Nichtraucherplatzwunsch bei Flugreisen
AG Frankfurt: Nichtraucherplatzwunsch bei Flugreisen
Die Klägerin hatte bei der Beklagten einen Flug gebucht. Hierbei hatte sie einen Nichtraucherplatz erbeten. Die Beförderungsbedingungen der Beklagten hatten festgelegt, dass die Platzzuweisung im Ermessen der Beklagten liege. Auf einer der Teilstrecken musste die Klägerin auf einem Raucherplatz sitzen. Für daraufhin entstandene Gesundheitsbeschwerden verlangt sie Schmerzensgeld.
Das Gericht wies die Klage ab. Nach den Beförderungsbedingungen habe es keine Pflicht der Beklagten gegeben, der Klägerin einen Nichtraucherplatz zuzuweisen. Daher liege keine schuldhafte Anknüpfungshandlung für einen Schmerzensgeldanspruch vor.
AG Frankfurt | 32 C 4084/96 (Aktenzeichen) |
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AG Frankfurt: | AG Frankfurt, Urt. vom 27.02.1997 |
Rechtsweg: | AG Frankfurt, Urt. v. 27.02.1997, Az: 32 C 4084/96 |
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Leitsatz:
2. Behält sich ein Luftfahrtunternehmen die Platzzuweisung vor, so besteht nicht grundsätzlich ein Anspruch des Reisenden auf einen Nichtraucherplatz.
Zusammenfassung:
3. Die Klägerin hatte bei der Beklagten Hin- und Rückflug von Frankfurt a.M. nach New York über London gebucht. Hierbei hatte sie einen Nichtraucherplatz erbeten. Die Beförderungsbedingungen der Beklagten hatten festgelegt, dass die Platzzuweisung im Ermessen der Beklagten liege. Auf der Teilstrecke London-Frankfurt musste die Klägerin auf einem Raucherplatz sitzen. Daraufhin entstanden Gesundheitsbeschwerden, nämlich ein akuter Schub einer chronischen Bronchitis und einer allergischen Rhinoconjunctivitis, verursacht vermutlich durch Zigarettenrauch. Daher verlangt sie Schmerzensgeld.
Das Gericht wies die Klage ab. Nach den Beförderungsbedingungen, die Teil des geschlossenen Vertrages geworden sind, habe es keine Pflicht der Beklagten gegeben, der Klägerin einen Nichtraucherplatz zuzuweisen. Daher liege keine schuldhafte Anknüpfungshandlung für einen Schmerzensgeldanspruch vor. Die Klägerin hätte bei Vertragsschluss auf ihre Gesundheitsprobleme hinweisen und eine Zusicherung für einen Nichtraucherplatz verlangen müssen.
Tenor
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 400,– DM abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Beklagten wird gestattet, die Sicherheitsleistung auch durch selbstschuldnerische unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines als Zoll- und Steuerbürgen zugelassenen deutschen Kreditinstituts zu erbringen.
Tatbestand
5. Die Klägerin buchte über ein F Reisebüro bei der Beklagten Flugtickets für eine Flugreise nach New York über London und zurück vom 29.5.1996 bis zum 10.6.1996. Sie wünschte Plätze für Nichtraucher. Auf den Inhalt der aus Bl. 5 d. A. in Kopie ersichtlichen Boarding Pässe wird Bezug genommen. Mit den Flugtickets erhielt die Klägerin die in englischer Sprache gehaltenen Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten, in denen u. a. in Artikel 6, § 4 darauf hingewiesen wird, daß der Luftfrachtführer sich nicht verpflichte, für einen bestimmten Sitzplatz im Flugzeug Sorge zu tragen; der Passagier erkläre sich damit einverstanden, jeden Sitzplatz zu akzeptieren, der ihm während des Fluges in der Serviceklasse zugewiesen werde, für die der Flugschein ausgestellt worden sei. Wegen der weiteren Einzelheiten der Beförderungsbedingungen wird auf die bei der Akte befindlichen Kopien (Bl. 27 f, 32 ff d. A.) Bezug genommen.
6. Bei dem Rückflug wurde der Klägerin für die Teilstrecke London-Frankfurt am Main zwar ein Nichtraucherplatz in Aussicht gestellt, tatsächlich aber ein Raucherplatz zugewiesen. Ausweislich des aus Bl. 6 d. A. ersichtlichen ärztlichen Attestes des Dr. … vom 10.6.1996 litt die Klägerin an einem akuten Schub einer chronischen Bronchitis und einer allergischen Rhinoconjunctivitis, verursacht vermutlich durch Zigarettenrauch.
7. Mit Schreiben vom 25.6.1996 (Bl. 4 d. A.) forderte die Klägerin die Beklagte unter Schilderung ihrer gesundheitlichen Beschwerden zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von 2.000,– DM auf, da ihr nicht der zugesagte Nichtraucherplatz zugewiesen worden war. Die Beklagte lehnte eine Zahlung mit Schreiben vom 26.7. und 24.9.1996 (Bl. 9, 11 d. A.) ab.
