Annullierung wegen Mangel an Enteisungsmittel

AG Königs-Wusterhausen: Annullierung wegen Mangel an Enteisungsmittel

Die Klägerin hatte für sich, ihren Ehemann und ihren Sohn bei der Beklagten, einem Luftfahrtunternehmen, einen Flug gebucht, der kurz vor Abflug wegen schlechter Wetterverhältnisse annulliert wurde. Die Familie bucht daraufhin einen Ersatzflug und fordert nun Ausgleichszahlung und die Erstattung der Kosten des Ersatzfluges von der Beklagten. Diese beruft sich jedoch auf einen außergewöhnlichen Umstand und argumentiert, ihr sei die Annullierung wegen der schlechten Witterungsverhältnisse nicht zuzurechnen.

Das Amtsgericht Königs-Wusterhausen weist die Klage ab. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Leistung einer Ausgleichszahlung zu und sie hat auch keinen Anspruch auf Erstattung der Ersatzflugkosten. Für den Mangel an Enteisungsmittel am Flughafen könne die Beklagten nicht zur Verantwortung gezogen werden. Es handele sich hier um einen außergewöhnlichen Umstand, sodass sie von ihrer Verpflichtung zum Schadensersatz und zur Ausgleichszahlung frei ist.

AG Königs-Wusterhausen 9 C 113/11 (Aktenzeichen)
AG Königs-Wusterhausen: AG Königs-Wusterhausen, Urt. vom 08.06.2011
Rechtsweg: AG Königs-Wusterhausen, Urt. v. 08.06.2011, Az: 9 C 113/11
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Amtsgericht Königs-Wusterhausen

1. Urteil vom 08. Juni 2011

Aktenzeichen: 9 C 113/11

Leitsätze:

2. Wird ein Flug aufgrund fehlenden Enteisungsmittels am Startflughafen annulliert, kann das Luftfahrtunternehmen für diese Annullierung nicht haftbar gemacht werden.

Zusammenfassung:

3. Die Klägerin hatte für sich, ihren Ehemann und ihren Sohn bei der Beklagten, einem Luftfahrtunternehmen, einen Flug vom Flughafen Berlin-Schönefeld nach Madrid für den 10.12.2010 08:10 Uhr gebucht. Kurz vor dem Abflug, am 10.12.2010 gegen 01:40 Uhr wurde der Klägerin per E-Mail mitgeteilt, dass der Flug aufgrund der Wetterstörungen am 10.12.2010 annulliert worden sei. Die Klägerin las diese Nachricht jedoch nicht rechtzeitig und erfuhr erst am Flughafen von der Annullierung.

Die Familie der Klägerin konnte am selben Morgen einen anderen Flug nach Madrid finden für den sie jedoch 592,50 € aufwenden musste. Der Kläger macht nun aus abgetretenem Recht Ansprüche auf Ausgleichszahlung entsprechend Art. 7 Abs. 1 b der EU-Fluggastverordnung 261/2004 geltend. Er fordert außerdem die Erstattung der Kosten des Ersatzfluges und darüber hinaus die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.

Die Beklagte selbst beruft sich auf einen außergewöhnlichen Umstand gem. Art. 5 Abs. 3 der EU-Fluggastverordnung. Das Fehlen von Enteisungsmitteln am Flughafen am streitgegenständlichen Flugtag sei nicht ihr, sondern dem Flughafenbetreiber zuzurechnen. Bei Nichtvorhandensein von Enteisungsmitteln sei auch die Flugsicherheit erheblich gefährdet und die Beklagte habe deswegen ihr Ermessen diesen Flug zu annullieren sorgsam ausgeübt.

Das Amtsgericht Königs-Wusterhausen hält die Klage für unbegründet und weist diese ab. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Leistung einer Ausgleichszahlung gem. Art. 7 Abs. 1 b der EU-Fluggastverordnung 261/2004 zu. Sie hat auch keinen Anspruch auf Erstattung der Ersatzflugkosten, weil dafür die erforderlichen Tatbestandsvoraussetzungen nach § 8 Abs. 1 EU-Fluggastverordnung in Verbindung mit § 280 ff. BGB nicht erfüllt seien.

