Scheckfall und Verrechnungsscheck

LG Duisburg: Scheckfall und Verrechnungsscheck

Ein Reisender nimmt einen Reiseveranstalter auf Schadensersatz in Anspruch aufgrund diverser Mängel währnd der Reise.

Das Gericht entschied, dass der Kläger einen Anspruch auf Schadensersatz hat.

LG Duisburg 12 S 35/08 (Aktenzeichen)
LG Duisburg: LG Duisburg, Urt. vom 18.12.2008
Rechtsweg: LG Duisburg, Urt. v. 19.03.2008, Az: 12 S 35/08
AG Duisburg, Urt. v. 14.02.2008, Az: 72 C 5645/06
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Landgericht Köln

1. Urteil vom 18.12.2008

Aktenzeichen: 12 S 35/08

Leitsatz:
2. Ein Mangel der nur einen der Ehegatten betrifft, wirkt sich auch auf den anderen Ehegatten aus.

Zusammenfassung:
3. Im vorliegenden Fall hat der Kläger bei dem Beklagten Reiseveranstalter eine Reise gebucht. Jedoch gab es an dem Strand Sandflöhe, das Meerwasser war verdreckt und auch die Unterkunft zeigte diverse Mängel.

Der Kläger begehrt Schadensersatz.

Das Gericht entschied, dass das vorhergehende Urteil teilweise abgeändert, aber im Übrigen abgewiesen wird. Das Gericht teilt die Mängel nicht auf beide Ehegatten auf, sondern erkennt das ein Mangel, der nur einen Ehegatten betrifft, sich auch auf den anderen auswirkt und damit die Reise als solche nicht so erbracht ist, wie sie gemäß §651 c BGB geschuldet ist. Bezüglich der Reisemängel werden dem kläger Minderungsansprüche anerkannt, insoweit es die Rese tatsächlich betrifft.

Tenor:

4. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des AGs Duisburg vom 14.02.2008 – 72 C 5645/06 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.318,96 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.07.2006 zu zahlen.

Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger 500,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.06.2008 zu zahlen

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des ersten Rechtszuges werden dem Kläger 18 % und der Beklagten 82 % auferlegt. Die Kosten der zweiten Instanz haben der Kläger zu 43 % und die Beklagte zu 57 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

I.

5. Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird Bezug genommen auf das angefochtene Urteil des AGs Duisburg vom 14.02.2008.“

6. Das AG hat der Klage teilweise, nämlich wegen einer weiteren Minderung von 605,68 EUR und eines Schadenersatzes wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit in Höhe von 900,00 EUR, stattgegeben und die Klage im übrigen abgewiesen.

7. Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, der weiterhin Zahlung von Minderung von insgesamt 1.958,30 EUR, immateriellen Schadenersatz von insgesamt 2.100,00 EUR, sowie klageerweiternd ein Schmerzensgeld von 1.500,00 EUR begehrt.

II.

8. Die insgesamt, also auch hinsichtlich der Klageerweiterung (BGH NJW 2004, 2152ff.) zulässige Berufung ist teilweise begründet.

9. Unter Berücksichtigung der vorgerichtlichen Zahlung von 289,00 EUR stehen dem Kläger insgesamt weitere 1.514,98 EUR unter dem Gesichtspunkt der Minderung zu (1.). Darüber hinaus sind die Ansprüche auf Schadenersatz auf insgesamt 1.803,98 EUR zu erhöhen (2.) und ein Schmerzensgeld in Höhe von 500,00 EUR zuzusprechen (3.).

10. 1. Dem Kläger steht wegen der Mängel des (verschmutztes Meerwasser mit Quallen, Vorhandensein von Sandflöhen am Strand und im Hotel, defektes Tretboot, verunreinigter Hotelpool, Katzen an den Wasserspendern, nasse Polsterstühle im Restaurant, nur eine Bar bis 24 Uhr geöffnet) ein Minderungsanspruch von insgesamt 1.803.98 EUR zu.

11. a. Verschmutztes Meerwasser mit Quallen und Vorhandensein von Sandflöhen am Strand

12. Die Berufung hält bezüglich des Meerwassers die vom AG erkannte Minderung von 15% für 20 Tage für zu gering und erstrebt eine Erhöhung auf 20%.