8. Die Klägerin behauptet, während des Fluges, der von 7.40 Uhr bis 10.15 Uhr gedauert habe, sei es ihr aufgrund des Rauches gesundheitlich sehr schlecht gegangen. Sie ist der Ansicht, die Beklagte sei vertraglich verpflichtet gewesen, ihr den zugesagten Nichtraucherplatz zur Verfügung zu stellen. Die Beförderungsbedingungen der Beklagten seien ihr bei der Buchung nicht bekannt gewesen und daher nicht Vertragsinhalt geworden. Ansonsten wäre sie nicht mit der Beklagten geflogen. Da Zigarren- und Zigarettenrauch gesundheitsgefährdend und insbesondere krebserregend seien, habe ein Angriff auf ihre Gesundheit vorgelegen. Die Beklagte müsse gegebenenfalls mehr Nichtraucher- als Raucherplätze einrichten, wie dies andere Fluggesellschaften täten.
10. die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.000,– DM nebst 4% Zinsen seit dem 28.11.1996 zu zahlen.
13. ihr zu gestatten, Sicherheitsleistung auch in Form einer unbedingten und unbefristeten selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Großbank oder Sparkasse zu erbringen.
14. Sie beruft sich auf den Inhalt ihrer Allgemeinen Beförderungsbedingungen. Im übrigen stelle ein einstündiger Aufenthalt in etwaigem Zigarettenrauch noch keine Körperverletzung dar. Schließlich fehle es jedenfalls an ihrem Verschulden.
Entscheidungsgründe
15. Die Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes zu, da es an einer rechtswidrigen und schuldhaften Körperverletzung fehlt (§§ 823, 831, 847 BGB).
16. Es kann dahinstehen, ob und in welchem Maße das gesundheitliche Wohlbefinden der Klägerin während des Fluges von London nach Frankfurt am Main beeinträchtigt wurde. Hierbei hätte allerdings unter Abzug der Zeit für Start und Landung und unter Berücksichtigung der Zeitverschiebung nur eine Flugdauer von ca. einer Stunde relevant sein können. Die von der Klägerin vorgetragenen Abflug- und Ankunftszeiten stellen jeweils auf die Ortszeit ab.
17. Eine Beeinträchtigung der Gesundheit der Klägerin beruhte jedenfalls nicht auf einem rechtswidrigen Verhalten der Beklagten oder ihrer Mitarbeiter. Die Beklagte war nicht verpflichtet, der Klägerin einen Nichtraucherplatz zuzuweisen oder das Rauchen während des Fluges in weitergehendem Maße zu unterbinden. Die Zusage eines Nichtraucherplatzes begründet grundsätzlich keine vertragliche Verpflichtung der Fluggesellschaft, in jedem Fall auch einen Nichtraucherplatz zur Verfügung zu stellen. Dies hätte allenfalls dann der Fall sein können, wenn die Klägerin bei der Buchung ausdrücklich auf ihre gesundheitlichen Probleme hingewiesen und aus diesem Grunde die Zuweisung eines Platzes im Nichtraucherbereich besonders gewünscht hätte. In diesem Fall hätte eine verständige Auslegung der beiderseitigen Willenserklärungen ergeben können, daß die Buchung gerade eines Nichtraucherplatzes Vertragsinhalt geworden wäre. Einen solch ausdrücklichen Hinweis bei der Buchung hat die Klägerin aber nicht vorgetragen. Aus diesem Grunde durfte die Beklagte im Hinblick auf die im Luftverkehr üblichen Gepflogenheiten davon ausgehen, sie könne der Klägerin entsprechend ihren Allgemeinen Beförderungsbedingungen gegebenenfalls auch einen Platz im Raucherbereich zuweisen.
18. Die Beförderungsbedingungen sind Vertragsinhalt geworden. Durch den Abschluß des Luftbeförderungsvertrages und die Ausstellung des Flugscheins durch die Beklagte unter Hinweis auf die Bestimmungen des Warschauer Abkommens unterliegt der von der Klägerin unternommene Flug als internationaler Flug den Bestimmungen des Warschauer Abkommens. Nach Artikel 3 des Warschauer Abkommens beweist der Flugschein bis zum Nachweis des Gegenteils den Abschluß und die Bedingungen des Beförderungsvertrages, wie sie auf dem Flugschein aufgedruckt sind.
19. Die Klägerin war danach gehalten, den ihr zugewiesenen Platz zu akzeptieren, obgleich er im Raucherbereich gelegen war. Zu diesem Zeitpunkt standen auch nach dem Vortrag der Klägerin im Nichtraucherbereich keine freien Plätze mehr zur Verfügung.
20. Eine Haftung der Beklagten ergibt sich auch nicht daraus, daß sie ihren Fluggästen zu viele Raucherplätze und zu wenige Nichtraucherplätze zur Verfügung stellte. Zwar mag die allgemein zu beobachtende Tendenz, in zunehmendem Maße Nichtraucherbereiche auszuweisen, durchaus als begrüßenswert empfunden werden. Eine Verpflichtung der Beklagten hierzu läßt sich den bestehenden gesetzlichen Vorschriften aber gegenwärtig nicht entnehmen.
21. Die Klägerin hat als unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen (§ 91 Abs. 1 ZPO).
22. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 711, 108 ZPO.
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