Berechnung der Reisepreisminderung

LG Hannover: Berechnung der Reisepreisminderung

Der Kläger buchte bei der Beklagten einen Pauschalurlaub. Der Urlaub fand in einem Ferienclub statt. Während des Aufenthaltes sollten Animationsprogramme stattfinden. Diese wurden allerdings durch örtliche Behörden verboten. Der Kläger fordert wegen den unterbliebenen Animationsprogrammen Reisepreisminderung. Er macht geltend, dass der Reiseveranstalter hiervon noch vor Reisebeginn wusste.

In erster Instanz sprach das AG Hannover dem Kläger eine Minderungsquote von 10 % auf den Gesamtpreis zu. Auf die Berufung des Beklagten und der Anschlussberufung des Klägers hin änderte das LG Hannover den Minderungsanspruch auf 480,-​ DM nebst Zinsen.

LG Hannover 3 S 152/83 (Aktenzeichen)
LG Hannover: LG Hannover, Urt. vom 22.09.1983
Rechtsweg: LG Hannover, Urt. v. 22.09.1983, Az: 3 S 152/83
AG Hannover, Urt. v. 14.03.1983, Az: Aktenzeichen
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Landgericht Hannover

1. Urteil vom 22.09.1983

Aktenzeichen 3 S 152/83

Leitsätze:

2. Unterbleiben Animateurprogramme während einer Ferienclub-Reise, obwohl diese angekündigt waren, und wusste der Reiseveranstalter vor Reisebeginn von dem Unterbleiben, dann ist dies als ein Reisemangel zu bewerten.

Für die Berechnung der Minderung ist entscheidend, ob der Mangel nur eine Einzelleistung der Reise oder das Gesamtbild der Reise betrifft.

Zusammenfassung:

3. Der Kläger buchte bei der Beklagten einen Pauschalurlaub. Der Urlaub fand in einem Ferienclub statt. Während des Aufenthaltes in dem Club sollten Animationsprogramme stattfinden. Diese wurden allerdings durch örtliche Behörden verboten. Der Kläger fordert wegen den unterbliebenen Animationsprogrammen Reisepreisminderung. Er macht geltend, dass der Reiseveranstalter hiervon noch vor Reisebeginn wusste.

In erster Instanz sprach das AG Hannover dem Kläger eine Minderungsquote von 10 % auf den Gesamtpreis zu. Auf die Berufung des Beklagten und der Anschlussberufung des Klägers hin änderte das LG Hannover den Minderungsanspruch. Es sah nicht die gesamte Reise als von dem Mangel betroffen an. Es änderte die Minderung auf 480,-​ DM nebst Zinsen.

Tenor:

4. Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers wird unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel das Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 14. März 1983 teilweise geändert und wie folgt neu gefaßt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger  480,-​ DM nebst 11,5 % Zinsen seit dem 16.9.1982 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 4/5 und die Beklagte zu 1/5.

Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz tragen die Parteien je zur Hälfte.

 

Gründe:

5. Die Berufung und Anschlussberufung sind zulässig; insbesondere ist es für die Anschlussberufung ohne Belang, dass die Berufungssumme gemäß § 511a ZPO nicht erreicht ist, weil für das Anschlussrechtsmittel eine Beschwer nicht erforderlich ist (Thomas-​Putzo, ZPO, 12.Auflage, § 521 Anm. 3; Baumbach-​Albers, ZPO, 41.Auflage, § 521 Anm. 1 B, jeweils m.w.N.). Die Rechtsmittel sind indes nur teilweise begründet.

1.