13. Dem kann unter Berücksichtigung des Umstandes beigetreten werden, dass das AG diesen Mangel als einzigen aus der Gruppe der „sonstigen Leistungen“ angesehen hat, die neben den Leistungsgruppen Transport, Unterkunft und Verpflegung den Charakter der Reise bestimmen und vorliegend insbesondere durch die in der Karibik erwarteten Möglichkeiten des Aufenthaltes am und im Meer gekennzeichnet sind.

14. Zwar hat das AG auch festgestellt, dass der Strand mit Sandflöhen befallen war. Es hat diesen Mangel aber ausweislich der Gründe nur insoweit für schwerwiegend gehalten, als auch die Unterkunft des Klägers und seiner Ehefrau betroffen war. Wertet man die durch den Befall mit Sandflöhen eingeschränkte Nutzungsmöglichkeit des Strandes auch bei den sogenannten „sonstigen Leistungen“, so rechtfertigt dies eine Erhöhung auf insgesamt 20%, denn der Kläger verweist zu Recht darauf, dass gerade die Nichtnutzbarkeit des karibischen Meeres und des Strandes den Erfolg des gebuchten Badeurlaubes ernsthaft in Frage stellte.

15. b. Vorhandensein von Sandflöhen in der Unterkunft

16. Die Berufung rügt zu Recht, dass das AG in diesem Punkt zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau differenziert hat. Es entspricht der Rechtsprechung der Kammer, dass – von seltenen Ausnahmen abgesehen – dann, wenn bei einer Reise von Ehegatten ein Mangel nur einen der Ehegatten betrifft, sich dies auch auf den anderen auswirkt und damit die Reise als solche nicht so erbracht ist, wie sie gemäß §651 c geschuldet ist.

17. Die vom AG (nur für die Ehefrau) festgesetzte Minderungsquote von 20% für 17 Tage hält die Kammer insgesamt für angemessen. Es wird dabei ausreichend berücksichtigt, dass der Befall nicht nur optisch störend war, sondern auch zu körperlichen Beschwerden führte.

18. c. Tretboot

19. Die vom AG festgestellte Minderungsquote von 1% für 13 Tage/Nächte ist unangefochten geblieben.

20. d. Verunreinigter Pool

21. Die Berufung rügt zu Recht, dass das AG die für die Nachmittagsstunden festgestellte vereinzelte Verunreinigung mit Strohhalmen und Plastikbechern als bloße Unannehmlichkeit bewertet hat.

22. Die Beklagte beschreibt in dem Katalog eine „beeindruckende Swimmingpool-Landschaft“. In einer solchen ist das nachmittägliche Belassen von Strohhalmen und Plastikbechern im Pool als Mangel anzusehen, der zu einer Minderung von 3% führt. Eine höhere Minderungsquote lässt sich nicht rechtfertigen. Soweit der Kläger auf eine Entscheidung der Kammer verweist, in der auf eine Quote von 10% erkannt wurde, lag dem ein schwerer wiegender Mangel (Öllachen auf dem Wasser, abgebrochene Fliesen) zugrunde, der einer Benutzung des Pools entgegenstand.

23. Sicher feststellen lässt sich eine Mängelanzeige hinsichtlich des Pools auf Grund der Aussage der Zeugin erst für den 17.06.2006. Daher sind nur 13 Tage zu berücksichtigen.

24. e. Katzen an den Wasserspendern, nasse Polsterstühle im Restaurant

25. Die vom AG festgestellten Minderungsquoten von 1% bzw. 3% jeweils für 13 Tage/Nächte sind unangefochten geblieben.

26. f. Nur eine Bar bis 24 Uhr geöffnet

27. Die Kammer sieht es mit der Berufung als Mangel an, wenn im Katalog angegeben ist „von 10 bis 24 Uhr an den Bars“ (Plural!) und tatsächlich nur eine Bar, nämlich die Lobbybar, bis 24 Uhr geöffnet ist, während die übrigen Bars (am Pool) spätestens um 18 Uhr geschlossen wurden. Mit 3% für 13 Tage/Nächte ist dieser Mangel angemessen bewertet.

