Reiseausfall wegen betrügerischer Handlungen des Reiseveranstalters

OLG Hamburg: Reiseausfall wegen betrügerischer Handlungen des Reiseveranstalters

Ein Reisender buchte bei einem Reiseveranstalter eine Reise. Der Reiseveranstalter wurde jedoch zahlungsunfähig und die Reiseleistungen wurden daher nicht erbracht. Der Reisende klagte deshalb gegen den Kundengeldabsicherer auf Rückzahlung des bereits bezahlten Reisepreises.

Das Landgericht (kurz: LG) Hamburg wies die Klage ab, das Reisende ging in Berufung und wurde auch vor dem Oberlandesgericht (kurz: OLG) Hamburg zurückgewiesen.

OLG Hamburg 9 U 132/10 (Aktenzeichen)
OLG Hamburg: OLG Hamburg, Urt. vom 13.09.2010
Rechtsweg: OLG Hamburg, Urt. v. 13.09.2010, Az: 9 U 132/10
Rechtsweg: LG Hamburg
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Oberlandesgericht Hamburg

1. Urteil vom 13. September 2010

Aktenzeichen 9 U 132/10

Leitsätze:

2. Fällt eine Reise aufgrund der betrügerischen Handlungen eines Reiseveranstalters aus, so besteht bei Zahlungsunfähigkeit kein Anspruch auf Erstattung gegenüber dem Kundengeldabsicherer.

Zusammenfassung:

3. Der Kläger buchte bei einem Reiseveranstalter eine Reise. Der Reiseveranstalter verwendete das ihm überwiesene Geld jedoch für andere Zwecke und beabsichtigte nicht die Reise, wie von ihm erwartet, zu organisieren. Die Reiseleistung wurde daher natürlich nicht erbracht. Der Reiseveranstalter geriet in die Zahlungsunfähigkeit und eine Rückzahlung der gezahlten Beträge ist ihm natürlich nicht möglich.

Der Kläger verklagte daher den Kundengeldabsicher auf Rückzahlung der gezahlten Geldbeträge. Die Beklagte lehnte die Zahlung der Beträge jedoch ab, da ein Anspruch auf Zahlung gegenüber dem Kundengeldabsicherer nur bestanden habe, wenn die Reise aufgrund der Zahlungsunfähigkeit ausfiel.

Das LG Hamburg wies die Klage ab, der Kläger hätte keinen Anspruch auf eine Erstattung durch den Kundengeldabsicherer gehabt. Die Reise wäre auch ohne die Zahlungsunfähigkeit des Reiseveranstalters nicht durchgeführt worden. Dafür spräche, dass der Reiseveranstalter bei dem Hotel, in dem gebucht worden wäre, nicht einmal bekannt war. Die Flugtickets wurden allem Anschein nach auch nicht gebucht. Der Kläger hätte lediglich einen Anspruch auf Erstattung gehabt, wenn die Reise aufgrund der Zahlungsunfähigkeit ausgefallen wäre. Der Kläger ging in Berufung.

Das OLG Hamburg wies die Berufung als unbegründet zurück, da es sich der Auffassung des LG Hamburg völlig anschloss.

 

Tenor:

4. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat.

Gründe:

I.

5. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Berufungsbegründung rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Die Voraussetzungen eines Anspruches des Klägers aus § 651 k Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 BGB i.V.m. § 2 Abs. 1 des Insolvenzversicherungsvertrags v. 3.7./8.7.2009 sind nicht gegeben.