6. Dem Kläger steht der aus eigenem und abgetretenem Recht geltend gemachte Anspruch auf Minderung des Preises für die vom 17. bis 31.7.1982 durchgeführte Pauschalreise in den … auf … nur im zugesprochenen Umfang zu. § 651d BGB bestimmt, dass der Reisepreis nach Maßgabe des § 472 BGB für die Dauer des Mangels herabzusetzen ist, wenn die Reise im Sinn des § 651c Abs. 1 BGB mangelhaft ist. Bei der Beurteilung dieser Voraussetzungen kommt dem Charakter des Reisevertrages eigene Bedeutung zu. Im Gegensatz zur „einfachen“ Reise verpflichtet sich der Reiseveranstalter bei der Pauschalreise, dem Reisenden eine Gesamtheit von Reiseleistungen zu erbringen (§ 651a Abs. 1 Satz 1 BGB). Während einige eine solche Leistung als Summe einzelner Teilleistungen betrachten (z.B. Eberle, DB 1979, 341 f; Löwe BB 1979, 1357/1361 f; ders. in MK Rz. 8-​11 vor § 651 c), stellen andere auf die Mehrheit zusammengefasster Einzelleistungen ab (Palandt-​Thomas, BGB, 41.Auflage, Einf. 2 vor § 651 a) oder sprechen — wegen des inneren Zusammenhangs aller Einzelleistungen — genauer noch von einer „Abfolge von Teilleistungen über einen Zeitraum hinweg“ (Wolter AcP 183 (1983), 35 ff/44 f; ferner Teichmann JZ 1979, 737/738 f). An diese Beurteilungen werden verschiedene Bewertungen der Voraussetzungen eines Minderungsanspruches geknüpft, je nach dem, ob mehr die vom geltend gemachten Reisemangel betroffene Einzelleistung oder das Gesamtbild der Reise in den Vordergrund gestellt wird. Entscheidend ist aber in jedem Fall das Maß der Beeinträchtigung, das der Reisende durch den geltend gemachten Reisemangel erfährt. Dabei ist diese Beeinträchtigung in doppelter Weise bedeutsam, nämlich sowohl für die Feststellung eines Reisemangels (a) als auch (b) für die Berechnung der verlangten Preisminderung (missverständlich insofern Bartl NJW 1979, 1384/1386). Für den zu entscheidenden Rechtsstreit ergibt das folgendes:

a)

7. Die vom Kläger mit seiner Ehefrau und den beiden 11- und 18-​jährigen Kindern durchgeführte Reise war mangelhaft. Nach § 651c Abs. 1 BGB ist dies dann der Fall, wenn die Reise nicht die zugesicherten Eigenschaften hat oder mit Fehlern behaftet ist, die den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder nach dem Vertrage vorausgesetzten Nutzen aufheben oder mindern. Das ist hier der Fall. Die Beklagte hat in ihrem für … herausgegebenen Sonderprospekt und in ihrem Hauptreiseprospekt Leistungen versprochen, die sie nicht erbracht hat. Dabei kann dahinstehen, ob auf das Fehlen zugesicherter Eigenschaften abgestellt wird, was dann bejaht wird, wenn im Prospekt angeführte Leistungsangebote nicht eingehalten werden (OLG Köln NJW 1973, 1083; Bartl a.a.O. m.w.N.). Auch die Frage, ob der nach dem Vertrag vorausgesetzte Nutzen der Reise erzielt ist, wird durch einen Vergleich der tatsächlichen Leistungserbringung mit dem im Prospekt beschriebenen Leistungsangebot beurteilt (Palandt-​Thomas a.a.O. § 651 c Anm. 2).

8. Die Beklagte hat in ihrem einschlägigen Prospekt zunächst auf allgemein gültige Vorteile eines Urlaubs in ihren Clubdörfern hingewiesen, insbesondere auch auf die geselligen und sportlichen Möglichkeiten. Zu dem vom Kläger und seiner Familie gebuchten Clubdorf heißt es auf Seite 37 des Sonderprospekts u.a.:

9. „Sport für jeden:

10. Morgen-​, Wasser- und Tanzgymnastik, Tischtennis, Volleyball, Boccia, Fußball-​Tennis und Shuffleboard, Wettbewerbe (alles im Preis).

