Reisepreisminderung wegen kleinerem als gebuchtem Zimmer

LG Kleve: Reisepreisminderung wegen kleinerem als gebuchtem Zimmer

Der Kläger hatte für sich und seine Familie eine Hotelpauschalreise gebucht. Entgegen der Buchung wurde die Reisenden in einem einzigen Schlafzimmer unter beengten Verhältnissen untergebracht. Für diesen Reisemangel und weitere erhielt der Kläger vom Landgericht Kleve eine Reisepreisminderung.

LG Kleve 4 S 174/98 (Aktenzeichen)
LG Kleve: LG Kleve, Urt. vom 02.12.1998
Rechtsweg: LG Kleve, Urt. v. 02.12.1998, Az: 4 S 174/98
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Landgericht Kleve

1. Urteil vom 02. Dezember 1998

Aktenzeichen 4 S 174/98

Leitsatz:

2. Ein kleineres als das gebuchte Zimmer begründet einen Reisemangel.

Zusammenfassung:

3. Der Kläger hatte für sich und seine Familie bei der beklagten Reiseveranstalterin eine Reise mit Unterbringung im Hotel gebucht. Gebucht war ein Famili­en­zimmer, welches nach den Katalo­g­angaben über zwei Schlaf­zimmer verfügen und für die Belegung mit 4 Erwach­senen geeignet sein sollte. Diesen Anfor­de­rungen genügte die dem Kläger und seiner Familie tatsächlich zur Verfügung gestellte Unter­kunft bei weitem nicht. Das Appar­tement im gebuchten Hotel verfügte lediglich über ein Schlaf­zimmer und einen (kleinen) Vorraum, in dem für die Kinder ein Schlafsofa und ein zusätz­liches Klappbett aufge­stellt waren. Der Kläger musste deswegen auf ein anderes Quartier ausweichen, das dem gebuchten Hotelzimmer in keiner Weise entsprach. Darin sah der Kläger einen Reisemangel und verlangte eine Reisepreisminderung auch für andere Mängel, die er in defekter Ausstattung, Wartezeiten beim Abendessen, eingeschränkter Nutzbarkeit der Hoteltaverne und Lärmbelästigung durch die Diskothek sah.

In zweiter Instanz konnte der Kläger vor dem Landgericht Kleve einen Teil seiner Forderungen durchsetzen. Es sah in dem Ersatzzimmer ein nicht zur Reiseleistung äquivalentes Zimmer, das einen Reisemangel darstellte. Der Kläger hat demnach einen Anspruch auf Reisepreisminderung um weitere 818,43 DM zusätzlich zu den vorgerichtlich gezahlten 665,- € zu. Die Wartezeiten bei der Essensausgabe begründeten einen Reisemangel, da sie 20 Minuten überschritten. Außer der defekten Ausstattung waren die übrigen Beanstandungen des Klägers nicht substantiiert genug vorgetragen oder wie im Falle des Diskothekenlärms bloße Unannehmlichkeit.

Tenor:

4. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Kleve vom 24. April 1998 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 818,43 DM (i. W. achthundertachtzehn 43/100 Deutsche Mark) nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 29. Oktober 1997 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu 72 % und der Beklagten zu 28 % auferlegt.

Auf die schriftliche Niederlegung eines

Tatbestand:

5. wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO verzichtet.

Entscheidungsgründe:

6. Die zulässige Berufung hat in der Sache hinsichtlich eines Betrages von 818,43 DM nebst Zinsen Erfolg.

7. Dem Kläger steht gegen die Beklagte über den vorprozessual gezahlten Betrag von 665,00 DM hinaus ein auf Reisepreisminderung gestützter Erstattungsanspruch in Höhe von 818,43 DM zu – §§ 651 d Abs. 1, 472 BGB i. V. m. §§ 367, 346 ff. BGB analog.

