Geltendmachung von Minderungsansprüchen auch für den mitreisenden Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft

AG Bad Homburg: Geltendmachung von Minderungsansprüchen für den mitreisenden Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft

Ein Urlauber verlangt, für sich und stellvertretend für seine Freundin, von seinem Reiseveranstalter eine Reisepreisminderung, weil der Pool im von ihm gebuchten Hotel während des gesamten Aufenthalts nur zu einem Drittel mit Wasser gefüllt war.

Das Amtsgericht Bad Homburg hat dem Kläger Recht zugesprochen. Ein praktisch nicht nutzbarer Pool stelle eine erhebliche Verschlechterung der Reiseleitung dar. Zur Geltendmachung der Ansprüche seiner Lebenspartnerin sei er im übrigen befugt.

AG Bad Homburg 2 C 2747/01 (Aktenzeichen)
AG Bad Homburg: AG Bad Homburg, Urt. vom 07.08.2002
Rechtsweg: AG Bad Homburg, Urt. v. 07.08.2002, Az: 2 C 2747/01
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Hessen-Gerichtsurteile

Amtsgericht Bad Homburg

1. Urteil vom 07. August 2002

Aktenzeichen: 2 C 2747/01

Leitsatz:

2. Unbenutzbarkeit eines Swimmingpools stellt Reisemangel dar

Zusammenfassung:

3. Ein Urlauber buchte für sich und seine nichteheliche Lebensgefährtin eine Pauschalreise. Im gebuchten Hotel angekommen, musste er feststellen, dass der versprochene Pool stark verschmutzt und nur zu etwa einem Drittel mit Wasser gefüllt war. Weil er ihn nicht wie geplant Nutzen konnte, verlangt der Kläger nun vom Reiseveranstalter eine nachträgliche Preisminderung wegen eines Reisemangels.
Der Veranstalter verweigert die Zahlung. Insbesondere stehe es dem Kläger nicht zu, die Ansprüche seiner nichtehelichen Partnerin geltend zu machen.

Das Amtsgericht Bad Homburg hat dem Kläger Recht zugesprochen. Nach §651c BGB ist der Reiseveranstalter dazu verpflichtet, die Reiseleistung so zu erbringen, dass sie den wesentlichen Vertragseigenschaften entspricht und nicht mit Fehlern behaftet ist, die ihren Wert mindern würden.
Ein voll nutzbarer Pool wurde dem Kläger im Vorfeld zugesichert. In dem Unvermögen, einen solchen während seines Aufenthalts zu nutzen, sei eine erhebliche Abweichung von den reisevertraglichen Zusicherungen zu sehen.

Da der Kläger naturgemäß einen Großteil seiner Urlaubszeit am Pool vebringen wollte, sei eine Reisepreisminderung in Höhe von 20 Prozent angemessen.
Des Weiteren sei die Lebensgefährtin des Klägers ohne Weiteres als ein Mitglied seiner Familie anzusehen. Eine Geltendmachung ihrer Ansprüche sei für ihn somit problemlos möglich.

Tenor

4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 412,92 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 29.06.2001 Zug-um-Zug gegen Rückgabe des Verrechnungsschecks der Beklagten vom 13.07.2001 über 250,00 DM mit der Schecknummer … zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

4. Auf die Darstellung des Tatbestandes konnte gem. §§ 313 a, 511 ZPO verzichtet werden.

Entscheidungsgründe

5. Die Klage ist nur teilweise begründet und war im Übrigen abzuweisen.

6. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Minderung und Rückzahlung des Reisepreises in Höhe von 412,92 Euro aus § 651 d BGB. Die von der Beklagten veranstaltete Reise war teilweise mangelhaft im Sinne von § 651 c BGB.

7. Der Kläger ist berechtigt, Minderungsansprüche hinsichtlich des Reisevertrages in vollem Umfange geltend zu machen. Er hat gemäß der Reisebestätigung und Rechnung diese im eigenen Namen gebucht und bezahlt. Darüber hinaus ist gemäß der aktuellen Rechtsentwicklung zu nichtehelichen Lebensgemeinschaften die Lebensgefährtin des Klägers … als Mitreisende einem Familienmitglied gleichzustellen, so dass der Kläger auch insoweit als von der Mangelhaftigkeit betroffen anzusehen ist.

