Reisepreisminderung wegen Mängel der Hotelunterbringung

OLG Düsseldorf: Reisepreisminderung wegen Mängel der Hotelunterbringung

Reisende forderten eine volle Reisepreisminderung, weil sie aufgrund diverser Mängel am Hotelzimmer und der Verköstigung vorzeitig abgereist waren. Jedoch gewährte das Gericht ihnen nur 60% Minderung und Schadensersatz für entgangene Urlaubsfreude, denn sie hatten die Mängel zu lange in Kauf und die Leistungen weiter in Anspruch genommen, ehe sie abreisten.

OLG Düsseldorf 18 U 170/96 (Aktenzeichen)
OLG Düsseldorf: OLG Düsseldorf, Urt. vom 12.06.1997
Rechtsweg: OLG Düsseldorf, Urt. v. 12.06.1997, Az: 18 U 170/96
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Oberlandesgericht Düsseldorf

1. Urteil vom 12. Juni 1997

Aktenzeichen 18 U 170/96 

Leitsatz:

2. Von einer wirksamen Kündigung des Reisevertrages kann nicht ausgegangen werden, wenn der Reisende die Leistungen auch nach Eintritt der Mängel über den angemessenen Zeitraum hinaus in Anspruch nimmt und erst dann abreist.

Zusammenfassung:

3. Die Kläger hatten bei  der beklagten Reiseveranstalterin einen dreiwöchigen Hotelaufenthalt gebucht. Die Zimmer waren mangelhaft, das Speiseangebot ebenfalls und weil das Hotel über kein geschlossenes Restaurant verfügte, mussten die Kläger auch bei herbstlichen Temperaturen im Freien speisen. Zu Beginn der dritten Reisewoche reisten sie daher vorzeitig ab und verlangten von der Reiseveranstalterin die Erstattung des vollen Reisepreises.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf sprach den Klägern nur 60% Reisepreisminderung zu. Eine wirksame Kündigung des Reisevertrages war nicht anzunehmen, da die Kläger über den angemessenen Zeitraum hinaus abgewartet und die von Beginn an mangelhaften Leistungen über zwei Drittel des Reisezeitraums in Anspruch genommen hatten. Jedoch waren die Mängel erheblich und begründeten die Minderung des Reisepreises in der zugestandenen Höhe, sowie einen Anspruch auf Schadensersatz für entgangene Urlaubsfreude.

Gründe

I.

4. Anspruch auf Erstattung des gesamten Reisepreises gemäß § 651 e Abs. 3 S. 1 BGB in Verbindung mit § 346 BGB steht den Klägern nicht zu.

5. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Kläger dadurch, daß sie nach ihrem Vorbringen am 4.11.1995 einen vorzeitigen Rückflug verlangt haben, konkludent eine Kündigung des Reisevertrages ausgesprochen haben. Auch wenn man dies bejaht, können die Kläger aus dieser Kündigung keine Rechte herleiten, weil sie zu spät und damit rechtsmißbräuchlich (§ 242 BGB) erfolgt ist.

6. Zeigen sich auf einer Reise erhebliche Mängel, muß der Reisende, wenn keine Abhilfe geleistet wird, innerhalb angemessener Frist kündigen. Er darf nicht längere Zeit zuwarten, also sich so verhalten, daß er zwar die Leistungen des Reiseveranstalters möglichst lange in Anspruch nimmt, sie aber dann nicht bezahlen will. Wenn der Reisende trotz Vorliegens von Mängeln am Urlaubsort verbleibt und die gegebene Situation längere Zeit hinnimmt, setzt er sich mit einer erst verspäteten Kündigung in Widerspruch zu seinem eigenen vorherigen Verhalten.

7. Im Streitfall bestanden die Mängel der Unterkunft nach dem Vorbringen der Kläger von Anfang an und wurden auch durch den Wechsel der Zimmer nicht beseitigt. Bereits ab dem 23.10.1995 war das Speisenangebot reduziert, ebenso hat sich das Fehlen eines abgeschlossenen Restaurants wegen der kalten Abendtemperaturen bereits ab Beginn der zweiten Woche nachteilig bemerkbar gemacht.

8. Hiervon ausgehend hätten die Kläger spätestens zu Beginn der zweiten Woche, als sie feststellten, daß das Essen im Freien aus klimatischen Gründen „unerträglich” wurde, kündigen müssen. Dies haben sie indessen nicht getan, sondern eine weitere Woche die Leistungen der Beklagten in Anspruch genommen und erst zu Beginn der dritten und damit letzten Urlaubswoche einen vorzeitigen Rückflug verlangt.

