Reisepreisminderung wegen Fehlens zugesicherter Eigenschaften eines Ferienortes

LG Kleve: Reisepreisminderung wegen Fehlens zugesicherter Eigenschaften eines Ferienortes

Der Kläger forderte die Erstattung des Reisepreises, weil bei seinem Strandhotelurlaub eine angepriesene Bucht nicht vorhanden war. Das Gericht sah darin einen Reisemangel, weil eine zugesicherte Eigenschaft fehlte. Jedoch war der anteilige Minderungsanspruch des Klägers bereits vorgerichtlich beglichen worden.

LG Kleve 6 S 31/96 (Aktenzeichen)
LG Kleve: LG Kleve, Urt. vom 25.10.1996
Rechtsweg: LG Kleve, Urt. v. 25.10.1996, Az: 6 S 31/96
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Landgericht Kleve

1. Urteil vom 25. Oktober 1996

Aktenzeichen 6 S 31/96

Leitsatz:

2. Die Beschreibung einer Bucht als „malerisch“ im Reisekatalog, gilt bei der Buchung als eine zugesicherte Eigenschaft.

Zusammenfassung:

3. Der Kläger hatte bei der beklagten Reiseveranstalterin eine Pauschalreise in ein Hotel gebucht. Der Ferienort war im Prospekt als mit einer „malerischen Bucht umgeben“ von der Reiseveranstalterin beschrieben worden. Am Ferienort angekommen musste der Kläger feststellen, dass die Bucht nicht wie abgebildete war. Außerdem bemängelte er die Entfernung zum Strand und zum Stadtzentrum, sowie das Fehlen von Etaiblissements. Der Kläger sah darin Reisemängel und verlangt von der Beklagten die Erstattung des Reisepreises.

Das Amtsgericht Kleve gab der Klage nicht statt und auch die Berufung vor dem Landgericht blieb erfolglos. Der Ansicht des Gerichts nach lag in der Aussage „malerische Bucht“ eine zugesicherte Eigenschaft der Reise. Diese wurde Teil des Vertrages. Da die Unterkunft außerhalb der zugesicherten Eigenschaft lag, hat die Beklagte ihre Leistungen nicht vollständig erfüllt. Folglich lag ein Reisemangel vor, der eine Reisepreisminderung rechtfertigt. Auch die Entfernung zum Strand hatte die Beklagte mit 500 Meter zu gering angegeben, da sie tatsächlich 1000 Meter betrug. Anspruch auf volle Reisepreiserstattung bestand jedoch nicht, da der Mangel nicht erheblich war. Der bestehende Anspruch auf Minderung um 30% war durch die vorgerichtliche Zahlung durch die Beklagte bereits abgegolten worden. Die übrigen Beanstandungen wie die Umgebung und Lärmbelästigung durch eine nahegelegene Tankstelle hatte der Kläger nicht substantiiert genug vorgetragen, um sie als Mängel geltend machen zu können. Unter anderem stellte das Vorhandensein baulicher Anlagen in der unmittelbaren Hotelumgebung keinen Widerspruch zu der Werbung mit „naturbelassener Umgebung“ dar.

Tenor:

4. Die Berufung des Klägers gegen das am 21. Dezember 1995 verkündete Urteil des Amtsgerichts Kleve wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.

Tatbestand:

5. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

6. Die Berufung des Klägers ist zulässig; sie hat in der Sache keinen Erfolg.

7. Soweit dem Kläger ein Anspruch auf Rückzahlung des Reisepreises deshalb zugestanden haben sollte, weil die von der Beklagten veranstaltete Reise nach … in das Hotel … im Zielgebiet … mangelhaft gewesen ist, ist der Anspruch durch die außergerichtliche Zahlung der Beklagten in Höhe von 714 DM erloschen. Darüber hinaus kann der Kläger weder Rückzahlung des Reisepreises noch Schadensersatz verlangen.

I.

8. Dem Kläger steht insbesondere kein Anspruch auf Rückzahlung des Reisepreises nach mangelbedingter Kündigung gemäß § 651 e Abs. 2 S. 1 BGB zu.

9. Die vom Kläger erklärte Kündigung des Reisevertrages ist unwirksam, weil die Reise nicht erheblich beeinträchtigt gewesen ist (§ 651 e Abs. 1 BGB). Eine erhebliche Beeinträchtigung liegt nach gefestigter Rechtsprechung der Kammer nur dann vor, wenn die Mängel den Gesamtwert der Reise betreffen und eine zeitanteilige Minderung von mindestens 50 % rechtfertigen.

