Mangelhafte Unterbringung im gebuchten Hotel

LG Frankfurt: Mangelhafte Unterbringung im gebuchten Hotel

Ein Reisender buchte bei einem Reisebüro eine Reise nach Grenada. Die Flugtickets hatte der Reisende separat zu erwerben. Die Unterbringung erfolgte in einem Hotel.

Als der Reisende am Hotel ankam stellte er fest, dass es sich beim Hotel um eine Großbaustelle handelte, da die Hotelanlage vom Hurrikan Ivan verwüstet wurde. Aufgrund der Vielzahl an Schäden wurde vielerorts gebaut und einige Bereiche wie der Speisesaal waren nicht nutzbar.

Eine Information über die Großbaustelle erhielt der Reisende nicht im voraus.

Aufgrund der vielen Mängel verklagte der Reisende das Reisebüro vor dem Amtsgericht (kurz: AG) Bad Homburg und bekam teilweise Recht zugesprochen. Da seinen Ansprüchen nicht gänzlich recht gegeben wurde zog der Reisende in Berufung vor das Landgericht (kurz: LG) Frankfurt hier bekam er ebenfalls teilweise recht.

LG Frankfurt 2-24 S 36/06 (Aktenzeichen)
LG Frankfurt: LG Frankfurt, Urt. vom 21.07.2007
Rechtsweg: LG Frankfurt, Urt. v. 21.07.2007, Az: 2-24 S 36/06
AG Bad Homburg, Urt. v. 10.01.2006, Az: 2 C 3051/05 (19)
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Landgericht Frankfurt

1. Urteil vom 21. Juni 2007

Aktenzeichen 2-24 S 36/06

Leitsätze:

2. Ein Reisedienstleister hat seine Kunden im voraus zu informieren, ob an einem Hotel Bauarbeiten vorgenommen werden oder nicht.

Informiert ein Reisedienstleister seine Kunden nicht über etwaige Mängel beim Hotel, wie zum Beispiel einer Großbaustelle, im voraus so verstößt er gegen die Informationspflicht.

Bei erheblichen Mängeln hat ein Reisender Anspruch auf eine Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit.

Zusammenfassung:

3. Der Kläger buchte bei der Beklagten einen Aufenthalt im Hotel … auf der Insel Grenada für den Zeitraum 07.06.2005-21.06.2005. Das Erwerben von Reiserücktrittsversicherung (35 €), Flugtickets für Hin- und Rückflug (834,32 €) und Gepäckversicherung (28 €) erfolgte separat, zusätzlich zahlte der Kläger auch noch 45 € Servicegebühren an das Reisebüro. Der reine Reisepreis belief sich lediglich auf 420 €.

Als der Kläger am Hotel ankam stellte er fest, dass am Hotel erhebliche Schäden vorhanden waren und das eine Vielzahl an Baustellen im Hotel vorhanden waren. Der Kläger wurde davon jedoch nicht im Vorfeld durch die Beklagte informiert. Der Kläger rügte die Mängel am 09.06.2005 bei der Reiseleitung.

Der Kläger verlangte aufgrund der zahlreichen Mängel eine Reisepreisminderung, sowie Schadensersatz für seine separat zu erbringenden Aufwendungen und Schadensersatz für verschwendete Urlaubszeit.

Der Kläger verklagte die Beklagte deshalb vor dem AG Bad Homburg, dieses gab ihm teilweise recht. Das Urteil des AG Bad Homburg war dem Kläger jedoch nicht ausreichend und er ging in Revision vor das LG Frankfurt.

Das LG Frankfurt sprach dem Kläger eine Reisepreisminderungen von 30% für die vorhandene Großbaustelle, 10% für den fehlenden Speisesaal, 5 % für die fehlende Bar und weitere 10 % für die Verletzung der Informationspflicht zu. Somit sprach das LG Frankfurt dem Kläger eine Reisepreisminderung in Höhe von 55 % also 231 € zu. Das LG Frankfurt sprach dem Kläger außerdem eine Entschädigung in Höhe von 300 € für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit zu. Es wies jedoch die Forderung der Erstattung der separaten Kosten des Klägers zurück. Insgesamt verurteilte das LG Frankfurt die Beklagte zur Zahlung von 531 € an den Kläger.