II.

9. Wegen der Fehlerhaftigkeit der Reiseleistung können die Kläger jedoch – teilweise – Rückzahlung des Reisepreises gemäß § 651 d Abs. 1 BGB verlangen.

1.

10. Das Landgericht hat zu Recht festgestellt, daß der Zustand sämtlicher Hotelzimmer, die die Kläger im Verlauf ihres Urlaubs bewohnt haben, mangelhaft war; ebenso hat es auch die Reduzierung des Speisenangebotes zutreffend als Reisemangel gewertet. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung an und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die diesbezüglichen Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug.

2.

11. Daß die Ferienanlage kein geschlossenes Restaurant besaß, die Kläger ihr Essen vielmehr auch während der kalten Abendtemperaturen stets im Freien einnehmen mußten, kommt als weiterer schwerwiegender Reisemangel hinzu. Der Argumentation der Beklagten, der Kunde müsse bei preiswerten Reisen in der Nachsaison mit solchen Verhältnissen rechnen, vermag der Senat sich nicht anzuschließen. Wenn ein Reiseveranstalter im Herbst noch Reisen in die Türkei anbietet, braucht der Kunde nicht davon auszugehen, daß er sein Essen frierend bei Temperaturen von 6 bis 9 Grad im Freien zu sich nehmen muß. Er darf vielmehr jedenfalls dann, wenn kein gegenteiliger Hinweis im Prospekt enthalten ist, darauf vertrauen, daß das Abendessen im Herbst in einem geschlossenen Restaurant bei normaler Raumtemperatur stattfindet.

12. Auch die von der Beklagten geschuldete Verpflegungsleistung wurde beeinträchtigt, denn es liegt auf der Hand, daß Speisen, die bei herbstlichen Temperaturen im Freien serviert werden, sehr schnell erkalten.

13. … 5. Der Senat bemißt die Reisepreisminderung für die unter 1) und 2) aufgeführten Mängel an Hand von Art, Dauer und Intensität der Beeinträchtigungen auf 60 %. Es bedarf keiner näheren Begründung, daß der Urlaubsgenuß erheblich herabgesetzt wird, wenn den Reisenden trotz zweimaligen Umzugs im Hotel keine ordnungsgemäße, saubere sowie mit funktionierenden Sanitäranlagen ausgestattete Unterkunft zugewiesen werden kann und sie zwei Wochen lang frierend ihr Abendessen im Freien zu sich nehmen müssen.

14. Eine höhere Minderung kommt nicht in Betracht. Da Reisende sich in der Regel nicht ständig im Hotel aufhalten, sondern auch außerhalb Zerstreuung suchen, verblieb den Klägern der Urlaubsgenuß durch Sonne, Strand und Meer und der grundsätzliche Erholungswert einer Reise in ein fremdes Land.

6.

15. Bei der Berechnung der Minderung ist grundsätzlich vom Gesamtpreis der Reise einschließlich der Transportkosten auszugehen, da dem Transport in der Regel keine eigenständige Bedeutung zukommt. Der Reisekunde zahlt die auf den Flug entfallenden Kosten deswegen, um seine Urlaubstage an einem weit entfernten Ferienort verbringen zu können. Wird der Aufenthalt dort durch Mängel der Unterbringung beeinträchtigt, strahlt dies auf die Gesamtreise aus; die Aufwendungen für den Transport verlieren für den Reisenden ebenfalls an Wert.

16. Der Reisepreis pro Person betrug 1.459 DM; bei einer Minderung von 60 % errechnet sich ein Betrag von 875,40 DM für jeden der Kläger.

III.

17. Angesichts der erheblichen Beeinträchtigung der Reise steht den Klägern auch ein Anspruch auf Schadensersatz wegen vertaner Urlaubszeit gemäß § 651 f Abs. 2 BGB  zu.

18. Die Entschädigung bemißt der Senat unter Berücksichtigung aller Umstände – u.a. der Einkommensverhältnisse, der Höhe des Reisepreises, der Art und der Dauer der Mängel auf 50 DM pro Tag. Dabei ist berücksichtigt worden, daß sich der – erhebliche – Mangel des „frierend eingenommenen” Abendessens in der ersten Woche nach dem eigenen Vorbringen der Kläger nicht derart gravierend bemerkbar gemacht hat wie in den letzten beiden Urlaubswochen.

19. Es errechnet sich ein Betrag von 1.100 DM für jeden der Kläger.

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