Baulärmbelästigung und Sichtbeeinträchtigung durch Baustelle am Hotel

AG München: Baulärmbelästigung und Sichtbeeinträchtigung durch Baustelle am Hotel

Der Kläger hat bei dem beklagten Reiseveranstalter eine Reise für sich, seine Frau und seine Tochter gebucht. Wegen einer Baustelle am Hotelstrand war jedoch ein Teil des Strandes nicht benutzbar und durch den Einsatz schweren Gerätes kam es zu Baulärmbelästigung sowie Sichtbeeinträchtigung. Aufgrund dieser Mängel verlangt der Kläger Minderung und Schadensersatz.

Das Amtsgericht München hat die Klage abgewiesen, da der Reiseveranstalter ausreichen über die Bauarbeiten informiert hat und ein Teil des Strandes nutzbar war. Somit war nach Ansicht des Gerichts kein Reisemangel gegeben, da die vertraglich vereinbarten Leistungen erbracht wurden. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

AG München 159 C 9571/15 (Aktenzeichen)
AG München: AG München, Urt. vom 24.11.2015
Rechtsweg: AG München, Urt. v. 24.11.2015, Az: 159 C 9571/15
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Amtsgericht München

1. Urteil vom 24. November 2015

Aktenzeichen: 159 C 9571/15

Leitsätze:

2. Der Reiseveranstalter muss dem Kunden mitteilen, wenn es zu Lärm- und Sichtbelästigungen kommen kann.

Hierfür genügt ein Hinweis in der Buchungsbestätigung

Die Mitteilung von Mängeln wie Baulärm und Sichtbelästigung muss spätestens vor Reiseantritt erfolgen und es muss dem Kunden die Möglichkeit zur Umbuchung eingeräumt werden um der Mitteilungspflicht Genüge zu tun.

Hat der Reiseveranstalter seine Mitteilungspflicht ordnungsgemäß erfüllt, dann steht dem Reisenden kein Reiseminderungsanspruch, wegen der ihm gemeldeten Mängel zu.

Zusammenfassung:

3. Der Reisende buchte für sich, seine Tochter und seine Ehefrau bei dem beklagten Reiseleiter, über ein Internetportal, eine Pauschalreise vom 30.10.2014 bis zum 06.11.2014 nach Abu Dhabi.

Der Reiseveranstalter wies die Reisenden auf der Buchungsbestätigung vom 26.09.2014 daraufhin, dass es zu Baulärm und Sichtbelästigung kommen kann, da ein Teil des hoteleigenen Strands wegen Sanierungsarbeiten gesperrt ist.

In Abu Dhabi angekommen stellte der Kläger fest, dass bei den erwähnten Bauarbeiten schweres Gerät zum Einsatz kam. Woraufhin er die Mängel am 01.11.2014 anzeigte und am 08.11.2014 Ansprüche gegenüber dem Reiseveranstalter anmeldete, denen dieser bis zum 25.11.2014 nachkommen sollte.

Laut Aussage des Klägers war die Hälfte des Strandes gesperrt und es herrschte im Hotel von 09:00 Uhr bis 22:00 Uhr abends ein nicht zu überhörender Lärm, der speziell im Außen- sowie Poolbereich unerträglich gewesen sein soll. Der Kläger fordert eine Reisepreisminderung um 40% und Schadensersatz in Höhe von 300€ wegen entgangener Urlaubsfreuden, da er seiner Meinung nach nicht ausreichend auf die Bauarbeiten hingewiesen wurde und die Hinweise nichtssagend, stark verniedlichend und leicht zu übersehen gewesen seien.

Der Beklagte hingegen sagt aus, dass lediglich ein Drittel des Strandes gesperrt war und die Bauarbeiten nur von 09:00 Uhr bis 17:00 Uhr stattfanden. Des Weiteren teilt der Beklagte mit dass auf die Bauarbeiten sowohl bei der Reiseanmeldung als auch auf der Buchungsbestätigung hingewiesen wurde.

Das Gericht wies die Klage ab, da der Reiseveranstalter seiner Mitteilungspflicht genüge getan hat und mit dem Erhalt des Hinweises auch der Durchschnittsreisende sehen kann, dass möglicherweise schweres Gerät bei den Sanierungsarbeiten eingesetzt wird.

Die Verfahrenskosten hat der Kläger zu tragen.

 

Tenor

4. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Der Streitwert wird auf 1.599,64 € festgesetzt.