Tenor:

4. Auf die Berufung des Klägers wird das am 10.01.2006 verkündete Urteil des Amtsgerichts Bad Homburg v.d. h., Az.: Aktenzeichen 2 C 3051/05 (19), wie folgt teilweise abgeändert:

Unter Abweisung der Klage im Übrigen wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger 531,- Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.11.2005 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in der ersten Instanz haben der Kläger zu 76% und die Beklagte zu 24% zu tragen. Die Kosten des Rechtsstreits in der zweiten Instanz haben der Kläger zu 83% und die Beklagte zu 17% zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

I.

5. Von einer Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 540 Absatz II, 313A Absatz I S. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

II.

6. Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg.

1.

7. Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf teilweise Rückzahlung des Reisepreises aufgrund einer eingetretenen Reisepreisminderung wegen der mangelhaften Unterbringung im gebuchten Hotel … gemäß §§ 651C Absatz I, 651D Absatz I, 638 Absatz III und 638 Absatz IV BGB in Höhe von insgesamt 231,- Euro.

A.

8. Zutreffend hat das Amtsgericht angenommen, dass es gem. § 651C Absatz I BGB einen Mangel der Reise dargestellt hat, dass das gebuchte Hotel … während des Aufenthalts des Klägers noch in erheblichem Umfang Beschädigungen durch den Hurrikan Ivan aufwies, an deren Beseitigung während der gesamten Reisedauer gearbeitet wurde.

9. Im gesamten Bereich der gebuchten Hotelanlage wurden an verschiedenen Stellen Bauarbeiten mit Hämmern und Sägen durchgeführt. Insbesondere konzentrierten sich die Arbeiten auf den Neubau des Hotelrestaurants und den Speisesaal/Barbereich.

10. Aus den vom Kläger vorgelegten Lichtbildkopien (Bl. 11 d. A.) lassen sich der insoweit verwüstete Zustand der Hotelanlage und die entsprechenden Bautätigkeiten klar und deutlich erkennen.

11. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist die vom Amtsgericht angesetzte Minderungsquote von 25% angesichts des erheblichen Baustellencharakters der Hotelanlage etwas zu erhöhen.

12. Das Berufungsgericht unterliegt insoweit keiner Beschränkung der Prüfungskompetenz im Hinblick auf die Überprüfung der vom Amtsgericht angesetzten Minderungsquoten für Reisemängel. Insbesondere ist das Berufungsgericht nicht gehalten, die vom Amtsgericht angesetzte Minderungsquote auf eine bloße Überprüfung der Ermessensausübung des Amtsgerichts zu beschränken (vgl. dazu Urteil der 24. Zivilkammer vom 31.08.2006; RRa 2007, RRA Jahr 2007 Seite 69, RRA Jahr 2007 70).

13. Nach einer Gesamtwürdigung der Umstände hält die Kammer für die Reisemängel „teilweise verwüsteter Zustand der Hotelanlage“ und „Bautätigkeiten“ eine Minderungsquote von insgesamt 30% für angemessen und ausreichend.

14. Eine höhere Minderungsquote war nicht gerechtfertigt, da diesbezüglich die Beeinträchtigungen durch den Baulärm im Einzelnen nicht ausreichend dargelegt worden sind. Die Angaben über Art, Intensität, Häufigkeit und Dauer sowie die Auswirkungen des Lärms auf den Kläger im Einzelnen waren nicht ausführlich genug, um eine höhere Minderungsquote zu rechtfertigen.