8. Die Reise­leistung der Beklagten war mangelhaft (§ 651 c Abs. 1 BGB), weil das den Reisenden zur Verfügung gestellte Urlaubs­quartier nicht den vertrag­lichen Verein­ba­rungen entsprach. Gebucht war ein Famili­en­zimmer, welches nach den Katalo­g­angaben über zwei Schlaf­zimmer verfügen und für die Belegung mit 4 Erwach­senen geeignet sein sollte. Diesen Anfor­de­rungen genügte die dem Kläger und seiner Familie tatsächlich zur Verfügung gestellte Unter­kunft bei weitem nicht. Das Appar­tement im gebuchten Hotel verfügte lediglich über ein Schlaf­zimmer und einen (kleinen) Vorraum, in dem für die Kinder ein Schlafsofa und ein zusätz­liches Klappbett aufge­stellt waren. Es fehlte demnach nicht nur der verspro­chene, zweite vollwertige Schlafraum; die Reisenden mußten darüber hinaus in beengten Verhält­nissen quartieren, was angesichts der damit verbun­denen Unzuträg­lich­keiten in der Benutzung des Appar­te­ments von durch­schlagend negativem Einfluß auf das Gelingen der Urlaubs­reise war. Berück­sichtigt man darüber hinaus, daß ein Kind ohne eine entspre­chende Ankün­digung im Reise­ka­talog auf einer provi­so­ri­schen Klapp­liege nächtigen und so mit einer provi­so­ri­schen Schlaf­s­tätte vorlieb nehmen mußte, so recht­fertigt sich aus dem vorer­wähnten Mißstand eine Herab­setzung des Reise­preises (5.900,00 DM) um 15 %.

9. Deswei­teren waren Mängel der Ausstattung des Appar­te­ments zu beklagen. Der Kläger hat schlüssig dargelegt, daß klemmende Schrank­türen nur mit einigem Kraft­aufwand und unter entspre­chender Lärment­wicklung geöffnet werden konnten, was die Reisenden mit Recht als störend empfanden. Hierfür ist ihnen eine Reise­preis­min­derung um 2 % zuzubil­ligen.

10. Soweit der Kläger darüber hinaus geltend macht, die Möbel im Appar­tement seien beschädigt, das Inventar abgewohnt und der Teppich zerschlissen gewesen, genügt sein Sachvortrag auch im Verfahren zweiter Instanz nicht den Anfor­de­rungen an ein nachprüf­bares Tatsa­chen­vor­bringen, weil nicht ersichtlich ist, welche Mißstände im einzelnen zu beklagen gewesen sein sollen. Insoweit kann er deshalb keine Minderung des Reise­preises beanspruchen. Gleiches gilt für den Umstand, daß die Fliesen im Bad schmierig und fleckig gewesen sein sollen. Ob und wenn ja in welchem Umfang derartige Sauber­keits­mängel in einem das als bloße Reiseu­n­an­nehm­lichkeit zumutbare Maß hinaus­ge­henden Umfang vorhanden waren, ist nicht hinrei­chend spezi­fi­ziert vorge­tragen. Bohrstaub auf einer Ablage im Bad stellt zur Überzeugung der Kammer keinen Reise­mangel, sondern eine bloße Reiseu­n­an­nehm­lichkeit dar, die der Kläger und seine Mitrei­senden entschä­di­gungslos hinnehmen müssen. Einen Fehler der Reise­leistung stellt demge­genüber das Vorhan­densein eines defekten WC-Sitzes dar, der nach dem insoweit unwider­sprochen geblie­benen Vorbringen des Klägers nur lose auf der WC-Schüssel auflag. Hierfür kann er 1 % des Reise­preises.

11. Die Ausstattung des Urlaubs­quar­tiers war in einem weiteren Punkt mangelhaft, weil die Fenster und die Balkontüre im Appar­tement nicht verschließbar waren. Aller­dings ist hierdurch allen­falls eine marginale Beein­träch­tigung der Urlaubs­freude einge­treten, weil kaum ernsthaft zu befürchten war, daß Unbefugte über den Balkon in das Appar­tement des Klägers im 7. Oberge­schoß des Hotel­ge­bäudes gelangen konnten. Daß die 5 und 7 Jahre alten Kinder des Klägers durch den vorbe­zeich­neten Umstand konkret gefährdet waren, ist fernliegend. Soweit es den Kindern angesichts ihres Alters überhaupt an der Fähigkeit mangelte, die mit der unbeauf­sich­tigten Betätigung der Schie­be­fenster einher­ge­henden Gefahren zu begreifen und dement­spre­chend zu handeln, bedurften sie schon deshalb der elter­lichen Ermahnung und Aufsicht, weil die Gefahr eines Sturzes aus dem 7. Oberge­schoß bei der Benutzung des vertraglich zugesi­cherten und von dem Kläger offen­sichtlich gewünschten Balkons für die Kinder viel größer war, als sich dies durch die nicht verschließ­baren Schie­be­fenster ergeben konnte. Es kann also nicht festge­stellt werden, daß der in Rede stehende Ausstat­tungs­mangel mit einer nennenswert ins Gewicht fallenden Belastung der Eltern durch einen erhöhten Beauf­sich­ti­gungs­aufwand verbunden war. Die vom Amtsge­richt für den vorer­wähnten Mangel in Ansatz gebrachte Minderung des Reise­preises um 1 %, mithin ist deshalb ausrei­chend und angemessen.

