Berufung des Urteils 39 C 16243/99
LG Düsseldorf: Berufung des Urteils 39 C 16243/99
Die Klägerin verklagt einen Reiseveranstalter auf Schadensersatz. Ein Hotelangestellter im Urlaubsort beschaffte sich unbefugt Zugriff auf die Heimatadresse der Klägerin und erpresste sie. Diesen Vorgang wiederholte der Hotelangestellte mehrmals.
Das Landgericht wies die Berufung des Klägers ab, da die Beklagte ihrer Verkehrssicherungspflicht nachgekommen und nicht für das strafbare Verhalten eines Hotelportiers im Urlaubshotel haftbar gemacht werden kann.
Umschalten auf text
Gericht | 22 S 178/00 (Aktenzeichen) |
---|---|
LG Düsseldorf: | LG Düsseldorf, Urt. vom 27.04.2001 |
Rechtsweg: | LG Düsseldorf, Urt. v. 27.04.2001, Az: 22 S 178/00 |
AG Düsseldorf, Urt. v. 17.02.2000, Az: 39 C 16243/99 | |
Fragen & Antworten zum Thema | |
Verwandte Urteile | |
Weiterführende Hinweise und Links | |
Hilfe und Beratung bei Fragen |
Leitsatz:
2. Ein Reiseveranstalter ist nicht für das strafbare Verhalten eines Hotelangestellten am Urlaubsort haftbar, solange er der Verkehrssicherungspflicht nachkommt.
Zusammenfassung:
3. Im vorliegenden Fall nimmt der Kläger einen Reiseveranstalter wegen Schadensersatz in Anspruch. Der Kläger verbrachte seinen Urlaub in einem Hotel welches er über den Reiseveranstalter gebucht hatte. Nach Beendigung des Urlaubs bekam er Post von einem dortigen Hotelangestellten, dass er sexuelle Kontakte zu einer Thailänderin unterhalten habe und diese nun schwanger sei.
Der Reiseveranstalter haftet zwar für Hotelanlagen, nicht aber für dessen Angestellte. Der Kläger bestreitet diesen Vorwurf. Im selben Zeitraum haben auch andere Mitreisende einen solchen Brief erhalten.
Das Landgericht wies die Berufung des Klägers ab, da die Beklagte ihrer Verkehrssicherungspflicht nachgekommen und nicht für das strafbare Verhalten eines Hotelportiers im Urlaubshotel haftbar gemacht werden kann.
Tenor:
4. Die Berufung des Klägers gegen das am 17. Februar 2000 verkündete Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf – 39 C 16243/99 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Tatbestand:
5. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe:
6. Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
7. Schadensersatzansprüche aus § 651 f Abs. 1 BGB hat das Amtsgericht zu Recht abgelehnt. Der Kläger will Ersatz für immaterielle Schäden, die es gemäß § 253 BGB nur in den durch das Gesetz (besonders) bestimmten Fällen gibt. § 651 f Abs. 1 BGB gewährt keinen solchen Anspruch.
8. § 651 f Abs. 2 BGB ist zwar eine Vorschrift, die eine Entschädigung für einen Nichtvermögensschaden im Sinne des § 253 BGB gewährt. Das Amtsgericht hat aber zu Recht ausgeführt, daß die Reise an sich beanstandungsfrei gewesen ist und Urlaubszeit nicht nutzlos aufgewandt wurde, was Voraussetzung für einen Anspruch nach dieser Vorschrift wäre.
9. Der Kläger hat gegen die Beklagte auch keinen Schmerzensgeldanspruch aus den §§ 823, 831, 847 BGB.
10. Die Angestellten des Hotels sind nicht Verrichtungsgehilfen der Beklagten, so daß eine Zurechnung des möglichen Verschuldens eines Portiers zu Lasten der Beklagten über § 831 BGB nicht erfolgt (vgl. Führich, Reiserecht, 3. Aufl., Rn. 85; BGHZ 103, Seite 303). Es fehlt insoweit an der nach § 831 BGB erforderlichen Abhängigkeit und Weisungsgebundenheit des Leistungsträgers.
11. Der Kläger hat gegen die Beklagte auch keinen Schmerzensgeldanspruch unmittelbar aus §§ 823, 847 BGB.
12. Zwar trifft die Beklagte eine eigene Verkehrssicherungspflicht für die unter Vertrag genommenen Leistungsträger. Dabei ist anerkannt, daß der Reiseveranstalter Auswahl und Kontrollpflichten für verkehrsgefährdende Anlagen und Einrichtungen trifft und er für ein fehlendes Einschreiten der Reiseleitung in Kenntnis von Gefahrenzuständen verantwortlich ist (vgl. Führich, a. a. O., Rn. 354 ff.).