Tatbestand

5. Die Parteien streiten um Minderung und Schadensersatz wegen Reisemängel.

6. Der Kläger buchte für sich, seine Ehefrau und seine Tochter bei der Beklagten über das Internetportal … eine Pauschalreise für die Zeit vom 30.10.2014 bis zum 06.11.2014 nach Abu Dhabi für insgesamt 3.217,00 € zzgl. einer Kreditkartengebühr in Höhe von 32,10 €.

7. Die Unterbringung erfolgte im Hotel … mit hoteleigenem Strand in einem Doppelzimmer mit Meerblick.

8. In den einbezogenen AGB der Beklagten ist ein Änderungsvorbehalt enthalten.

9. Auf Seite 2 der Buchungsbestätigung vom 26.09.2014 (Anlage K1) findet sich „***…*** Bitte beachten Sie, dass bis zum 20.11.2014 ein Teil des Strandes saniert wird. Es kann zu Lärm- und Sichtbelästigungen kommen.“ Wegen der näheren Einzelheiten wird auf Anlage K1 Bezug genommen.

10. In der Folge wurde der Reisepreis der Kreditkarte des Klägers belastet und er trat die Reise an.

11. Bei Ankunft im Hotel stellte der Kläger fest, dass auf einem Teil des hoteleigenen Strandes Bauarbeiten mit schwerem Gerät stattfanden.

12. Die Mängel wurden am 01.11.2014 angezeigt.

13. Mit dem Schreiben vom 08.11.2014 meldete der Kläger seine Ansprüche gegenüber der Beklagten an und setzte ihr eine Zahlungsfrist bis zum 25.11.2014.

14. Der Kläger behauptet, dass die Hälfte des hoteleigenen Strandes gesperrt gewesen sei. Von 9.00 Uhr morgens bis mindestens 22.00 Uhr habe in der Außenanlage und insbesondere am Stand und im Poolbereich ein unerträglicher Lärmpegel geherrscht. Auch im gebuchten Hotelzimmer sei der Lärm nicht zu überhören gewesen. Durch die Bauarbeiten sei zudem die Aussicht beeinträchtigt gewesen.

15. Der Hinweis der Beklagten in der Reisebestätigung sei nichtssagend, stark verniedlichend und im schlecht leserlichen, unübersichtlichen und von Kürzeln und Sternchen u.ä. durchsetzten Fließtext enthalten gewesen und daher nicht wirksam.

16. Er ist der Ansicht, Anspruch auf Reisepreisminderung von 40% und einen Schadensersatzanspruch wegen vertaner Urlaubsfreude in Höhe von 300,00 € zu haben.

17. Der Kläger beantragt,

18. die Beklagte zu verurteilten, an den Kläger 1.599,64 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.11.2014 zu zahlen.

19. die Beklage zu verurteilen, an den Kläger den nicht anrechenbaren Teil der vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 139,83 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.03.2015 zu zahlen.

20. Die Beklagte beantragt

21. Klageabweisung.

22. Sie behauptet, der Kläger habe den Hinweis auf die Sanierung eines Teils des Strandes bereits bei der Reiseanmeldung im Internet erhalten. Außerdem sei der Hinweis auf die Strandsanierung bereits in der e-​Mail an den Kläger, in der ihm der Erhalt der Reiseanmeldung bestätigt wurde enthalten gewesen.

23. Lediglich ein Drittel des Strandes sei abgesperrt und in der Zeit von 9.00 Uhr bis 17.00 Uhr saniert worden.

24. Wegen der näheren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift vom 06.10.2015 (Bl. 23/25 d.A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe

25 Die zulässige Klage ist in der Sache nicht begründet.

26. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Reisepreisminderung gem. § 651 c BGB und Schadensersatz gem. § 651 f BGB.

27. Eine Mangelhaftigkeit der vertraglich vereinbarten Reiseleistungen vermag das Gericht nicht feststellen.

28. Bei der Beurteilung der Mangelhaftigkeit kommt wegen der vorrangig subjektiven Fehlerkriterien der Bestimmung des Reisevertragsinhalts besondere Bedeutung zu. Dabei ist zunächst von der individualvertraglichen Festlegung des Leistungsgegenstandes (Qualität des Hotels, Art des Zimmers, Verpflegung etc.) und dem Inhalt der Reisebestätigung auszugehen. In diesem Zusammenhang muss auf die Prospekte und Reisebeschreibungen zurückgegriffen werden (vgl. Staudinger/Martinek, BGB, Neubearbeitung 2011, § 651 c Rdnr. 10). Vereinbart war die Unterbringung im Hotel … im Doppelzimmer mit Meerblick in der Zeit vom 31.10.2014 bis 06.11.2014. Vertragsinhalt war ferner ein hoteleigener Sandstrand in 350 m Entfernung. Eine besondere Länge des Strandes lässt sich der Leistungsbeschreibung nicht entnehmen. Diese Leistungen hat die Beklagte erbracht, da zumindest ein Teil des Strandes tatsächlich nutzbar war.