10. Soweit der Kläger Reisemängel schlüssig vorträgt, führen diese allenfalls zu einer Minderung von 30 %, so daß von einer erheblichen Beeinträchtigung der Reise nicht gesprochen werden kann.

1.

11. Die Reise ist zunächst deshalb mangelhaft gewesen, weil die malerische Bucht, die die Beklagte in ihrem Reiseprospekt unter der Überschrift … neben der Beschreibung dieses Zielgebiets abgebildet hat, vor Ort nicht vorhanden gewesen ist.

12. Die Beklagte ist der Behauptung des Klägers, die abgebildete Bucht liege nicht im genannten Zielgebiet, was die Reiseleiterin bereits beim Begrüßungscocktail eingeräumt habe, nicht hinreichend substantiiert entgegengetreten. Die Beklagte hat lediglich erklärt, die Bucht sei nicht mit dem am Hotel befindlichen Strand identisch; außerdem sei es Sache des Klägers, wenn er die Bucht nicht entdeckt habe. Wo genau die abgebildete Bucht liegt, ergibt sich aus dem Vortrag der Beklagten nicht. Zwar liegt die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Mangels beim Reisenden; der Reiseveranstalter kann sich jedoch nicht auf schlichtes Bestreiten zurückziehen, wenn die bestrittene Tatsache Gegenstand seiner Wahrnehmung ist oder wenn, wie hier, eine negative Tatsache den Mangel bildet.

13. Das Nichtvorhandensein der Bucht im Zielgebiet stellt einen Reisemangel dar. Die Beklagte hat durch die Abbildung unterhalb der Überschrift … und neben der Beschreibung dieses Zielgebiets zugesichert, daß sich die Bucht in dem genannten Gebiet befindet. Diese Zusicherung betrifft eine Eigenschaft der Reise des Klägers. Dieser durfte darauf vertrauen, daß die Bucht und das von ihm gebuchte Hotel im gleichen Zielgebiet und damit in überschaubarer Entfernung voneinander liegen. Einen weitergehenden Inhalt hat die Zusicherung jedoch nicht. Der Kläger konnte ihr insbesondere nicht entnehmen, daß sich die Bucht in Hotelnähe befinde.

2.

14. Die Reise des Klägers ist darüber hinaus deshalb mangelhaft gewesen, weil die Beklagte die Strandentfernung zu gering – nämlich mit ca. 500 Metern anstatt mit ca. 1.000 Metern – angegeben hat, weil im Bereich von 500 Metern um das gebuchte Hotel keine Wassersportmöglichkeiten bestanden haben und weil sich der zugesicherte Tennisplatz nicht an dem Strand befunden hat, an dem Wassersport möglich war.

15. Soweit die Beklagte die dahingehenden Behauptungen des Klägers als unrichtig bestreitet, steht ihr Sachvortrag im Widerspruch zu den vom Kläger vorgetragenen Angaben der Beklagten in deren Reiseprospekt für den Sommer 1996. Die Beklagte hat im vorliegenden Prozeß behauptet, die der Buchung des Klägers zugrunde liegende Prospektbeschreibung beziehe sich auf den Strand am Hotel … der ca. 500 Meter vom Hotel … entfernt sei; dort würden auch die in der Beschreibung erwähnten Wassersportmöglichkeiten sowie der zugesicherte Tennisplatz vorgehalten. Dies entspräche der dem Reisevertrag des Klägers zugrunde liegenden Prospektbeschreibung. Dem Sommerprospekt der Beklagten für das Jahr 1996 ist demgegenüber zu entnehmen, daß der Hauptstrand von … 1.200 Meter und ein weiterer Sandstrand 500 Meter vom Hotel … entfernt liegen; das Vorhandensein von Wassersportmöglichkeiten wird nur für den Hauptstrand und nicht für den weiteren Sandstrand zugesichert. Schließlich geht aus der Skizze zum Zielgebiet … im neuen Prospekt hervor, daß sich die Tennisplätze in deutlicher Entfernung vom Hauptstrand befinden.

