Mangelnde Begehbarkeit der Urlaubsinsel nach Flutwelle

AG Köln: Mangelnde Begehbarkeit der Urlaubsinsel nach Flutwelle

Eine Familie buchte für Anfang des Jahres 2005 eine Pauschalreise auf die Malediven. Durch den Tsunami vom 26.12.2004 kam es in der gesamten Region zu starken Schäden. Daher fragte der Familienvater nocheinmal beim Reiseveranstalter nach wie die Lage auf der Insel Loshifushi sei. Der Veranstalter erklärte der Familie die Tsunamischäden seien bereits weitgehend beseitigt und im April, also zum Reisezeitpunkt, sollten keine Schäden mehr sichtbar sein.

Auf Loshifushi angekommen bemerkte die Familie, dass die Hälfte der Insel nicht begehbar ist, es vielerorts Baustellen gab und durch diese auch rund um die Uhr Baustellenlärm zu hören war. Ein Umzug in ein anderes Zimmer konnte ihm der Reiseleiter nach dem Mitteilen der Mängel auch nicht anbieten.

Die Familie verklagte den Reiseveranstalter und verlangte eine Reisepreisminderung um 50%.

Das Amtsgericht (kurz: AG) Köln hat der Familie recht gegeben.

AG Köln 133 C 29/06 (Aktenzeichen)
AG Köln: AG Köln, Urt. vom 24.04.2007
Rechtsweg: AG Köln, Urt. v. 24.04.2007, Az: 133 C 29/06
Fragen & Antworten zum Thema
Verwandte Urteile
Weiterführende Hinweise und Links
Hilfe und Beratung bei Fragen

Amtsgericht Köln

1. Urteil vom 24. April 2007

Aktenzeichen 133 C 29/06

Leitsatz:

2. Gründe für eine mögliche Reisepreisminderung um 50% sind sowohl Baustellenlärm als auch die Nichtbegehbarkeit der Hälfte der Urlaubsinsel während des Aufenthalts.

Zusammenfassung:

3. Der Kläger buchte für sich, seine Frau und seine Tochter eine Pauschalreise zu den Malediven für den Zeitraum vom 02.04.2005 bis zum 17.4.2005 bei der Beklagten. Die Unterbringung sollte in einem Superiorzimmer auf Loshifushi mit Vollpension erfolgen. Die Buchung erfolgte am 06.12.2004 beim beklagten Reiseveranstalter und der Reisepreis belief sich auf 4367,00 €.

Am 26.12.2004 kam es im Indischen Ozean zu einem starken Erdbeben, welches eine Tsunami verursachte der unter anderem die Urlaubsinsel Loshifushi traf. Der Kläger fragte deswegen am 26.01.2005 beim Reiseveranstalter dies bezüglich nach. Die Beklagte teilte dem Kläger am 26.01.2005 mit, dass Loshifushi bereits begehbar sei und ein Urlaub auch zu diesem Zeitpunkt empfehlenswert gewesen wäre, sie versicherte dem Kläger außerdem, dass bis zum Reiseantritt im April alle Schäden beseitigt wären.

Bei der Ankunft der Kläger waren viele Bungalows zerstört außerdem war die Hälfte der Insel wegen der Flutschäden gesperrt. Es wurden Bauarbeiten durchgeführt durch die es zu einer Lärmbelästigung kam.

Der Kläger verlangt von der Beklagten eine Reisepreisminderung um 50%.

Das AG Köln gibt dem Kläger recht, da die Beklagte, entgegen ihrer Behauptung vor Gericht, dem Kläger nicht mitteilte, dass es zu Einschränkungen während des Aufenthalts kommen könnte. Sie versicherte dem Kläger sogar, dass die Schäden beseitigt wären. Daher stellen sowohl die Lärmbelästigung durch die Bauarbeiten als auch die Begehbarkeit von lediglich der Hälfte der Insel einen Reisemangel dar, der die Preisminderung um 50% rechtfertigt.

Tenor

4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.091,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 8. Oktober 2005 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

5. Der Kläger buchte für sich, seine Ehefrau und seine Tochter am 06.12.2004 bei der Beklagten eine Flugpauschalreise zu den Malediven für die Zeit vom 2. bis 17.4.2005, die bei Unterbringung in einem Superiorzimmer auf Lohifushi mit Vollpension insgesamt 4.367,00 € kostete.

6. Auf Rückfrage des Klägers vom 26.1.2005 erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 28.1.2005, auf das im übrigen Bezug genommen wird, Lohifushi sei schon jetzt ohne weiteres als Urlaubsinsel zu empfehlen und im April würden sämtliche Spuren der Flutwelle beseitigt sein.

