Beförderung als Eigenleistung bei Zurückgreifen auf eigene Transportmittel

BFH: Beförderung als Eigenleistung bei Zurückgreifen auf eigene Transportmittel

Der Beklagte ist Steuerpflichtiger veranstaltete Reisen ins Ausland. Dazu schloss er mit einer Fluggesellschaft einen Chartervertrag. Am Reiseziel angekommen bot er den Reisenden Tagesreisen im Privatauto an. Die Umsatzsteuer für das Auto setzte er beim zuständigen Finanzamt ab.

Die Klägerin – das Finanzamt – verlangte nach anfänglicher Übereinstimmung mit dem Reiseveranstalter, dass die Umsatzsteuer des PKW absetzbar sei, eine Rückzahlung der Umsatzsteuer, weil sie ihre Meinung geändert hat. Sie klagte auf Zahlung.

Das BFH wies die Klage mit der Begründung ab, dass die Beförderung der Reiseteilnehmer im Privat-PKW eine Eigenleistung darstellt, die umsatzsteuerlich absetzbar ist.

BGH-Gerichtsurteile

Bundesfinanzhof

1. Urteil vom 19.01.1967
Aktenzeichen V 52/63

Leitsatz
2. Die Beförderung ist eine Eigenleistung bei Zurückgreifen auf eigene Transportmittel.

Zusammenfassung

3. Der Beklagte ist eine Privatperson und damit steuerpflichtig. Als Einkommen hat er sich dazu entschlossen, Privattouren auf Mallorca oder den Kanarischen Inseln anzubieten. Dazu schloss er mit einer Fluggesellschaft einen Chartervertrag. Die ankommenden Reisenden brachte er zunächst in Hotels oder Ferienanlagen unter. Für die Touren nutzte er seinen Privat-PKW. Diesen wollte er auch steuerlich absetzen.

Das Finanzamt teilte zunächst seine Meinung und genehmigte das Absetzen der Umsatzsteuer des PKW. Nach einer Weile revidierte das Finanzamt jedoch seine Entscheidung, sodass der PKW nicht mehr absetzbar sei. Daraufhin verklagte das Finanzamt den Beklagten auf Zahlung der Steuer.

Der BFH entschied zu Gunsten des Beklagten. Er führte an, dass das Anbieten von Touren im Privat-PKW eine Eigenleistung darstellt, die von der Umsatzsteuer abgesetzt werden kann.

Tatbestand

4. Der Steuerpflichtige (Stpfl.) veranstaltete im Jahre 1957 Pauschalreisen nach Mallorca und den Kanarischen Inseln. Zur Beförderung der Reiseteilnehmer schloß er mit einer Fluggesellschaft Charterverträge zu einem Festpreis für Hin- und Rück*-flug an bestimmten Tagen ab. Die Ferienreisenden wurden in Hotels oder Pensionen untergebracht und verpflegt.

5. Die Reiseteilnehmer zahlten entsprechend den Angeboten des Stpfl. für Hin- und Rück*-flug, Gepäckbeförderung, Transport vom Flughafen des Reiseziels zum Hotel und zurück, für die Unterbringung und Verpflegung in den gewählten Hotels einschließlich der Bedienungsgelder und Abgaben sowie für die Reiseleitung am Ferienort einen Gesamtpreis.

6. Nachdem der Stpfl. und auch das Finanzamt (FA) zunächst einen anderen Standpunkt vertraten, behandelte das FA bei der Veranlagung für das Jahr 1957 den Stpfl. – abweichend von dessen Erklärung – als Vermittler und zog ihn mit den „Flugreisenprovisionen“ zur Umsatzsteuer heran.

7. Die Sprungberufung hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) behandelte die Beförderung der Reiseteilnehmer mit Flugzeugen als Eigenleistungen des Stpfl.. Entsprechend setzte es die Umsatzsteuer 1957 herab, nachdem es, da eine Aufteilung nach den Büchern und Unterlagen des Stpfl. nicht möglich war, dessen gesamte Einnahmen aus den veranstalteten Reisen auf der Grundlage der übereinstimmenden Erklärungen der Beteiligten durch Schätzung auf beide Leistungsarten aufgeteilt hatte.

8. Gegen diese Entscheidung hat das FA Rb. eingelegt. Diese ist nach §§ 184 Abs. 2, 115ff. FGO als Revision zu behandeln.

9. Das FA macht Verletzung von Bundesrecht geltend, soweit das FG die Beförderung der Reisenden mit Flugzeugen nicht als Vermittlungsleistungen anerkannt hat.

Entscheidungsgründe

10. Die Revision des FA ist unbegründet.

11. Das FG ist auf Grund der tatsächlichen Feststellungen, die insoweit unbestritten sind, zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, daß die Beförderung der Reiseteilnehmer in den zu einem Festpreis gecharterten Flugzeugen eine Eigenleistung des Stpfl. war und nicht eine Vermittlungsleistung darstellte.