16. Die Beklagte hat die Unstimmigkeiten zwischen ihrem Sachvortrag und dem Inhalt des neuen Reiseprospekts nicht erläutert. Sie hat insbesondere nicht behauptet, daß die abweichenden Angaben im neuen Prospekt auf einer Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse beruhen. Letzteres hätte schon deshalb eingehender Darlegung bedurft, weil zwischen der Drucklegung des Prospekts für den Sommer 1996 und der Reise des Klägers im Sommer 1995 lediglich eine unerhebliche Zeit verstrichen ist, in der nicht ohne weiteres von derartigen Veränderungen ausgegangen werden kann.

17. Zwar erscheint es auch nach dem neuen Prospekt nicht ausgeschlossen, daß sich in einer Entfernung von 500 Metern zum Hotel … ein Tennisplatz befindet; dieser liegt jedoch – entgegen der Prospektbeschreibung für 1995 und entgegen dem Sachvortrag der Beklagten – nicht an dem Strand, an dem auch Wassersportmöglichkeiten bestehen. Letzterer ist – nach dem neuen Prospekt – ca. 1.200 Meter und nicht 500 Meter vom Hotel …“ entfernt. Hinsichtlich der vom Kläger behaupteten Strandentfernung sowie seiner Angaben zum Fehlen des Tennisplatzes sowie der Wassersportmöglichkeiten liegt daher ein widerspruchsfreier Sachvortrag der Beklagten nicht vor, so daß die Kammer von der Richtigkeit der Behauptungen des Klägers ausgeht.

18. Die Reiseleistung der Beklagten ist aufgrund der vorgenannten Umstände mangelhaft. Die Abweichung hinsichtlich der Strandentfernung ist auch unter Berücksichtigung des Umstandes, daß die Beklagte die Entfernungsangabe mit dem Zusatz „ca.“ versehen hat, nicht derart unerheblich, daß lediglich eine entschädigungslos hinzunehmende Reiseunannehmlichkeit vorliegt. Dasselbe gilt für das Vorhandensein von Wassersportmöglichkeiten in einem Bereich von etwa 500 Metern um das Hotel … sowie für das Vorhandensein von Wassersportangeboten und einem Tennisplatz am gleichen Strand.

3.

19. Weitere Reisemängel ergeben sich aus dem Vortrag des Klägers nicht.

a)

20. Dies gilt zunächst für die Angaben des Klägers zur Umgebung des Hotels … Daß sich in der näheren Umgebung des Hotels ein Flüssiggastank, eine Lagerhalle, eine Tankstelle und gegebenenfalls weitere Gewerbebetriebe befunden haben, zu denen der Kläger allerdings nichts näheres vorträgt, stellt keinen Reisemangel dar. Die Beklagte hat die Abwesenheit von Gewerbebetrieben in der Umgebung nicht zugesichert; es ist auch nicht ersichtlich, daß der Kläger durch diese Betriebe nennenswerten Beeinträchtigungen ausgesetzt gewesen ist.

21. Der Kläger kann aus der das Zielgebiet … betreffenden Prospektbeschreibung nichts für die unmittelbare Umgebung des Hotels … herleiten. Die Beschreibung charakterisiert zwar die den Ort … umgebende Landschaft als ursprünglich und naturbelassen; dies schließt jedoch bei verständiger Würdigung nicht aus, daß sich dort Gebäude, Straßen und einzelne Gewerbebetriebe befinden. Daß die Umgebung des Ortes … überwiegend durch Gewerbeflächen und nicht durch naturbelassene Landschaft geprägt ist, läßt sich dem Vorbringen des Klägers nicht entnehmen. Dies ergibt sich jedenfalls nicht daraus, daß sich in der unmittelbaren Umgebung des gebuchten Hotels einige Gewerbebetriebe befunden haben.

22. Der Kläger hat auch nicht dargelegt, daß von den Betrieben Beeinträchtigungen ausgegangen sind, die das Maß dessen überschritten haben, was als Reiseunannehmlichkeit entschädigungslos hinzunehmen ist. Die Behauptung, an der Lagerhalle seien „ständig“ Lastwagen und Gabelstapler herumgefahren, wird bereits durch die vom Kläger vorgelegten Lichtbilder widerlegt. Das Lichtbild von der Lagerhalle läßt lediglich einen – augenscheinlich parkenden – Anhänger oder Lkw erkennen; Gabelstapler sind nicht zu sehen. Nähere Angaben dazu, zu welchen Zeiten und in welchem Umfang Belästigungen durch Lastwagen und Gabelstapler aufgetreten sind, fehlen.

