Rückzahlung geleisteter Anzahlung nach Kündigung des Reisevertrages

AG München: Rückzahlung geleisteter Anzahlung nach Kündigung des Reisevertrages

Der Kläger hatte bei der Beklagten eine Reise gebucht. Nach der Mitteilung der Flugzeiten erklärte er dem Reisebüro gegenüber die Stornierung des Vertrages und verlangte die Anzahlung heraus. Dennoch nahm er später an der Reise teil. Nun fordert er Minderung des Reisepreises.

Das Gericht hat die Klage abgewiesen. Es sei weder ein Mangel bewiesen noch ersichtlich. Unangenehme Flugzeiten seien bei einer Pauschalreise gegebenenfalls hinzunehmen. Außerdem sei der Anspruch verfristet.

AG München 173 C 23180/10 (Aktenzeichen)
AG München: AG München, Urt. vom 30.12.2010
Rechtsweg: AG München, Urt. v. 30.12.2010, Az: 173 C 23180/10
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Amtsgericht München

1. Urteil vom 30.12.2010

Aktenzeichen 173 C 23180/10

Leitsatz:

2. Bei einer Pauschalreise mit mehrtägiger Busrundreise und Kreuzfahrt ist, soweit anderes nicht von vornherein vereinbart ist, eine nächtliche Anreise mit entsprechender Schlafverkürzung kein Reisemangel.

Zusammenfassung:

3. Der Kläger hatte bei der Beklagten für sich und seine Ehefrau eine Reise gebucht. Diese umfasste Hin- und Rückflug nach und von Izmir, wobei Flugzeiten nicht Vertragsbestandteil waren, und eine von einer Busrundreise umrahmte Kreuzfahrt. Nach der Mitteilung der (nächtlichen) Flugzeiten erklärte er dem Reisebüro gegenüber die Stornierung des Vertrages und verlangte die Anzahlung heraus. Dies erfolgte nicht. Der Kläger nahm später an der Reise teil. Nun fordert er Minderung des Reisepreises, weil er am Ankunftstag nur eine Stunde Schlaf erhalten habe.

Das Gericht hat die Klage abgewiesen. Es sei weder ein Mangel bewiesen noch ersichtlich. Der Kläger habe den geringen Schlaf am Ankunftstag nicht bewiesen. Unangenehme Flugzeiten seien bei einer Pauschalreise gegebenenfalls ohnehin hinzunehmen. Da keine Flugzeiten vertraglich vereinbart wurden, konnten diese einseitig von der Beklagten festgelegt werden. Die lange Busreise am zweiten Tag hätte zur ausreichenden Erholung gereicht. Die nächtliche Anreise könne auch keinen Einfluss auf die umfangreiche Reise insgesamt haben. Außerdem sei der Anspruch verfristet.

Tenor:

4. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann vom Kläger durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, es sei denn die Beklagte leistet zuvor Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Der Streitwert wird auf 2.824,- EUR festgesetzt.

Tatbestand:

5. Mit der Klage begehrt der Kläger von der Beklagten im Zusammenhang mit einem zwischen den Parteien geschlossenen Reisevertrag Schadensersatz für nutzlos aufgewandte Urlaubszeit sowie Rückzahlung der klägerseitig geleisteten Anzahlung nach Kündigung des Reisevertrages. Die Beklagte ist Reiseveranstalterin. Der Kläger buchte bei der Beklagten für sich und seine Frau am 25.03.2008 eine Pauschalreise zum Preis von insgesamt EUR 2.568,-. Die Reise, die am 28.08.2008 beginnen sollte, beinhaltete neben Hin- und Rückflug (X1./Izmir, Izmir/X1.), Transfers, Unterbringung und Verpflegung insbesondere eine zehntägige Kreuzfahrt im östlichen Mittelmeer nebst jeweils dreitägiger Busrundreise vor und nach der Kreuzfahrt. Verbindliche Flugzeiten wurden nicht vereinbart. Nach dem, dem Kläger ausgehändigten, Flugschein sollte der Hinflug in X1. am 28.08.2008 um 22:25 Uhr starten und am 29.09.2008 um 02:25 Uhr in Izmir enden. Ausweislich der Leistungsbeschreibung lautete das der Kreuzfahrt vorgeschaltete sog. Vorprogramm wie folgt: „1. Tag: Flug nach Izmir, Transfer zum Hotel, Übernachtung im Hotel (Sürmeli … o. ä.); 2. Tag Abfahrt vom Hotel in Richtung Izmir und Pergamon. Besuch der Akropolis und weiter nach Troja. Übernachtung im Hotel bei Canakkale (Iusan … o. ä.) Ä Ü“. Während der längeren Busfahrt am 2. Tag wäre den Reisenden ein Ausruhen möglich gewesen.

6. Die Reise wurde durch das Reisebüro „X2.“ vermittelt. Ab dem 18.08.2008 wandte sich der Kläger wiederholt an das Reisebüro und bat um Abhilfe hinsichtlich der seines Erachtens unzumutbaren Reisezeiten, die vom Reisebüro abgelehnt wurde. Am 20.08.2008 erklärte der Kläger, die Reise zu stornieren und forderte das Reisebüro zur Rückzahlung der von ihm geleisteten Anzahlung in Höhe von EUR 256,- auf. Am 22.08.2008 forderte der Kläger eine Aufwandsentschädigung in Höhe von EUR 300,- vom Reisebüro, was dieses ablehnte und stattdessen den Kläger zur Zahlung von Stornokosten aufforderte. Der Kläger wandte sich daraufhin an den Klägervertreter, für dessen vorgerichtliche Aktivitäten dieser EUR 361,17 beanspruchte. Etwaige eigene Ansprüche der Ehefrau des Klägers trat diese an den Kläger ab.