11. Unterhaltung, Hobby

12. Vergnügliche Abendprogramme, seien es Shows, das Kabarett, das kleine Theater. Tägliches Klassikkonzert, Tanz, „99 Worte Griechisch“, das hübsche Kunstatelier.“

13. Ferner ist auf den … Tennisclub“ hingewiesen worden, in dem Gruppenkurse und wöchentliche Turniere veranstaltet werden sollten. Auf Seite 168 ihres Hauptprospekts ist für das vom Kläger und seiner Familie gebuchte Clubdorf angeführt:

14. „Unterhaltung: Animateure sorgen für Abwechslung. Bunte Abende, Tanz, Stereokonzerte, Film- und Diaabende, Sprachkurs „99 Worte Griechisch“, im Atelier können Sie batiken.“

15. Die so angebotenen Leistungen sind nicht in vollem Umfang erbracht worden. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die griechischen Behörden das Auftreten von Animateuren in dem Clubdorf untersagt hatten. Dies war der Beklagten auch bereits vor Antritt der vom Kläger gebuchten Reise bekannt, weil es im Jahr 1982 von Saisonbeginn an fortlaufend Schwierigkeiten gegeben hatte.

16. Dieses Abweichen der erbrachten von der geschuldeten Leistung stellt einen Mangel im Sinn der Reiserechtsvorschriften dar. Zu Recht weist die Beklagte zwar darauf hin, dass ein solches Abweichen nicht stets zur Bejahung eines Reisemangels führt. So reicht es z.B. nicht, wenn völlig unwesentliche Beeinträchtigungen gegeben sind, die zwar durchaus den Reisegenuss beeinträchtigt haben mögen, gleichwohl aber den Reisenutzen nicht ernstlich aufgehoben oder gemindert haben. Entgegen der von der Beklagten vertretenen Ansicht ist hier jedoch von einem erheblichen Mangel auszugehen. Der Kläger kann nicht darauf verwiesen werden, dass er trotz der gegebenen Umstände die Möglichkeit hatte, die vielfältigen Sacheinrichtungen des Clubdorfes, insbesondere die Sporteinrichtungen, zu nutzen. Indem die Beklagte hierauf abstellt, zieht sie den Vorteil der von ihr sonst angepriesenen Möglichkeiten der eigenen Urlaubsgestaltung in einem Clubdorf gegenüber dem Urlaub in einem normalen Hotel in Zweifel. Die Beschreibungen des Leistungsangebotes in dem Reiseprospekt betonen gerade die Vielfalt von Veranstaltungen und sonstigen Möglichkeiten, aus denen der Reisende auswählen kann, um im Rahmen seiner Wünsche „aktiv“ zu werden. Das bloße Zurverfügungstellen von Sacheinrichtungen deckt dieses Angebot nicht ab. Vielmehr wird sowohl für die geselligen als auch die sportlichen Veranstaltungen auf die Gemeinsamkeit der Unternehmungen abgestellt, wofür die Animateure zuständig gewesen wären. Das Tennisspielen z.B. ist zwar grundsätzlich mit einem verabredeten Partner möglich, das Leistungsangebot umfasst aber auch die Organisation von Gruppenunterricht und wöchentlichen Turnieren; Geselligkeit durch „Unterhaltung, Hobby“ ist zwar ebenso grundsätzlich mit den Familienangehörigen oder Freunden möglich, unterscheidet sich aber andererseits fraglos von der Teilnahme an Abendprogrammen oder Shows. Wer einen Cluburlaub mit solchen Leistungsangeboten bucht, kann deshalb auch erwarten, dass die versprochenen Leistungen erbracht werden. Der Hinweis der Beklagten auf die Urteile des Amtsgerichts Hannover vom 12.4.1983 (413 C 4373/82) und 4.5.1983 (534 C 2626/83) überzeugt nicht. Darin wird das Vorliegen eines Reisemangels bei fehlender Animation verneint, weil die Reise erst dann mit einem Fehler behaftet sei, wenn der Reisende wegen fehlender Animation seinen Urlaub nicht nach seinen Vorstellungen verbringen könne, wofür nichts vorgetragen sei. Diesem Gedanken ist grundsätzlich insofern zu folgen, als nicht jeder Reisende, der einen Cluburlaub bucht, Wert auf die angebotene Animation legt bzw. sie in Anspruch nimmt. Im Reisevertragsrecht gilt zwar der sogenannte subjektive Fehlerbegriff (Löwe in MK § 651 c Rn. 5; Staudinger-​Schwerdtner, BGB, 12.Auflage, § 651 c Anm. 11). Dies besagt aber nicht, dass es auf die tatsächliche Inanspruchnahme einer angebotenen Leistung für die Bestimmung ihrer Fehlerhaftigkeit ankommt. Entscheidend ist der Vertragsinhalt gewordene Nutzen, der mit der Reise verfolgt wird. Bucht jemand eine derartige Clubreise, ist davon auszugehen, dass er sich beim Vertragsabschluss von dem genannten Leistungsangebot leiten ließ. Das umfasste hier aber auch die Animation.