Grund für die unstreitig vorliegende Annullierung sei ein Mangel an Enteisungsmittel am 10.1.2010, dem Flugtag auf dem Flughafen Schönefeld gewesen. Dieser sei wiederum darauf zurückzuführen, dass durch den harten Wintereinbruch zu diesem Zeitpunkt das bestellte Enteisungsmittel nicht rechtzeitig transportiert und angeliefert werden konnte. Die Beklagte könne folglich für diesen Umstand nicht zur Verantwortung gezogen werden und sie könne sich letztlich auf den Exkulpationsgrund des Art. 5 Abs. 3 der EU-Fluggastverordnung berufen, sodass sie von ihrer Verpflichtung zum Schadensersatz und zur Ausgleichszahlung frei ist.

Tenor:

4. Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages.

Tatbestand:

5. Die Ehefrau des Klägers Frau … hat für sich, den Kläger und den Sohn … einen Flug mit der Flugnummer 4509 bei der Beklagten vom Flughafen Berlin-Schönefeld nach Madrid für den 10.12.2010 08:10 Uhr gebucht.

6. Am 10.12.2010 gegen 01:40 Uhr ging eine E-Mail der Beklagten in das E-Mailaccount der … ein, darin heißt es unter anderem: „Wir bedauern Ihnen mitteilen zu müssen, dass aufgrund der Wetterstörungen Ihr Flug 4509 nach MAD am 10.12.2010 annulliert worden ist.“

7. Der Kläger, seine Ehefrau und sein Sohn erfuhren von dieser Annullierung erst auf dem Flughafen Schönefeld. Unstreitig starteten an diesem Tag zahlreiche Fluglinien. Die Familie des Klägers konnte an diesem Tag am selben Morgen einen anderen Flug nach Madrid finden mit … um 10:50 Uhr vom Flughafen Berlin-Tegel, dafür musste sie 592,50 € aufwenden.

8. Mit der Klage macht der Kläger aus abgetretenem Recht sowohl die Ansprüche auf Ausgleichszahlung entsprechend Art. 7 Abs. 1 b der EU-Fluggastverordnung 261/2004 geltend, sowie die Kosten des Ersatzfluges mit Air Berlin und darüber hinaus die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ausweislich der Rechnung vom 19.01.2011.

9. Unstreitig ist zwischen den Parteien weiterhin, dass die Flugannullierung darauf zurückzuführen war, dass am 10.12.2010 auf Grund des schlechten Wetters kein Enteisungsmittel mehr am Flughafen Schönefeld vorhanden war. Für die Bereitstellung der Enteisungsflüssigkeit hatte nicht die Beklagte selbst, sondern deren Groundhändler die … GmbH & Co. KG zu sorgen, die für die Flughäfen in Berlin und Brandenburg diverse Serviceleistungen erbringt. Dieser hatte sich ebenfalls unstreitig bereits frühzeitig auf die Enteisungssaison vorbereitet unter Berücksichtigung der rauen Wintersaison 2009/2010. So dass bereits im Sommer 2010 ein Notfalldepot für Enteisungsmittel vergrößert wurde um auf einen harten Winter vorbereitet zu sein. Ferner waren alle sonstigen Tanks am Flughafen Schönefeld Anfang Dezember mit Enteisungsflüssigkeit voll. Auch hatte die … rechtzeitig einen Ersatzbestand angefordert. Hierbei traten jedoch Lieferprobleme auf, da im restlichen Europa wegen der Witterungsbedingungen, die daraus resultierten, dass der Winter bereits eine Woche früher eintrat, es zu Transport- und Lieferproblemen gekommen ist. Insbesondere trat deswegen die bestellte Lieferung der Enteisungsflüssigkeit die per Lkw aus Bayern angefordert war verspätet ein, wobei das Herstellungsunternehmen … zu diesem Zeitpunkt der mögliche Lieferant für die Enteisungsflüssigkeit war. Auch über andere Flughäfen wie Hamburg und Dresden konnte die Beklagte keinen Ersatz an Enteisungsmitteln bekommen, da auch hier die Enteisungsmittelvorräte knapp waren.

