem Kunden den Nachweis abschneide, daß die Beklagte weit mehr Aufwendungen erspare oder bei einer anderweitigen Verwertung der frei gewordenen Vermittlung höhere Beträge erlöst habe.

18. Mit der dagegen gerichteten Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Sie wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und macht geltend:

19. Es fehle bereits an der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit, weil es vorliegend um die Geschäftsbedingungen für die Vermittlung von Mietverträgen über Ferienhäuser in südlichen Ländern gehe. Es bedürfe zudem der Überprüfung der Klagebefugnis des Klägers nach § 13 Abs. 2 Nr. 1 AGB-Gesetz. In der Sache habe das Landgericht die beanstandeten Klauseln zu Unrecht am Reisevertragsrecht gemessen. Nach dem Gesamtinhalt insbesondere des Textes auf der Rückseite ihres Prospektes sowie des Textes des dem Kunden bei Anmietung jeweils zugleich mit der Buchungsbestätigung übersandten formularmäßigen Mietvertrages (Anl. A 2 zur Berufungsbegründung) könne nicht zweifelhaft sein, daß sie lediglich als Reisevermittlerin tätig werde. Hiervon unabhängig könne auch von keiner unangemessen hohen Zahlungsverpflichtung des Kunden gesprochen werden. Nach der vertraglichen Regelung zwischen ihr und den Ferienhausbesitzern erhalte der Eigentümer bei einem Rücktritt in einem Zeitraum von 40 Tagen vor Beginn der Vermietung 50 % des Mietpreises, sofern nicht schwerwiegende Gründe wie Tod und schwere Krankheit für den Rücktritt vorlägen. Das seien exakt die 50 % des Mietpreises, die der Reisende nach den Stornierungsbedingungen zahlen müsse. Ihr selbst verbleibe mithin bei einem Rücktritt des Reisenden ohne wichtigen Grund in einem Zeitraum von 40 Tagen vor Beginn der Vermietung nichts. Im übrigen seien ihre hohen Werbe-, Akquisitions- und Verwaltungsaufwendungen sowie die Kosten der Reiserücktrittsversicherung zu berücksichtigen. Schließlich habe sie ihre Vertragsbedingungen ab 1991 dahingehend geändert, daß bei einem Rücktritt außerhalb von 80 Tagen vor Mietbeginn nur eine Entschädigung von 10 % des Mietpreises gezahlt werden solle. Insoweit sei jedenfalls die für einen Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr entfallen.

20. Der Kläger bittet um Zurückweisung der Berufung.

21. Zur Begründung wiederholt er sein erstinstanzliches Vorbringen und macht ergänzende Ausführungen.

22. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe:

23. Die zulässige Berufung ist unbegründet.

I.
24. Die Klage ist zulässig. Der Senat ist für die Entscheidung des Rechtsstreits international zuständig. Das folgt für die von der Beklagten angebotenen Ferienwohnungen und Ferienhäuser, die in einem Vertragsstaat des Übereinkommens der Europäischen Gemeinschaft über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27.09.1968 (EuGVÜ) belegen sind, aus Art. 2 Abs. 1 EuGVÜ. Denn die Beklagte hat ihren Sitz i.S.d. Art. 53 Abs. 1 EuGVÜ in der Bundesrepublik Deutschland. Im übrigen ist die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte jedenfalls durch § 14 Abs. 1 S. 1 AGB-Gesetz begründet, weil diese Vorschrift als Norm des Internationalen Zivilprozeßrechts in Fällen mit Auslandsberührung zugleich die internationale Zuständigkeit bestimmt (vgl. BGHZ 109, 29 = BGH NJW 1990, 317 zu I 1 d).

25. Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte demgegenüber darauf, daß nach dem Rechtsgedanken des Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ die ausschließliche internationale Zuständigkeit der Staaten gegeben sei, in denen sich die fraglichen Ferienwohnungen und Ferienhäuser befinden. Verbandsklagen der vorliegenden Art werden nämlich von der Zielsetzung des Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ nicht erfaßt.

26. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist die Vorschrift des Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ nicht weiter auszulegen, als es ihrem Ziel entsprechend erforderlich ist. Die ausschließliche internationale Zuständigkeit der Gerichte des Belegenheitsstaates für Rechtsstreitigkeiten über die Rechte und Pflichten aus Miet- und Pachtverhältnissen, unabhängig von ihrer Dauer, ist aber nach der Rechtsprechung des EuGH nur deshalb gerechtfertigt, weil in derartigen Streitigkeiten Regelungen des Eigentums an Immobilien und zwingende Sondervorschriften des Belegenheitsstaates über die Miet- und Pachtverhältnisse entscheidungserheblich sein können. Bei der Kontrolle von AGB im Verfahren nach §§ 13 ff AGB-Gesetz, die – wie hier – in der Bundesrepublik Deutschland beim Abschluß von Verträgen verwendet werden, die dem deutschen Recht unterliegen, sind die vom EuGH genannten Gründe für die Anwendung des Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ indessen ohne Bedeutung. Der deutsche Richter überprüft in Verfahren nach §§ 13 ff AGB-Gesetz die beanstandeten Regelungen ausschließlich anhand des deutschen materiellen Rechts. Rechtsfragen, die in einem Prozeß zwischen dem Eigentümer der Ferienwohnung und des Ferienhauses und dem Kunden nach zwingenden Vorschriften über Miet- und Pachtverhältnisse des Belegenheitsstaates zu beurteilen wären, sind im Verfahren nach den §§ 13 ff AGB-Gesetz nicht entscheidungserheblich. Das Verfahren nach den §§ 13 ff AGB-Gesetz dient vielmehr dem Schutzzweck, den Rechtsverkehr in der Bundesrepublik Deutschland von der Verwendung von Regelungen in AGB freizuhalten, die nach deutschem AGB-Gesetz unzulässig sind. Dieser Schutzzweck wird aber nur dann vollständig erreicht, wenn die Gerichte der Bundesrepublik Deutschland für Verbandsklagen der vorliegenden Art international zuständig sind. Wären nach Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ die Gerichte der Staaten, in denen das Ferienhaus oder die Ferienwohnung belegen ist, auch für die Kontrolle der AGB ausschließlich international zuständig, wäre das Regelungsziel des Verfahrens nach den §§ 13 ff AGB-Gesetz nicht erreichbar, weil die typischen umfassenden Urteilswirkungen eines Urteils in diesem Verfahren für die Bundesrepublik Deutschland nicht eintreten würden (so BGHZ 109, 29 = BGH NJW 1990, 317 zu I 1 c). Insoweit macht es für die Beurteilung der Zuständigkeitsfrage auch keinen Unterschied, welchen Inhalt die jeweilige Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen hat, die ein Reisevermittler oder Reiseveranstalter seinem Kunden bei der Überlassung von Ferienwohnungen und Ferienhäusern stellt.

27. Die Klageberechtigung des Klägers (§ 13 Abs. 2 Nr. 1 AGB-Gesetz) ist im übrigen
gerichtsbekannt (§ 291 ZPO).

II.

28. Der Beklagten ist auf Antrag des Klägers gemäß § 13 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 AGB-Gesetz zu untersagen, beim Abschluß von Verträgen über die Vermietung von Ferienobjekten (Ferienhäusern und Ferienwohnungen) – auch wenn sie als „Vermittlungsvertrag“ bezeichnet werden – die Klausel zu verwenden:

29. „Es geltend die folgenden Stornierungsbedingungen:

30. a) Bei Rücktritt innerhalb von 40 Tagen vor Mietbeginn 50 % des Mietpreises.

