Vermögensschaden wegen Flugverspätung

LG Frankfurt: Vermögensschaden wegen Flugverspätung

Eine Reiseveranstalterin verklagt eine Fluggesellschaft auf Schadensersatz, weil diese die reservierten Flugplätze wegen einer Verspätung des Zubringerfluges neu belegte. Den hierdurch entstandenen Schaden verlangt die Klägerin nun von der Beklagten ersetzt.

Das Landgericht Frankfurt hat der Klägerin Recht zugesprochen. In der Nicht-Beförderung der Fluggäste sei eine Vertragsverletzung zu sehen, die eine Schadensersatzpflicht der Beklagten begründe.

LG Frankfurt 2-19 O 349/05 (Aktenzeichen)
LG Frankfurt: LG Frankfurt, Urt. vom 21.07.2006
Rechtsweg: LG Frankfurt, Urt. v. 21.07.2006, Az: 2-19 O 349/05
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Hessen-Gerichtsurteile

Landgericht Frankfurt

1.Urteil vom 21. Juli 2006

Aktenzeichen 2-19 O 349/05

Leitsätze:

2. Entsteht ein Vermögensschaden, bei der Reiseveranstalterin, durch Flugverspätung, so hat die Beklagte Schadensersatz zu zahlen.

Zusammenfassung:

3. Die Beklagte und die Klägerin schlossen einen Vertrag über die Beförderung von  Gruppenpassagieren. Die Beklagte verpflichtete sich damit, die Kunden der Reiseveranstalterin zu befördern. Da sich der Rückflug nach Mexico verspätete, hatte die Beklagte die Flugplätze bereits anderweitig vergeben, sodass sie nur noch 8 von 35 Personen aus der Reisegruppe der Reiseveranstalterin befördern konnte.

Die übrigen Personen kamen teils mit einer 3-tägigen Verspätung in Deutschland an. Dadurch musste die Klägerin an die Kunden sämtlich Kosten für Übernachtungen, Verpflegung sowie Erstattungen für etwaige Auslagen übernehmen. Nun fordert die Klägerin Schadensersatz von der Beklagten.
Diese beruft sich widerum eine Vertragsklausel, die einen Schadensersatz bei indirekten Schäden ausschließt.

Das Landgericht Frankfurt hat der Klägerin Recht zugesprochen. Die Beklagte verletzte ihre Verpflichtung aus dem Gruppenförderungsvertrag mit der Klägerin und muss ihr den entstandenen Schaden ersetzen. Da die Verspätung des Zubringerfluges nur sehr gering war, hätte die Beklagte die betroffenen Plätze nicht neu vergeben dürfen. In der Folge hafte sie der Klägerin in Form eines Schadensersatzes wegen nicht vertragsgemäßer Leistung im Sinne von §280 I BGB.

Auch die eingefügte Klausel in dem Vertrag, indirekte Schäden seien von der Klägerin nicht zu ersetzen, führt nicht dazu, dass die Beklagte, den durch die anderweitige Platzvergabe entstandene Schaden, nicht zu ersetzen hat. Diese ist  zumindest unklar i. S. d. §307 Satz 2 BGB und stellt damit eine unangemessene Benachteiligung der Klägerin dar. Somit hat die Beklagte auch die Folgeschäden zu ersetzen.

Tenor:

4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Euro 14.776,86 nebst 8 Prozentpunkten Zinsen hieraus über dem Basiszinssatz seit dem 10.11.2005 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu 18 %, die Beklagte zu 82 % zu tragen.

Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages, für die Beklagte ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund dieses Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand:

5. Die Klägerin begehrt Schadensersatz aufgrund eines ihr durch eine Flugverspätung entstandenen Vermögensschadens.

6. Die Parteien schlossen im Oktober 2004 einen „Vertrag über die Beförderung von Gruppenpassagieren“. In diesem Vertrag verpflichtete sich die Beklagte, die Kunden der Klägerin am 16.02.2005 von Frankfurt via Paris nach Mexico City und am 02.03.2005 von Cancun über Mexiko City und Paris zurück nach Frankfurt zu befördern. Der pro Reisenden für sämtliche Flugverbindungen vereinbarte Flugpreis betrug 585,00 Euro zzgl. Steuern. Der Vertrag enthält neben weiteren Gruppenvertrag- sowie Stornierungsbedingungen auch den „Vorbehalt“, dass die Bedingungen des … und die „Beförderungsbedingungen“ „davon“ unberührt bleiben. Weiterhin behielt sich die Beklagte das Recht auf Änderungen der Streckenführung, der Abflugzeiten und des Maschinentyps vor.

7. Die Rückflugverbindung setzte sich aus drei Flügen zusammen – einmal einem Inlandsflug Cancun – Mexico City am 02.03.2005 mit Ankunftszeit im Mexico City um 19.55 Uhr, dem Flug Mexico City – Paris mit Abflugzeit 21.30 Uhr und einem Anschlussflug Paris – Frankfurt a. M. Der Inlandsflug Cancun – Mexiko City wurde von einer mexikanischen Fluggesellschaft durchgeführt. Das Gepäck der Reisenden wurde in Cancun nicht bis zum jeweiligen Endzielflughafen durchgecheckt, sondern nur bis Mexico City, da dies – trotz entsprechender Aufforderung durch die Reiseleiterin, der Klägerin – ablehnte.

8. Der Flug von Cancun erreichte Mexiko City mit einer Verspätung von ca. 15 Minuten erst um ca. 20.10. Als die Reisegruppe der Klägerin – nach längeren Wegen durch den sich im Umbau befindlichen Flughafen – sodann um 20.45 Uhr den Check-in-Schalter der Beklagten erreichte, war dieser bereits geschlossen. Die Reiseleiterin der Klägerin hatte die Station der Beklagten in Mexico City weder vor Abflug noch nach Ankunft in Mexico City über die eingetretene Verspätung telefonisch informiert.

9. Die überwiegende Zahl der Flugplätze, die für die Mitglieder der Reisegruppe reserviert waren, hatte die Beklagte ab 20.30 Uhr an sich auf der Warteliste für den Flug Mexico City – Paris befindliche Gäste vergeben. Lediglich acht Personen aus der 35-köpfigen Reisegruppe der Klägerin konnten noch eingecheckt und über Paris nach Frankfurt a. M. weiterbefördert werden.

10. Die 26 verbleibenden Reisenden sowie die Reiseleiterin wurden auf die Warteliste für den 24 Stunden später, also am 03.03.2005 abgehenden Flug der Beklagten gesetzt und aufgefordert, sich am nächsten Tag 4 Stunden vor Abflug am Flughafen einzufinden. Eine Beförderung der 27 Personen erfolgte jedoch auch am 03.03.2005 nicht.

11. Die Klägerin bemühte sich sodann am 04.03.2005, von Deutschland aus, um die Festbuchung anderer Rückflüge für die verbleibenden Personen der Reisegruppe. Zwar war dies erfolgreich, jedoch verweigerte die Beklagte eine entsprechend notwendige Umschreibung der Flugtickets auf andere Fluggesellschaften.

12. In Absprache mit der Beklagten fanden sich am Nachmittag des 04.03.2005 15 Personen der Reisegruppe am Flughafen ein, um eine Wartelistenbeförderung mit der Beklagten zu erreichen, was jedoch nur für 8 Personen gelang, die sodann mit 48-stündiger Verspätung Deutschland erreichten.

13. Die somit verbleibenden 19 Personen der Reisegruppen wurden am 05.03.2005 auf andere Maschinen umgebucht und erreichten, teilweise über äußerst umständliche Umsteigeverbindungen, am 06.03.2005, also mit dreitägiger Verspätung Deutschland.