10. Unstreitig schneite es vom 08. bis einschließlich 10.12.2011 jeden Tag. Darüber hinaus war bereits Ende November und Anfang Dezember über mehrere Tage Schnee im Standort Schönefeld. Insbesondere auch in der Woche vom 28.11. – 04.12.2010. Fast in ganz Deutschland herrschte über den 08., 09. und 10.12.2010 ein Schneechaos, wobei bei vorliegen mehrerer Schlechtwettertage dieser Art es zu einer sukzessiven Verknappung der Enteisungsmittel kommt. Da wegen des Mangels der Enteisungsflüssigkeit die Flugzeuge nicht starten konnten bzw. in langen Schlangen an den Enteisungsplätzen standen, kam es zu einem Rückstau, welcher ebenfalls zu Landebeschränkungen. Durch die Flugverkehrskontrolle wurden Landungen reduziert.

11. Unstreitig ist eine Enteisung der Tragflächen notwendig um die Luft störungsfrei um die Tragflächen zirkulieren zu lassen. Da das Flugzeug Auftrieb nur bekommt, wenn die Tragflächen frei von Schutz oder Eis und Schnee sind. Wir beim Start Eis von der Tragfläche gesprengt, kann dies außerdem bei Maschinen mit Hecktriebwerken in die Triebwerke gelangen und diese lahmlegen, deswegen stellt die fehlende Enteisung eines Flugzeuges hohe Sicherheitsrisiken dar.

12. Unstreitig ist ebenfalls dass auch andere Fluggesellschaften, die am Flughafen Schönefeld starteten ebenso wie in Tegel Flüge annullieren mussten, da bereits am 09.12.2010 um die Mittagszeit „nichts mehr ging“ und sich die Situation erst ab der Mittagszeit des darauffolgenden Tages entspannte, entschied sich die Beklagte am Abend des 0l.12.2010 den Flug zu annullieren.

13. Der Kläger ist der Auffassung, dass der Mangel an Vorhandensein von Enteisungsmitteln durch die Beklagte zu vertreten sei, da diese nicht dafür Sorge getragen habe, dass eine angemessene Vergrößerung der Vorratsmenge stattfinde. Insofern habe die Beklagte nicht alle ihr zumutbaren Maßnahmen ergriffen um die Annullierung des Fluges zu verhindern. Die Beschaffung eines Enteisungsmittelvorrates für länger als zwei Tag sei zumutbar gewesen. Insbesondere müsse sich die Beklagte auf die fehlerhafte Planung der … GmbH & Co. KG zurechnen lassen.

14. Der Kläger beantragt,

15. die Beklagte wird verurteilt dem Kläger 1.792,50 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.04.2011 zu zahlen und weitere 324,51 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.04.2011.

16. Die Beklagte beantragt,

17. die Klage abzuweisen.

18. Sie ist der Auffassung, dass ihr das Fehlen von Enteisungsmitteln am streitgegenständlichen Flugtag den 10.12.2010 nicht zuzurechnen sei. Zuständig dafür sei der Flughafenbetreiber, der Groundhändler, die … GmbH & Co. KG und nicht die Beklagte. Diese habe aber ihrerseits eine ausreichende vorsorgliche Winterplanung getroffen, die letztlich deswegen nicht für den streitgegenständlichen Tag dazugeführt habe, dass ausreichend Enteisungsmittel vorhanden gewesen sein, weil auf Grund des Schneechaos in Deutschland zu diesem Zeitpunkt auch der Transport und Lieferverkehr Probleme mit der Anlieferung gehabt habe und eine Ersatzbeschaffung auf anderen Flughäfen oder durch andere Unternehmen nicht möglich war. Die Beklagte habe deswegen ihr Ermessen diesen Flug zu annullieren sorgsam ausgeübt, da bei Nichtvorhandensein von Enteisungsmitteln auch die Flugsicherheit erheblich gefährdet werde. Insofern meint die Beklagte, dass die Flugannullierung für den 10.12.2010 für den streitgegenständlichen Flug auf außergewöhnlichen Umständen beruht im Sinne von Art. 5 Abs. 3 der EU-Fluggastverordnung.

19. Die Beklagte habe auch alle zumutbaren Umstände berücksichtigt, denn sie habe durch keine Maßnahmen den harten Wintereinbruch und den daraus folgenden hohen Verbrauch an Enteisungsflüssigkeit verhindern können, der letztendlich zu einem Mangel an dieser Enteisungsflüssigkeit führte. Die Beschaffung der Enteisungsflüssigkeit lag nicht im Einflussbereich der Beklagten, da diese durch den Flughafen durchgeführt werde. Ein gleiches gelte für die angeordnete Start- und Landebeschränkung der Flugzeugkontrolle. Auch durch das Luftfahrtbundesamt, insbesondere durch …laba sei in einem Gespräch Mitte Dezember 2010 bestätigt worden, dass es sich um einen Mangel von Enteisungsmitteln um einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne der EU-Fluggastverordnung handele.