15. Nach dem sehr substanziierten Vortrag des Klägers, dass die Mängel am 09.06.2005 gegenüber der Reiseleiterin … gerügt worden seien, ist auch davon auszugehen, dass hinsichtlich der Reisemängel „teilweise verwüsteter Zustand der Hotelanlage“ und „Bautätigkeiten“ eine Mängelrüge gem. § 651D Absatz II BGB vorgelegen hat. Jedenfalls ist die Beklagte diesem Vortrag nicht in erheblicher Weise entgegen getreten.

16. Der Gesamtreisepreis für den Kläger betrug 420,- Euro. Die Minderung bezieht sich auf den gesamten Reisezeitraum.

17. Bei einem Reisepreis von 420,- Euro ergibt sich bei einer 30%igen Minderung für die gesamte Reisezeit ein Minderungsbetrag von 126,- Euro.

B.

18. Zutreffend hat das Amtsgericht angenommen, dass der fehlende Speisesaal einen Reisemangel gem. § 651C Absatz I BGB dargestellt hat.

19. Diesbezüglich hat das Amtsgericht eine Minderungsquote von 10% angesetzt.

20. Die Berufung begehrt eine Minderungsquote von 15%. Die Berufung begründet aber nicht näher, warum die höhere Minderungsquote sachgerechter sein soll.

21. Nach einer Gesamtwürdigung der Umstände hält die Kammer für den Reisemangel „fehlender Speisesaal“ die vom Amtsgericht angesetzte Minderungsquote von 10% für angemessen und ausreichend.

22. Bei einem Reisepreis von 420,- Euro ergibt sich bei einer 10%igen Minderung für die gesamte Reisezeit ein Minderungsbetrag von 42,- Euro.

C.

23. Zutreffend hat das Amtsgericht angenommen, dass die fehlende Bar einen Reisemangel gem. § 651C Absatz I BGB dargestellt hat.

28. Diesbezüglich hat das Amtsgericht eine Minderungsquote von 5% angesetzt.

25. Dieser Punkt wird mit der Berufung auch nicht angegriffen.

26. Bei einem Reisepreis von 420,- Euro ergibt sich bei einer 5%igen Minderung für die gesamte Reisezeit ein Minderungsbetrag von 21,- Euro.

D.

27. Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat ein weiterer Reisemangel im Sinne von § 651C Absatz I BGB nämlich in Form der Verletzung der Informationspflichten eines Reiseveranstalters durch die Beklagte vorgelegen.

28. Diesen Reisemangel hat der Kläger auch sowohl erstinstanzlich als auch zweitinstanzlich geltend gemacht.

29. Die vom Reiseveranstalter geschuldete Gesamtheit von Reiseleistungen umfasst auch die Beseitigung aller denkbaren Reisehindernisse. Deshalb hat der Reiseveranstalter den Reisenden grundsätzlich ungefragt über alle für eine ordnungsgemäße Durchführung der Reise erforderlichen Umstände zu informieren. Er muss den Reisenden über alle wesentlichen Veränderungen zwischen Buchung und Reiseantritt im Zielgebiet informieren (vgl. Führich, Reiserecht, 5. Aufl., 2005, Rn. 140 m. w. N., 313 m. w. N.; Staudinger/Eckert, BGB, 2003, § 651 a, Rn. 123 m. w. N.).

30. Der Reisende darf nämlich darauf vertrauen, dass der Reiseveranstalter alles zur erfolgreichen Durchführung der Reise Erforderliche unternimmt und ihn demgemäß auch nachträglich auf jede nachteilige Veränderung seiner Reiseleistung, die die gebuchte Reise zu beeinträchtigen geeignet ist, rechtzeitig hinweist (vgl. LG Düsseldorf, NJW-RR 1987, NJW-RR Jahr 1987 Seite 176, NJW-RR Jahr 1987 176).

31. Ihren Informationspflichten ist die Beklagte als Reiseveranstalterin der durchgeführten Reise nicht nachgekommen.

32. Aufgrund des Hurrikans Ivan im September 2004 ist die Insel Grenada und entsprechend das gebuchte Hotel … ganz erheblich verwüstet worden. Das gebuchte Hotel ist so erheblich beschädigt worden, dass es ganz massiver Reparaturarbeiten bedurfte.