6. Dabei kann dahinstehen, ob § 651 k Abs. 1 Nr. 1 BGB einen spezifischen Zusammenhang zwischen dem Ausfall der Reiseleistung und der Zahlungsunfähigkeit des Reiseveranstalters bzw. der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfordert (bejahend Führich, Reiserecht, 6. Auflage 2010, Rn. 575, Staudinger-​Eckert, BGB, 2003, § 651 k Rn. 8, Auffassung des Ombudsmannes der Versicherungen Prof. Dr. H…, Anlage B 5). Der Wortlaut von § 651 k Abs. 1 Nr. 1 BGB (..infolge Zahlungsunfähigkeit oder Eröffnung des Insolvenzverfahrens…) spricht nicht zwingend für diese Auslegung. Gleiches gilt für den Wortlaut der EG-​Pauschalreiserichtline vom 13.6.1990, Art. 7 (..im Fall der Zahlungsunfähigkeit oder des Konkurses..). Allerdings wird in der Präambel der Richtlinie ausgeführt, dass dem Verbraucher damit gedient wäre, Sicherheiten für den Fall der Zahlungsunfähigkeit nachzuweisen. Auch in dem Gesetzentwurf zur Umsetzung der Richtlinie heißt es: „Neu ist die Verpflichtung des Reiseveranstalters, für den Fall seiner Zahlungsunfähigkeit oder seines Konkurses sicherzustellen, dass dem Reisenden der gezahlte Reisepreis … erstattet werden“ (BT-​Drucksache 12/5354 S. 1). Diese Formulierungen könnten dafür sprechen, dass durch die Richtlinie ausschließlich der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgesichert werden sollte und eine Ausdehnung auf kriminelle Handlungen, die zwangsläufig zur Zahlungsunfähigkeit führen, nicht beabsichtigt war. Abgesichertes Risiko wäre nach dieser Auffassung das Insolvenzrisiko des Reiseveranstalters, nicht hingegen das allgemeine Risiko, Opfer eines vorsätzlich schädigenden Vertragspartners zu werden.

7. Ob dieser Auffassung zu folgen ist, bedarf indes keiner abschließenden Entscheidung. Nach der Rechtsprechung des BGH hat der Reisende in Fällen des § 651 k Abs. 1 BGB darzulegen und zu beweisen, dass Reiseleistungen infolge Zahlungsunfähigkeit oder Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgefallen sind. Erst danach obliegt es dem Kundengeldabsicherer, darzulegen und zu beweisen, dass die Reiseleistung auch ohne die Zahlungsunfähigkeit oder Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgefallen wäre (BGH v. 16.4.2002, Az.: X ZR 17/01, Rz. 31 zit. nach juris).

8. Im vorliegenden Fall war zwar die Zahlungsunfähigkeit des Reiseveranstalters R… R… GmbH für den Ausfall der Reiseleistung des Klägers jedenfalls mitursächlich. Die Beklagte hat jedoch -den vorstehenden Grundsätzen gemäß- nachgewiesen, dass die Reiseleistung des Klägers auch ohne die Zahlungsunfähigkeit des Reiseveranstalters ausgefallen wäre. Aufgrund der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Köln und der Feststellungen im Haftbefehl des AG Köln vom 19.11.2009, in welchem der Kläger als einer von 137 Betroffenen namentlich aufgeführt worden ist, steht zur Überzeugung des Senats nämlich fest, dass der Reiseveranstalter R…-​R… GmbH von Anfang an nicht die Ansicht verfolgte, die vom Kläger gebuchte Reise durchführen zu lassen. So spricht insbesondere die Tatsache, dass bei dem vom Kläger ausgesuchten Hotel seitens der R… R… GmbH keinerlei Buchung vorgenommen worden ist, der Reiseveranstalter dort sogar unbekannt war, für die Richtigkeit der strafrechtlichen Ermittlungsergebnisse. Die E-​Mail Nachricht der C… F… GmbH vom 24.9.2009 führt zu keiner anderen Beurteilung. Die Nachricht ist inhaltlich unklar. Es wird nicht deutlich, ob die Flüge von der R… R… GmbH bezahlt worden sind. Falls dies der Fall gewesen sein sollte, ist aufgrund der Gesamtumstände davon auszugehen, dass die Buchung der Flüge Teil der Täuschungshandlung im Rahmen des Betruges nach § 263 StGB gewesen ist. Ferner ist nach den Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden davon auszugehen, dass die eingehenden Kundengelder durch die R… R… GmbH fortlaufend abgehoben und für andere Zwecke verwendet worden sind. Die vom Kläger gebuchte Reise wäre damit aufgrund der betrügerischen Handlungen des Reiseveranstalters ohnehin i.S.d. der Rechtsprechung des BGH ausgefallen, mithin auch ohne die später eingetretene Zahlungsunfähigkeit.

II.

9. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch erscheint eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich. Dem Kläger wird Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer Frist von zwei Wochen gegeben.

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