b)

17. Entgegen der vom Amtsgericht zugesprochenen Höhe ist die verlangte Minderung nur mit einem Betrag von 480,- DM begründet.

18. Das Amtsgericht ist in der angefochtenen Entscheidung davon ausgegangen, dass der vorliegende Reisemangel eine Minderung um 10 % rechtfertigt, und zwar bezogen auf den Gesamtpreis der Reise. Es hat dabei ausdrücklich darauf abgestellt, dass die Beklagte eine Gesamtheit verschiedener Leistungen versprochen habe, die in enger Beziehung zueinander stehen, so dass jeder Mangel einer Einzelleistung in der Regel zugleich einen Mangel der Reise als Gesamtleistung darstelle (ebenso z.B. Brox, JA 1979, 493/495; Jauernig-​Teichmann, BGB, 2.Auflage, § 651 d Anm. 1; Eberle, Der Reiseveranstaltungsvertrag, 1978, Seite 44 f; Löwe in MK § 651 d Rn. 5). Demgegenüber vertritt die Beklagte die Rechtsansicht, dass Bezugsgröße für die Berechnung der Minderung nur der Wert der von dem Reisemangel betroffenen Einzelleistung sei (so auch z.B. Tonner, Der Reisevertrag, 1979, § 651 d Anm. 2; LG Frankfurt, Urteil vom 21.5.1981, FVE Nr. 302; OLG Frankfurt, Urteil vom 21.10.1981, FVE Nr. 300; ferner das von der Beklagten ausdrücklich beigezogene Urteil des Kammergerichts vom 9.6.1982 — 8 U 758/80 –​, auszugsweise abgedruckt bei Bartl, Reiserecht, 2.Auflage, Seite 59). Andere gehen auf die Frage der Bezugsgröße bei der Minderungsberechnung gar nicht ein (Hoppmann BlGBW 1979, 161/167; Klatt, Gesetz über den Reisevertrag, 1979, Erläuterung zu § 651 d, Seite 25; Löwe, BB 1979, 1357/1362; Schroeder, JurBüro 1979, 1427/1433).

19. Die gegebenen Unklarheiten in der praktischen Durchführung der Minderungsberechnung folgen aus der Fassung des gesetzlichen Wortlauts. Wenn es in § 651d Absatz 1 BGB heißt, dass der Reisepreis sich bei mangelhafter Leistung „für die Dauer des Mangels“ mindert (was in der früheren Rechtsprechung zum damals als einschlägig angesehenen Werkvertragsrecht bereits unumstritten war, vgl. Bartl in NJW 1979, 729/732), spricht dies dafür, dass Bezugsgröße nur die betroffene Teilleistung ist, soweit und solange sie mit einem Mangel behaftet ist. Andererseits besagt § 651d Abs. 1 BGB, dass die Minderung „nach Maßgabe des § 472 BGB“ zu erfolgen habe. Berücksichtigt man dabei den Charakter der Pauschalreise als einer Gesamtheit von Reiseleistungen (§ 651a Abs. 1 BGB), läge es in der Konsequenz des vom Gesetz formulierten Charakters der Pauschalreise, wenn diese Verweisung praktisch eine Bezugnahme auf § 472 Abs. 2 BGB bedeutete. Diese Vorschrift bestimmt im Fall des Verkaufs mehrerer Sachen für einen Gesamtpreis, dass bei einer Minderung nur wegen einzelner Sachen bei der Herabsetzung des Preises der Gesamtwert aller.

