Felsenstrand anstatt des zugesicherten Sandstrandes als Reisemangel
AG Bad Homburg: Felsenstrand anstatt des zugesicherten Sandstrandes als Reisemangel
Die Klägerin buchte bei der Beklagten Reiseveranstalterin eine Reise in ein Hotel mit Sandstrand. Dort angekommen stellte sie fest, dass dort nur einen felsigen Strand gab. Das Amtsgericht Bad Homburg gab der Klage statt.
AG Bad Homburg | 2 C 354/01 (Aktenzeichen) |
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AG Bad Homburg: | AG Bad Homburg, Urt. vom 08.06.2001 |
Rechtsweg: | AG Bad Homburg, Urt. v. 08.06.2001, Az: 2 C 354/01 |
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Leitsatz:
2. Ein felsiger Strand begründet einen Reisemangel, wenn im Reiseprospekt ein Sandstrand angegeben ist.
Zusammenfassung:
3. Die Klägerin buchte bei der beklagten Reiseveranstalterin eine Reise in ein Hotel mit Sandstrand vom 28. August bis 5. September 2000 zum Preis von 7717,– DM. Dort angekommen stellte die sie fest, dass es am Hotel nicht wie angegeben einen Sandstrand gab, sondern nur einen felsigen Strand mit überwiegend Kies.
Das AG Bad Homburg gab dem Verlangen der Klägerin statt. Die Beklagte hatte entgegen der Realität in ihrem Prospekt angegeben, dass ein Sandstrand an der Südwestküste läge. Das war hier nicht der Fall, sodass ein Reisemangel vorlag, der eine Reisepreisminderung um 771,70 DM gestattete.
Tenor:
4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 771,70 DM nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatzüberleitungsgesetzes seit dem 7.10.2000 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 80 % sowie die Beklagte 20 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten hinsichtlich der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 600,– DM abzuwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.150,– DM abzuwenden, falls nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
5. Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten Ansprüche auf Minderung des Reisepreises aus einem zwischen den Parteien abgeschlossenen Pauschalreisevertrag geltend.
6. Die Klägerin buchte für sich, ihren Ehemann sowie ihren 14-jährigen Sohn bei der Beklagten eine vom 25.8. bis 7.9.2000 andauernde Pauschalreise auf die Insel … mit Unterbringung in einem Doppelzimmer nebst Zustellbett in dem von der Beklagten mit 4 N kategorisierten Hotel … nebst all-inclusive-Verpflegung zu einem Gesamtreisepreis von 7717,– DM.
7. Wegen der weiteren Einzelheiten der gebuchten Reise wird auf die Reisebestätigung der Beklagten vom 19.1.2000 (Bl. 6,7 d.A.) sowie die Katalogbeschreibung (Bl. 8 d.A.) Bezug genommen.
8. In dem der Buchung zugrundeliegenden Katalog hatte die Beklagte die Lage des Hotels wie folgt beschrieben:
9. „An der Südwestküste der Insel, direkt am schönen Sandstrand. Das berühmte … befindet sich ganz in der Nähe“.
10. In ihrem aktuellen Katalog beschreibt die Beklagte nunmehr die Lage des Hotels wie folgt:
11. „An der Südwestküste der Insel, an einer felsigen, von Korallengestein durchsetzten Badebucht. Das berühmte … mit idealen Schnorchel- und Tauchplätzen ist ca. 3 km entfernt“.
12. Am 31.8.2000 wurde durch die örtliche Reiseleiterin der Beklagten eine Personenschadensanzeige aufgenommen (…), nachdem die Klägerin dieser gemeldet hatte, daß ihr Sohn sich an diesem Tage beim Rausgehen aus dem Swimmingpool seine große Zehe an einer Bodenfliese aufgerissen gehabt hätte. Am 5.9.2000 wurde zudem durch die örtliche Reiseleitung eine schriftliche Gesprächsnotiz angefertigt, in der durch die Klägerin erhobene Beanstandungen festgehalten wurden. Wegen dem einzelnen von der Klägerin vorgetragenen Beanstandungen wird auf den Inhalt der Gesprächsnotiz … Bezug genommen.
13. Mit Schreiben ihrer Prozeßbevollmächtigten vom 22.9.2000 … hat die Klägerin die Beklagte zur Rückzahlung von 50 % des Reisepreises bis zum 6.10.2000 aufgefordert.