12. Der Stpfl. hat, wie z.B. dem Chartervertrag von März 1957 entnommen werden kann, vor Beginn der Hauptreisesaison von einer Fluggesellschaft ein Flugzeug bestimmten Typs mit 36 Sitzplätzen zu einem festen Preis für zahlreiche, auf die Zeit vom April bis Oktober 1957 verteilte Hin- und Rück*-flüge gemietet (gechartert), und zwar im eigenen Namen und für eigene Rechnung zu dem Zweck, über die Plätze in dem gecharterten Flugzeug frei verfügen zu können. Er wollte also zu der Zeit, in der er sich gegenüber der Fluggesellschaft verpflichtete, unmittelbare Rechtsbeziehungen zwischen dieser und seinen Kunden nicht herstellen. Dies ist auch nicht zu irgendeinem späteren Zeitpunkt geschehen. Der Stpfl. hat vielmehr die ihm von der Fluggesellschaft auf Grund des Chartervertrags zur Verfügung gestellten Sitzplätze den Reiseteilnehmern überlassen, ohne diesen die Höhe des auf den einzelnen Platz entfallenden Charterentgelts oder der Fluggesellschaft den von dem einzelnen Kunden gezahlten Betrag mitzuteilen. Die Reiseteilnehmer erhielten daher bei Vorlage des von dem Stpfl. ausgestellten Teilnehmerausweises mit Angaben über Hin- und Rück*-flug sowie Sitzplatz-Nummer von der Fluggesellschaft unmittelbar vor dem Abflug unentgeltlich einen Flugschein ausgehändigt, der im wesentlichen Bestimmungen über den Umfang der Haftung der Fluggesellschaft enthielte, ohne daß dadurch ein weiterer Beförderungsvertrag zustande kam, der vom Stpfl. vermittelt wurde.

13. Im übrigen ist es keineswegs allgemein üblich, daß Reisebüros außer den Beherbergungs- und Verpflegungs*-leistungen auch die Beförderungsleistungen nur vermitteln. Bei diesen muß daher der Wille des Reisebüros, nur als Vermittler aufzutreten, den Kunden gegenüber deutlich zum Ausdruck kommen, wenn auch insoweit die Vermittlereigenschaft des Reisebüros anerkannt werden soll (vgl. Plückebaum-Malitzky, Umsatzsteuergesetz, 9. Auf., Tz. 1369c). Dieser Wille muß außerdem der tatsächlichen Gestaltung entsprechen. Dies ist hier nicht der Fall.

14. Der Annahme einer Eigenleistung steht weder die Ziffer 24) des Chartervertrags noch die Tatsache entgegen, daß sich der Stpfl. an einzelnen Stellen seiner Prospekte und Vordrucke als Vermittler bezeichnete. Nach der Ziffer 24) des Vertrags wird dieser von dem Charterer sowohl im eigenen Namen als auch als Agent abgeschlossen. Zu Recht hat das FG dazu ausgeführt, die Bestimmung müsse im Zusammenhang mit dem folgenden Satz über die Beförderungsbedingungen dahin gehend gewürdigt werden, daß diese auch zum Inhalt der Verträge des Stpfl. mit den Reiseteilnehmern gemacht werden sollten. Darüber hinaus geht aus der Ziffer 25) hervor, daß die Fluggesellschaft den Stpfl. nicht als Agenten hinsichtlich der von ihm gemieteten Flugzeuge angesehen hat. Darin ist nämlich bestimmt, daß der Charterer eine Untervercharterung im ganzen oder zum Teil nur mit Einwilligung der Fluggesellschaft vornehmen darf. Eine Untervercharterung durch einen Agenten ist aber begrifflich nicht möglich.

15. Die in den Prospekten und Vordrucken aufgenommenen Hinweise, daß „das veranstaltende Reisebüro“ nur als Vermittler auftrete, können umsatzsteuerrechtlich nur bedeutsam sein, wenn sich der Stpfl. im Wirtschaftsleben auch entsprechend verhalten hat, also als Agent in fremdem Namen und für fremde Rechnung aufgetreten ist. Dies ist bei der Beförderung der Reiseteilnehmer nicht der Fall, die der Stpfl. – wie oben ausgeführt – als eigene Leistung durch Charterung von Flugzeugen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung erbrachte, ohne seinen Kunden bzw. der Fluggesellschaft die Höhe der für die Beförderung gezahlten oder erhaltenen Beträge mitzuteilen.

16. Der Ansicht des FA, derjenige, der nach außen als Vermittler auftritt, müsse sich auch als Agent behandeln lassen, vermag der Senat nicht zu folgen. Es kommt im Umsatzsteuerrecht nicht auf die Erklärung an, in fremdem Namen handeln zu wollen, sondern auf die wirtschaftliche Gegebenheit, d.h. auf die tatsächliche Gestaltung, die hier hinsichtlich der Beförderung eine Vermittlungsleistung ausschließt.

17. Soweit das FA unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs und des Bundesfinanzhofs davon ausgeht, nur der könne die Beförderung als Eigenleistung erbringen, der das Beförderungsmittel „betreibe“, übersieht es, daß ein Veranstalter von Pauschalreisen eigene Leistungen erbringen kann, indem er durch entsprechende Vereinbarungen und damit übereinstimmende tatsächliche Gestaltung sich Dritter als Erfüllungsgehilfen bedient (Plückebaum-Malitzky, Umsatzsteuergesetz, 9. Aufl., Tz. 1369). Dies ist hier der Fall. Die Höhe der vom FG geschätzten, auf das Inland entfallenden Anteile der Beförderungsleistung ist nicht streitig.

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