20. Sachen zugrunde zu legen ist. Das spräche für den Gesamtreisepreis als Bezugsgröße für die Minderung. Andererseits könnte man wiederum in § 651d BGB eine Spezialvorschrift für die Reisepreisminderung sehen, der grundsätzlich Vorrang vor den allgemeinen Vorschriften zukäme, mit der Folge, dass die im Gesetzestext formulierte Einschränkung auf die „Dauer des Mangels“ sich auf die Auslegung der Bezugsnorm des § 472 BGB auszuwirken hätte und nur die jeweilige mängelbehaftete Einzelleistung in die Berechnung der Minderung einfliesst. Diese Unstimmigkeiten des Gesetzeswortlauts lassen sich nur aus den Gesetzesquellen heraus klären. Die Begründung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung vom 6.5.1976 (BG-​Drucks.7/5141, abgedr. bei Klatt a.a.O. S. 136 zu § 16) besagt: „Das Maß der Minderung bestimmt sich nach § 472 BGB. Wegen der Einzelheiten kann auf die Erläuterungsbücher zum BGB verwiesen werden. Zu bemerken ist noch, dass bei besonders schwerwiegenden Mängeln auch eine Minderung der Vergütung auf Null in Betracht kommen kann, wenn erbrachte Leistungen insgesamt wertlos waren (vgl. etwa den Fall OLG Hamm NJW 1975, 123)“. Daraus ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber die Anwendung des § 472 BGB im Sinn der gesetzlichen Neuregelung verstanden wissen wollte, also sowohl unter Berücksichtigung des Charakters der Pauschalreise als einer Gesamtheit von Reiseleistungen (§ 651a Abs. 1 BGB) als auch unter Berücksichtigung des Ausmaßes der durch den Reisemangel aufgetretenen Beeinträchtigung (§ 651d Abs. 1 BGB). Dann aber kommt der Vorschrift zur Regelung der Reisepreisminderung in der Tat die Bedeutung einer Sondervorschrift zu, die sich auf die Berechnung der Minderung „nach Maßgabe des § 472 BGB“ auswirkt: Ist nur eine einzelne Reiseleistung mangelhaft, ist auch nur ihr Wert bei der Minderung zu berücksichtigen; strahlt der Mangel auf die Gesamtreise aus, so dass diese ihren Wert im Sinn von § 651c Abs. 1 BGB insgesamt einbüßt, orientiert sich die Minderung am Gesamtpreis.