20. Da im Übrigen die Annullierung des Fluges auf keiner schuldhaften Rechtspflichtverletzung der Beklagten beruht, hätten der Kläger auch keinen Anspruch der Ersatzflugkosten mit … … Auch habe die Beklagte dem Kläger, wie den anderen Fluggästen eine Umbuchung auf einen anderen Flug oder die Erstattung des Ticketpreises angeboten. Dieses Angebot haben die Kläger jedoch nicht angenommen, sondern sich für einen Ersatzflug mit … entschieden, so dass es auch aus diesem Grund eine Pflichtverletzung nach Art. 8 Abs. 1 der EU-Fluggastverordnung nicht zu sehen sei.

21. Hinsichtlich des weiteren Parteienvorbringens wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift vom 08.06.2011 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

22. Die zulässige Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Leistung einer Ausgleichszahlung entsprechend Art. 7 Abs. 1 b der EU-Fluggastverordnung 261/2004 zu. Ebenfalls hat der Kläger keinen Anspruch auf Erstattung der Ersatzflugkosten, denn auch dafür sind die erforderlichen Tatbestandsvoraussetzungen nach § 8 Abs. 1 EU-Fluggastverordnung in Verbindung mit § 280 ff. BGB nicht erfüllt, so dass im Ergebnis der Kläger auch nicht auf den Verzugsschadensersatz in Form der vorgerichtlichen Anwaltskosten zurückgreifen kann, da das Schicksal der Nebenforderung dem der Hauptforderung folgt.

23. Zwar ist unstreitig der streitgegenständliche Flug durch die Beklagte annulliert worden. Unstreitig erfolgte dies aus dem Mangel an Vorhandensein von Enteisungsmittel am 10.1.2010, dem Flugtag auf dem Flughafen Schönefeld, welches wiederum darauf zurückzuführen war, dass infolge der anhaltend schlechten Wetterbedingungen durch den harten Wintereinbruch zu diesem Zeitpunkt das bestellte Enteisungsmittel nicht rechtzeitig transportiert und angeliefert werden konnte und bei der anhaltenden Witterungslage die angelegten Vorräte an Enteisungsmitteln nicht ausreichten. Für diese Situation hat die Beklagte nicht einzustehen, so dass sie sich letztlich auf den Exkulpationsgrund des Art. 5 Abs. 3 der EU-Fluggastverordnung berufen kann, mithin von ihrer Verpflichtung zum Schadensersatz und zur Ausgleichszahlung frei ist.

24. Nach Art. 5 Abs. 3 der EU-Fluggastverordnung ist das ausführende Luftfahrtunternehmen, hier die Beklagte, nicht verpflichtet eine Ausgleichszahlung gemäß Art. 7 zu leisten, wenn es nachweisen kann, dass die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückzuführen ist, die sich nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären. Vorliegend ist es hier schon so, dass unstreitig die Beklagte nicht für die Besorgung und Vorratshaltung der Enteisungsmittel für den Flughafen Schönefeld verantwortlich war, sondern dies durch die … GmbH & Co. KG zu gewährleisten ist. Eine Personen- oder Firmenidentität zwischen diesen beiden Unternehmen besteht gerade nicht. Die … GmbH & Co. KG ist demnach nicht Erfüllungsgehilfe der Beklagten. Dies hat die Klägerseite zwar behauptet, sie hat dies aber nicht untersetzt. Weder die vertraglichen, noch gesetzlichen Beziehungen dieser Unternehmen sind dem Gericht bekannt. Vielmehr geht das Gericht davon aus, dass der Flughafenbetreiber selbstständig unter Umständen aus Anordnung- und Rechtsvorschriften für den reibungslosen Betrieb des Flughafens sorge leisten muss. An dieser Verpflichtung ist aber die jeweilige Fluggesellschaft, sofern Verträge zwischen diesen beiden Unternehmen nicht existieren, was keine der Parteien vorgetragen hat, nicht beteiligt. Unabhängig davon geht das Gericht aber auch nach dem unstreitigen Vortrag der Prozessparteien davon aus, dass die … GmbH & Co. KG sich rechtzeitig und ausreichend um das Anliegen von Ersatzvorräten an Enteisungsmitteln und deren Anlieferung in Folge der Witterung bemüht hat, dies aber was wiederum nicht in ihrer Sphäre gelegen hat, auf Grund des frühzeitig eintretenden harten Winters 2010 nicht realisiert werden konnte. So dass im Ergebnis auch der … GmbH & Co. KG eine Rechtspflichtverletzung nicht nachzuweisen ist.