14. Der Reisepreis für die Kunden der Klägerin belief sich auf mindestens 1.995,00 Euro. Eine geplante Reisedauer von 16 Tagen und einen Tagesreisepreis i. H. v. somit 124,69 Euro zugrunde gelegt, zahlte die Klägerin an ihre Kunden, die Deutschland erst am 05.03.2005 erreichten, einen Betrag i. H. v. 250,00 Euro, an die Reisenden, die Deutschland erst am 06.03.2005 erreichten, einen Betrag i. H. v. 375,00 Euro, insgesamt 8.750,00 Euro. Weiterhin erstattete die Klägerin ihren Kunden insgesamt 942,53 Euro für Auslagen. Die notwendig gewordenen Übernachtungen, Transfers und teilweise auch Verpflegung für die zwangsläufig in Mexico City verbliebenen Reisenden lies die Klägerin durch das ortsansässige Unternehmen … organisieren, nachdem die Beklagte eine diesbezügliche Unterstützung der Klägerin unter Verweisung auf die nach ihrer Ansicht für die Situation verantwortliche Fluggesellschaft … ablehnte. … stellte der Klägerin einen Betrag i. H. v. 4.191,12 Euro in Rechnung. Hierin waren auch Kosten für einen Ausflug der in Mexico City verbliebenen Reisenden enthalten. Weiterhin vergütete die Klägerin der Reiseleiterin für ihre verlängerte Tätigkeit 360,00 Euro, einen Tagessatz von 120,00 Euro zugrunde gelegt, sowie Auslagen i. H. v. insgesamt 433,20. Zwei Reisende, die der Reiseleiterin ihre Mobiltelefone zur Verfügung gestellt hatten, ersetzte sie 559,69 Euro.

15. Die Klägerin behauptet, ihr sei ein weiterer Schaden in geschätzter Höhe von 1.700,00 Euro entstanden, da zwei ihrer Mitarbeiter in Deutschland sich um die Rückholung der in Mexico City verbliebenen Gäste haben kümmern müssen und ihre hierfür aufgewandte Arbeitszeit nicht anderweitig einsetzen konnten.

16. Die Klägerin meint, dass die Beklagte ihr die durch den verspäteten Flug mit der Fluggesellschaft … entstandenen Schäden zu ersetzen habe. Sie habe bei der Beklagten sämtliche Flüge gebucht. Soweit sich die Beklagte zur Erfüllung ihrer vertraglichen Ansprüche einer weiteren Fluggesellschaft bediene, müsse sie sich deren Handeln zurechnen lassen.

17. Die Klägerin beantragt:

18. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 16.936,54 Euro nebst Zinsen i. H. v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.11.2005 zu zahlen. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den weiteren Schaden zu ersetzen, der durch die verspätete Rückkehr eines Teils ihrer Reisegruppe nach Deutschland am 05 bzw. 06.03.2005 entstanden ist.

19. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

20. Sie meint, sie sei nicht passivlegitimiert. Auf den vorliegenden Gruppenbeförderungsvertrag finde das Montrealer Übereinkommen (MÜ) Anwendung. Die Klägerin sei aufgrund des mit der Beklagten geschlossenen Vertrages als vertragliche Luftfrachtführerin im Sinne des MÜ anzusehen, die Beklagte, neben der Fluggesellschaft … für die Teilstrecke Cancun – Mexico City, lediglich ausführende Luftfrachtführerin. Gemäß Art. 36 Abs. 2 MÜ könne die Klägerin Schadenersatzansprüche, die Aufgrund einer verschuldeten Verzögerung auf der Teilstrecke Cancun – Mexico entstanden seien, nur gegenüber der … geltend machen. Weiterhin beruft sie sich auf ihre – ihrer Ansicht nach in den Gruppenbeförderungsvertrag wirksam einbezogenen – allgemeine Beförderungsbedingungen, aufgrund derer die Geltendmachung „indirekter“ Schäden ausgeschlossen sei.

21. Des Weiteren ist sie der Auffassung, dass die von der Klägerin geltend gemachten Minderungsansprüche ihrer Reisenden weder rechtlich noch tatsächlich nachvollziehbar seinen. Ebenso bestreitet sie weite Teile der von der Klägerin erbrachten Zahlungen an ihre Reisenden, die Reiseleiterin und … dem Grunde und der Höhe nach.