31. b) Bei Rücktritt außerhalb von 40 Tagen vor
Mietbeginn 35 % des Mietpreises.“

32. oder sich auf eine inhaltsgleiche Klausel zu berufen, soweit es nicht in Verträgen mit einem Kaufmann im Rahmen seines Handelsgeschäfts, mit einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder mit einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen geschieht.

33. 1. Die beanstandeten Klauseln sind Allgemeine Geschäftsbedingungen (§ 1 Abs. 1 AGBGesetz), also für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen. Für ihre Beurteilung maßgeblich ist dabei allein ihr Wortlaut in der aus dem Prospekt für das Jahr 1990 ersichtlichen Fassung. Die in dem Prospekt genannten „verkürzten Vertragsbedingungen“ werden von dem jeweiligen Kunden bereits mit der Buchung als verbindlich anerkannt und damit zum Bestandteil der vertraglichen Vereinbarung der Parteien. Das schneidet dem AGB-Verwender im Verfahren nach §§ 13 ff AGB-Gesetz die Einwendung ab, daß der Klausel nach den Begleitumständen, hier nach den Einzelbedingungen und Erläuterungen in den mit der Buchungsbestätigung ausgehändigten Mietverträgen, nur eine bestimmte Klauseldeutung zu geben ist (vgl. BGHZ 95, 350, 353). Auf die Ausführungen der Beklagten zu den Mietverträgen kommt es deswegen nicht an.

34. 2. Hiervon ausgehend hat das Landgericht die einzelnen Vertragsbedingungen der Beklagten zutreffend am Reisevertragsrecht der §§ 651 a f. BGB gemessen.

35. Ein Reisevertrag liegt vor, wenn jemand sich als Reiseveranstalter verpflichtet, dem Reisenden eine Gesamtheit von Reiseleistungen (Reise) zu erbringen, § 651 a Abs. 1 S. 1 BGB. Davon ist ein Vertrag zu unterscheiden, durch welchen sich jemand – etwa als Makler – verpflichtet, fremde Reiseleistungen lediglich zu vermitteln. Für die Unterscheidung kommt es auf die jeweilige Vertragsgestaltung an. So kann es sich bei der Verschaffung eines Ferienhauses oder einer Ferienwohnung für einen bestimmten Zeitraum lediglich um die Vermittlung eines Mietvertrages zwischen Eigentümer und Reisenden handeln, der „Vermittelnde“ kann sich aber auch wie ein Reiseveranstalter selbst verpflichten, dafür zu sorgen, daß der Reisende den Urlaub in der „gebuchten“ Unterkunft verbringen kann (vgl. BGHZ 61, 275, 278, 279 = NJW 1974, 37).

36. Selbst wenn der Anbieter ausdrücklich davon spricht, daß er lediglich als „Vermittler“ tätig werde, kommt es darauf an, wie er dem Reisenden gegenüber auftritt. Entspricht dieses Auftreten dem üblichen Erscheinungsbild eines Reiseveranstalters, so kann es nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) geboten sein, die „Vermittler-Klausel“ und alle sonstigen entsprechenden Hinweise als unbeachtlich zu behandeln und jedenfalls § 651 i Abs. 2 BGB auf einen solchen Vertrag entsprechend anzuwenden (vgl. BGH NJW 1985, 906 = WM 1985, 319 = MDR 1985, 569; OLG Düsseldorf NJW-RR 1990, 186). Ein solches stillschweigendes Auftreten der Beklagten als Reiseveranstalterin ist nach dem Gesamtinhalt des Reiseprospektes aus der objektiven Sicht der Kunden zu bejahen.