28. Sicher feststellen lässt sich eine Mängelanzeige hinsichtlich der Bars auf Grund der Aussage der Zeugin erst für den 17.06.2006. Daher sind nur 13 Tage zu berücksichtigen.

29. g. Ausgangspunkt für die Berechnung der Minderung ist grundsätzlich der Reisepreis, der vorliegend 4.086,00 EUR betrug.

30. Das AG hat einen um einen Teil der Flugkosten (1.200,00 EUR Zuschlag Comfort Class) verminderten Preis zugrundegelegt. Dem kann die Kammer nicht folgen. Ein Abzug der Transportkosten vom Reisepreis wird ausnahmsweise dann als zulässig erachtet, wenn durch die Mängel der Gesamtzuschnitt der Reise nicht wesentlich verändert wird (Tempel, Erläuterungen zur Frankfurter Tabelle, NJW 1985, 115). Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass bei einem relativ geringfügigen Mangel nicht davon ausgegangen werden kann, dass dieser derart auf die Gesamtreise ausstrahlt, dass wegen des Mangels auch die hohen Flugkosten in höherem Maße als verlorene Investition zu bewerten sind (so Führich,Reiserecht, 5. Aufl., Rdnr. 299). Hier liegt kein relativ geringfügiger Mangel vor, denn – wie ausgeführt – war ein Großteil dessen, was von dem gebuchten Karibikurlaub erwartet werden durfte, durch die Mängel in Frage gestellt. Gerade bei einem Karibikurlaub fallen hohe Flugkosten an, die sich dann als verlorene Investitionen erweisen, wenn der Aufenthalt als solcher mehrfach beeinträchtigt ist (so auch Führich aaO). Dies gilt auch und insbesondere, wenn der Reisende im Hinblick auf die mit einem Karibikurlaub verbundene große Flugdauer die Comfortklasse wählt.

31. h. Damit berechnet sich die Minderung wie folgt:

32. Tagespreis (4.086,00 : 20 =) 204,30 EUR

33. Strand 20 Tage 20% 817,20 EUR

34. Unterkunft 17 Tage 20 % 694,62 EUR

35. Tretboot 13 Tage 1 % 26,56 EUR

36. Pool 13 Tage 3 % 79,68 EUR

37. Katzen 13 Tage 1% 26,56 EUR

38. Polster 13 Tage 3 % 79,68 EUR

39. Bar 13 Tage 3 % 79,68 EUR

40. Gesamtminderung 1.803,98 EUR abzüglich gezahlter 289,00 EUR verbleiben 1.514,98 EUR.

41. 2. Des weiteren hat der Kläger einen Anspruch auf Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit aus §651 f Abs. 2 BGB in Höhe von insgesamt 1.803,98 EUR.

42. a. Ein solcher Anspruch besteht, wenn die Reise vereitelt oder erheblich beeinträchtigt wurde. Die Reise war i.S. dieser Vorschrift erheblich beeinträchtigt.

43. Bezüglich der Frage der Erheblichkeit kann hier dahinstehen, ob deren Vorliegen ausschließlich vom Erreichen eines festen Minderungssatzes von 25% abhängig zu machen ist oder ob neben der bloßen Höhe des Minderungssatzes vielmehr auch die Art des zugrunde liegenden Mangels einzubeziehen ist, um die Erheblichkeit der Gesamtbeeinträchtigung zu beurteilen. Denn nach beiden Kriterien liegt das Merkmal der Erheblichkeit vor.

