Kreuzfahrt – Beweislast bei Salmonellenerkrankung
AG Rostock: Kreuzfahrt – Beweislast bei Salmonellenerkrankung
Die Teilnehmerin einer Kreuzfahrt erlitt unterwegs eine Salmonelleninfektion, wegen der sie sich vom Schiffsarzt untersuchen lies. Dieser diagnostizierte jedoch fehlerhaft eine fieberhafte Infektion. Die Klägerin fordert nun Schadensersatz und Schmerzensgeld vom Reiseveranstalter.
Das Amtsgericht Rostock hat der Forderung der Klägerin widersprochen. Da es während der Kreuzfahrt mehrere Landgänge gab, sei die Infektion nicht nachweisleich auf das Essen an Bord zurückzuführen.
AG Rostock | 47 C 402/12 (Aktenzeichen) |
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AG Rostock: | AG Rostock, Urt. vom 12.07.2013 |
Rechtsweg: | AG Rostock, Urt. v. 12.07.2013, Az: 47 C 402/12 |
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Leitsatz:
2. Erleidet ein Reisender eine Salmonellenerkrankung während einer Kreuzfahrt, so muss er beweisen, ob er sich an Bord oder während eines Landgangs angesteckt hat.
Zusammenfassung:
3. Die Klägerin buchte eine Kreuzfahrt. Diese beinhaltete auch mehrere Möglichkeiten zu einem Landgang.
Im Laufe der Kreuzfahrt litt die Klägerin, nach dem Verzehr von Fleisch, an Fieber, Bauchschmerzen und Übelkeit. Der Arzt an Bord des Schiffes diagnostizierte fehlerhaft, statt einer Salmonellenerkrankung, eine fieberhafte Infektion.
Die Klägerin fordert Schadensersatz und Schmerzensgeld, wegen der Urlaubszeit, die sie krank in ihrer Kabine vrbringen musste.
Das Amtsgericht Rostock wies die Klage ab. Ein Schadensersatzanspruch, gemäß § 651 f. Abs. 1 BGB, gegen den Reiseveranstalter, sei unbegründet, weil im Nachhinein nicht mehr festzustellen sei, ob sich die Klägerin wirlich an Bord angesteckt habe.
Eine Verurteilung zu Ungunsten des Angeklagten sei nicht tragbar, solange die Möglichkeit bestünde, dass die Klägerin während eines Landganges infiziert worden ist.
Die in § 651 f. Abs. 1 BGB geregelte Verschuldensvermutung zu Lasten des Reiseveranstalters greife aufgrund der entscheidenden Unklarheiten ebenfalls nicht.
Tenor:
Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Beklagten tragen die Kläger 56 % zusammen; 44 % trägt der Kläger zu 1. allein.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
5. Die Kläger fordern Schadensersatz und Schmerzensgeld aufgrund einer Salmonellenerkrankung.
6. Der Kläger, dessen Lebensgefährtin und deren Tochter buchten über das Reisebüro „S.“ bei der Beklagten als Reiseveranstalterin eine Kreuzfahrt vom 09.07. bis 16.07. auf der XYZ.
7. Während der Fahrt unternahmen die Genannten wie folgt Landgänge:
8. 10.07.2010 von 14.35 Uhr – 18.18 Uhr
9. 11.07.2010 von 10.43 Uhr – 16.34 Uhr
10. 12.07.2010 von 10.58 Uhr – 19.23 Uhr.
11. Der 13.07.2010 war ein Seetag, d.h. Es fand kein Landgang statt. Das Abendessen nahm die Familie im Buffalo-Steakhaus ein. Die Klägerin zu 2. aß „Nuggets“.
12. Am Morgen des 14.07.2010 litt die Klägerin zu 2. an Fieber, Bauchschmerzen und Übelkeit. Der an Bord vorhandene Arzt diagnostizierte einen fieberhaften Infekt mit Durchfall. Bei einer nach Beendigung der Reise im Universitätsklinikum Jena durchgeführten Untersuchung wurde eine Salmonellenerkrankung der Klägerin zu 2. festgestellt. Bei keinem anderen Gast auf dem Schiff trat eine Salmonellenerkrankung auf.