33. Zum Zeitpunkt der Reise (07.06.2005-21.06.2005) glich das gebuchte Hotel noch immer einer Großbaustelle. Dies zeigt sich schon daran, dass für die Einnahme der Verpflegung kein Speisesaal zur Verfügung stand, sondern die Reisenden gehalten waren, ihre Mahlzeiten im freien unter einem großen Schirm am Strand mit angegliederter provisorischer Küche einzunehmen. Danach stellt die Tatsache, dass die Arbeiten an der gebuchten Hotelanlage noch nicht annähernd abgeschlossen gewesen sind und es sich insoweit noch um eine Großbaustelle gehandelt hat, einen Umstand dar, über den die Beklagte den Kläger vor Antritt der Reise selbstverständlich hätte informieren müssen.

34. Es ist offensichtlich, dass das Vorhandensein einer solchen Großbaustelle (Lärm/Dreck) die erfolgreiche Durchführung der Reise gefährdet, da eine solche Großbaustelle zweifellos geeignet ist, die Reise massiv zu beeinträchtigen.

35. Der Beklagten war die Tatsache, dass der Hurrikan Ivan erhebliche Verwüstungen auf Grenada verursacht hat, bekannt. Es wäre Sache der Beklagten gewesen, sich zu vergewissern, dass zum Zeitpunkt des Reiseantritts des Klägers das von ihr angebotene Hotel in einwandfreiem Zustand war. Entweder hat die Beklagte dies trotz ihrer diesbezüglichen Verpflichtung nicht getan oder ihr war der Umstand „Großbaustelle“ bekannt und sie hat den Kläger dennoch pflichtwidrig nicht über diesen Umstand informiert.

36. Jedenfalls hat die Beklagte weder bei Vertragsschluss noch bis zum Antritt der Reise den Kläger über die von einem Reisenden grundsätzlich nicht hinzunehmende Großbaustelle informiert.

37. Dieser unterlassene Hinweis auf die Großbaustelle seitens der Beklagten stellt eine Informationspflichtverletzung dar.

38. Durch die unterlassene Information nahm die Beklagte dem Kläger die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, ob er trotz der Großbaustelle reisen will oder von der Reise Abstand nehmen will. Es ist vorliegend offensichtlich, dass nach der Rechtsprechung der Kammer die Voraussetzungen für die Kündigung des Reisevertrages gem. § 651 e BGB vorgelegen hätten.

39. Bei der Verletzung von Informationspflichten handelt es sich um die Verletzung einer Hauptpflicht des Reiseveranstalters, welche verschuldensunabhängig Gewährleistungsansprüche begründet wie Minderung nach § 651 d BGB, wenn die tatsächliche Reiseleistung von der versprochenen abweicht und Schadenersatz nach § 651F Absatz I BGB (vgl. Führich, Reiserecht, 5. Aufl., 2005, Rn. 237 m. w. N., 313 m. w. N.; Staudinger/Eckert, BGB, 2003, § 651 a, Rn. 123 m. w. N.).

40. Nach einer Gesamtwürdigung der Umstände hält die Kammer für den Reisemangel „Verletzung der Informationspflicht“ eine Minderungsquote von 10% für angemessen und ausreichend.

41. Nach dem sehr substanziierten Vortrag des Klägers, dass die Mängel am 09.06.2005 gegenüber der Reiseleiterin … gerügt worden seien, ist auch davon auszugehen, dass hinsichtlich des Reisemangels „Verletzung der Informationspflicht“ eine Mängelrüge gem. § 651D Absatz II BGB vorgelegen hat. Jedenfalls ist die Beklagte diesem Vortrag nicht in erheblicher Weise entgegen getreten.

42. Es ist nämlich davon auszugehen, dass die Mängelrüge bzgl. des Vorhandenseins der Großbaustelle inzident auch die Rüge umfasst, dass man im Vorfeld der Reise nicht über diese Großbaustelle informiert worden ist.