23. Soweit der Kläger vorträgt, durch die Tankstelle sei es zu „enormen“ Belästigungen gekommen, ist deren Art, Dauer und Intensität ebenfalls nicht hinreichend substantiiert vorgetragen. Dem vom Kläger vorgelegten Lichtbild ist zu entnehmen, daß sich zwischen dem Tankstellen- und dem Hotelgelände eine Straße befindet und daß das Hotelgebäude nicht unmittelbar an die Straße angrenzt. Vor diesem Hintergrund reicht der Vortrag, die Tankstelle sei von „etlichen“ bzw. „vielen“ Personen- und Lastkraftwagen angefahren worden, und es sei Benzingeruch zum Hotel herüber gedrungen, nicht aus, um einen Reisemangel zu begründen. Wann und mit welcher Intensität welche Belästigungen aufgetreten sind, bleibt offen. Die Lage der Tankstelle und des Hotels sprechen eher dafür, daß es nur vereinzelt – gegebenenfalls bei bestimmten Windrichtungen – zu Geruchs- und / oder Lärmbelästigungen gekommen ist. Diese dürften auch lediglich Teile des Hotelkomplexes betroffen haben. Da der Kläger trotz Hinweises der Beklagten keine näheren Einzelheiten mitgeteilt hat, kann seinem Vortrag nicht entnommen werden, daß die Beeinträchtigungen bereits die Qualität eines Reisemangels aufgewiesen haben.

b)

24. Auch soweit der Kläger beanstandet, daß die Entfernung zum Zentrum … mindestens 2 Kilometer betragen habe, daß abwechslungsreiche Unterhaltungsmöglichkeiten dort nicht vorhanden gewesen seien und daß ein Zentrum gefehlt habe, ist ein Reisemangel nicht schlüssig dargelegt. Die Angabe, das Zentrum sei 2 Kilometer entfernt gewesen, widerspricht der Behauptung, ein Zentrum sei nicht vorhanden gewesen; dort hätten lediglich einige Häuser gestanden. Es mag sein, daß der Kläger in der genannten Entfernung einige Häuser vorgefunden hat. Daraus ergibt sich jedoch nicht, daß es sich bei diesen Häusern um das Zentrum des Ortes … gehandelt hat. Sonstige Umstände, die diese Annahme begründen könnten, sind nicht vorgetragen. Damit ist zugleich der weiteren Behauptung des Klägers, im Zentrum hätten Unterhaltungsmöglichkeiten, insbesondere mehrere Geschäfte, Tavernen oder Restaurants, gefehlt, die Grundlage entzogen.

c)

25. Soweit der Kläger beanstandet, daß sich in der Nähe des Hotels hübsche Restaurants oder Tavernen nicht befunden hätten, liegt gleichfalls eine mangelhafte Reiseleistung der Beklagten nicht vor. Diese hat das Vorhandensein von hübschen Restaurants oder Tavernen in Hotelnähe nicht zugesichert. Nach der Prospektbeschreibung für das Zielgebiet … und nach den Angaben zum Hotel … sollen sich die Lokale im Ort befinden, der vom Hotel etwa 1 Kilometer entfernt sei. Gaststätten in der unmittelbaren Nähe des Hotels … sind in der Beschreibung nicht erwähnt.

d)

26. Der Zustand des Strandabschnitts, den der Kläger aufgesucht und fotografiert hat, begründet ebenfalls keinen Reisemangel. Die Darlegungen des Klägers ergeben nicht, daß es sich bei diesem Strandabschnitt um denjenigen handelt, den die Beklagte in ihrer Prospektbeschreibung erwähnt. Die Entfernung sowie das Fehlen jeglicher Einrichtungen sprechen eher gegen diese Annahme. Es kommt daher nicht darauf an, ob der Strandabschnitt verdreckt gewesen ist und ob von dort aus eine Industrieanlage zu sehen war, die einer Ölraffinerie ähnelt. Es kann ferner dahinstehen, ob es sich um einen Sand- oder einen Kieselstrand gehandelt hat. Die vom Kläger vorgelegten Fotos lassen im übrigen erkennen, daß der Strand überwiegend aus – wenn auch nicht feinem – Sand besteht.

e)

27. Dasselbe gilt für den mit Müll und anderem Unrat gesäumten Weg zum vorstehend genannten Strandabschnitt. Es ist nicht dargelegt, daß auch der Weg zu dem Strand, den die Beklagte in ihrer Prospektbeschreibung erwähnt, verschmutzt gewesen ist. Die weitere Frage, ob das Vorhandensein des Mülls die Mangelhaftigkeit der Reiseleistung der Beklagten begründet, bedarf daher keiner Entscheidung.