21. Die Kammer vertritt demzufolge in ständiger Rechtsprechung (z.B. Urteil vom 5.5.1983, 3 S 32/83) die Ansicht, dass das Gewährleistungsrecht sich nur auf den mangelhaften Teil der Reise bezieht, die Minderungsquote deshalb auch aus dem dafür geltenden Kostenanteil zu errechnen ist. Eine Ausnahme sei davon — bezugnehmend auf die genannte Entscheidung des OLG Hamm — nur dann zu machen, wenn der Urlaub völlig fehlgeschlagen sei (so auch z.B. Palandt-​Thomas a.a.O., § 651 d Anm. 4; Staudinger-​Schwerdtner a.a.O., § 651 d Rn. 31; ferner wohl auch Bartl, Reiserecht a.a.O., Rn. 51 ff.). An dieser Rechtsansicht wird festgehalten. Bezogen auf diesen Fall bedeutet sie, dass die Minderung die Höhe des Gesamtpreises erreichen könnte, wenn etwa alle angebotenen Leistungen, die die Gesamtheit eines Club-​Urlaub, charakterisieren, entfallen sind, so dass Hin- und Rückreise sowie der bloße Aufenthalt mit Verpflegung keinen eigenen Urlaubswert mehr darstellen. Hier geht es aber nur um den Mangel einzelner angebotener Leistungen, so dass die Minderung nur bezogen auf deren Wert vorzunehmen ist. Solange die mangelhafte Teilleistung keine Ausstrahlung auf den Wert der Gesamtreise hat und die Wirkung des Reisemangels sich lediglich auf einen Reiseteil beschränkt, ist nur dieser Reiseteil wertmäßig zu veranschlagen. Selbst wenn man der vorgenommenen Auslegung der §§ 651d, 472 BGB unter Missachtung der Gesetzesmaterialien (die Beschlussempfehlung und der Bericht des Rechtsausschlusses des Bundestages entsprechen der Begründung des Regierungsentwurfes, BT-​Drucks. 8/2343, abgedr. bei Klatt a.a. O. 211) nicht folgt, geht es aber — wie die Beklagte es hier will — nicht an, die vom Amtsgericht bejahte und am Gesamtpreis ausgerichtete Minderungsquote von 10 % beizubehalten und lediglich auf den Wert der einschlägigen Einzelleistung zu übertragen, die mit einem Mangel behaftet ist (so aber offensichtlich auch Bartl, Reiserecht, S.58). Allein ausschlaggebend für die Berechnung der Minderungsquote ist nämlich das Maß der durch den geltend gemachten Reisemangel gegebenen Beeinträchtigung des Reisenden. Steht die subjektive Beeinträchtigung fest, weil der Reisemangel als unstreitig oder bewiesen fest steht, so müsste bei einer solchen Berechnungsweise abstrakt gesehen das Ergebnis der Minderung im ausgeworfenen Betrag gleich bleiben, unabhängig davon, ob die Quotierung auf den Gesamtwert der Reise oder auf den Wert der betroffenen Einzelleistung bezogen wird, denn dem fraglichen Reisemangel könne im Verhältnis zum Gesamtwert der Reise ein anderes Gewicht zu als zum Wert der jeweiligen Einzelleistung. Dies setzte aber voraus, dass die Quotierung ziffernmäßig dann konsequent veranschlagt wird. Trotz des Umstandes, dass bei einer solchen Vorgehensweise das Ergebnis der Minderung gleich bleiben müsste, verbietet sich aus den oben dargelegten Gründen eine derartige großzügige Handhabung von § 472 BGB.

22. Stellt man nach allem bei der Berechnung der Minderung darauf ab, ob der Reisemangel den Wert bzw. Nutzen der Reise insgesamt beeinträchtigt, ist bei der Durchführung der Berechnung ferner zu berücksichtigen, dass § 472 BGB überhaupt nur dann praktische Bedeutung gewinnt, wenn der Wert der mangelfreien Reise vom gezahlten Reisepreis abweicht. Fallen aber der Wert der mangelfreien Reise und der Reisepreis nicht auseinander, wovon regelmäßig auszugehen ist, wird die Berechnung der Minderung vereinfacht (Tonner a.a.O.; Erman-​Seiler, BGB, 7.Aufl. § 651 d Rn. 3). In einem solchen Fall kann nämlich grundsätzlich die Minderung auch in der Weise vollzogen werden, dass der Betrag abgezogen wird, der zur Beseitigung des Mangels erforderlich ist (BGH LM § 472 Nr. 1), hier also die Kosten, die auf die nicht erbrachte Teilleistung entfallen. Die Kammer verkennt in diesem Zusammenhang nicht, dass es für den Kunden des Reiseveranstalters bei Mängeln, die sich auf Einzelleistungen beschränken, schwierig werden kann, den Wert des dafür zu veranschlagenden Kostenanteils bei der Geltendmachung des Minderungsverlangens richtig einzuführen, will er infolge der fehlenden Kenntnisse über die Kalkulation des Reiseveranstalters nicht das teilweise Unterliegen mit entsprechender Prozesskostenfolge riskieren. Das dürfte allerdings nur in wenigen Fällen problematisch werden. Im Normalfall setzt sich die Pauschalreise aus den Faktoren Hin- und Rückreise, Unterkunft und Verpflegung zusammen. Der Kostenanteil für die beiden letztgenannten Leistungen (Aufenthaltskosten) ist aus den Prospektangaben für Verlängerungswochen zu entnehmen. Gerichtsbekannterweise stehen sie untereinander im Verhältnis von ca. 40 % für die Verpflegung und ca. 60 % für die Unterkunft. An diese Bezugsgrößen Fahrt, Unterkunft und Verpflegung ist auch bei eventuellen Sonderleistungen anzuknüpfen, weil sie meist im Rahmen einer der drei genannten Reisefaktoren erbracht werden und den im Reiseprospekt insofern hervorgehobenen Urlaubswert ausmachen. Wegen der dabei gleichwohl verbleibenden praktischen Schwierigkeiten und derjenigen, die bei der ziffernmäßigen Bewertung des Reisemangels selbst auftreten, ist allgemein anerkannt, dass in entsprechender Anwendung von § 287 Abs. 2 ZPO eine Schätzung vorgenommen werden kann (z.B.Erman-​Seiler a.a.O.; Löwe, Das neue Pauschalreiserecht, 1981, S.90; Bartl, Reiserecht, S.62; Eisner, Reiserecht-​Entscheidungen, 1983, S.29/30).

