Reisepreisminderung wegen fehlen zugesicherter Eigenschaft

AG Rostock: Reisepreisminderung wegen Fehlen zugesicherter Eigenschaft

Der Teilnehmer einer Kreuzfahrt forderte für sich und seine Ehefrau eine 30%-ige Reisepreisminderung, da er sich durch Reinigungsarbeiten und das Ausfahren der Landungsbrücke entstandenden Lärm belästigt fühlte.

Das Amtsgericht Rostock hat die Klage abgewiesen. Dem Kläger stehe keine Zahlung zu, da er vorgerichtlich bereits eine angemessene Entschädigung erhalten hatte.

AG Rostock 46 C 322/09 (Aktenzeichen)
AG Rostock: AG Rostock, Urt. vom 24.03.2010
Rechtsweg: AG Rostock, Urt. v. 24.03.2010, Az: 46 C 322/09
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Amtsgericht Rostock

1. Urteil vom 24. März 2010

Aktenzeichen 46 C 322/09

Leitsatz:

2. Durch das Ausfahren der Landungsbrücke entstehende Geräusche sind schiffstypisch, allenfalls eine Unannehmlichkeit und somit kein Reisemangel.

Zusammenfassung:

3. Der Kläger und seine Ehefrau nahmen an einer von der Beklagten durchgeführten Kreuzfahrt teil. Eines Nachts wurden sie aus dem Schlaf gerissen, da die Schiffswand mit einem Hochdruckstrahl gereinigt wurde. Vom Lärm erschreckt gingen die Kläger von einem Unfall aus und konnten nicht mehr schlafen. Weitere Lärmbelästigung empfanden sie durch das Ausfahren der Landungsbrücke, die sich in der Nähe ihres Kabinenfensters befand, sodass außerdem eine visuelle Beeinträchtigung bestanden habe und Passagiere in die Kabine geblickt hätten.

Vorgerichtlich erhielt der Kläger bereits eine Reisepreisminderung um 10% des Tagesreisepreises für die Belästigung durch die Reinigungsarbeiten von der Beklagten, forderte vor dem Amtsgericht Rostock aber eine Minderung des gesamten Reisepreises um 30%.

Die Klage wurde abgewiesen. Für die Lärmbelästigung war der Kläger bereits angemessen entschädigt worden. Die vom Ausfahren der Landungsbrücke ausgegangenen Geräusche waren hingegen schiffstypisch, die angeblichen Blicke der Passagiere von der Beklagten nicht beherrschbar und daher beides von den Klägern hinzunehmen.

Tenor:

4. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% der jeweils beizutreibenden Forderung leistet.

Tatbestand:

5. Der Kläger begehrt von der Beklagten eine Reisepreisminderung in Höhe von 1.429,00 EUR.

6. Die Beklagte ist Reiseveranstalter für Kreuzfahrtreisen. Der Kläger buchte für sich und seine Ehefrau auf dem Clubschiff …, Route Westeuropa 5, für den Zeitraum vom 05.09. bis 19.09.2009 eine Kreuzfahrtreise zu einem Preis von 4.870,00 EUR. Die mit einem Fenster ausgestattete Kabine des Klägers befand sich direkt vor dem Freideck des Deck 5 des Schiffes.

7. In der Nacht vom 10.09. auf den 11.09.2009 führten Mitarbeiter der Beklagten in der Zeit von 01.20 Uhr bis 01.40 Uhr Reinigungsarbeiten an der Bordwand in der unmittelbaren Nähe der Kabine des Klägers durch. Die Bordwand wurde dabei mittels eines Hochdruckschlauches gereinigt. Aufgrund der Arbeiten wurden der Kläger und seine Ehefrau aus dem Schlaf gerissen.

8. Der Kläger behauptet, dass es sich bei den nächtlichen Reinigungsarbeiten um eine explosionsartige Geräuschentwicklung gehandelt habe, so dass sowohl seine Frau wie auch er von einem Unfall des Schiffes ausgegangen seien. Aufgrund dieser Aufregungen habe er auch nach Einstellung der Reinigungsarbeiten keinen Schlaf mehr finden können.