25. Der pauschale Einwand der Klägerseite, dass es durchaus zumutbar gewesen wäre einen größeren Ersatzvorrat anzulegen, kann nicht durchdringen, da die Beklagtenseite dezidiert vorgetragen hat, in welcher Art und Weise und in welchem Umfang die … GmbH sich um die Beschaffung von Enteisungsmittel bemüht hat und das weitergehende Kapazitäten auf den Flughäfen nicht vorhanden waren. Dies wird auch dadurch unterstrichen, dass gerichtsbekannt ist, dass in dem streitgegenständlichen Zeitraum sowohl auf dem Flughafen Schönefeld als auch in Tegel und anderen deutschen Flughäfen wegen der Wettersituation insbesondere wegen mangels an Enteisungsmitteln Flüge annulliert werden mussten, die nicht nur Flüge der Beklagten betroffen hat, sondern auch andere Fluggesellschaften.

26. Nach alle dem war offensichtlich, dieser wetterungsbedingte Umstand bundesweit nicht derart zu händeln, dass alle geplanten Flüge hätten stattfinden können. Darüber hinaus kann sich die Beklagte aber auch darauf berufen, dass Start- und Landebeschränkungen durch die Flugverkehrskontrolle am streitgegenständlichen Tage auf Grund der Wetterbedingungen eingetreten sind, die darauf zurückzuführen sind, dass unter anderem bei Nichtenteisung von Flugzeugen ein erhebliches Sicherheitsrisiko besteht. Die Beklagte hat weiterhin vorgetragen und zwar unstreitig, dass sie in angemessener Art und Weise die Annullierung dieses Fluges vorgenommen hat um den weiteren Flugverkehr am Flughafen Berlin-Schönefeld im Wesentlichen aufrecht erhalten zu können und damit die Entscheidung getroffen hat, die geringst mögliche Einschränkung des Flugverkehrs durch die Annullierung dieses Fluges umzusetzen. Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass es für die jeweils betroffenen Passagiere der Flugannullierung schwer einsehbar ist, dass gerade ihr Flug der Annullierung unterliegen sollte, hingegen andere Flüge durchgeführt werden. Dies ist der Beklagten aber nicht zur Last zu legen, denn sie hat im Rahmen ihres Ermessensspielraum im Rahmen der EG-Fluggastverordnung abzutasten durch welche Maßnahme die geringste Beeinträchtigung erfolgt. Diesen Ermessensspielraum hat die Beklagte sachgemäß ausgeübt nach dem unstreitigen Vorbringen der Parteien.

27. Da nach den vorgenannten Umständen der Beklagten eine Rechtspflichtverletzung aus dem Beförderungsvertrag nicht vorzuwerfen ist, steht der Klägerseite ein weitergehender Schadensersatzanspruch in Form der Erstattungskosten für den Flug mit … nicht zu, denn die Anspruchsgrundlagen des § 280 ff. BGB sind nicht erfüllt. Auch kann sich die Klägerseite nicht auf Art. 8 Abs. 1 der EU-Fluggastverordnung berufen, denn diese Beklagte hat unstreitig der Klägerseite ein Ersatzflug, eine Umbuchung angeboten oder die Rückerstattung des Ticketpreises, wenn die Klägerseite dies aus persönlichen Gründen oder wegen terminlicher Schwierigkeiten nicht angenommen hat, hat sie dies aber selbst zu vertreten, denn die Beklagte ist nach den Regelungen der EU-Fluggastverordnung nur verpflichtet im Rahmen ihrer verfügbaren Kapazitäten Ersatzflüge anzubieten, die ihren eigenen Flugverkehr betrifft. Insofern wird auch auf die Rechtsprechung des … … vom 27.10.2010 verwiesen, wonach diese Auffassung auch vom LG gestützt wird.

28. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

29. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht aus § 709 ZPO.

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