23. Diese Schätzung ist auch hier vorzunehmen. Zur genauen Ermittlung derjenigen Kosten, die auf die bei dieser Reise fehlende Club-​Animation entfallen, wäre eine zeit- und kostenaufwendige Begutachtung der betriebswirtschaftlichen Kalkulationsrechnung der Beklagten durch einen Sachverständigen erforderlich. Hierfür wäre der Kläger vorschusspflichtig. Ein solcher Aufwand steht in keinem Verhältnis zur Höhe der streitigen Forderung. Die von der Beklagten gemachten Angaben, dass die Animationskosten für das von dem Kläger und seiner Familie gebuchte Reiseziel im Reisepreis mit 120,-​ DM pro erwachsender Person und pro Woche enthalten sind, stossen nicht auf Bedenken. Dabei ist zu berücksichtigen, dass diese Kosten sowohl den Personalaufwand als auch das Sachangebot an Unterhaltsmöglichkeiten abdecken und sich zum Teil auf feste, aber auch auf amortisierende Unkosten erstrecken. Im Rahmen dieser Schätzung hält die Kammer es für angemessen, nur einen Betrag von 60​,- DM pro Person und Woche zu berücksichtigen. Das Angebot der Clubleistungen war nur durch die fehlenden Animationspersonen eingeschränkt, während andere Sachleistungen weiter angeboten wurden. Das Verhältnis beider Anteile ist hälftig zu bewerten. Dabei sind jedoch nicht nur der Kläger, seine Ehefrau und das 18-​jährige Kind zu veranschlagen, sondern auch die vierte Person, nämlich das 11-​jährige Kind. Es ist nicht ersichtlich, warum ein Kind in diesem Alter nicht ebenfalls Nutzen von dem geschuldeten, aber nicht erbrachten Leistungsangebot haben sollte.

24. Insgesamt ergibt das bei vier Personen und einer Reisedauer von 2 Wochen den zugesprochenen Gesamtbetrag von 480,​- DM.

2.

25. Der weitergehende Klaganspruch ist nicht begründet. Er rechtfertigt sich auch nicht aus dem Gesichtspunkt eines Schadensersatzes wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit (§ 651f Abs. 2 BGB). Danach kann eine angemessene Entschädigung in Geld nur dann verlangt werden, wenn die Reise vereitelt oder erheblich beeinträchtigt ist. Gerade daran fehlt es. Aus den gesamten Gründen war nur ein geringer Teil der von der Beklagten versprochenen Reiseleistung mängelbehaftet.

3.

26. Die Anschlussberufung des Klägers ist jedoch insoweit begründet, als er einen höheren Verzugszinsschaden geltend macht (§§ 286, 284 Abs. 1 BGB). Er hat inzwischen die von ihm verlangte Bankbescheinigung vorgelegt, aus der sich ergibt, dass er einen Bankkredit in mindestens der verlangten Minderungshöhe aufgenommen und mit 11,5 % jährlich zu verzinsen hat (§ 288 Abs. 2 BGB).

4.

27. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 und — soweit die Anschlussberufung erfolgreich ist — aus § 97 Abs. 2 ZPO.

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