28. Soweit der Kläger unter Vorlage eines Lichtbildes behauptet, auch im Bereich des hoteleigenen Kiosks hätten Abfälle herumgelegen, läßt sich ein Reisemangel ebenfalls nicht feststellen. Das Foto zeigt Plastik-​, Dosen- und sonstige Abfälle, die auf einer kleinen, bewachsenen Fläche am Straßenrand lagern. Eine Abgrenzung dieser Fläche zur öffentlichen Straße ist nicht vorhanden; ihre Entfernung zum Hotel ist unklar. Selbst wenn der Kläger die fotografierte Stelle mehrfach passiert haben sollte – was bereits nicht vorgetragen ist – so kann die mit dem Anblick des Mülls verbundene ästhetische Beeinträchtigung allenfalls als Unannehmlichkeit angesehen werden. Eine darüber hinausgehende Beeinträchtigung ist weder dargelegt noch ersichtlich.

f)

29. Daß die Zahl der Sonnenschirme und Liegen geringer gewesen ist als die der Hotelgäste begründet ebenfalls keinen Reisemangel. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, jedem Reisenden jederzeit einen Sonnenschirm und eine Liege zur Verfügung zu stellen. Da in aller Regel nicht alle Hotelgäste gleichzeitig Sonnenbaden wollen, ist es nicht erforderlich eine der Zahl der Gäste entsprechende Menge von Schirmen und Liegen vorrätig zu halten. Im übrigen ergeben die Darlegungen des Klägers nicht, daß er durch die Anzahl der Sonnenschirme und Liegen beeinträchtigt worden ist. Er hat nicht angegeben, ob und gegebenenfalls wie oft er auf die Nutzung eines Sonnenschirms oder einer Liege hat verzichten müssen oder ob und gegebenenfalls welche Wartezeiten für ihn entstanden sind.

g)

30. Die Bestandteile des im Hotel servierten Frühstücks stehen zu der Prospektangabe „Frühstücksbuffet“ nicht im Widerspruch. Nach der Darstellung des Klägers gab es 1 Brötchen, 1 Sorte Brot, Marmelade, 1 Ei sowie eine Scheibe Wurst oder Käse. Das ist nicht zu beanstanden.

4.

31. Die schlüssig dargelegten Reisemängel (Bucht, Strandentfernung, Wassersport, Tennisplatz) führen allenfalls zu einer Minderung des Reisepreises um 30 %.

32. Hinsichtlich des Fehlens der Bucht ist zu berücksichtigen, daß die Zusicherung der Beklagten, wie ausgeführt, ohnehin nicht beinhaltet, daß sich die Bucht in Hotelnähe befinde oder gar mit dem 500 Meter entfernten Strand identisch sei. Um die Bucht zu erreichen, hätte der Kläger unter Umständen – innerhalb des Zielgebiets … erhebliche Wege in Kauf nehmen müssen. Dies führt dazu, daß das Fehlen der Bucht nicht als erhebliche Beeinträchtigung der Reiseleistungen bewertet werden kann. Die Aufwertung, die das Zielgebiet durch das Vorhandensein der Bucht erfahren hätte, ist durch eine Reisepreisminderung von 10 % angemessen ausgeglichen.

33. Die zu hohe Strandentfernung sowie das Fehlen des Tennisplatzes und der Wassersportmöglichkeiten im vorstehend dargestellten Umfang führen allenfalls zu einer Minderung des Reisepreises von 20 %. Insoweit fällt zugunsten des Reisenden ins Gewicht, daß die Nutzung des Strandes bei einem Sommerurlaub auf der Insel … nicht von untergeordneter Bedeutung ist, so daß Einschränkungen in diesem Bereich eine deutliche Minderung rechtfertigen. Andererseits hat der Kläger nicht bestritten, daß es den – wenn auch möglicherweise weiter entfernten – Strand am Hotel … tatsächlich gegeben hat und daß dort ein Tennisplatz vorhanden gewesen ist. Seiner Behauptung, es handele sich um einen Privatstrand des Hotels … kann die Kammer nicht entnehmen, daß dem Kläger die Strand- oder Tennisplatzbenutzung verwehrt worden sei. Der Kläger hat bereits nicht behauptet, daß er jemals versucht habe, diese Einrichtungen zu benutzen. Daß sie tatsächlich nicht zugänglich gewesen seien, ist ebenfalls nicht dargelegt worden. Da am Hotel … ein Strand sowie ein Tennisplatz vorhanden gewesen sind, verringert sich die Beeinträchtigung des Klägers insoweit auf die Inkaufnahme längerer Wege. Unter Berücksichtigung des Wertes der mangelfrei erbrachten Reiseleistungen (Hin- und Rücktransport, Überlassung des Hotelzimmers sowie der Verpflegung) kommt eine höhere Minderung als 20 % nicht in Betracht.