7. Tatsächlich waren, wie der Kläger unwidersprochen vorträgt, bei seiner Ankunft 54 Bungalows völlig zerstört, die Ostseite der Insel war mit Trümmergrundstücken übersät und die halbe Insel gesperrt, der Boden der Sportplätze war völlig uneben und es wurden während seines Aufenthalts Bauarbeiten durchgeführt, die, wie er weiter behauptet, rund um die Uhr erhebliche Lärmbelästigungen durch Bagger- und Arbeiten mit Flex und Kreissägen im Umkreis des Bar- und Restaurantbereiches mit sich gebracht hätten. Einen kostenlosen Umzug in ein dem gebuchten gleichwertiges Zimmer auf einer anderen Insel habe ihm der Reiseleiter auf seine Beschwerde hin nicht anbieten können.

8. Mit der Klage begehrt der Kläger unter Berücksichtigung vorgerichtlich erstattet erhaltener insgesamt 1.092,00 € Minderung des Reisepreises um 50%.

9. Er beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.151,00 € nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 08.10.2005 zu zahlen.

10. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

11. Sie meint, der Kläger habe schon aufgrund ihres Schreibens vom 28.1.2005 mit gewissen Einschränkungen rechnen müssen, und behauptet, ihr Reiseleiter habe ihm einen kostenlosen Umzug auf eine andere Malediveninsel angeboten.

12. Das Gericht hat gem. Beschluss vom 29.8.2006 Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen C. und L. sowie durch Einholung einer schriftlichen Aussage des Zeugen Q.. Auf diese schriftliche Aussage sowie auf die Sitzungs-​niederschriften vom 2.11. und 20.12.2006 wird wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme verwiesen.

13. Hinsichtlich des sonstigen Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

14. Die Klage ist begründet bis auf einen geringen Betrag, der sich aus dem Umstand ergibt, dass die Prämie für die RRKV nicht zum Reisepreis zu zählen ist.

15. Der Kläger kann von der Beklagten Zahlung von noch 1.091,50 €, nämlich gem. § 651d BGB Minderung des Reisepreises um insgesamt 50% verlangen, weil die Reise in einem dieser Quote entsprechenden Umfang nur mangelhaft erbracht worden ist.

16. Nicht nur ist, wie unstreitig, die Hälfte der Insel nicht begehbar und von den vom Tsunami zurück gelassenen Trümmern bedeckt gewesen, sondern es sind durch die über den gesamten Aufenthalt des Kläger sich erstreckenden Bauarbeiten ständig, wenn auch vielleicht nicht ununterbrochen, Lärmbelästigungen insbesondere im Restaurant- und Barbereich zu verzeichnen gewesen. Dies steht aufgrund der übereinstimmenden Zeugenaussagen, insbesondere auch der Schilderung des Zeugen Q., zur Überzeugung des Gerichts fest.

17. Dagegen hat sich durch die Beweisaufnahme nicht feststellen lassen, dass die Beklagte Abhilfe durch einen kostenlosen Umzug in einem dem gebuchten gleichwertigen Zimmer auf einer anderen Insel angeboten hat. Dies hat keiner der Zeugen, auch nicht der Zeuge Q., bestätigen können.

18. Inwiefern der Kläger aufgrund der Schreiben der Beklagten vom 28.1.2005 mit Einschränkungen hat rechnen müssen, die er gebilligt hätte, ist nicht nach​zuvollziehen. Im Gegenteil hat die Beklagte in ihrem Schreiben die von ihr ohnehin geschuldete mangelhafte Reiseleistung, nämlich zugesagt, dass im April sämtliche Spuren der Flutwelle beseitigt sein würden.

19. Die geltend gemachten Zinsen rechtfertigen sich aus §§ 91, 708 Ziff. 11, 711 ZPO.

20. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Ziff. 11, 711 ZPO.

Fragen zu diesem Urteil? Diskutiere in unserem Forum.

Fragen & Antworten zum Thema

Fragen & Antworten zum Thema: AG Köln: Mangelnde Begehbarkeit der Urlaubsinsel nach Flutwelle

Verwandte Entscheidungen

LG Duisburg, Urt. v. 27.09.2007, Az: 12 S 71/07
AG Baden-Baden, Urt. v. 15.02.2006, Az: 16 C 255/05

Berichte und Besprechungen

Kölnische Rundschau: Urlaub im Trümmerfeld
Spiegel: Veranstalter muss Schadensersatz wegen Tsunami-Schäden zahlen
Focus: Reisepreisminderung wegen Tsunami-Schäden
Forum Fluggastrechte: Reisemangel durch Baulärm und Flutschäden am Urlaubsort
Passagierrechte.org: Reisemangel durch Flutschäden am Urlaubsort

Rechtsanwälte für Reiserecht

Hilfe bei rechtlichen Fragen: Rechtsanwälte für Reiserecht oder Rechtsanwälte für Fluggastrechte.