37. Wie bereits das Landgericht im Landgericht Düsseldorf – 6 O 476/88 –/OLG Düsseldorf NJW-RR 1990, 186 richtigerweise herausgestellt hat, bringt der Betrachter des Reiseprospekts wie bei einer Pauschalreise allein der Beklagten Vertrauen entgegen, welches ihn dazu veranlaßt, ganz erhebliche finanzielle und sonstige Aufwendungen für den Urlaub zu ergreifen. Der Reisende kennt den Eigentümer der Ferienwohnung/des Ferienhauses nicht; er kann deswegen auch nicht beurteilen, welche Vor- und Nachteile der mit dieser unbekannten Person abgeschlossene Mietvertrag für ihn bringt. Hinzu kommt, daß der Reisende die gesamte Miete bis spätestens vier Wochen vor Reiseantritt an die Beklagte zu leisten hat (vgl. Ziffer 24 der „Wichtige Informationen“). Auch dieser Umstand wird bei dem Kunden die Vorstellung erwecken, daß ihm die Beklagte „die Reise“ erbringt. Die Beklagte macht sich dieses ihr entgegengebrachte Vertrauen auch gezielt zunutze. So stellt sie ihre eigene Erfahrung und Seriosität in den Vordergrund und wirbt sie mit der im Mietpreis enthaltenen Reiserücktrittskosten-Versicherung (vgl. Ziffer III der „Vertragsbedingungen“), um den Kunden zu einer Buchung zu veranlassen. Bezeichnenderweise spricht sie die Kunden dabei auf der Seite 2 des Prospektes selbst ausdrücklich als „Sehr geehrte CA-Gäste“ an, also als ihre eigenen Gäste, und verstärkt sie den hierdurch herbeigeführten Eindruck, selbst der für die Durchführung der Reise eigentlich verantwortliche Partner des Kunden zu sein, noch durch den anschließenden Satz: „Eigene Mitarbeiter haben nur Objekte berücksichtigt, die ein großes Maß an persönlicher Freiheit garantieren.“ Zusätzlich lassen sie ihre Hinweise auf die „Verpflichtungen des Mieters“ und die von ihm verlangten Maßnahmen bei der Feststellung von Mängeln (Ziffer V der „Vertragsbedingungen“) als Reiseveranstalterin erscheinen. Denn solche Hinweise ergeben – wie ebenfalls schon das Landgericht zutreffend herausgestellt hat (§ 543 Abs. 1
ZPO) – keinen Sinn, wenn die Beklagte tatsächlich nur die Rolle einer bloßen Vermittlerin der Reise innehätte. Schließlich führt die schon angesprochene in einem Pauschalpreis enthaltene Reiserücktrittskosten-Versicherung bei dem Kunden zu dem Eindruck, daß die Beklagte verschiedene Reiseleistungen erbringt. Im Hinblick hierauf kann die Beklagte auch nicht damit gehört werden, daß nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH NJW 1990, 317, 319) ein „nur auf die Bereitstellung von Ferienhäusern und Ferienwohnungen gerichteter Vertrag“ nicht als Reisevertrag im Sinne des § 651 a Abs. 1 BGB anzusehen ist.

38. 3. Bei Anwendung des danach maßgeblichen §§ 651 i Abs. 2 BGB analog sind die von der Beklagten verlangten Pauschalen unangemessen hoch.

39. Soweit die Klausel bei einem Rücktritt außerhalb von 40 Tagen vor Mietbeginn 35 % des Mietpreises verlangt, erfaßt sie sowohl den Rücktritt 41 Tage vor Mietbeginn als auch den Rücktritt, der bereits mehrere Monate vor Reiseantritt erfolgt. Diese Fallgruppen sachlich gleich zu behandeln, verbietet sich deswegen, weil eine Stornopauschale im Rahmen des § 651 i Abs. 2 BGB unter Berücksichtigung der gewöhnlich ersparten Aufwendungen und des durch anderweitige Verwendung der Reiseleistungen gewöhnlich möglichen Erwerbs festzusetzen ist (vgl. BGH NJWRR 1990, 114, 115), und insoweit nach der Lebenserfahrung alles dafür spricht, daß dem Eigentümer bei einem Rücktritt bereits Monate vor Mietbeginn regelmäßig problemlos eine Neuvermietung möglich sein wird.