22. Darüber hinaus trage die Klägerin am entstandenen Schaden ein erhebliches Mitverschulden, da die Reiseleiterin der Klägerin den Check-in-Schalter der Beklagten in Mexico City weder vor Abflug des … Transferfluges noch nach dessen Ankunft in Mexico City über die eingetretene Verspätung telefonisch informiert habe.

23. Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

24. Die Klage ist weitgehend begründet.

25. Die Beklagte ist verpflichtet, der Klägerin den aus der Nichtbeförderung einzelner Reisender der Klägerin am 02.03.2005 auf der Strecke Mexico City – Paris entstandenen Schaden i. H. v. 14.776,86 Euro zu ersetzen, da sie ihre Verpflichtungen aus dem mit der Beklagten geschlossenen Gruppenbeförderungsvertrag verletzt hat, §§ 280 Abs. 1, 283 BGB.

26. Die Frage, ob auf den zwischen den Parteien geschlossenen Gruppenbeförderungsvertrag deutsches Recht anzuwenden gewesen wäre, kann dahinstehen, da die Parteien durch die ausschließliche Berufung auf deutsche Rechtsvorschriften eine konkludente Rechtswahl getroffen haben, § 27 EGBGB (vgl. Palandt, BGB, Art. 27 EGBGB, Rd. 6 ff.).

27. Die Beklagte ist als Schuldnerin des Gruppenbeförderungsvertrages passivlegitimiert. Auf den zwischen den Parteien geschlossenen Gruppenbeförderungsvertrag, der als Werkvertrag i. S. d. §§ 631 ff. anzusehen ist (vgl. Führich, Reiserecht, 5. Auflage, Rd. 964), finden, zumindest aufgrund der von den Parteien getroffenen Rechtswahl, die allgemeinen Regelungen des Leistungsstörungsrechts des BGB Anwendung.

28. Keine Anwendung findet hingegen das Montrealer Übereinkommen (MÜ). Zwar ist eine internationale, entgeltliche Luftbeförderung Vertragsgegenstand und das MÜ von den vorliegend relevanten Staaten ratifiziert, jedoch sind die Vorschriften des MÜ lediglich auf Fluggäste anwendbar (vgl. Führich, a. a. O., Rn. 969). Das MÜ hat einen verbraucherschutzrechtlichen Charakter. Selbst wenn man die Klägerin im Rahmen des MÜ als vertragliche Luftfrachtführerin ansehen würde, ergibt sich die fehlende Anwendbarkeit des MÜ auf den vorliegenden Vertrag darüber hinaus auch aus Art. 48 MÜ, wonach die Regelungen des MÜ eben gerade nicht die Rechte und Pflichten der Luftfrachtführer untereinander berühren.

29. Die Beklagte hat ihre aus dem mit der Klägerin geschlossenen Gruppenbeförderungsvertrag bestehenden Pflichten, die Reisenden der Klägerin am 02.03.2005 von Mexico City über Paris nach Frankfurt zu befördern, schuldhaft verletzt. Es ist bezüglich der Beförderungspflicht der Beklagten am 02.03.2005 Unmöglichkeit gem. § 275 Abs. 1 BGB eingetreten, da durch die Nichteinhaltung der Beförderungszeit am 02.03.2005 eine dauerhafte Unmöglichkeit bezüglich der geschuldeten Luftbeförderung vorliegt (vgl. Führich, a. a. O., Rn. 1001).