12. Unstreitig fehlt der vertraglich zugesi­cherte Fahrr­ad­verleih im gebuchten Hotel. Damit war dem Kläger und seiner Familie die Möglichkeit genommen, mit vertret­barem Aufwand Ausflüge per Fahrrad zu unter­nehmen, die gerade für eine Familie mit Kindern einen Urlaubsspaß darstellen, dessen Fortfall der Kläger mit Recht beklagt. Anderer­seits hätte der Kläger die Fahrräder gegen Zahlung eines entspre­chenden Entgeltes mieten müssen, so daß für diesen Reise­mangel eine Herab­setzung des Reise­preises um 3 %, was einem Erstat­tungs­betrag von entspricht, ausrei­chend und angemessen ist.

13. Deswei­teren fehlte im Appar­tement der zugesi­cherte Safe, so daß die Reisenden ihre Wertge­gen­stände im Hotelsafe an der Rezeption unter­bringen mußten, was mit zusätz­lichen Mühen und – wenngleich gering­fü­gigen – Beschwer­nissen verbunden war. Hieraus ergibt sich eine Minderung des Reise­preises um 1 %.

14. Demge­genüber hat der Kläger von seiner erstin­stanz­lichen Behauptung, die im Reise­ka­talog der Beklagten erwähnte Taverne sei nicht vorhanden gewesen, im Berufungs­rechtszug Abstand genommen und behauptet jetzt nur noch, die Taverne sei „nicht an jedem Tag geöffnet gewesen“. An welchen Tagen und zu welchen Zeiten die Taverne geschlossen gewesen sein soll, teilt der Kläger indes nicht mit, so daß sein Sachvortrag in diesem Punkt nicht hinrei­chend substan­tiiert ist und deshalb eine weiter­ge­hende Reise­preis­min­derung nicht zu recht­fer­tigen vermag. Die im Reise­ka­talog angepriesene Cafeteria war nach dem insoweit unwider­sprochen geblie­benen Vorbringen der Beklagten am Strand vorhanden; das Fehlen einer vertraglich zugesi­cherten Eigen­schaft läßt sich deshalb in diesem Punkt nicht feststellen.