9. Für diese Störung gewährte die Beklagte eine anteilige Reisepreisminderung. Diese belief sich auf 10% des Tagespreises; mithin 31,36 EUR.

10. Während einiger Anlaufhäfen der Reise wurde den Passagieren die Möglichkeit gewährt, mittels einer Landgangbrücke an Land gelangen zu können. Dabei wurde die Landgangbrücke jeweils in den frühen Morgenstunden vor dem Fenster der Kabine des Klägers heruntergelassen.

11. Der Kläger behauptet, dass es durch das Herablassen und des direkten Installierens der Landgangbrücke vor dem Außenfenster seiner Kabine zu einer ständigen Lärmbelästigung gekommen sei. Ebenfalls sei es zu einer visuellen Störung gekommen. Sämtliche Passagiere hätten sowohl beim Verlassen des Schiffes als auch beim Betreten des Schiffes Einblick in die Kabine des Klägers genommen, dies auch, weil einige Passagiere die vor dem Fenster der Kabine „befindliche“ Fensterbank zugleich zum Aufstützen genutzt hätten, um so besser in das Schiff gelangen zu können. An eine Erholung sei an diesen Tagen nicht zu denken gewesen, zumal der Kläger bereits sämtliche angelaufenen Städte kannte und daher nicht an den Landgängen teilgenommen habe und aus diesem Grund seine Kabine nicht verlassen habe.

12. Die vom Kläger behaupteten Mängel hat dieser mit einer Gästemeldung am 11.09.2009 auf dem Schiff angezeigt. Er begehrt nunmehr mit der Klage aufgrund des geminderten Erholungswertes der Reise eine Reisepreisminderung in Höhe von 30%.

13. Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.461,00 EUR zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen gültigen Basiszinssatz ab dem 22.10.2009 sowie eine Nebenforderung in Höhe von 186,24 EUR zu zahlen.

14. Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

15. Dazu trägt sie vor, dass sie für die Störungen aufgrund der nächtlichen Reinigungsarbeiten bereits eine anteilige Reisepreisminderung in Höhe von 10% des Tagespreises zugestanden habe; weitere Ansprüche aufgrund der Reinigungsarbeiten würden dem Kläger nicht zustehen.

16. Ferner handele es sich bei den Geräuschen die beim Herunterlassen des Landgangbrücke entstehen um schiffstypische Geräusche, die keinen Mangel darstellen würden. Ein Schiffsreisender habe sich darauf einzustellen, dass es durch die schiffsbedingten Abläufe zu entsprechenden Geräuschen käme.

17. Die Scheiben der Kabinen auf Deck 5 seien von außen verspiegelt. Es könne zwar von innen herausgeschaut werden, jedoch nicht in die Kabine hinein geschaut werden. Ebenso sei es normal, dass sich einige Passagiere auf dem Freideck aufhalten. Dass diese in das Kabinenfenster schauen, sei durch die Beklagte nicht beeinflussbar und daher vom Kläger hinzunehmen.

Entscheidungsgründe:

18. Die Klage ist nicht begründet.

19. Dem Kläger steht kein über die bereits anteilig gewährte Reisepreisminderung hinausgehender Anspruch auf Minderung aus § 651 Absatz I BGB i. V. m. § 651 c BGB zu.

20. Die Voraussetzung für eine Reisepreisminderung in Form eines erheblichen Fehlers oder des Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft liegen nicht vor.

21. Bei den von der Beklagten vorgenommenen nächtlichen Reinigungsarbeiten an der Bordwand handelt es sich objektiv um eine Störung von insgesamt 20 Minuten. Hierfür wurde dem Kläger seitens der Beklagten eine anteilige Reisepreisminderung in Höhe von 10% des Tagespreises zugestanden. Dieser Prozentsatz ist angemessen. Die Höhe des Prozentsatzes der Minderung richtet sich dabei nach der Intensität und Dauer der Beeinträchtigung unabhängig von den persönlichen Eigenschaften des Reisenden, wie z. B. besondere Geräusch- und Schlafempfindlichkeit (Führich, Reiserecht, § 8 Rn. 304 ff., 5. Aufl. 2005 München).

