Reiseveranstalter muss Kunden nicht über die Gültigkeit Reisepasses informieren
AG Bonn: Reiseveranstalter muss Kunden nicht über die Gültigkeit Reisepasses informieren
Ein Reisender buchte für sich und seine Familie eine Reise in die USA. Dort wurde ihnen die Einreise in die USA verweigert, weil die Reisepässe der Kinder ungültig waren. Der Vater klagt nun auf Schadensersatz vom Reiseveranstalter, weil dieser ihn nicht über die begrenzte Gültigkeit der Papiere in Kenntnis gesetzt hatte.
Das Amtsgericht Bonn hat die Klage abgewiesen. Einen Reiseveranstalter treffe Aufklärungspflicht bezüglich der Gültigkeit der Reisepapiere seiner Kunden.
AG Bonn | 111 C 4/16 (Aktenzeichen) |
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AG Bonn: | AG Bonn, Urt. vom 04.05.2016 |
Rechtsweg: | AG Bonn, Urt. v. 04.05.2016, Az: 111 C 4/16 |
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Leitsatz:
2. Es besteht keine Pflicht des Reiseveranstalters, den Kunden über die Gültigkeit des eigenen Reisepasses zu informieren. Diese ergibt sich auch nicht aus der Übernahme beratender Tätigkeit hinsichtlich der Einreisebestimmungen.
Zusammenfassung:
3. Der Kläger hatte bei der Beklagten für sich und seine Familie Flüge in die Vereinigten Staaten von Amerika gebucht. Im Vorfeld der Reise fanden in den Büros der Beklagten Beratungstermine betreffend der Einreisebestimmungen der USA statt. Der Vater und die Kinder wurden am Flughafen Frankfurt zurückgewiesen, weil ihre Pässe für die USA keine Gültigkeit besaßen und die Mutter reiste allein ab. Aus diesem Grund fordert der Kläger Schadensersatz für die nutzlos gewordenen Flugtickets und vertane Urlaubszeit.
Das Amtsgericht Bonn hat die Klage abgewiesen. Die Prüfung der Gültigkeit eigener Papiere ist eine rechtliche Angelegenheit des Reisenden. Eine Pflicht des Reiseveranstalters, die Papiere des Reisenden zu prüfen besteht nicht und ergibt sich auch nicht aus der Übernahme anderer Beratungsleistungen hinsichtlich der Einreise.
Aufgrund des Fehlens einer vertraglichen Leistungspflicht des Reiseveranstalters stehe dem Reisenden keine Ausgleichsleistung zu.
Tenor:
Die Kosten des Rechtsstreits werden der klagenden Partei auferlegt.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger hat das Gericht gestattet, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
5. Der Kläger buchte bei der Fluggesellschaft L für seine Ehefrau, seine beiden Kinder und sich für die Reisezeit 25.05.2015 bis 05.06.2015 Flüge mit Flugziel New York/USA. Der Kläger zahlte hierfür insgesamt 2.521,56 € (2x 639,89 €/2x 590,89 €/60,- € Kartengebühr). Vor Antritt der Reise wandte sich der Kläger an Frau F, einer Mitarbeiterin der Beklagten, die ein Reisebüro in Bonn betreibt. Die Beklagte sollte dem Kläger zumindest „Rail&Fly“ Tickets für die Fahrt zum Flughafen Frankfurt am Main verschaffen sowie den Kläger beim Ausfüllen des ESTA-Antrags unterstützen. Am 18.04.2015 vermittelte die Beklagte dem Kläger die gewünschten Bahnfahrkarten zu einem Gesamtpreis von 170,- €. Darüber hinaus unterstützte ihn Frau T, eine weitere Mitarbeiterin der Beklagten, am gleichen Tag in den Büroräumen der Beklagten beim Ausfüllen des ESTA-Formulars. Der Kläger wurde nicht darüber in Kenntnis gesetzt, welche Reisepässe für eine Einreise in die USA erforderlich sind. Am Tag des geplanten Abflugs wurden die Kinder des Klägers beim Check-in am Flughafen in Frankfurt am Main zurückgewiesen, weil deren Kinderreisepässe nicht die Voraussetzungen für eine Einreise in die USA erfüllten. Lediglich die Ehefrau des Klägers trat sodann die Reise in die USA an. Der Kläger forderte die Beklagte mit Schreiben seines jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 10.06.2015 zur Zahlung von 4.513,23 € bis spätestens zum 24.06.2015 auf. Eine Zahlung der Beklagten erfolgte nicht.
6. Der Kläger behauptet, die Beklagte habe alle Voraussetzungen für eine Einreise in die USA – einschließlich der Gültigkeit der Reisepässe – unentgeltlich prüfen sollen. Der Kläger ist der Ansicht, gegenüber der Beklagten Schadensersatzansprüche zu haben. Für die nicht angetretenen Flüge könne er insgesamt 1.821,67 € verlangen. Darüber hinaus habe er Anspruch auf Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit und entgangener Urlaubsfreude. Für einen Ersatzurlaub sei mit Kosten in Höhe von 170,- € für „Rail&Fly“ Tickets zu rechnen.