30. Die Beklagte hat diese Unmöglichkeit auch zu vertreten. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob die Vertragsverletzung in dem mit Verspätung in Mexico City angekommenen Flug der … zu sehen ist oder in der bereits um 20.30 Uhr erfolgten Vergabe der Flugplätze der Reisenden der Klägerin an Wartelistenpassagiere, obwohl die geringfügige Verspätung der Reisenden der Klägerin für die Beklagte leicht feststellbar gewesen wäre. Aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Gruppenbeförderungsvertrag ergibt sich nach Auffassung des Gerichts, dass die Beklagte Schuldnerin sämtlicher Teilflugleistungen war. Der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag enthält keine Hinweise, dass die Beklagte nur Schuldnerin der tatsächlich mit der … durch geführten Flugstrecken sein sollte. Die Beklagte hat sich zur Erbringung sämtlicher Teilflüge vertraglich verpflichtet. Einen Hinweis, dass der mit der … durchgeführte Flug nicht zu ihrer eigenen, vertraglich geschuldeten Leistung gehören könnte, enthält der Vertrag nicht. Dagegen sprechen der einheitliche Flugpreis und das Recht der Beklagten auf eine Änderung der Streckenführung deutlich für eine entsprechende vertragliche Schuld sämtlicher Teilflugstrecken. Soweit sich die Beklagte zur Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen dann eines weiteren Luftfahrtunternehmens, hier der … bedient, ist diese als Erfüllungsgehilfen, § 278 BGB, der Beklagten anzusehen. Anhaltspunkte, dass die Beklagte eine der beiden denkbaren Pflichtverletzungen nicht zu vertreten hätte, sind nicht ersichtlich. Die Beklagte hat diesbezüglich keine relevanten Tatsachen vorgetragen.

31. Die Klägerin ist aufgrund der Beförderungsbedingungen der Beklagten, die den Ersatz von „indirekten“ Schäden ausschließt, mit der Geltendmachung der gegenständlichen Schadenersatzforderungen nicht ausgeschlossen, da die entsprechende Klausel unklar i. S. d. § 307 BGB ist und sich gem. § 306 BGB der Inhalt des Vertrages somit nach den gesetzlichen Regelungen richtet. Gem. § 310 BGB findet die Inhaltskontrolle des § 307 Abs. 1 BGB auch Anwendung auf den kaufmännischen Geschäftsverkehr. Unabhängig von der Frage, ob die Beförderungsbedingungen der Beklagten überhaupt wirksam in den zwischen den Parteien geschlossenen Gruppenbeförderungsvertrag einbezogen wurden, ist die entsprechende Klausel zumindest unklar i. S. d. 307 Satz 2 BGB und stellt damit eine unangemessene Benachteiligung der Klägerin dar. Es ist nicht ersichtlich, um welche Schäden es sich bei den in dieser Klausel als „indirekte Schäden“ bezeichneten Schäden handeln sollte. Eine entsprechende Definition ist in Beförderungsbedingungen der Beklagten nicht enthalten. Auch lässt sich die entsprechende Definition nicht aus dem Kontext der Regelung ersehen.

32. Die von der Klägerin geltend gemachten Schadenersatzansprüche aufgrund der verspäteten Ankunft der Reisenden am Zielort begegnen auch der Höhe nach keinen grundsätzlichen Bedenken. Die aus der Verspätung des … Fluges bzw. der Vergabe der Plätze an die Wartelistenpassagiere und der z. T. erst drei Tage später erfolgten Verbringung der Reisenden zum Zielort resultierenden Aufwendungen der Klägerin stellen einen Schaden i. S. d. § 280 Abs. 1 BGB dar.

33. Der Klägerin steht zunächst ein Anspruch auf Ersatz der ihren Kunden insgesamt gezahlten Minderungsbeträge i. H. v. 8.750,00 Euro zu, da sich der Reisepreis für die Reise bei Reisenden, die zwei Tage später am Zielort eintrafen um 250,00 Euro, für Reisende, die drei Tage später am Zielort eintrafen, um 375,00 Euro gemindert hat, § 651 c Abs. 1, 651 d BGB. Der Berechnungsansatz der Klägerin ist nicht zu beanstanden. Der Mindestreisepreis betrug 1995,00 Euro pro Reisendem. Die Reise war insgesamt für eine Dauer von 16 Kalendertagen geplant, wobei nach ständiger Rechtsprechung der Kammer der An- und Abreisetag nur hälftig in Ansatz zu bringen ist. Somit ergibt sich eine Reisedauer von 15 Tagen, dies zugrunde gelegt ein Tagesreisepreis i. H. v. 133,00 Euro. Aufgrund der eingetretenen Verspätungen hinsichtlich des Rückfluges tritt für jede über 4 Stunden hinausgehende Verspätung eine Minderung des Reisepreises i. H. v. 5% des Tagesreisepreises ein, bei einer Verspätung von 20 Stunden somit in Höhe eines gesamten Tagesreisepreises (vgl. Führich, a. a. O., Rd. 329).