5.

34. Die vom Kläger erklärte Kündigung des Reisevertrages ist daher mangels erheblicher Beeinträchtigung der Reise unwirksam gewesen. Es kann daher offenbleiben, ob die sonstigen Voraussetzungen der Kündigung vorgelegen haben.

II.

35. Der aus der Minderung resultierende Rückzahlungsanspruch des Klägers ist durch die vorgerichtliche Zahlung der Beklagten in Höhe von 714 DM erloschen. Dem Kläger hat allenfalls ein Rückzahlungsanspruch von 229,50 DM zugestanden.

36. Die Minderung ist auf den Zeitraum beschränkt, in dem der Kläger die Reiseleistungen der Beklagten vor Ort entgegengenommen hat. Nach dem Abbruch der Reise konnte die Beklagte keine weiteren Reiseleistungen mehr erbringen, so daß die Feststellung, daß die (nicht erbrachten) Leistungen mangelhaft gewesen sind, wie §§ 651 d Abs. 1, 651 c Abs. 1 BGB für die Minderung voraussetzen, nicht getroffen werden kann. Die Hypothese, daß die vorgetragenen Mängel bis zum vertraglichen Reiseende fortbestanden hätten, reicht ausweislich des Wortlautes der §§ 651 d Abs. 1, 651 c Abs. 1 BGB nicht aus, um den Reisepreis zu mindern. Die Vorschriften machen die Minderung ausdrücklich davon abhängig, daß die Reise mangelhaft „ist“; außerdem läßt sich die für die Bemessung der Minderung maßgebliche Wertdifferenz nicht feststellen, soweit die Reiseleistung nicht erbracht worden ist. Die Kammer kann daher der gegenteiligen Auffassung des Landgerichts Frankfurt (NJW-​RR 1991, 880) nicht beitreten. Der Fortbestand der vertraglichen Leistungspflichten nach einer unwirksamen Kündigung besagt über den Wert der noch zu erbringenden, aber nicht abgerufenen Leistungen des Reiseveranstalters nichts. Im übrigen fehlt es im vorliegenden Fall an hinreichendem Vortrag zu der Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang den Mängeln nach Abreise des Klägers hätte abgeholfen werden können.

37. Da der Kläger höchstens 3 Tage am Urlaubsort verbracht hat, steht ihm ein Rückzahlungsanspruch von allenfalls 229,50 DM (30 % des auf die ersten 3 Tage entfallenden Reisepreises) zu. Die Beklagte hat diesen Anspruch durch ihre außergerichtliche Zahlung von 714 DM erfüllt.

III.

38. Da die Kündigung unwirksam gewesen ist, ist die Beklagte nicht verpflichtet, dem Kläger etwaige mit der vorzeitigen Rückreise verbundene Mehrkosten zu erstatten. Auch ein Schadensersatzanspruch wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit scheidet aus. § 651 f Abs. 2 BGB setzt – wie § 651 e Abs. 1 BGB mindestens eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise voraus. Diese Voraussetzung liegt jedoch, wie ausgeführt, nicht vor.

39. Der Kläger kann auch keine Ansprüche aus der von ihm hilfsweise erklärten Anfechtung wegen arglistiger Täuschung herleiten. Insoweit verweist die Kammer auf die zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts, zu deren erneuter Darstellung kein Anlaß besteht.

40. Ein Fall des Wegfalls der Geschäftsgrundlage liegt schon deshalb nicht vor, weil die für den Vertragsschluß maßgeblichen tatsächlichen Verhältnisse unverändert geblieben sind. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, daß die Geschäftsgrundlage von Anfang an gefehlt hat. Daß das Vorhandensein der abgebildeten Bucht im Zielgebiet auch für die Beklagte Grundlage des Reisevertrages gewesen ist, ist nicht ersichtlich.

41. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

42. Gegenstandswert für das Berufungsverfahren: 5.223 DM

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