29. Die vom Reiseveranstalter geschuldete Gesamtheit von Leistungen umfasst auch die Beseitigung aller denkbaren Reisehindernisse. Deshalb hat der Veranstalter den Kunden grundsätzlich ungefragt über alle für eine ordnungsgemäße Durchführung der Reise erforderlichen Umstände zu informieren (Staudinger/Martinek, BGB, Neubearbeitung 2011, § 651 a Rdnr. 133 m.w.N.). Er hat auf vorhandene Lärmquellen, insbesondere Baustellen hinzuweisen (vgl. Staudinger/Martinek, BGB, Neubearbeitung 2011, § 651 c Rdnr. 12 m.w.N.). Die Beklagte hat den Kläger vorliegend (zumindest) in der Reisebestätigung vom 26.09.2014 darauf hingewiesen, „dass bis zum 20.11.2014 ein Teil des Strandes saniert wird. Es kann zu Lärm- und Sichtbelästigungen kommen.“

30. Dieser Hinweis war richtig und vollständig. Das Gericht teilt die Auffassung des Klägers, dass der Hinweis nichtssagend und stark verniedlichend sei, nicht. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine Strandsanierung stattfindet. Es ist nicht nur die Rede von der Möglichkeit einer Strandsanierung. Die Information, dass es zu Lärm- und Sichtbelästigungen kommen kann, kann von einem objektiven Durchschnittsreisenden nicht anders verstanden werden, als dass auch mit dem Einsatz schweren Geräts gerechnet werden muss. Damit war auch das Ausmaß hinreichend konkret dargestellt. Sofern der Kläger lediglich mit kleineren Unannehmlichkeiten rechnete, haftet die Beklagte für derartige Fehlvorstellungen nicht.

31. Der Hinweis war auch so deutlich, dass er vom Kläger in zumutbarer Weise zur Kenntnis genommen werden konnte. Entgegen der Ansicht des Klägers ist der Hinweis nicht im schlecht leserlichen, unübersichtlichen und von Kürzeln und Sternchen u.ä. durchsetzten Fließtext enthalten gewesen. Der Hinweis befindet sich auf der 2. Seite der 2-​seitigen Buchungsbestätigung. Die Buchungsbestätigung enthält auf Seite 1 die wesentlichen Reiseleistungen, d.h. Fluginformationen, Unterbringung und Verpflegungsleistungen. Seite 2 besteht fast ausschließlich aus dem streitgegenständlichen Hinweis. Dieser ist zwar textlich oder farblich nicht abgesetzt. Wegen der Übersichtlichkeit der auf der 2. Seite mitgeteilten Informationen war dies jedoch auch nicht erforderlich. Ihrer vertraglichen Hinweispflicht ist die Beklagte vorliegend ausreichend nachgekommen.

32. Der Reiseveranstalter muss der Mitteilungspflicht spätestens vor Reisebeginn genügen und dem Kunden die Möglichkeit der Umbuchung einräumen (vgl. Staudinger/Martinek, BGB, Neubearbeitung 2011, § 651 c Rdnr. 12 m.w.N.). Auch diese Voraussetzung ist erfüllt. Es gibt keine Vorschrift, die gebietet, den Reisenden bereits vor Vertragsschluss auf etwaige Reisehindernisse hinzuweisen. Vorliegend ist die Beklagte ihrer Hinweispflicht mit der Buchungsbestätigung vom 26.09.2014 nachgekommen, nachdem der Kläger die Reise am selben Tag gebucht hatte. Somit erfolgte der Hinweis auf das Reisehindernis so frühzeitig, dass dem Kläger noch eine Umbuchung möglich gewesen wäre.

33. Aufgrund dessen ist ein Reisemangel nicht feststellbar.

34. Die Klage ist abzuweisen.

35. Die Nebenforderungen teilen das Schicksal der Hauptforderung.

36. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

37. Der Streitwert wurde gem. §§ 3 ZPO, 63 Abs. 2 GKG festgesetzt.

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