43. Bei einem Reisepreis von 420,- Euro ergibt sich bei einer 10%igen Minderung für die gesamte Reisezeit ein Minderungsbetrag von 42,- Euro.

E.

44. Zutreffend hat das Amtsgericht angenommen, dass keine weitergehenden Reisemängel im Sinne von § 651C Absatz I BGB vorgelegen haben.

45. Wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist ein Reisemangel bzgl. des Swimmingpools (im Gegensatz zum Parallelverfahren 2-24 Aktenzeichen S 236/06) nicht hinreichend substanziiert dargetan worden. Es wurde weder erstinstanzlich noch zweitinstanzlich ausreichend dargelegt, warum der Pool aufgrund der Bauarbeiten nicht genutzt werden konnte. Aus der vorgelegten Lichtbildkopie lässt sich eine Nichtnutzbarkeit jedenfalls nicht erkennen.

46. Die Beeinträchtigung dadurch, dass das Frühstück bis 8.00 Uhr abgeschlossen werden musste, ist bei der Minderung sowohl erstinstanzlich als auch zweitinstanzlich ausreichend berücksichtigt worden. Die Qualität des Frühstücks war nicht Gegenstand der Berufung.

2.

47. Zutreffend hat das Amtsgericht im Ergebnis angenommen, dass der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Ersatz des geltend gemachten materiellen Schadens in Höhe von insgesamt 942,32 Euro gem. § 651F Absatz I BGB hat.

48. Der Kläger begehrt Ersatz seiner separaten Kosten für Hin- und Rückflug (834,32 Euro), Ersatz der Kosten für die Reiserücktrittskostenversicherung (35,- Euro), Ersatz der Kosten für die Reisegepäckversicherung (28,- Euro) und Ersatz des gezahlten Serviceentgelts für das Reisebüro (45,- Euro).

49. Zwar haben erhebliche Reisemängel im Sinne von § 651F Absatz I BGB vorgelegen. Jedoch führen diese vorliegend nicht zu dem begehrten Schadenersatzanspruch nach § 651F Absatz I BGB.

50. Zwar fallen unter § 651F Absatz I BGB als ersatzfähige reine Vermögensschäden grundsätzlich auch nutzlose Aufwendungen und Mehrkosten.

51. Nach Auffassung der Kammer stellen die vom Kläger geltend gemachten Schadenspositionen vorliegend aber gerade keine nutzlosen/frustrierten Aufwendungen dar.

52. Nach nunmehriger Auffassung der Kammer sind in einer Fallkonstellation wie der vorliegenden die hier geltend gemachten Schäden nicht gem. § 651F Absatz I BGB unter dem Gesichtspunkt nutzlose/frustrierte Aufwendungen ersatzfähig.

53. Die Kammer geht nämlich davon aus, dass die hier geltend gemachten Schadenspositionen nicht als nutzlose/frustrierte Aufwendungen anzusehen sind.

54. Der Kläger ist zu seinem Urlaubsziel gereist und hat die Reise trotz der ganz erheblichen Reismängel durchgeführt. Der Kläger hat den Reisevertrag gerade nicht wegen den Reisemängeln gem. § 651 e BGB gekündigt und ist zurückgereist. Vielmehr ist er am Urlaubsort verblieben und hat den Urlaub wahrgenommen. Da der Kläger vor Ort geblieben ist, hat er dadurch aber auch gezeigt, dass die hier in Rede stehenden Aufwendungen trotz der erheblichen Beeinträchtigung der Reise nicht nutzlos gewesen sind. Diese Aufwendungen dienten der Durchführung des Urlaubs, den der Kläger – wenn auch mit erheblichen Mängeln – durchgeführt hat. Aus diesem Grunde waren die Aufwendungen letztlich nicht nutzlos. Vielmehr wären sie nur dann nutzlos gewesen, wenn der Kläger die Reise aufgrund der Mängel vorzeitig abgebrochen hätte und zurückgereist wäre. Der Kläger kann aber nicht die Reise durchführen und später insbesondere die Kosten für den separaten Hin- und Rückflug geltend machen. Dies würde nämlich darauf hinauslaufen, dass man die Mängel vor Ort „duldet“ und nach der Rückkehr die separaten Anreisekosten „liquidiert“, obwohl der Urlaub, wenn auch mit Einschränkungen, vollständig durchgeführt worden ist. Dies ist nach Auffassung der Kammer nicht vom Sinn und Zweck des Schadenersatzes nach § 651F Absatz I BGB umfasst.