15. entgegen der Katalogbeschreibung sei die Anlage völlig isoliert gewesen, da der nächste Ort nur mit einem Taxi oder Mietwagen erreichbar gewesen sei. Entsprechende Hinweise hierauf habe es jedoch im Prospekt nicht gegeben. Auch der im Katalog abgebildete Sandstrand mit Palmen sei nicht vorhanden gewesen, sondern der zugesicherte Sandstrand habe vielmehr aus einem steinigen, felsigen Strand mit wenig Sandfläche sowie mit Riffen und Steinen, insbesondere unter Wasser und einer damit verbundenen Verletzungsgefahr bestanden, wie er nunmehr auch im aktuellen Katalog beschrieben werde. Ab ca. 20.00 Uhr abends habe regelmäßig in der gesamten Anlage ein unerträglicher Geruch nach Fäkalien und Kloake geherrscht. Am 31.8.2000 habe sich ihr Sohn an einer losen Bodenfliese beim Verlassen des Swimmingpools ein ca. Markstück großes Stück Fleisch und Haut aus einem großen Zeh herausgerissen bzw. angeschnitten, weshalb er aufgrund dieser schmerzhaften Verletzung die restliche Zeit, insbesondere während der folgenden 5 Tage, weder den Swimmingpool habe nutzen, noch an einem gebuchten Tauchkurs habe teilnehmen können. Dies sei ihm vielmehr erst am 5.9.2000 und dabei auch nur unter erheblichen Schmerzen wieder möglich gewesen. Die Verletzung des Sohnes habe auch eine erhebliche Beeinträchtigung für sie selbst sowie ihren Ehemann dargestellt, da geplante Touren und das geplante Tauchen im Meer nicht mehr durchführbar gewesen seien. Sämtliche Mängel seien von ihr mehrmals mündlich, teilweise bereits zu Beginn des Aufenthaltes, gegenüber der Reiseleitung gerügt worden. Von dieser sei sie jedoch immer wieder mit Worten „machen wir später“, „zur Zeit habe ich kein Formular dabei“, vertröstet worden. Sie ist der Auffassung, ihr stehe daher ein Anspruch auf Minderung des Reisepreises um 50 % zu.
17. die Beklagte zu verurteilen, an sie 3858,50 DM nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatzüberleitungsgesetzes seit 7.10.2000 zu zahlen.
20. Sie trägt vor, die Anlage habe sich 20 Autominuten von der nächsten Stadt entfernt befunden. Aufgrund der Ausschreibung habe daher insoweit kein Mangel vorgelegen.
21. Am Strand vor dem Hotel habe es Palmen gegeben und daß im Wasser Riffe und Steine vorhanden gewesen seien, habe nichts mit der Beschaffenheit des Strandes zu tun und stelle ebenfalls keinen Mangel dar, zumal im Hotel kostenlos Badeschuhe ausgegeben worden seien. Ein unerträglicher Geruch nach Fäkalien oder Kloake sei auch abends nicht in der Anlage aufgetreten. Die von der Klägerin vorgetragene Verletzung ihres Sohnes bestreite sie mit Nichtwissen, da eine anderweitige Ursache genausogut denkbar sei und der Vortrag nicht hinreichend substantiiert sei, da nicht dargelegt worden sei, wo welche Bodenfliese lose gewesen sein soll. Darüber hinaus müsse eine lose Bodenfliese, die offensichtlich zuvor noch nicht einmal der Klägerin aufgefallen sei, als verborgener Mangel angesehen werden, für den sie nicht hafte. Die behauptete Verletzung des Sohnes der Klägerin sei daher als Verwirklichung eines allgemeinen Lebensrisikos anzusehen. Die Klägerin habe sich zudem erstmals am 5.9.2000 mit Mängelrügen an die örtliche Reiseleitung gewandt, weswegen sie gemäß § 651 d Abs. 2 BGB mit der Geltendmachung von Minderungsansprüchen ausgeschlossen sei.
22. Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
23. Die Klage ist teilweise begründet.
24. Die Klägerin steht gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Minderung und Rückzahlung des Reisepreises aus § 651 d Abs. 1 BGB in Höhe 771,70 DM zu, da die Reise mit einem Mangel im Sinne von § 651 c Abs. 1 BGB behaftet war.
25. Da die Beklagte in der der Buchung zugrundeliegenden Katalogbeschreibung angegeben hatte, daß sich das Hotel direkt am schönen Sandstrand befinden würde, lag ein Reisemangel vor, soweit es keinen reinen Sandstrand vor Ort gab, sondern der Strand vielmehr steinig und felsig mit wenig Sandfläche war, wie es auch der aktuellen Katalogbeschreibung der Beklagten entspricht. Dieser Mangel rechtfertigte daher eine Minderung des Reisepreises um 10 % und somit von 771,70 DM. Die Beklagte konnte sich diesbezüglich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, daß die Klägerin aufgrund einer erstmalig am 5.9.2000 vorgenommenen Mängelrüge Minderungsansprüche verwirkt hätte. Bezüglich dieses Mangels ist nämlich eine verspätete Mängelrüge unschädlich, da der Beklagten die Abweichung bzgl. des vorhandenen Strandes von der Katalogbeschreibung bekannt gewesen sein mußte.