13. Der Kläger fordert Schadensersatz in Höhe von 722,34 €, der sich dergestalt zusammensetzt, „dass ab dem Tag der Erkrankung der Tochter für die Reise der Gesamtreisepreis anteilig gemindert(werde)“. Die Klägerin zu 2. macht ein Schmerzensgeld in Höhe von 2.000,00 € geltend. Die Lebensgefährtin des Klägers trat eventuelle Ansprüche gegen die Beklagten an den Kläger ab.
14. Die Kläger behaupten, die Klägerin habe sich die Salmonelleninfektion ausschließlich auf dem Schiff zuziehen können. Hierzu behauptete der Kläger zunächst, es habe kein Landgang stattgefunden. Nach entsprechenden Sachvortrag der Beklagten zu den nunmehr unstrittigen Landgänge tragen die Kläger vor, die Klägerin zu 2. habe während des Landganges am 12.07.2010 ausschließlich Äpfel und Bananen vom XYZ-Büffet gegessen. Die Klägerin zu 2. sei auch die einzige gewesen, die „Nuggets“ gegessen habe. Nur hierin könne die Ursache für die Salmonellenerkrankung der Klägerin zu 2. gesehen werden.
15. Der Kläger zu 1. beantragt die Beklagte zu verurteilen, 722,34 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an den Kläger zu zahlen, an den Kläger als Verzugsschaden 402,82 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
16. Die Klägerin zu 2. beantragt die Beklagte zu verurteilen, ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichtes gestellt wird, jedoch 2.000,00 € nicht unterschreiten sollte, nebst fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.08.2010 an die Klägerin zu zahlen.
17. Die Beklagten beantragt die Klage abzuweisen.
18. Der Kläger hatte zunächst die Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von 2.000,00 € an sich, sowie in Rechnung gestellte Behandlungskosten in Höhe von 732,34 € und Schadensersatz aufgrund der anteiligen Minderung des Gesamtreisepreises in Höhe von 845,50 € gefordert. Beantragt war als Summe der letztgenannten Einzelforderungen ein Betrag in Höhe von 1.567,84 €. Während des Rechtsstreits nahm der Kläger die Klage in Höhe von 845,50 € mit Zustimmung der Beklagten zurück und erklärte hierzu, dass es sich hierbei um die zwischenzeitlich durch eine Krankenversicherung getragenen Heilbehandlungskosten handele. Weiterhin nahm der Kläger zu 1. die Klage in Höhe von 2.000,00 € mit Zustimmung der Beklagten zurück; zugleich forderte die Klägerin zu 2. nunmehr die Zahlung des vorgenannten Betrages.
Entscheidungsgründe:
19. Die zulässige Klage ist unbegründet.
20. Die Kläger haben gegen die Beklagte weder Minderungs- noch Schadensersatz- oder Schmerzensgeldansprüche.
21. Der Sachvortrag der Kläger ist nicht geeignet, eine Feststellung dahingehend zu treffen, dass die Salmonellenerkrankung der Klägerin zu 2. auf ein schuldhaftes Verhalten von Mitarbeitern der Beklagte, insbesondere auf mangelhafte Hygiene, oder infizierte Nahrung (Nuggets) zurückzuführen ist.
22. Nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten, der durch Recherchen im Internet zudem Bestätigung fand, beträgt die Inkubationszeit, d.h. der Zeitraum zwischen Ansteckung und Ausbruch einer Salmonellenerkrankung 5 bis 72 Stunden. Zwar wird als häufigste Infektionsquelle mit Salmonellen verunreinigtes Essen, insbesondere Nahrungsmittel aus tierischen Produkten genannt. Gleichzeitig kann eine Salmonellenerkrankung auch durch eine sogenannte Kreuzkontamination erfolgen, d.h. andere Lebensmittel können durch die Berührung infizierter Menschen, Kontakt mit kontaminierten Oberflächen oder kontaminierten anderen Lebensmitteln zu einer Salmonellenerkrankung führen. Hiervon ausgehend kann aufgrund des unstrittigen Sachvortrages beider Parteien und den von den Klägern unter Beweis ihrer Richtigkeit aufgestellten strittigen Behauptungen nicht mit erforderlicher Sicherheit festgestellt werden, dass die Salmonellenerkrankung der Klägerin zu 2. auf die am 13.04.2010 zu sich genommenen „Nuggets“ zurückzuführen war.
23. Entgegen dem ursprünglichen Sachvortrag des Klägers war dessen Familie unstrittig am 12.07.2010 ca. 8 1/2 Stunden auf einem Landgang auf Kreta. Zwar wird behauptet, dass die Klägerin zu 1. während dieser 8 1/2 Stunden lediglich Äpfel und Bananen vom XYZ-Büffet gegessen habe. Selbst wenn den Klägern ein entsprechender Nachweis gelänge schließt dies nicht aus, dass die Klägerin zu 2. auf anderem Wege infiziert wurde. So ist nicht ausgeschlossen, dass Gäste, die mit Salmonellen infiziert waren, das auf dem XYZ-Büffet befindliche Obst anfassten und nicht mitnahmen. Den Reiseveranstalter trifft keine Verantwortung dafür, dass ein Mitreisender andere Reisende mit einem Virus infiziert (AG Offenbach RRa 2006, 81). Auch eine Infektion durch Oberfläche, die zuvor von infizierten Menschen berührt worden waren, ist nicht auszuschließen.
24. Soweit die Kläger vortragen, die Salmonellenerkrankung habe ihre Ursache im Verzehr der „Nuggets“ ist dies strittig. Die Kläger beweisen weder den Salmonellenbefall der Nuggets (was nachträglich sicher auch nicht möglich ist) noch, dass die Klägerin zu 2. der einzige Gast war, der diese „Nuggets“ aß. Ein Beweisangebot zum Nachweis der Richtigkeit dieser Behauptung unterbreiten sie nicht.
25. Ein Anscheinsbeweis dafür, dass die verzehrten „Nuggets“ ursächlich für die Salmonellenerkrankung waren, besteht nicht. Unstrittig war die Klägerin zu 2. der einzige Gast an Bord, der an Salmonellen erkrankte. Soweit die Kläger behaupten, sie wäre auch der einzige Gast gewesen, der die „Nuggets“ zu sich nahm, ist dies strittig.
26. Im Übrigen kommt ein Anscheinsbeweis hinsichtlich der Verursachung der Krankheitserscheinungen nicht in Betracht, wenn weniger als 10 % der Hotelgäste (hier der Passagiere) erkrankt sind (LG Leipzig RRa 2011, 68 ).
27. Für den Nachweis, dass die Salmonellenvergiftung eines Reisenden auf einer mangelhaften Hotelverpflegung beruht, genügt es nicht, dass der Reisende darlegt, Speise und Getränke ausschließlich im Hotel zu sich genommen zu haben. Es müssen auch andere mögliche Ursachen der Salmonellenerkrankung, wie z. B. Kontakt mit infizierten Menschen oder Kontakt mit sanitären Einrichtungen, ausgeschlossen werden (AG Bad Homburg RRa 2005, 168).
28. Die in § 651 f. Abs. 1 BGB geregelte Verschuldensvermutung zu Lasten des Reiseveranstalters führt zu keinem anderen Ergebnis. Diese käme nur zum Tragen, wenn festzustellen wäre, dass die Ursache für die Salmonellenerkrankung an Bord des Schiffes lag.
29. Mangels berechtigter Hauptforderung sind auch die Nebenforderungen unbegründet.
30. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
31. Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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