8. Es stellt einen Mangel dar, dass der Swimmingpool nicht funktionsfähig gewesen und darüber hinaus stark verschmutzt war. Dies steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme (§ 286 ZPO) zur Überzeugung des Gerichts fest. Die Zeugin … hat in ihrer schriftlichen Zeugenaussage … bestätigt, das der (zweite) Swimmingpool der Hotelanlage während der gesamten Reisezeit des Klägers nur zu etwa 1/3 (30 cm) gefüllt gewesen ist. Der Zeuge … hat bestätigt, dass der Pool stark verschmutzt und nur bedingt begehbar war. Soweit der Zeuge … erinnert, dass dieser Zustand nur für die erste Reisewoche des Klägers gegolten hat, ist dies zu unbestimmt. Demgegenüber konnte die Zeugin … mit stärkerer Sicherheit sagen, dass der Zustand über die gesamte Reisezeit abgehalten hat. Dadurch war die Nutzung des Pools nicht in adäquater Weise möglich.

9. Bei der Minderungshöhe hat das Gericht auf der Grundlage einer Schadensschätzung nach § 287 ZPO eine Minderungsquote von 20 % des Reisepreises (2.064,60 Euro) in Höhe von 412,92 Euro für angemessen erachtet. Vom Gesamtreisepreis war der Versicherungspreis von 115,00 DM abzuziehen, da es sich insoweit nicht um eine Reiseleistung gehandelt hat.

10. Dass Gericht hat berücksichtigt, dass die Beeinträchtigung des Klägers praktisch während der gesamten Reisezeit angedauert hat. Eine weitergehende Minderung hält das Gericht nicht für angemessen und verhältnismäßig. Denn ein darüber hinaus gehender Erholungswert dürfte trotz dieses Mangels vorhanden gewesen sein.

11. Die Rüge des Klägers erfolgte insoweit auch rechtzeitig, denn eine Abhilfemöglichkeit hat nicht bestanden.

12. Weitergehende Mängelansprüche stehen dem Kläger nicht zu. Der Vortrag hinsichtlich des Baulärms am Pool und des Gestanks auf der Allee zum Strand bzw. im Eingangsbereich des Hotels ist unsubstantiiert. In Reiseprozessen hat die klagende Partei die Tatsachen für die Reisemängel so konkret vorzutragen, dass das Gericht beurteilen kann, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der an ihre Behauptung geknüpften Rechtsfolge erfüllt sind. Erforderlich sind dabei anstatt subjektiver Wertungen aber vielmehr Angaben über Art, Intensität, Häufigkeit und Dauer des Mangels sowie die Auswirkungen auf den einzelnen Reisenden. Daran fehlt es hier, so dass dem Gericht eine entsprechende Beurteilung nicht möglich ist. Soweit der Kläger die fehlende Klimaanlage, den mangelnden Handtuchservice, verspätete Getränkeversorgung und den fehlenden seitlichen Meerblick aus dem Hotelzimmer rügt, steht dem die Verwirkungseinrede gem. § 651 d Abs. 2 BGB entgegen. Der Kläger rügte diese behaupteten Mängel erst am 16.05.2001, also einen Tag vor der Abreise. Damit wurde der Beklagten jegliche Abhilfemöglichkeit genommen. Hinsichtlich der gerügten Fugen ist das Klagevorbringen unverständlich geblieben.

13. Die Zug-um-Zug-Verurteilung (§ 273 ZPO) hinsichtlich des von der Beklagten an den Kläger übersandten Schecks in Höhe von 250,00 DM folgt aus § 812 BGB.

14. Der geltend gemachte Zinsanspruch folgt aus §§ 284 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.

15. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, die der Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 S. 1, 713 ZPO.

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Stern: Horrorurlaub vor Gericht
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Passagierrechte.org: Unmöglichkeit der Poolnutzung ist Reisemangel

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