3.

55. Weiterhin hat der Kläger einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung einer Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit gemäß § 651F Absatz II BGB in Höhe von 300,- Euro.

56. Die Voraussetzungen eines entsprechenden Entschädigungsanspruchs gemäß § 651F Absatz II BGB liegen vor.

57. Aufgrund der oben beschriebenen Reisemängel war die Reise des Klägers i. S.v. § 651F Absatz II BGB erheblich beeinträchtigt.

58. Nach der Rechtsprechung der Kammer und der wohl herrschenden Meinung liegt eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise vor, wenn Reisemängel in dem Ausmaße vorliegen, dass eine Reisepreisminderung in Höhe von mindestens 50% gerechtfertigt ist.

59. Die Voraussetzungen für eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise liegen hier auf jeden Fall vor. Während des hier maßgeblichen Aufenthalts im Hotel … lagen durchgehend Reisemängel vor, die eine Reisepreisminderung in Höhe von 55% gerechtfertigt haben. Aufgrund dieser erheblichen Beeinträchtigung war die ganze Reise als erheblich beeinträchtigt anzusehen im Sinne des § 651 f BGB.

60. Nach der bisherigen Rechtsprechung der Kammer wurde eine Entschädigung gemäß § 651F Absatz II BGB anhand pauschaler Tagessätze berechnet.

61. Zwar wurde diese Berechnungsweise vom Bundesgerichtshof nicht als unzulässig angesehen, jedoch hält die Kammer im Hinblick auf die nunmehrige Rechtsprechung des BGH (NJW Jahr 2005 Seite 1047 ff.) an dieser Berechnungsweise der Entschädigung nach § 651F Absatz II BGB nicht mehr fest (vgl. Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 07.02.2006, Az.: LGFRANKFURTAM Aktenzeichen 224 2-24 Aktenzeichen S 118/05).

62. Nach der nunmehrigen Rechtsprechung der Kammer ist als geeigneter Maßstab für die Bemessung der Entschädigung nach § 651F Absatz II BGB auf den Reisepreis abzustellen, zu dem die Entschädigung in angemessenem Verhältnis zu stehen hat.

63. Der Gesamtreisepreis betrug vorliegend für den Kläger 420,- €. Angesichts der erheblichen Reisemängel unter Berücksichtigung, dass durchgehend eine Minderungsquote von 55% anzusetzen war und der Beklagten eine erhebliche Informationspflichtverletzung vorzuwerfen ist, hält die Kammer eine Entschädigung in Höhe von 300,- Euro für angemessen und ausreichend.

4.

64. Zutreffend hat das Amtsgericht angenommen, dass der Kläger die geltend gemachten Anwaltskosten nicht verlangen kann.

65. Die Beklagte hat die Anwaltskosten bestritten. Der Kläger hat die Einforderbarkeit der Anwaltskosten im Sinne von § 10 RVG weder erstinstanzlich noch zweitinstanzlich schlüssig dargelegt. Insbesondere hat er keine vom Anwalt unterzeichnete und ihm mitgeteilte Berechnung ausreichend dargelegt.

66. Da es sich bei den eingeklagten Anwaltskosten um eine Nebenforderung handelt, bedarf es auch grundsätzlich keines weitergehenden Hinweises des Gerichts.

5.

67. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 288 Absatz I, 286 Absatz I, 247 BGB.

III.

68. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 97 Absatz I ZPO.

69. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nummer 10, 713 ZPO.

70. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen § 543 Absatz II ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes als Revisionsgericht.

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