7. Am 06.07.2010 forderte der Klägervertreter die Beklagte zur Zahlung von EUR 2.824,- zuzüglich weiterer EUR 428,64 bis 15.07.2010 auf. Zahlungen durch die Beklagte erfolgten nicht. Der Kläger behauptet, er wäre planmäßig am 29.08.2008 um ca. 6 Uhr im Zielhotel des ersten Reisetages eingetroffen und hätte von dort um 7 Uhr mit dem Bus wieder aufbrechen müssen. Weiterhin handele es sich bei dem Reisebüro um einen Vertreter der Beklagten. Die Klagepartei beantragt zuletzt:

8. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 2.824,- sowie weitere EUR 361,17 jeweils nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 16.07.2010 zu bezahlen.

9. Die Beklagte beantragt:

10. Die Klage wird abgewiesen.

11. Im Übrigen wird auf die Schriftsätze der Parteien sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 09.12.2010 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

12. Die zulässige Klage ist unbegründet.

13. Die Klage ist zulässig; das angerufene Gericht ist insbesondere sachlich und örtlich zuständig, §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG, 3, 12, 17 ZPO.

14. Die Klage ist unbegründet, da der Kläger über keinen Zahlungsanspruch gegen die Beklagte verfügt.

15. Die Hauptforderung besteht nicht.

16. a) Ein Anspruch auf EUR 2.568,- als Entschädigung gemäß § 651f Abs. 2 BGB besteht nicht.

17. aa) Ein entsprechender Anspruch ist bereits nicht entstanden.

18. (1) Eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise ließ sich nicht zur Überzeugung des Gerichts feststellen.

19. Ob eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise gegeben ist, ist aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände, insbesondere der Ausgestaltung der geschuldeten Reise sowie der Art und Dauer der Beeinträchtigung nach objektiven Maßstäben zu entscheiden (BGH, NJW 2009, 287).

20. (a) Bereits ein Reisemangel als solcher ist nicht belegt. Ein solcher könnte in einer zu kurzen Nachtruhe zwischen dem 1. und 2. Tag respektive der weitgehend entfallenen Übernachtung im ersten Hotel, wie sie in der Leistungsbeschreibung aufgeführt war, liegen. Die Beweislast hierfür liegt, worauf das Gericht hingewiesen hat, nachdem die Beklagte sowohl die geplante Ankunftszeit im Hotel als auch die Aufbruchszeit von dort aus bestritten hat, beim Kläger. Einen Beweis hat der Kläger für die fragliche Behauptung indes nicht einmal angeboten. Es ist auch nicht Aufgabe des Gerichts, einen solchen aus dem umfangreichen Anlagenmaterial selbst herauszusuchen.

21. (b) Selbst wenn sich die Nachtruhe auf wenige Stunden verkürzt haben sollte, läge hierin noch keine erhebliche Beeinträchtigung der Reise. Die individuelle Konstitution des Klägers und seiner Frau spielen hierbei keine Rolle, da ein objektiver Maßstab anzulegen ist. Nachdem verbindliche Reisezeiten nicht vereinbart waren, musste der Kläger damit rechnen, dass diese – wie auf Pauschalreisen nicht unüblich – ggf. auch zu unkomfortablen Zeiten stattfinden und am Anreisetag (wie ggf. auch am Abreisetag) eine nur unzureichende Nachtruhe zu erlangen sein würde. Dies war dem Kläger und dessen Frau insbesondere auch vor dem Hintergrund zuzumuten, dass dieser aufgrund der späten Abflugzeit einen ausgedehnten Mittagsschlaf hätte halten und während des mehrstündigen Fluges sowie des anschließenden Transfers weitere Stunden Schlaf hätte erlangen können. Hinzu kommt, dass am Folgetag ausweislich des unbestrittenen Vortrages der Beklagten während der längeren Busfahrt weitere Gelegenheit zum Ausruhen bestanden hätte.

22. Schließlich bleibt auch zu berücksichtigen, dass zentrales Element der Reise die zehntägige Kreuzfahrt war, die von einer jeweils dreitägigen Busreise eingerahmt wurde. Dass es im Rahmen des Vorprogramms ggf. zu müdigkeitsbedingten Beeinträchtigungen an einem einzelnen Tag gekommen wäre, beeinträchtigt weder die Reise in toto noch den entsprechenden Reiseteil erheblich.

23. bb) Ein entsprechender Anspruch wäre überdies verfristet. Nach § 651g BGB ist ein Anspruch binnen eines Monats nach vorgesehenem Reiseende gegenüber dem Veranstalter geltend zu machen. Richtiger Adressat ist mithin der Reiseveranstalter, hier die Beklagte. Vorliegend wurden Ansprüche indes allein gegenüber dem Reisebüro geltend gemacht. Der Umstand, dass sich die Beklagte gegenüber dem Reisebüro abgegebene Erklärungen zurechnen lassen muss, wurde von der Beklagten bestritten. Die Beweislast für die entsprechenden Voraussetzungen trägt, worauf das Gericht ebenfalls hingewiesen hat, der Kläger. Beweis hat er indes nicht angeboten.

24. b) Ein Anspruch auf Rückzahlung der Anzahlung in Höhe von EUR 256,- gemäß § 651e Abs. 3 BGB besteht ebenfalls nicht. Ein Kündigungsgrund bestand mangels erheblicher Beeinträchtigung der Reise nicht (s. o.). Auch dieser Anspruch wäre im Übrigen überdies verfristet (s. o.).

25. Mangels Hauptforderung besteht auch für die Nebenforderung in Form von Zinsen kein Anspruch.

III.

26. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

27. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 S. 1, 2 ZPO.

28. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 3 ZPO.

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