13. Das Vorbringen des Klägers reicht jedoch nicht aus, um eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht der Beklagten zu belegen.
14. Es kann dabei als zutreffend angenommen werden, daß über den Kläger hinaus weitere Personen in gleicher Weise geschädigt wurden. Auf eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht der Beklagten würde dies aber nur hindeuten, wenn es bereits vor der Reise des Klägers ähnliche Fälle gegeben hätte. Das ergibt sich aber aus dem Vorbringen des Klägers gerade nicht. Der von ihm exemplarisch geschilderte Fall des Zeugen …, der vom 10. bis 14.02.1999 im selben Hotel gewesen ist wie der Kläger, zeigt gerade, daß ihm am selben Tag wie dem Kläger ein entsprechender Brief geschickt wurde, nämlich am 03.06.1999. Auch die weiteren konkret benannten geschädigten … und … haben (erst) unter dem 03.06.1999 ein entsprechendes Schreiben bekommen, in denen ihnen sexuelle Beziehungen zu einer Thailänderin unterstellt wurden, die nun schwanger sei. Ein deutscher Zeitungsbericht, der sich mit entsprechenden Schreiben eines thailändischen Rechtsanwalts beschäftigte, ist erst am 15.07.1999 erschienen. Soweit der Kläger auf eine Auskunft der Botschaft Bezug nimmt, ist ebenfalls nicht dargelegt, daß diese vor dem 03.06.1999 Kenntnis von entsprechenden Fällen hatte.
15. Ohne besondere Umstände war die Beklagte nicht verpflichtet, die im Hotel Beschäftigten im Hinblick auf ihre Anfälligkeit zur Begehung von Straftaten zu überprüfen. Daß sich bei Überprüfungen, soweit sie überhaupt möglich gewesen wären, ein Hinweis auf die Unzuverlässigkeit des namentlich nicht benannten Portiers ergeben hätte, ist überdies sehr unwahrscheinlich. Taugliche Überprüfungsmaßnahmen, durch die sich ein erstmaliges kriminelles Handeln von Mitarbeitern des Hotels verhindern läßt, sind im übrigen nicht ersichtlich.
16. Daß ein Portier Zugang zu den Daten bekommen haben soll, belegt eine Pflichtverletzung der Beklagten für sich genommen auch nicht. Zwar sollte die Zahl derjenigen, die Zugriff auf Daten haben, grundsätzlich klein gehalten werden. Daß ein Portier in einem 4-Sterne-Hotel in … Zugriff auf die persönlichen Daten der Gäste hat, belegt für sich genommen aber keine Verkehrssicherungspflichtverletzung. Dies gilt um so mehr, als der Kläger selbst einräumt, daß er dem Hotel seine Adresse gegeben hat. Daß möglicherweise in Thailand nicht in gleicher Weise wie in Deutschland eine Datensicherheit gewährleistet werden kann, liegt auf der Hand. Schließlich hat § 8 des Bundesdatenschutzgesetzes für die Behandlung von Daten in Thailand ersichtlich keine Bedeutung. Da ein nicht sachgemäßer Umgang mit Daten vor dem 03.06.1999 weder dargelegt noch ersichtlich ist, konnte die Beklagte auch nicht vorhersehen, daß die Anschrift des Klägers mißbräuchlich verwendet werden würde.
17. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
18. Streitwert für das Berufungsverfahren: 4.000,00 DM.
Fragen & Antworten zum Thema
Fragen & Antworten zum Thema:
LG Düsseldorf: Berufung des Urteils 39 C 16243/99
Verwandte Entscheidungen
BGH, Urt. v. 29.02.2012, Az: VIII ZR 155/11
AG Baden-Baden, Urt. v. 16.12.2011, Az: 16 C 42/11
Berichte und Besprechungen
Forum Fluggastrechte: Berufung des Urteils 39 C 16243/99
Passagierrechte.org: Berufung des Urteils 39 C 16243/99
Rechtsanwälte für Reiserecht
Hilfe bei rechtlichen Fragen: Rechtsanwälte für Reiserecht oder Rechtsanwälte für Fluggastrechte.
Kommentarbereich geschlossen.