40. Der Vorwurf der mangelnden zeitlichen Differenzierung ist daneben jedoch auch für den Rücktritt innerhalb von 40 Tagen vor Reisebeginn zu erheben. Denn auch insoweit ist nicht nachvollziehbar, daß hier bei einem Rücktritt 40 Tage vor Mietbeginn und bei einem Rücktritt einen Tag vor Mietbeginn der nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartende Schaden üblicherweise gleich ist. Zudem ist von der Beklagten selbst eingeräumt worden, daß die von ihr verlangte Pauschale in Höhe von 50 % des Mietpreises nicht – wie erforderlich – nach ihren etwaigen Verwaltungs- und Werbekosten sowie nach dem üblicherweise für sie zu erwartenden Gewinn bemessen worden ist, sondern deswegen, weil ihr diese Sätze von dritter Seite vorgegeben worden sind. Bei einem solchen Vorgehen würde jedoch die Bemessung letztlich willkürlich erfolgen können.

41. Mit zutreffender Begründung hat das Landgericht darüber hinaus auch die Unwirksamkeit der angegriffenen Klauseln auf einen Verstoß gegen § 11 Nr. 5 AGB-Gesetz gestützt, weil durch die Formulierung der Klausel dem Kunden der Nachweis abgeschnitten wird, der Schaden sei überhaupt nicht entstanden oder wesentlich niedriger. Denn hierfür reicht es aus, wenn bei einem rechtsunkundigen Kunden ein entsprechender Eindruck entstehen kann (vgl. BGH NJW 1985, 633, 634). Das ist vorliegend im Hinblick auf die Formulierung „Es gelten die nachfolgenden Stornierungsbedingungen“ anzunehmen.

42. 4. Das weitere Verteidigungsvorbringen der Beklagten ist schließlich ebenfalls unberechtigt.

43. Die erfolgte Verwendung der angegriffenen Klauseln im Reiseprospekt für das Jahr 1990 begründet die tatsächliche Vermutung, daß die Verwendung wiederholt wird. Dies liegt im Wesen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach der Definition des § 1 Abs. 1 AGB-Gesetz vorformulierte Vertragsbedingungen darstellen, die für eine Vielzahl von Verträgen bestimmt sind. Die tatsächliche Vermutung der Wiederholungsgefahr kann der Verwender grundsätzlich nicht allein dadurch entkräften, daß er die Verwendung einstellt und/oder erklärt, er werde die unwirksame Klausel nicht mehr benutzen. Da der Gesetzesverstoß bereits mit der einmaligen Verwendung verwirklicht ist, müssen an das Ausräumen der Wiederholungsgefahr strenge Anforderungen gestellt werden. Sie kann nur dann als nicht mehr bestehend angesehen werden, wenn der Verwender die Unterlassungspflicht ausdrücklich anerkennt und durch ein Vertragsstrafenversprechen sichert. Ohne eine solches Vertragsstrafenversprechen ist der Unterlassungsanspruch des § 13 Abs. 1 AGB-Gesetz praktisch nicht zu verwirklichen, weil der Anspruchsinhaber bei einer Wiederverwendung der unwirksamen Klausel erneut klagen müßte und weil der Verwender dann wiederum einwenden könnte, die Klausel werde nun nicht mehr benutzt.
Damit würde der Unterlassungsanspruch in einer Weise an Wirksamkeit verlieren, die mit dem Gesetzeszweck nicht mehr in Einklang stünde. Nach diesen Grundsätzen kann die Beklagte nicht damit gehört werden, daß allein wegen einer Änderung der Vertragsbedingungen in dem Katalog 1991 die Wiederholungsgefahr entfallen sei.

44. Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 108 Abs. 1 Satz 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

45. Der Senat läßt die Revision zu, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 546 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZPO).

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