34. Auch überschreiten die Minderungsbeträge nicht 20% des Reisepreises, so dass auch aus diesem Grund deren Höhe nicht zu beanstanden ist. (vgl. Führich a. a. O.). Dies zugrunde gelegt, aber auch im Rahmen einer wertenden Gesamtbetrachtung der Umstände und Unannehmlichkeiten, denen die Reisenden – auch durch das wenig kooperative Verhalten der Beklagten – in den Tagen in Mexico City ausgesetzt waren, hält das Gericht die von der Klägerin angenommene Minderung des Reisepreises für angemessen, auch wenn die Minderungsbeträge in Einzelfällen die exakten Berechnung aufgrund der reinen Flugverspätung geringfügig übersteigen. Auf die Frage, ob die Reisenden darüber hinaus Ansprüche wegen nutzlos aufgewandter Urlaubszeit haben könnten oder erfolgte Ausflüge eines Teiles der Reisenden in Mexico City in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen wären, kommt es mithin nicht an.

35. Weiterhin hat die Klägerin einen Anspruch auf Ersatz von Zahlungen i. H. v. 2.295,42 Euro, die sie im Rahmen des Aufwendungsersatzes an ihre Reisenden bzw. die Reiseleiterin geleistet hat.

36. Zunächst begegnen die Auslagen, die die Klägerin ihren Kunden im Wesentlichen für Verpflegungs- und Telefonkosten i. H. v. insgesamt 942,53 Euro ersetzt hat keinen grundlegenden Bedenken. Diesen von der Klägerin geltend gemachten Schaden sieht das Gericht unter Würdigung aller Umstände als entstanden an, § 278 ZPO. Eine völlige Aufklärung wäre unverhältnismäßig schwierig. Die von den Kunden der Klägerin geltend gemachten Auslagen sind im Wesentlichen Telefon- und Verpflegungskosten, die angesichts einer mehrere Tage verspäteten Ankunft am Heimatort und den für Auslandsgespräche anfallenden, üblichen Telefongebühren auch nicht überhöht erscheinen. Gleiches gilt für die Auslagen der Reiseleiterin i. H. v. 433,20 Euro und die für deren verlängerte Tätigkeit angefallenen Kosten i. H. v. 360,00 Euro sowie die zwei Reisenden ersetzten Auslagen i. H. v. 559,69 Euro für das der Reiseleiterin überlassene Mobiltelefon. Darüber hinaus hat die Klägerin weite Teile der angefallenen Auslagen durch entsprechende Belege nachgewiesen, insbesondere sind auch die Telefonkosten der Reiseleiterin angesichts des erheblichen Organisationsaufwandes und der notwendigen Auslandstelefonate nach Deutschland nachvollziehbar. Soweit einzelne Reisende Auslagen geltend gemacht haben, auf deren Erstattung andere Reisende verzichtet haben, führt dies nicht dazu, dass diese Ansprüche unbegründet waren.

37. Zu ersetzen sind weiterhin die Kosten der Klägerin, die dieser durch die Beauftragung der … entstanden sind, jedoch nur i. H. v. 3.731,44 Euro. Auch hier ist das Gericht unter Würdigung aller Umstände von dem Entstandensein des entsprechenden Schadens überzeugt, 287 ZPO. Die vorgelegte Rechnung weist im wesentlichen Übernachtungs-, Verpflegungs- und Transportkosten aus. Dass insbesondere Transportkosten in der geltend gemachten Höhe entstanden sind, nachdem die Beklagte mehrfach Kunden der Klägerin ohne Festbuchung für den anstehenden Flug zum Flughafen hat kommen lassen, ist nachvollziehbar. Die Zahlung landesüblicher Trinkgelder ist ebenso wenig zu beanstanden wie Auslagen für Kofferträger. Nicht zu erstatten sind jedoch die Kosten für die durchgeführte Xochimilco-Tour. Hierbei handelt es sich um eine freiwillige Leistung der Klägerin.