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.513,23 € nebst Zinsen in Höhe von 5% Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.06.2015 zu zahlen sowie
die Beklagte weiter zu verurteilen, ihn von den durch außergerichtliche Tätigkeit entstandenen Rechtsanwaltskosten freizustellen durch Zahlung von 492,54 € nebst Zinsen in Höhe von 5% Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.01.2016 an die Rechtsanwälte N in Köln.
die Klage abzuweisen.
9. Die Beklagte ist der Ansicht, gegenüber dem Kläger nicht zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet zu sein. Hierzu behauptet sie, es habe insbesondere nicht zu ihren Pflichten gehört, die Reisepässe der Familienmitglieder des Klägers auf eine etwaige Gültigkeit für eine Einreise in die USA zu prüfen.
Im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen vollumfänglich Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
10. Die zulässige Klage ist unbegründet.
11. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 4.513,23 € gemäß § 280 Abs. 1 BGB.
12. Der Kläger hat bereits eine Pflichtverletzung der Beklagten nicht schlüssig dargelegt. Im Rahmen seiner persönlichen Anhörung am 14.04.2016 hat der Kläger seinen Parteivortrag dahingehend relativiert, dass er das Büro der Beklagten neben der Buchung von Bahnfahrkarten primär zwecks Ausfüllen des ESTA-Formulars aufgesucht hat. Insoweit sei vereinbart gewesen, dass er die Reisepässe seiner Familie mitbringen soll. Es war ausweislich des Parteivortrags des Klägers nicht ausdrücklich vereinbart, dass die Reisepässe seiner Familie auf eine Gültigkeit für eine Einreise in die USA geprüft werden sollen. Es mag unstreitig sein, dass die Reisepässe im Büro der Beklagten vorgelegen haben. Hieraus kann aber nicht zwingend der Schluss gezogen werden, dass diese von der Beklagten auf die Voraussetzungen für eine Einreise in die USA geprüft werden sollten. Denn die Reisepässe waren bereits deshalb vom Kläger mitzubringen, weil die Reisepassdaten für das Ausfüllen des ESTA-Antrags erforderlich sind.
13. Die Beklagte hätte den Kläger auch nicht ungefragt auf die Gültigkeitserfordernisse von Reisepässen für eine Einreise in die USA hinweisen müssen. Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 20.05.2014 (X ZR 134/13) entschieden, dass ein Reiseveranstalter einen Kunden nicht über Umstände informieren muss, die die Gültigkeit des eigenen Reisepasses betreffen. Zur Begründung führt der Bundesgerichtshof u.a. aus:
14. Die Gültigkeit des eigenen Reisepasses ist eine eigene rechtliche Angelegenheit des Reisenden, die keinen Bezug zu den aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen des Reiseziels oder eines Transitlandes aufweist. Hierüber muss der Reiseveranstalter sich daher weder selbst noch den Reisenden informieren (BGH, Versäumnisurteil vom 20. Mai 2014 – X ZR 134/13 –, Rn. 15, juris).
15. Vorliegend war die Beklagte unstreitig nicht Reiseveranstalterin der geplanten USA-Reise des Klägers. Der Kläger hat die Flugtickets unstreitig unmittelbar bei L erworben. Die Beklagte hat dem Kläger lediglich „Rail&Fly“ Tickets verkauft. Die Beklagte hat sich – wie bereits dargelegt – nach dem eigenen Vortrag des Klägers nicht ausdrücklich dazu verpflichtet, die Reisepässe der Familienmitglieder des Klägers auf ihre Gültigkeit zu prüfen.
16. Darüber hinaus wäre eine Schadensersatzverpflichtung der Beklagten aufgrund eines überwiegenden Mitverschuldens des Klägers gemäß § 254 Abs. 1 BGB ausgeschlossen. Der Kläger hat im Rahmen seiner persönlichen Anhörung eingeräumt, dass in den Reiseunterlagen von L ein Hinweis auf gültige Pässe vorhanden war. Sollte der Hinweis von L uneindeutig gewesen sein, wäre es eine Obliegenheit des Klägers gewesen, sich bei den Reise- und Sicherheitshinweisen des Auswärtigen Amtes über die aktuellen Einreisebedingungen in die USA zu informieren. Dort hätte er ohne großen Aufwand unter dem Punkt „Einreisebestimmungen für deutsche Staatsangehörige“ die erforderlichen Informationen finden können. Auch die Fluggesellschaft L informiert auf ihrer Homepage zum Thema „Reisevorbereitung“ gesondert über „Reisen in die USA“ und hier insbesondere über die Erforderlichkeit eines elektronischen, maschinenlesbaren Reisepasses.
17. Damit hat der Kläger im Ergebnis auch keinen Anspruch auf die geltend gemachten Nebenforderungen.
18. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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