26. Weitergehende Minderungsansprüche bestanden dagegen nicht, so daß die Klage im übrigen abzuweisen war.
27. Da die Beklagte im Katalog nicht zugesichert hatte, daß sich in der Nähe des Hotels Ortschaften befinden würden, war es nicht als Reisemangel zu werten, so weit zum Erreichen der nächsten Orte ein Taxi oder Mietwagen erforderlich war. Insoweit mußte sich vielmehr ein Reisender vor Buchung der Reise selbst darüber informieren, welche Entfernung bis zum Erreichen des nächsten Ortes zurückzulegen waren.
28. Bezüglich des von der Klägerin behaupteten Geruchs nach Fäkalien und Kloake in der gesamten Anlage regelmäßig ab ca. 20.00 Uhr abends scheiterte ein Minderungsanspruch gemäß § 651 d Abs. 2 BGB daran, daß die Klägerin diesen Mangel ausweislich der schriftlichen Gesprächsnotiz erstmals am 5.9.2000 und damit 2 Tage vor Reiseende gegenüber der örtlichen Reiseleiterin gerügt hatte. Insoweit ist die von der Klägerin unterzeichnete Gesprächsnotiz als private Urkunde zu werten, die die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit in sich birgt. Da die Beklagte bestritten hat, daß die Klägerin bereits zuvor Mängel gegenüber der örtlichen Reiseleiterin gerügt hatte, hätte die Klägerin daher substantiiert darlegen müssen, weshalb sie diese Gesprächsnotiz unterzeichnet hatte, wenn sie diesen Mangel bereits zuvor gerügt hatte. Hierzu fehlte es jedoch an einem substantiierten Vortrag. Insbesondere hat die Klägerin lediglich behauptet, sie habe sämtliche Mängel mehrmals mündlich und teilweise bereits zu Beginn des Aufenthalts gegenüber der Reiseleitung gerügt gehabt. Sie hat jedoch nicht substantiiert dargelegt, wann genau, daher an welchem Datum und bei welcher Gelegenheit dies geschehen sein soll. Eine Vernehmung der von der Klägerin hierfür angebotenen Zeugen kam daher nicht in Betracht, da es sich insoweit um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis gehandelt hätte.
29. Auch bezüglich der behaupteten Verletzung ihres Sohnes an einer losen Bodenfliese im Swimmingpool steht der Klägerin kein Minderungsanspruch zu. Soweit sich nämlich tatsächlich der Sohn der Klägerin beim Verlassen des Swimmingpools an einer losen Bodenfliese verletzt hat, muß dieses nämlich als die Verwirklichung des allgemeinen natürlichen Lebensrisikos des Reisenden angesehen werden, das nicht reisespezifisch ist und mit dessen Auftreten im privaten Alltag gerechnet werden muß (vgl. Führich, Reiserecht, 3. Aufl. Rn. 196). Eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht kann diesbezüglich nämlich der Beklagten nicht vorgeworfen werden. Die Beklagte hat nämlich bestritten, davon Kenntnis gehabt zu haben, daß diese Bodenfliese lose gewesen ist. Eine ständige Kontrollpflicht der Beklagten bzgl. der einzelnen Fliesen im Swimmingpool besteht nicht. Die Klägerin hat auch nicht vorgetragen, daß es erkennbar gewesen sei, daß gerade diese Bodenfliese, an der sich ihr Sohn verletzt haben soll, lose war. Vielmehr muß aus dem eigenen Vortag der Klägerin geschlossen werden, daß es vor der Verletzung ihres Sohnes nicht erkennbar war, daß gerade diese Bodenfliese lose war. Bereits aus diesem Grunde scheidet daher ein Minderungsanspruch aus. Im übrigen hat die Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, daß die Klägerin auch nicht substantiiert dargelegt hat, an welcher Fliese sich ihr Sohn beim Verlassen des Swimmingpools genau verletzt haben soll.
30. Nach alledem war die weitergehende Klage daher abzuweisen.
31. Der zugesprochene Zinssatz beruht auf den §§ 284 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.
32. Die Beklagte befand sich mit Ablauf der ihr durch die Prozeßbevollmächtigten der Klägerin mit Schreiben vom 22.9.2000 bis zum 6. 10. 2000 gesetzten Zahlungsfrist in Verzug.
33. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
34. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat seine Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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