Reisepreisminderung wegen Mängeln einer Bus-​Rundreise

AG Bielefeld: Reisepreisminderung wegen Mängeln einer Bus-​Rundreise

Die Klägerinnen verlangten die Minderung des Preises für eine Busrundreise wegen diverser Mängel, unter anderem, weil das Fahrzeug nicht, wie vorgesehen, mit einer Klimaanlage ausgestattet gewesen war. Das Amtsgericht Bielefeld sah darin einen Reisemangel und gab der Klage weitgehend statt.

AG Bielefeld 42 C 11/96 (Aktenzeichen)
AG Bielefeld: AG Bielefeld, Urt. vom 04.07.1996
Rechtsweg: AG Bielefeld, Urt. v. 04.07.1996, Az: 42 C 11/96
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Amtsgericht Bielefeld

1. Urteil vom 04.07.1996

Aktenzeichen 42 C 11/96

Leitsatz

2. Das Fehlen von Klimaanlage im Bus und getrennter Waschräume für Männer und Frauen in der Unterkunft stellen einen Reisemangel dar.

Zusammenfassung

3. Die Klägerinnen hatten bei der beklagten Reiseveranstalterin eine Busreise gebucht. Der Bus sollte aufgrund der hohen Außentemperaturen mit einer Klimaanlage ausgestattet sein. Die Fahrt wurde jedoch mit einem Bus ohne Klimaanlage durchgeführt. Als Unterkunft sollte den Reisenden eine Unterbringung zur Verfügung gestellt werden. Diese verfügte nicht über individuelle Badezimmer, sondern nur über einen Gemeinschaftswaschraum für Männer und Frauen. Ferner behaupteten die Klägerinnen, der einzige Busfahrer habe die erlaubten Lenkzeiten überschritten und das Frühstücksangebot sei spärlich gewesen. Sie verlangten von der Reiseveranstalterin eine Minderung des Reisepreises aufgrund der Reisemängel.

Das Gericht stellt fest, dass der Bus ohne Klimaanlage einen Mangel darstellt, weil die Klimaanlage eine zugesicherte Eigenschaft der Reise darstellte. Anders liegt es bei der Unterkunft: dort waren individuelle Sanitäranlagen nicht angegeben, jedoch kann jeder Reise als Mindeststandard von zumindest getrennten Waschräumen für Männer und Frauen ausgegangen werden, sodass auch dies einen Reisemangel begründete. In beiden Fällen war die nicht erfolgte Mängelanzeige vor Ort entbehrlich gewesen, da eine Abhilfe ohnehin nicht möglich gewesen wäre. Aus beiden Mängel ergab sich ein Minderungsanspruch um ingesamt 10% pro Klägerin.

Jedoch bestand kein Ausgleichsanspruch wegen der anderen Beanstandungen. Bezüglich der vermeintlich überschrittenen Fahrtzeitbegrenzung fehlte es an genauen zeitlichen Angaben. Da im Falle des unausgewogenen Frühstücks eine Abhilfe möglich gewesen wäre, hatten die Klägerinnen durch Unterlassen der Rüge vor Ort ihre Ansprüche verwirkt.

Tenor:

4. Die Beklagte wird verurteilt, an jede der Klägerinnen 164,40 DM (einhundertsechsundvierzig 40/100 Deutsche Mark) nebst 4 % Zinsen seit dem 01. Januar 1996 zu bezahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden den Klägerinnen jeweils zu 3/10 (30 %) und der Beklagten zu 4/10 (40 %) auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

5. Die Klage ist teilweise begründet.

6. Die Klägerinnen haben gegen die Beklagte jeweils einen Anspruch auf Minderung des von ihnen erbrachten Reisepreises (jeweils DM 1644,–) in Höhe von 10 %.

7. Der Anspruch ergibt sich aus § 651 d I BGB. Er wurde fristgerecht im Sinne von § 651 g BGB geltend gemacht. Der Vater der Klägerinnen hat unmittelbar nach der Reise im Namen und mit Vollmacht der Klägerinnen deren Ansprüche gegenüber dem Reiseveranstalter geltend gemacht.

8. Aufgrund der fehlenden Klimaanlage steht den Klägerinnen gemäß § 651 d I BGB ein Reisepreisminderungsanspruch in Höhe von jeweils 7,5 % zu.