44. Sofern die Kammer früher die Auffassung vertreten hat, eine Bemessung habe nach festen Tagessätzen zu erfolgen, hält sie seit der Entscheidung vom 18.09.2008 (12 S 53/08) hieran nicht mehr fest. Denn die Festlegung auf feste Beträge ist schwer begründbar und begegnet dem Vorwurf, willkürlich zu sein. Auch die teilweise vorgeschlagene Einbeziehung des Nettoeinkommens des Reisenden kann kein Maßstab für die Bemessung der Entschädigung sein (vgl. Führich, Reiserecht, 5. A., Rn. 422, 423). Vielmehr ist auf den Reisezweck und die Schwere des Mangels abzustellen. Der Reisezweck kann wiederum am besten daran gemessen werden, wie viel dem Reisenden die Reise wert ist und wie viel er mit dem Reisepreis und der Reisedauer investiert hat (Führich, a. a. O.). Dies ist praxisgerecht, da die Enttäuschung eines Reisenden über eine teure vertane Urlaubsreise z.B. in die Karibik größer ist, als bei einer billigen Kurzreise (Führich, a. a. O).

45. Darüber hinaus entspricht eine derartige Bemessung der Entschädigung der Rechtsprechung des BGHes und der Absicht des Gesetzgebers, der keinen starren Maßstab festlegen wollte, aber dem Reisepreis und dem Ausmaß der Beeinträchtigung Bedeutung beimaß (BGH Urteil v. 11.01.2005, Az.: X ZR 118/03).

46. Der Frustrationsschaden des Reisenden bestimmt sich also wie folgt:

47. Reisepreis : Reisedauer (=Tagesreisepreis) x beeinträchtigte Tage x Minderungsquote.

48. Im Ergebnis entspricht die Entschädigung somit dem Minderungsbetrag, hier also 1.803,98 EUR.

49. b. Ohne Erfolg verweist die Beklagte auf die Ausschlussnorm des §651 g Abs. 1 BGB.

50. Zwar hat der Kläger mit dem Anwaltsschreiben vom 07.12.2006 lediglich Minderungsansprüche in Höhe von 2.043,00 EUR verlangt und weder auf Schadenersatz- noch Schmerzensgeldansprüche Bezug genommen.

51. Dies ist jedoch unschädlich, weil in diesem Schreiben alle Mängel, auf die der Kläger in vorliegendem Verfahren seine Ansprüche stützt, konkret nach Ort, Zeit, Umfang und Schadensfolgen beschrieben worden sind. Nicht erforderlich ist eine rechtliche Einordnung oder eine Bezifferung der erhobenen Ansprüche (BGH Urteil v. 11.01.2005, Az: X ZR 163/02).

52. 3. Schließlich rechtfertigt der unstreitige Umstand, dass die Ehefrau des Klägers auch nach Ende des Urlaubs unter den Folgen der Sandflohbisse gesundheitlich beeinträchtigt war und ärztlich behandelt werden musste gemäß §§651 f, 253 Abs. 2 BGB die Zuerkennung eines Schmerzensgeldes von 500,00 EUR.

53. Der Grund der Haftung ergibt sich aus vermutetem Verschulden der Beklagten gemäß den §§651 f, 253 Abs. 2, 280 Abs. 1 S. 2 BGB. Der Höhe nach muss der Betrag jedoch deutlich unter den von der Kläger verlangten 1.500,00 EUR liegen. Soweit der Kläger auf nach seiner Ansicht vergleichbare Schmerzensgeldentscheidungen verweist, verkennt er, dass nach der Schuldrechtsreform Schmerzensgeld – wie hier – auf vertraglicher Grundlage auch im Falle vermuteten Verschuldens zugesprochen werden kann.

54. In einem solchen Fall darf bei der Bestimmung der Höhe die sogenannte Genugtuungsfunktion nicht erhöhend berücksichtigt werden. Abzustellen ist allein darauf, inwieweit eine immaterielle Beeinträchtigung feststeht. Auch mit Rücksicht darauf, dass die Ehefrau des Klägers wegen der Hautreizung noch nach dem Ende des Urlaubs ärztlich behandelt wurde, ist ein Schmerzensgeld von 500,00 EUR ausreichend.

55. 4. Die Verzinsung erfolgt gemäß §§286 Abs. 1, 288, 291 BGB hinsichtlich der Ansprüche auf Minderung und Schadenersatz aus Verzug, im übrigen seit Rechtshängigkeit.

56. Die Kostenentscheidung folgt aus §§92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §708 Nr. 10 ZPO.

57. Berufungsstreitwert: 4.052,62 EUR

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