15. Entgegen der Auffassung des Amtsge­richts kann der Kläger hingegen für überlange Warte­zeiten im Zusam­menhang mit der Einnahme des Abendessens eine zeitan­teilige Minderung des auf 6 Urlaubstage entfal­lenden Reise­preises (2.528,57 DM) um 5 %, das sind beanspruchen. Es gehört nach ständiger Recht­spre­chung der Kammer zu den unabän­der­baren Unannehm­lich­keiten einer Flugpau­schal­reise, daß die Urlauber im Ferien­hotel bei der Einnahme der Mahlzeiten mit Warte­zeiten von bis zu 20 Minuten konfron­tiert werden, was grund­sätzlich entschä­di­gungslos hinzu­nehmen ist. Müssen die Reisenden hingegen länger warten, ohne daß der Reise­ver­an­stalter recht­zeitig auf diesen Umstand hinge­wiesen hat, so ist die Reise­leistung in diesem Punkt fehlerhaft und der Reise­preis zu mindern. Hier hat der Kläger schlüssig dargelegt, daß er am 27. August, 29. August, 30. August, 31. August, 4. September und 5. September 1997 jeweils 30 bzw. 40 Minuten warten mußte, bevor er und seine Familie Gelegenheit erhielten, die Abend­mahlzeit im Speisesaal des Hotels einzu­nehmen. Dem ist die Beklagte nicht mit eigenem nachprüf­baren Sachvortrag entge­gen­ge­treten. Folglich kann der Kläger nach obigen Grund­sätzen eine Herab­setzung des Reise­preises beanspruchen, die aufgrund einer Gesamtschau der insoweit maßgeb­lichen Umstände dem zuerkannten Betrag entspricht. Er muß sich in Abwei­chung von der Entscheidung des Amtsge­richts nicht entge­gen­halten lassen, seiner Rügeob­lie­genheit gemäß § 651 d Abs. 2 BGB nicht in ausrei­chendem Maße nachge­kommen zu sein. Fest steht, daß er den o. g. Mißstand bei der Reise­lei­terin gerügt hat, nämlich am 26. August 1997. Daß die bis zu diesem Zeitpunkt aufge­tre­tenen Warte­zeiten nur jeweils 15 Minuten betrugen und eine Minderung des Reise­preises deshalb nicht zu recht­fer­tigen vermochten, gereicht dem Kläger nicht zum Nachteil. Es reichte vielmehr aus, daß er bei der auf Seiten der Beklagten zur Entge­gen­nahme von Mängel­rügen berufenen Person unmiß­ver­ständlich klarge­stellt hat, mit den bei der Einnahme der Abend­mahl­zeiten auftre­tenden Warte­zeiten nicht einver­standen zu sein. Von ihm als rechts­un­kun­digem Reisenden konnte nicht erwartet werden, verläßlich und selbständig zu beurteilen, in welchem Umfang Warte­zeiten auftreten müssen, um berech­tigten Anlaß für eine Mängelrüge zu haben. Eine erneute Mänge­l­an­zeige nach dem 26. August 1997 wäre nach den Grund­sätzen von Treu und Glauben deshalb allen­falls dann veranlaßt gewesen, wenn der Kläger von der Reise­lei­terin über die in diesem Zusam­menhang maßgeb­lichen recht­lichen Gesichts­punkte aufge­klärt und insbe­sondere ausdrücklich darauf hinge­wiesen worden wäre, daß nur Warte­zeiten von mindestens 20 Minuten einen Fehler der Reise­leistung darstellen, dem die Beklagte hätte abhelfen müssen. Daß dem Kläger ein solcher Hinweis erteilt wurde, behauptet die Beklagte indes nicht.

16. Für die behaup­teten Beein­träch­ti­gungen durch Disco­the­kenlärm kann der Kläger eine Herab­setzung des Reise­preises nicht beanspruchen. Sein Vorbringen hierzu ist auch im Verfahren zweiter Instanz, wenngleich in zeitlicher Hinsicht konkre­ti­siert, nicht hinrei­chend spezi­fi­ziert, um einen Reise­mangel schlüssig darzutun. Die lärme­mit­tie­rende Diskothek befand sich nach dem Vorbringen des Klägers außerhalb der Hotel­anlage; ihr Vorhan­densein stellte also für sich genommen keinen Reise­mangel dar. Deshalb war es Sache des Klägers, nach besten Kräften nachprüfbar zum tatsäch­lichen Ausmaß der Lärmim­mis­sionen vorzu­tragen. Dem ist mit der schlichten Behauptung, man sei mit Lärm konfron­tiert gewesen, der über das von einem mit üblicher Zimmer­laut­stärke betrie­benen Radio hervor­ge­ru­fenen Maß hinaus­ge­gangen sei, nicht genüge getan. Erfor­derlich waren vielmehr detail­lierte und nachprüfbare Angaben zur Örtlichkeit, insbe­sondere zur Entfernung des Disko­the­ken­ge­bäudes nicht nur vom gebuchten Hotel, sondern insbe­sondere von dem Appar­tement der Kläger. Weil solche Angaben fehlen, überdies keineswegs selbst­ver­ständlich ist, daß in der im 7. Oberge­schoß des Hotel­ge­bäudes gelegenen Unter­kunft des Klägers die von einer außerhalb des Hotel­ge­ländes gelegenen Diskothek ausge­henden Lärmim­mis­sionen in einer das hinzu­neh­mende Maß überstei­genden Lautstärke zu hören waren, vermag die Kammer auf der Grundlage des in diesem Punkt nur unzurei­chenden Sachvortrag des Klägers einen Mangel der Reise­leistung nicht mit hinrei­chender Sicherheit festzu­stellen.

17. Es errechnet sich nach alledem ein Erstat­tungs­betrag von insgesamt auf den die Beklagte unstreitig gezahlt hat. Sie schuldet jetzt noch den Restbetrag von 818,43 DM.
Der geltend gemachte Zinsanspruch rechtfertigt sich in zuerkannter Höhe aus §§ 284 Abs. 1, 286, 288 Abs. 1 BGB.

18. Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 92 Abs. 1 ZPO.

19. Gegenstandswert für das Berufungsverfahren: 2.875,00 DM.

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