9. In der fehlenden Klimaanlage liegt ein Reisemangel im Sinne von § 651 c BGB.

10. Ihr Fehlen bei einer Busrundreise durch Irland im Hochsommer kann nicht als unerheblich angesehen werden.

11. Es kann dahinstehen, ob eine Mängelanzeige gemäß § 651 d II BGB durch die Klägerinnen erfolgt ist; eine solche ist jedenfalls entbehrlich gewesen, da keine Abhilfe möglich war (vgl. BGHZ 92, 177, 179). Ein anderer Bus hätte nicht mehr besorgt werden können.

12. Aus der Tatsache, daß nur ein Fahrer den Bus gelenkt hat, ergibt sich kein Anspruch auf Minderung des Reisepreises im Sinne des § 651 d I BGB.

13. Diese stellt in der dargelegten Form keinen Reisemangel dar.

14. Die diesbezügliche Behauptung der Klägerinnen, der Busfahrer habe die zulässigen Lenkzeiten überschritten, ist nicht substantiiert dargelegt worden. Es fehlt an konkreten zeitlichen Angaben.

15. Bezüglich des Frühstücks steht den Klägerinnen kein Anspruch auf Minderung gemäß § 651 d I BGB zu.

16. Es kann dahinstehen, ob in dem aus Toast, Marmelade und Getränken bestehenden Frühstück im Gegensatz zu einem landesüblichen Frühstück ein Mangel liegt. Jedenfalls fehlt es in diesem Punkt an jedweder Mängelrüge im Sinne von § 651 d II BGB. Eine solche war nicht entbehrlich. Sie hätte Abhilfe schaffen können.

17. Das Frühstücksangebot hätte erweitert werden können.

18. Eine Anzeige gegenüber der vor Ort anwesenden Reiseleiterin wäre möglich gewesen.

19. Das Vorliegen von Gemeinschaftswaschräumen in Galway für 4 Tage räumt den Klägerinnen jeweils einen Reisepreisminderungsanspruch in Höhe von 2,5 % gemäß § 651 d I BGB ein.

20. Ein Reisemangel gemäß § 651 c BGB ist gegeben. Dieser ist auch nicht unerheblich.

21. Zwar wurde den Klägerinnen in der Reisebeschreibung kein Zimmer mit Dusche, Bad oder Waschbecken zugesichert. Jedoch ist in Anbetracht des relativ hohen Reisepreises als Mindeststandard – auch bei einer Jugendreise – zu erwarten, daß wenigstens für Männer und Frauen getrennte Waschgelegenheiten gegeben sind und nicht für eine ganze Reisegruppe ein Gemeinschaftswaschraum.

22. Ob eine Mängelanzeige im Sinne von § 651 d II BGB seitens der Klägerinnen erfolgt ist, kann dahinstehen.

23. Jedenfalls war eine solche entbehrlich.

24. Abhilfe war nicht möglich. Ein zweiter Waschraum konnte an Ort und Stelle nicht gestellt werden.

25. Aufgrund der Behauptung der Klägerinnen, daß in Dublin die Bettwäsche verschmutzt und die Dusche schimmelig gewesen sei, ferner eine Steckdose gefehlt habe, kann kein Reisepreisminderungsanspruch gemäß § 651 d I BGB hergeleitet werden.

26. Denn selbst, wenn diese Mängel vorgelegen hätten, fehlt es wiederum an einer entsprechenden Mängelanzeige vor Ort gemäß § 651 d II BGB.

27. Eine solche war nicht entbehrlich. Durch sie hätte Abhilfe geschafft werden können.

28. Die Dusche hätte gereinigt, die Bettwäsche gewechselt werden können, eine Steckdose hätte in einem anderen Raum zur Verfügung gestellt werden können.

29. Die Anzeige hätte gegenüber der vor Ort anwesenden Reiseleitung erfolgen können.

30. Der Anspruch auf Zahlung von 4 % Zinsen ab dem 01.01.1996 ergibt sich aus § 288 I 1 BGB, da sich die Beklagte seit dem 01.01.1996 in Verzug gemäß § 284 I BGB befand.

31. Ein den gesetzlichen Zinssatz übersteigender Zinsanspruch in Höhe von 8 % gemäß § 286 I BGB steht den Klägerinnen nicht zu, da diese keinen kausalen Verzugsschaden geltend gemacht haben.

32. Die Entscheidung bezüglich der Kosten ergibt sich aus § 92 I 1 2 Alt. ZPO.

33. Die Entscheidung bezüglich der Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

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