38. Nicht ausreichend substanziiert dargelegt ist jedoch der von der Klägerin für ihre Mitarbeiter geltend gemachte Schadenersatzanspruch i. H. v. Euro 1.700,00. Hierauf wurde die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 21.04.2006 hingewiesen, ohne hierzu weiter vorzutragen. Angaben dazu, welche monatlichen Gehaltszahlungen die entsprechenden Mitarbeiter erhalten, hat die Klägerin nicht gemacht, noch hat sie eine detaillierte Aufstellung des tatsächlich aufgrund der Verspätung angefallenen Arbeitsaufwandes der Mitarbeiter vorgelegt.

39. Fernliegend ist die Auffassung der Beklagten, die Klägerin träfe ein Mitverschulden, § 254 BGB, an der verspäteten Rückreise einzelner Reisender, da die Reiseleiterin der Klägerin den „Check-in-Schalter“ der Beklagten in Mexico City nicht von der Verspätung der Reisegruppe telefonisch informiert habe.

40. Die Beklagte hat sich zur Erfüllung ihrer Vertragspflichten einer weiteren Fluggesellschaft bedient. Es hätte zunächst einmal ihr oblegen, sich über eine ordnungsgemäße Erfüllung der Vertragspflichten auch dieser Gesellschaft zu informieren. Dass sich die Reiseleiterin der Klägerin um die Telefonnummer des Check-in-Schalters der Beklagten am Flughafen in Mexico City bemühen sollte, um die dortigen Mitarbeiter der Beklagte auf Verzögerungen ihrer im Ergebnis eigenen Vertragsleistung hinzuweisen, ist vor dem Hintergrund, dass sich die Mitarbeiter der Beklagten am Flughafen Mexico City jederzeit problemlos selbst über die Ankunftszeit ihrer Reisenden mit dem … Flug hätten informieren können, nicht nachvollziehbar.

41. Die Beklagte schuldete die Rückflüge nach Europa am 02.03.2006. Sie hat Wartelisteplätze vergeben, ohne sich vorher nach dem Verbleib einer fest gebuchten, 35-köpfigen Reisegruppe – und nicht etwa eines einzelnen Reisenden – zu erkundigen. Es wäre für sie jedoch ein Leichtes gewesen, die – dazu noch geringe – Verspätung ihrer Kunden feststellen zu können. Dass die ihr – hätte sie sich erkundigt – dann bekannte, 15-minütige Überschreitung der Annahmezeit am Check-in-Schalter zu einem Verlust des Start-Slots des Fluges geführt hätte, hat die Beklagte weder nachvollziehbar vorgetragen noch ist dies in Anbetracht der Tatsache, dass einzelne, verspätet angekommene Reisende der Klägerin noch eingecheckt wurden, ersichtlich.

42. Der Feststellungsantrag der Klägerin ist unbegründet, da es an einem denkbaren weiteren Schaden mangelt. Die Reisenden der Klägerin hätten ihre Ansprüche, um sie durchsetzen zu könne, gem. §§ 651 c bis 651 f BGB innerhalb eines Monats nach der vertraglichen Beendigung der Reise geltend machen müssen, damit diese nicht der Ausschlussfrist des § 651 g BGB unterliegen. Die Klägerin hat die Geltendmachung solcher Ansprüche durch weitere Reisende innerhalb der Frist des § 651 g BGB weder vorgetragen, noch sind solche ersichtlich. Dass darüber hinaus sonstige weitere Auslagen der Klägerin anfallen könnten, hat diese weder vorgetragen noch sind solche ersichtlich.

43. Die zugesprochenen Zinsen sind Prozesszinsen, § 291 BGB. Rechtshängigkeit trat am 09.11.2005 ein, in analoger Anwendung des § 187 I BGB waren die Prozesszinsen ab 10.11.2005 zuzusprechen.

44. Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in § 92 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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