22. Für die 20-minütige Geräuschbelästigung wurde der Kläger angemessen entschädigt. Dass der Kläger aufgrund dessen keinen weiteren Schlaf in der Nacht finden konnte, bleibt bei der Bemessung des Minderungsbetrages unberücksichtigt. Ein Anspruch auf einen höheren Minderungssatz bezüglich der nächtlichen Reinigungsarbeiten ist daher abzulehnen.

23. Dass die Landgangbrücke in unmittelbarer Nähe zur Kabine des Klägers heruntergelassen und installiert wurde, stellt keinen Reisemangel im Sinne des § 651c Absatz 1 BGB dar, sondern vielmehr eine durch den Kläger hinzunehmende Unannehmlichkeit.

24. Es gehört zu den Eigenarten einer Schiffsreise, dass die Passagiere mittels einer Landgangbrücke die Möglichkeit bekommen, das Schiff zu verlassen. Die hierbei entstehenden Geräusche sind schiffstypisch und beschränken sich auf die Zeit des Herunterlassens sowie des Hochziehens der Landgangbrücke. Dass es sich dabei um derart laute Geräusche gehandelt hat, die über das übliche zu erwartende Maß hinausgehen, hat der Kläger weder dargelegt noch bewiesen. Ebenso hat der Reiseveranstalter keinen Einfluss darauf, auf welcher Seite des Schiffes die Landgangbrücke heruntergelassen wird. Dies bestimmt sich durch die Gegebenheiten des Anlaufhafens sowie durch die Koordinierung der Liegeplätze durch die jeweilige Hafenbehörde (AG Stuttgart RRa 1998, 156).

25. Ebenso hat der Kläger die von ihm behauptete visuelle Belästigung nicht ausreichend dargelegt und bewiesen. Aufgrund der Lage der vom Kläger gebuchten Kabine auf Deck 5 in unmittelbarer Nähe zum Freideck, handelt es sich bei den Fenstern, um solche mit einer leichten Verspiegelung. So ist es zwar möglich, dass von der Kabine nach draußen geschaut werden kann, es ist hingegen nicht bzw. nur sehr undeutlich möglich, in die Kabine hinein zu schauen. Sofern dennoch andere Passagiere in das Fenster geschaut haben, ist dies jedoch nicht von der Beklagten zu beeinflussen und somit durch den Kläger hinzunehmen. Diesbezüglich sei der Kläger darauf verwiesen, dass er die Kabine in der fraglichen Zeit durchaus hätte verlassen können und zweifellos die anderen vielfältigen Möglichkeiten auf dem Schiff in Anspruch hätte nehmen können. Der Einwand des Klägers, dass er bereits alle Anlaufstädte kannte und sich daher in der Kabine aufhielt, vermag daher nicht zu überzeugen. Darüber hinaus hat der Kläger die behauptete Belästigung durch in sein Kabinenfenster hineinschauende Passagiere indirekt durch die Wahl seiner Kabine auf dem Freideck erst ermöglicht. Erst durch die Lage der Kabine auf dem Freideck besteht ja die Möglichkeit direkt an das Fenster heranzutreten und „Einblick“ zu nehmen, der heruntergelassenen Landgangsbrücke bedurfte es hierzu nicht.

26. Zu beachten ist gleichfalls, dass der Kläger den Gesamtreisepreis für sich und seine Ehefrau zahlte, und auch die Reisepreisminderung für beide geltend macht. Allerdings behauptet der Kläger nur, dass er bereits alle Anlaufstädte der Reise kennen würde. Bezüglich seiner Ehefrau erfolgt kein Vortrag. Daher ist kein Grund ersichtlich, weshalb auch die Ehefrau in der Kabine verbleiben musste.

27. Ein über die bereits erstattete anteilige Reisepreisminderung hinausgehender Anspruch auf Minderung besteht damit nicht. Ein Erstattungsanspruch der vorgerichtlichen Anwaltskosten besteht ebenfalls nicht.

28. Die Klage war dementsprechend abzuweisen.

29. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Absatz 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nummer 11, 711 ZPO.

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